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Verfahren zum Entharzen und Entfetten von Zellstoff Zellstoff aus
Nadelhölzern oder anderen harzreichen Hölzern nach dem Sulfit- oder Natronverfahren
hergestellt, pflegt trotz sorgfältigster Bereitung kleinere und größere Mengen Harz
zu enthalten, das durch die Behandlung mit den üblichen chemischen Mitteln nicht
entfernt wurde.. Die Menge schwankt erfahrungsgemäß zwischen 0,5 bis 45 vom
Hundert des Zellstofftrockengewichts. Sie schwankt ebenfalls innerhalb dieser Grenzen
bei Proben, die aus der gleichen Kochung stammen, nicht selten, und zwar aus dem
Grunde, weil das zur Zellstoffbereitung benutzte Holz nicht in allen seinen Teilen
den gleichen Harzgehalt aufweist. An einem warmen Standort gewachsenes Holz hat
einen höheren Harzgehalt als das Holz von kalten Standorten, das Holz von der Sonnenseite
eines Berges ist harzreicher als das von der Schattenseite und sogar bei den einzelnen
Stämmen ist im gleichen Block die der Sonne ausgesetzte Seite harzreicher als die
entgegengesetzte. Dazu kommen noch diejenigen Teile des Stammes als ganz besonders
harzreich, die durch eine äußere Verletzung zu einer vermehrten Harzabscheidung
zwecks Bildung einer Schutzschicht für die verletzte Stelle angereizt wurden. Daß
solche harzreichen Holzteile zusammen mit Holz von durchschnittlichem Harzgehalt
in die gleiche Kocherfüllung kommen, ist im Betriebe nicht zu vermeiden. Es ist
ferner nicht immer möglich und wirtschaftlich, die chemische Behandlung so lange
fortzusetzen, bis auch aus den harzreichen Holzteilen alles Harz in die Ablauge
übergegangen ist.
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Dieses im Zellstoff zurückbleibende Harz verursacht bei der Verarbeitung
des Zellstoffes zu Papier auf der Papiermaschine allerlei Störungen. Beim Mahlen
stark harzhaltigen Zellstoffes im Holländer oder anderen Mahlgeräten wird das Harz
aus den-Zellstoffasern herausgedrückt und ballt sich zu klebrigen Klumpen zusammen,
die sich an Messer und Wandungen des Mahlgerätes ansetzen, sich später von diesen
ablösen und in den Papierstoff übergehen. Größere Klumpen werden zwar durch die
Knotenfänger abgefangen, aber der weitaus größte Teil wird durch die Mahlarbeit
bis zur Fasergröße zerkleinert und gelangt in diesem Zustande auf das Sieb. Diese
kleinen Harzteile verkleben die Maschen des Siebes und bilden eine der Ursachen,
und zwar eine der bedeutendsten, für die von allen Papiermachern gefürchteten Siebflecken,
die besonders bei der Herstellung feiner und dünner Papiere schädlich und lästig
sind. Ferner setzen sich die Harzteile an die Walzen und Filze der Naßpartie, indem
sie diese verschmutzen, und schließlich auf die Trockenzylinder, wo sie, durch die
Wärme zum Schmelzen gebracht, durchsichtige Flecken im Papier erzeugen. Diese Übelstände
werden vermieden, wenn das im Zellstoff befindliche Harz während des Mahlens im
Holländer gelöst und in eine solche Form gebracht wird, in der es als Harzmilch
auf die Papierfaser in der gleichen Weise,
wie bei der Harzleimung,
niedergeschlagen werden kann.
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Man hat bereits versucht, durch unmittelbare Zuteilüng' vön Ätzalkalien
oder solchen Alkalisalzen, die mit den Harzsäuren harzsaure Salze zu bilden geeignet
sind, das im Zellstoff vorhandene H@.rz durch Verseifung in Lösung zu bringen. Erfahrungsgemäß
gelingt dies aber nur dann, wenn Ätzalkalien verhältnismäßig sehr konzentriert oder
die Alkalisalze, wie Carbonate oder Borate, bei einer dem Siedepunkt nahen Temperatur
angewendet werden. Hierbei aber ist es nicht zu vermeiden, daß die Zellstoffaser
angegriffen und in ihrer Festigkeit beeinträchtigt wird. Ferner ist eine Gelbfärbung
der Faser bei dieser Behandlung nicht zu vermeiden, und das Kochen des Stoffes macht
die Fäbrikation umständlich und kostspielig.
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Nach einem anderen bekannten Verfahren soll die Entharzung von Zellstoff
in der Weise vor sich gehen, daß dem harzhaltigen Zellstoffbrei solche Salze beigemischt
werden, die wechselseitig ihre Basen und Säuren austauschen. Ist nun eines dieser
Salze ein Alkalisalz, so soll sich als Zwischenstufe harzsaures Alkali bilden und
nach beendeter Reaktion- der beiden Salze feinverteilte Harzsäure frei werden. Durch
dieses Verfahren wird zwar die Schädigung und die Gelbfärbung der Zellstoffaser
vermieden, aber die harzverteilende Wirkung des Verfahrens erstreckt sich nur auf
die von den Zellen bereits abgeschiedenen und außen um die einzelnen Zellstoffasern
abgelagerten freien Harzsäuren. Diejenigen, ebenfalls als Harz bezeichneten Stoffe
aber, die die Pflanze im Innern der Zellen sich als Schutzmittel gegen Verletzungen
und äußere Schäden bildet und die neben Harzsäuren in beträchtlicher Menge aus Fetten
bestehen, werden von der erwähnten Umsetzungsreaktion nicht betroffen. Gerade diese
klebrige, fetthaltige Masse, die besonders im frisch geschlagenen Holz in überwiegendem
Maße vorhanden ist, aber ist es, die die erwähnten Störungen in der Papierfabrikation
hervorbringt (vgl. Rudolf S i e b e r , Das Harz der Nadelhölzer, Seite 16, 17,
1o8, 1o9).
