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Verfahren zur Herstellung ölsparender Bindemittel Die Erfindung betrifft
ein Verfahren zur Herstellung ölsparender Bindemittel durch Blasen und gleichzeitiges
Behandeln trocknender, gegebenenfalls vorgedickter Öle mit geringen Mengen faktisierender
Mittel bei erhöhter Temperatur, gegebenenfalls in Gegenwart von Sikkativen.
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Man hat auf die verschiedenste Weise versucht, die Eigenschaften der
trocknenden Öle für bestimmte Verwendungszwecke in der Anstrichtechnik durch Einverleibung
von Schwefel oder schwefelabgebenden Verbindungen, insbesondere Schwefelchlorid,
zu verbessern. So werden durch Behandeln von Leinöl bzw. Leinölstandöl mit Chlorschwefel
Sulfofirnisse erzeugt; nach einem bekannten Verfahren werden trocknende Öle mit
Sikkativen bei etwa 15o° voroxydiert, bis etwa 30° heruntergekühlt, mit 'i bis 3
°/a Chlorschwefel versetzt und nach der Chlorschwefelung weitergeblasen. Neben der
Wirkung eines porenfüllenden Sparfirnisses zeigen,die Sulfofirnisse auch günstigere
Eigenschaften hinsichtlich der Beständigkeit gegen Wasser; als besonderer Vorzug
ist dabei noch die Möglichkeit einer Zeiteinsparung beim Anstrich durch die sogenannte
Naß-in-I\Taß-Arbeit zu nennen. Alle diese wertsteigernden Eigenschaften sind an
sich bekannt, und trotzdem konnten die Veredlungsverfahren aus verschiedenen Gründen
nicht zur allgemeinen Einführung gelangen. Zunächst kranken alle Verfahren, die
den geruchlich unangenehmen und gesundheitlich gefährlichen Chlorschwefel benutzen,
daran, daß neben dem Eintritt von Schwefel in die Ölmoleküle gleichzeitig Chlor
bzw. salzsäureabspaltende Reste aufgenommen werden, die unter Umständen bei Eisenanstrichen
zu unliebsamen Korrosionen führen; außerdem neigen mit Chlorschwefel erzeugte Firnisse
vielfach zur Abscheidung schwefelhaltiger Verbindungen, die sie im Aussehen unansehnlich
und für viele Zwecke ungeeignet machen. Die Erscheinung hängt wohl damit zusammen,
daß der Schwefel ungleichmäßig verteilt bzw. nicht restlos organisch abgebunden
ist. Man hat versucht, diesen Nachteil dadurch zu beheben, daß der Chlorschwefel
zunächst nur auf einen Teil des trocknenden Öles zur Einwirkung gebracht und dann
erst nach Verlauf der Hauptreaktion der andere Teil des Öles zugesetzt
wird.
Eine vollkommene Lösung des Problems wurde auch auf diesem Wege nicht erzielt.
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Ein weiterer Nachteil der bekannten Verfahren dieser Art liegt darin,
daß die Sikkativierung erst am Schluß der Verarbeitung oft erst nach Tagen vorgenommen
werden kann, wenn die Reaktion ausgeklungen ist. Sinngemäß gilt das vorher Gesagte
für jede Art von Lösungen von elementarem Schwefel in Leinölen oder Leinölstandölen.
Daher gelingt es auch nicht, zu brauchbaren Anstrichmitteln zu kommen, wenn elementarer
Schwefel bei verhältnismäßig niedriger Temperatur in den trocknenden Ölen gelöst
wird; erhitzt man die Produkte aber auf höhere Temperaturen; um diese Nachteile
zu vermeiden, so erhält man dunkle, für hochwertige Anstrichzwecke völlig ungeeignete
Erzeugnisse. Die meisten Faktisierungsverfahren verwenden deshalb Chlorschwefel.
weil derselbe bei niedriger Temperatur noch verhältnismäßig gleichmäßig in dem
Öl verteilt werden kann und sich rasch mit dein Öl verbindet, auch wenn die
vorherige Verdickung durch Kochen oder Blasen erfolgt ist. Es ergeben sich jedoch
immer wieder Schwierigkeiten, die Reaktion im geeigneten Moment abzustoppen. Zur
Klarstellung muß darauf hingewiesen werden, daß oft in Fällen von Schwefelung gesprochen
wird, in denen eine Behandlung mit Chlorschwefel gemeint ist.
