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Verfahren zur Reinigung von Gasen unter Gewinnung von Ammonsulfat
Es ist bekannt, schwefelhaltige Gase derart zu reinigen, daß man sie bei erhöhter
Temperatur, gegebenenfalls unter Zusatz von Sauerstoff bzw. sauerstoffhaltigen Gasen,
über Kontakte leitet, wobei der Schwefelwasserstoff in Schwefeldioxyd umgewandelt
und dieses zusammen mit Ammoniak in Form der schwefligsauren Salze des Ammoniaks
gewonnen wird. Zur Überführung dieser in marktfähige Produkte werden verschiedene
Wege vorgeschlagen, z. B. kann durch Erhitzen des Ammonbisulfits bzw. eines Gemisches
von Ammonsulfit mit Ammonbisulfit im Verhältnis i : 2 Ammonsulfat und Schwefel gewonnen
werden. Diese Reaktion hat den Nachteil, daß sie oft explosionsartig Xerläuft, außerdem
werden bei den angewendeten höheren Temperaturen die Gefäßmaterialien angegriffen.
Ein weiterer Nachteil dieser Reaktion besteht darin, daß nur Salzgemische verwendet
werden können, die auf i \1o1 Ammonsulfit 2 Mol Ammonbisulfit oder die entsprechende
Menge einer Säure enthalten. Die Anwendung dieser Reaktion zur Aufarbeitung des
bei der Gasreinigung, insbesondere bei Leucht- und Kolier eigas anfallenden Gemisches
von Ammonsulfiten ist demnach nur dann möglich, falls das Verhältnis von Ammoniak
und Schwefelwasserstoff im Gas zumindest q.:3 beträgt, da bei geringerem Gehalt
des Gases an Schwefelwasserstoff die anfallenden Ammonsulfitlaugen nur unvollständig
zu Ammonsulfat und Schwefel umgesetzt werden; um die Umwandlung der Ammonsulfite
zu vervollständigen, müßte in diesem Falle eine entsprechende Menge Säure zugesetzt
werden. Das Verhältnis des Ammoniaks zum Schwefelwasserstoff in Leucht-bzw. Kokereigas
wechselt von Fall zu Fall, in den meisten Fällen beträgt es 2 : i bis 2 : r,2, so
daß also die Druckumsetzung des Ammonsulfitbisulfits zwecks Gewinnung von Ammonsulfat
und Schwefel einen Säurezusatz erforderlich macht. Auch genügt der in dem erwähnten
Gase vorhandene Schwefel oft nicht, um eine vorteilhafte Verarbeitung auf Polythionate
bzw. -thiosulfat nach anderen bekannten Verfahren zu ermöglichen. Das Verhältnis
zwischen Ammoniak zu Schwefelwasserstoff müßte in diesem Fall mindestens 2 ::2,5
betragen und käme mithin nur für Gase mit extrem hohem Schwefelgehalt oder für ammoniakarme
bzw. -freie Gase in Betracht. Mit dem aus dem Schwefelwasserstoff und Ammoniak des
Leucht-und Kokereigases auf katalytischem Wege vorzugsweise herstellbarenAmmonsulfitlassen
sich diese Reaktionen demnach nicht ohne die die Arbeitsweise verteuernden Zusätze
von Säuren usw. durchführen.
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Es wurde nun gefunden, daß sich die Reinigung von Schwefel enthaltenden
Gasen. unter
Gewinnung von Sulfaten in vorteilhafter Weise so-
ausführen läßt, daß man in der Hauptsache neutrales Ammoniumsulfit enthaltende Laugen
durch Druckerhitzung unter Bildung von Ammonsulfat und Ammoniumsulfid umsetzt und
letzteres durch Kochen oder Ausblasen in Form von Ammoniak und Schwefelwasserstoff
von der Ammonsulfatlauge abtrennt und beliebig weiterverarbeitet; zweckmäßig führt
man die ausgetriebenen Gase in das zu reinigende Gas vor dem Kontakt oder in die
Ammoniakabtreiber.