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Das nachstehend beschriebene Verfahren, bei dem keine Ätzalkalien
oder harzverseifende Alkalisalze verwandt werden und auch nicht von der wechselseitigen
Umsetzung verschiedener Salze Gebrauch gemacht wird, ermöglicht es, die erwähnten
Übelstände bei der Verwendung harzhaltigen Zellstoffes zu vermeiden und das gesamte
Harz, auch das terpentinartige, sogenannte ätherlösliche, sowie die Fette zu entfernen,
ohne daß eine Gelbfärbung oder sonstige Schädigung der Faser eintritt, weil durch
die Umsetzung der nachstehend erwähnten Stoffe Ätzalkalien gebildet werden, die
im Zustand des Entstehens eine besonders kräftige verseifende Wirkung haben und
deshalb geeignet sind, selbst in starker Verdünnung sowohl die Harzsäuren als auch
die Fette zu verseifen.
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Zu diesem Zweck wird eine Lösung von Alkalisulfaten neben Alkalichloriden
oder anderen Alkalisalzen, von denen ein Teil -Ammoniumsalze sind, gleichzeitig
mit dem Eintragen des Stoffes in den Holländer gegeben. Der Zellstoff saugt die
Salzlösung -auf. Nach einiger Zeit wird eine Lösung oder feinverteilte Aufschwemmung
von Hydroxyden oder .Oxyden der Erdalkalien, die mit Sulfaten einen unlöslichen
oder schwerlöslichen Niederschlag geben, hinzugefügt. Kommen diese Hydroxyde mit
den vom Zellstoff angesaugten Alkalisalzen in Berührung, so werden an diesen Stellen
ätzende Alkalihydroxyde frei, die im Entstehungszustand besonders wirkungsfähig
sind und sich mit dem in der Zellstoffaser befindlichen oder dieser anhaftendem
Harz und Fett leicht zu Alkaliharz-bzw. Fettseife verbinden. Frei werdendes Ammoniumhydroxyd
bewirkt eine besonders schnelle Verseifung. Zu gleicher Zeit bildet sich ein unlöslicher
oder schwerlöslicher Niederschlag von Erdalkalisulfat durch Umsetzung der Erdalkalihydroxyde
mit den Alkalisulfaten, der von den kolloidal gelösten oder feinverteilten Harz-
und Fettseifeteilchen adsorbiert wird und sie zum Ausflocken bringt. Im ausgeflockten
Zustande werden dann die Harz- .und Fettseifeteilchen wiederum von den Zellstoffasern
adsorbiert und wirken auf diese bzw. auf das daraus gefertigte Papier leimend. Der
mitgefällte Niederschlag von Erdalkalisulfat erhöht die Weiße der Zellstoffaser
und damit des fertigen Papieres ganz bedeutend, weil er sich in außerordentlich
feinverteiltem Zustand an jede einzelne Faser anlagert. Bei Verwendung von Calciumhydroxyd
bildet der in Lösung gegangene Teil des Calciumsulfates nach dem Absättigen der
freien Alkalien mit dem verseiften Harz und Fett eine unlösliche Kalkseife, eine
Verbindung, die, härter als die entsprechende Aluminiumverbindung, besser geeignet
ist, die kolloidalen Harzteile an die Faser anzuheften als die bei der Harzmilchleimung
sich bildende harzsaure Tonerde. So werden durch dieses Verfahren nicht nur die
schädlichen Wirkungen des Zellstoffharzes und -fettes bei der Papiererzeugung bekämpft,
sondern auch das Harz und Fett zur Leimung verwendbar gemacht. Wenn auch wohl selbst
im harzreichsten Zellstoff niemals die zu einer Volleimung nötige Menge von etwa
3 °/o Harz vorhanden sein wird, so kann doch immerhin je nach dem
Harzgehalt
des Zellstoffes durch Zusatz von 1,5 bis s,5 °/o Harz in Form der üblichen Harzmilch
eine Volleimung erreicht und eine Ersparnis von 0,5 bis 1,5 °/o Harz erzielt
werden.
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Eine praktische Ausführungsform des Verfahrens ist folgende: Auf je
zoo kg Zellstoff (Trockengewicht) wird beim Eintragen in den Holländer eine Lösung
von z kg Ammoniumchlorid, 1,5 kg Natriumsulfat und 1,5 kg Natriumchlorid in to Liter
heißem Wasser gegeben. Nach Beendigung des Eintragens werden hinzugefügt: 3 kg Calciumhydroxyd
in 3o Liter Wasser zu einer Milch aufgerührt und durch ein feines Sieb gegossen.
Nach beendeter Mahlung wird der Stoff mit Aluminiumsulfatlösung bis zur sauren Reaktion
versetzt und darauf in der üblichen Weise mit Harzmilch oder anderen Leimmitteln
bis zum gewünschten Grade nachgeleimt. Statt Ammoniumchlorid, Natriumsulfat und
Natriumchlorid können auch alle übrigen Chloride, Sulfate und anderen Alkalisalze
Verwendung finden, ebenso statt Calciumhydroxyd auch alle anderen Erdalkalihydroxyde
und Oxyde.