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Es ist auch bekannt, elementaren Schwefel in geblasenen Ölen nachträglich
zu lösen, und zwar hat man weitgehend oxydierte Leinöle, welche in Lackbenzin gelöst
waren, mit i bis 3 °/o Schwefel nachbehandelt. Eine gleichzeitige Einverleibung
von Sauerstoff und Schwefel erfolgt dabei nicht.
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Die Erfindung besteht darin, daß die trocknenden Öle in Gegenwart
von vorzugsweise i bis 2 °/o elementarem Schwefel bei Temperaturen von unter ioo°
längere Zeit, etwa 1; bis ; .# Stunden, mit Luft oder Sauerstoff -eblasen werden.
Praktisch wird das Verfahren derart durchgeführt, daß man das trocknende t-)1, z.
B. Leinöl, zunächst in der Kälte bzw. bei niedriger Temperatur mit kleinen 'Mengen
beispielsweise i bis 2 %
Schwefelblüten vermischt und unter gleichzeitigem
Durchleiten feinst verteilter Luft oder Sauerstoff bei Temperaturen unter etwa ioo=
zu einem sogenannten luftgeblasenen Standöl verbläst. Wenn die Temperatur über .1o°
C steigt, erfolgt nach kurzer Zeit eine Lösung der Schwefelblüten, gleichzeitig
geht mit der Sauerstoffaufnahme der Ölmoleküle die organische Abbindung des Schwefels
vor sich mit dem bekannten Ergebnis der oxydativen Polymerisation. Man erhält so
beispielsweise nach etwa zostündigem Blasen bei 75 bis 8o° ein Oxysulfoleinölstandöl
von hellster Farbe, das nach der Sikkativierung mit beispielsweise Kobalt-Mangan-Resinat
oder Kobalt-Mangan-Linoleat und Verdünnen mit Lackbenzin im Verhältnis i : i einen
Universalfirnis liefert, der bei einer Ersparnis von etwa 2o bis 35 % Leinöl einem
normalen Leinölfirnis bezüglich Haltbarkeit. Glanz, Verlauf, Deckkraft, Wasserbeständigkeit
der damit hergestellten Überzüge usw. weit überlegen ist.
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Die Behandlung kann auch bei Gegenwart von Sikkativen vorgenommen
werden. Es war überraschend, daß der Schwefel bei dem oxydativen Einbau so fest
organisch gebunden wird, daß die Sikkativierung noch vor Ablauf der Hauptreaktion
ohne Gefahr .für einen Umsatz des Sikkativmetalls mit Schwefel vorgenommen und die
beschleunigende Oxydationswirkung des Sikkativmetalls noch während des Blaseprozesses
mit ausgenutzt «erden konnte. Außerdem hat man es, je nach dem Verwendungszweck,
vollkommen in der Hand, die Verdickung mehr oder weniger weit zu treiben entsprechend
dem gewünschten Endzweck als Standöl oder Firnis usw. Da im Gegensatz zu den Chlorschwefelprodukten
nur noch eine unwesentliche Nachverdickung stattfindet, kann unmittelbar nach Beendigung
oder selbst kurz vor Beendigung des Blaseprozesses mit Lackbenzin im gleichen Arbeitsgang
zum direkt gebrauchsfertigen Firnis verdünnt werden.
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- Auch gekochte Öle können nach dem Verfahren weiterveredelt und daher
die bekannten guten Eigenschaften dieser Standöle mit den Vorteilen des neuen Verfahrens
verbunden werden. Zweckmäßigerweise dickt man in diesem Fall die trocknenden Öle
nur etwa bis zur doppelten oder dreifachen Viscosität der Ausgangsöle ein, kühlt
ab und behandelt mit Luft bei Gegenwart von Schwefel, wie oben angegeben.