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Für das Verfahren geeignete Laugen werden beispielsweise erhalten,
wenn das Verhältnis von Ammoniak zu Schwefelwasserstoff in dem zu reinigenden Gas
größer ist als d. : 3. Die Druckerhitzung erfolgt am besten bei Temperaturen von
etwa 2oo°, weil dann eine praktisch vollständige Umsetzung zu Ammonsulfat und Ammonsulfid
stattfindet. Die Reaktion verläuft bei einem Verhältnis von Ammoniak zu Schwefelwasserstoff
bzw. von Ammoniak zu Schwefeldioxyd wie 2-: 1 nach folgender Gleichung 4 (NH4) 2
SO- = 3 (NH4) 2 SO, + (NHJ z S. Das entstehende Ammoniumsulfid ist
hier kein lästiges Nebenprodukt, da es in vorteilhafter Weise zur Einstellung eines
günstigen Verhältnisses zwischen Ammoniak und Schwefelwasserstoff in den zu reinigenden
Gasen dienen kann. Zur Gewinnung des gebildeten Ammoniumsulfids wird die sulfathaltige
Lauge ausgekocht bzw. mit Dampf abgeblasen, wobei das Ammoniumsulfid in Form von
Ammoniak und Schwefelwasserstoff sehr rasch entweicht. Man kann diese Gase nun an
einer beliebigen Stelle vor dem Kontakt den zu reinigenden Gasen wieder zusetzen,
so daß der Schwefelwasserstoff von neuem über dem Kontakt zu Schwefeldioxyd verbrannt
wird. Ist dagegen der Schwefelwasserstoffgehalt der zu reinigenden Gase schon ohne
weiteres hoch genug, so wird das Ammoniumsulfid, d. h. das gasförmige Gemisch von
Schwefelwasserstoff und Ammoniak, am zweckmäßigsten in die Ammoniakabtreibekolonne
eingeführt, von der aus man dann das Ammoniak in den Gasstrom und den Schwefelwasserstoff
durch den Entsäurer in den Kamin einführt oder in einer anderen Weise verwendet.
- Neben der bequemen Regulierung des Verhältnisses zwischen Ammoniak und Schwefelwasserstoff
in dem zu reinigenden Gas liegt ein weiterer Vorteil der Rückführung des Ammoniumsulfids
in den Rohgasstrom darin, daß der Schwefelgehalt desselben um ein Viertel des ursprünglichen
erhöhtwird,wodurch eine entsprechend höhere Reaktionstemperatur am Kontakt erzielt
wird, was in Fällen, in denen von vornherein nur wenig Schwefelwasserstoff im Rohgas
vorhanden ist, sehr erwünscht ist. Hierdurch wird insbesondere bei schwefelwasserstoffarmen
Gasen eine Zusatzheizung unnötig, oder es genügt eine geringere Wärmeregeneration.
Bei der Umsetzung der Laugen zeigten sich ebenfalls besonders günstigeWirkungen
darin, daß die Laugen zufolge ihrer alkalischen Reaktion die Gefäßwandungen weniger
angreifen als die sauren, die bei der Umsetzung stark bisulfithaltiger Laugen entstehen;
z. B. eignen sich Aluminium- oder chromhaltige Stähle sehr gut als Werkstoff für
die betreffendenUmsetzungsgefäße, außerdem werden durch die ammoniumsulfidhaltigen
Laugen sämtliche in der. Lösung als Verunreinigung vorhandene Metalle als Sulfide
gefällt, so daß das erhaltene Ammoniumsulfat sehr rein anfällt und z. B. ohne weitere
Reinigung als Düngemittel verwendbar ist.
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Die Umsetzung von Ammonbisulfit und von Gemischen von 1 Mol Ammonsulfit
und 2 Mol Ammonbisulfit durch Druckerhitzung ist, wie schon in der Einleitung hervorgehoben
wurde, bekannt. Diese Reaktion verläuft bereits bei etwa 15o°, was darauf zurückzuführen
ist, daß die Reaktion durch die freie Säure sehr gefördert wird. Dagegen zersetzt
sich neutrales Alkalisulfit nach den Angaben in der Literatur erst bei Rotglut,
d. h. etwa bei 6oo° und darüber. Hiernach war anzunehmen, daß auch in wäßriger Lösung
sich neutrales Ammonsulfit nicht durch Druckerhitzung in Ammonsulfat und Ammonsulfid
umwandeln lassen würde, da bei einer Reaktionstemperatur von 6oo° die kritische
Temperatur für Wasser längst überschritten ist, während das trockne Salz ohne Umsetzung
bei 15o° flüchtig ist. Es zeigte sich aber in überraschender Weise, daß zur Umsetzung
von neutralem Ammonsulfit in wäßriger Lösung unter Druck nur etwa Zoo bis 22o° notwendig
sind.