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Man hätte erwarten können, daß der Schwefel wenigstens teilweise bei
der Behandlung zu flüchtigen Stoffen oxydiert würde. doch konnte durch Analysen
nachgewiesen werden, daß keine Verluste an Schwefel eintreten. Es ist bekannt. elementaren
Schwefel in geblasenen oder gekochten Ölen nachträglich zu lösen. Derartige Lösungen
benötigen jedoch bis zur sogenannten Ausreifung sehr lange Zeit, ohne indes auch
nur annähernd die hervorragende Güte der nach dem Patentanspruch erzielten Stoffe
erreichen zu können. Es ist demnach folgendes festzustellen: I. Beim Blasen eines
trocknenden Öles werden die Doppelbindungen nur durch Sauerstoff abgesättigt.
II.
Wird dagegen das Öl zuerst mit Schwefel oder mit einem schwefelabgebenden Stoff
behandelt, so werden die Doppelbindungen je nach der Reaktionsfähigkeit der Schwefelverbindung
oder des elementaren Schwefels nur durch Schwefelmoleküle abgesättigt.
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III. Wird jedoch, wie im Falle der Erfindung, in Gegenwart von Schwefel
geblasen, so treten wechselweise Schwefel- und Sauerstoffatome in die Doppelbindungen
ein, so daß chemisch ganz andere Verbindungen entstehen müssen als in den Fällen
I und II. Durch das gleichzeitige Behandeln des Öles mit Schwefel und Sauerstoff
wird jedoch, und das ist das Neuartige bei dem vorliegenden Verfahren, die Schwefelaufnahme
so beschleunigt bz-w. aktiviert, daß die Einlagerung bereits bei sehr niedriger
Temperatur erfolgt. Die geschilderten Vorgänge sind aus folgender Formulierung zu
ersehen:
I II III |
H H H H H H H H |
I 4 I I I I ! I |
-C=C- -C-C- -C-C- -C-C- |
4 I I i I f I I |
-C=C- O O S S O S |
I I I I I I I I |
H H -C-C- -C-C- -C-C- |
I I I I I |
H H H H H H |
Nur Blasen Nur Schwefelung Blasen bei |
- Gegenwart von |
Schwefel |
Was die Einverleibung von Schwefel in vorgeblasenes Öl anbetrifft, so kann man -mehrere
Stunden auf 8o° erhitzen, ohne daß eine Bindung des elementaren Schwefels eintritt;
er scheidet sich nach dem Erkalten ebenso wieder aus wie bei dem Versuch, den Schwefel
ungeblasenem Öl einzuverleiben, ist also anstrichtechni.sch wirkungslos. Erst wenn
gleichzeitig und bei Gegenwart des elementaren Schwefels weitergeblasen wird, tritt
eine Abbindung ein. Bei Temperaturen oberhalb ioo° C wird der Schwefel zwar gelöst,
aber ein sehr dunkles, anstrichtechnisch wertloses Produkt erhalten.
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Zusammengefaßt sind die besonderen technischen Vorzüge des beanspruchten
Verfahrens die folgenden: i. Die rasche, gleichmäßige, organische Abbindung von
elementarem Schwefel bei niedriger Temperatur zu hellsten Produkten beliebiger Konsistenz
und Verwendung.
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2. Die Behandlung kann bei Gegenwart von Sikkativen erfolgen.
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3. Die Reinheit der Produkte, besonders ihr Freisein von Chlor oder
salzsäureabspaltenden Resten.
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d.. Sämtliche an und für sich bekannten günstigen Eigenschaften beispielsweise
der mit Chlorschwefel faktisierten Öle werden unvermindert erhalten ohne deren Nachteile.
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5. Die technisch sehr einfache Durchführung.
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6. Die Einsparung von 20 bis 35 °% trocknendem Öl bei überlegenen
Eigenschaften selbst im Vergleich mit reinem Ölfirnis. Ausführungsbeispiele i. ioo
Teile entschleimtes Leinöl werden mit i Teil Schwefelblüte zunächst bei Raumtemperatur
durch kräftiges Durchblasen mit Luft gemischt und nach 1/2 Stunde die Temperatur
langsam auf 75° gesteigert. Nach Erreichung dieser Temperatur wird i8 bis 2o Stunden
weitengeblasen und, falls die Temperatur stärker ansteigen sollte, durch entsprechende
Kühlung die Temperatur auf 75° gehalten. Während dieses Prozesses ist eine beträchtliche
Farbaufhellung eingetreten. Der Schwefelgehalt des Produktes ist zu o,998 % ermittelt
worden. Nun fügt man 5o Teile Lackbenzin hinzu, die i °!o Kobalt-Mangan-Linoleat
enthalten. und rührt noch etwa 1/2 Stunde weiter. Die Viscosität des fertigen Firnisses
entspricht etwa der eines handelsüblichen Leinölfirnisses. Bei sämtlichen gebräuchlichen
Farben läßt sich mit einem zweimaligen Anstrich derselbe Effekt erzielen wie brei
einem dreimaligen Anstrich mit normalem Leinölfirnis. Der zweite Anstrich kann sowohl
gemäß dem 2#Taß-in-Naß-Verfahren nach etwa 2 Stunden wie nach völliger Durchtrocknung
des ersten Anstriches aufgebracht -werden. Die Ölersparnis beträgt bei zweimaligem
Anstrich 35 °%" bei Ureimaligem Anstrich, der aber nicht notwendig ist, 2i%.
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2. ioo Teile Leinöl werden mit i1/2 @/o Schwefel wie in Beispiel i,
jedoch bei 80' behandelt. Nach 8stündigem Blasen wird i % Kobalt-Mangan-Resinat,
in etwas La ckbenzin
gelöst, hinzugefügt und 7 Stunden bei: So'
weitergeblasen. Nach Zusatz von weiteren 5o °/o Lackbenzin ist das Verfahren beendet.
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Anstriche mit Zinkweiß, Lithopone, Titanweiß u. dgl. geben grundsätzlich
die gleichen Ergebnisse, wie sie im Beispiel i geschildert sind. Die Öleinsparung
beträgt 26 bis 3 10/().
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3. ioo Teile entschleimtes Perillaöl werden zunächst durch 6stündiges
Kochen bei 28o° auf die doppelte Viscosität des Ausgangsöles eingedickt, dann auf
So' gekühlt und anschließend wie bei Beispiel i bei Gegenwart von 1l/4 "% Schwefelblüte
bei So' 16 Stunden mit Luft geblasen. Nach der Sikkativierung mit i % Kobalt-Mangan-Linoleat
wird nach 2 Stunden weitergeblasen und schließlich mit 45 % Lackbenzin verdünnt.
Die Eigenschaften der Anstriche entsprechen den in den Beispielen i und 2 geschilderten
Verhältnissen.
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Die Ölersparung beträgt bei zweimaligem Anstrich 3311, bei
dreimaligem Anstrich i 9 0/0.
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Anstriche von Hausfassaden und Holzzäunen zeigen eine Wetterbeständigkeit,
die der von normalem Leinöl und Leinölstandölfirnis gleichwertig ist. 4. ioo Teile
einer Mischung von 5o % holländischem Leinöl mit 5o °/o vorgereinigtem Sojaöl
werden mit 11,10 Schwefelblüte 74 Stunden lang mit Luft geblasen; im Anschluß daran
wird das viscose Öl mit Lackbenzin im Verhältnis i : i verdünnt und mit i1;= Kobalt-Mangan-Soligen
sikkativiert. Die Ersparnisse bei dem Anstrich betragen bei zweimaligem Auftrag
34 °/o, bei dreimaligem Auftrag 23 °%.