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Geringe Mengen von Ammoniumbisulfit stören die Reaktion nicht, so
daß also keine besonders scharfe Kontrolle der Gaszusammensetzung notwendig ist.
Das Ammoniumbisulfit wird bei der Umsetzung der Lauge in Schwefel und Sulfat übergeführt,
wobei der Schwefel vor dem Eindampfen der Lauge abgetrennt werden kann. Es muß in
diesem Fall darauf geachtet werden, daß der Gehalt an Bisulfit nicht zu hoch wird,
weil, wie in der Einleitung erwähnt, derartige Laugen bei ihrer Druckumsetzung oft
explosionsartig verlaufende Reaktionen zeigen.
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Die bei der katalytischen Gasreinigung anfallenden Ammonsulfitlaugen
enthalten oft kleinere oder größere Mengen von Ammonthiosulfat. Es wurde gefunden,
daß das neutrale Ammonthiosulfat durch Erhitzen auf
etwa Zoo bis
250Ö als trockenes Salz oder in Form seiner gegebenenfalls alkalischen Lösungen
im geschlossenen Rohr entsprechend folgender Formel: 4 (NH4)2S20/3 -3 (NH4)2S04
+ (NH4)2s T 4S zu Ammonsulfat, Ammonsulfid und Schwefel umgesetzt wird, so daß auch
thiosulfathaltige Laugen nach dem vorliegenden Verfahren aufgearbeitet werden können.
Hierbei sei aber hervorgehoben, daß diese Reaktion nur in neutraler oder alkalischer
Lösung verläuft. Der Reaktionsverlauf bei der bekannten Umsetzung von Thiosulfat
in saurer Lösung ist aber ein ganz anderer; es wird aus dem Thiosulfat neben Sulfat
Schwefel gebildet entsprechend folgender Formel: 3 Na2S203 ..1.. H2S04 - 3 Na2S04
-E- H20 + 4 S. Um bei Arbeiten unterhalb 2oo° etwa nicht umgesetztes Ammonthiosulfat
in der Endlauge zu vermeiden, kann man der Lauge nach der Druckbehandlung eine kleine
Menge Säure, wie z. B. Schwefelsäure, zusetzen. Bei Gegenwart von Ammoniumbisulfit
setzt sich das Ammonthiosulfat ohne Bildung von Ammonsulfid zu Ammonsulfat und Schwefel
um.
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Bei der Druckerhitzung der Sulfitlaugen können auch katalytisch wirkende
Substanzen zugesetzt werden, wie z. B. Selen, Schwermetalloxvde usw. Beispiel i
Kokereigas mit 8 g Ammoniak und 9 g Schwefelwasserstoff im Kubikmeter wird abgekühlt,
wobei im Kondenswasser pro Kubik-Ineter Gas 2,5 g Ammoniak und 1,5 g Schwefelwasserstoff
gelöst werden. Das Gaswasser wird in einer Abtreibekolonne von Ammoniak und Schwefelwasserstoff
befreit, und diese werden vor dem Gaskühler in das Rohgas eingeführt. Hierauf wird
das gekühlte Gas im Regenerator vorgewärmt und über einen Kontakt geleitet, wobei
sich der Schwefelwasserstoff zu Schwefeldioxyd umsetzt. Nach der Abkühlung des Gases
wird dieses mit Wasser bzw. einer Ammonsulfitlauge gewaschen, und diese wird in
einem Druckgefäß auf 2oo° C erhitzt, wobei die Umsetzung der Lauge in Ammonsulfat
und Ammonsulfid erfolgt. Die Lauge wird nun mit Dampf abgeblasen, wobei der entweichende
Schwefelwasserstoff zusammen mit dem Ammoniak in den Gasstrom zurückgeführt wird.
Auf diese Weise werden pro Kubikmeter Gas jeweils i i g Schwefelwasserstoff durch
den Kontakt umgesetzt, wodurch die Reaktionstemperatur um etwa iio° C gesteigert
wird, während die betreffende Temperatursteigerung bei dem ursprünglichen Gase mit
8 g Schwefelwasserstoff pro Kubikmeter etwa 8o° C beträgt.
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Beispiel e Leuchtgas mit 8 g Ammoniak und 12g Schwefelwasserstoff
im Kubikmeter wird gekühlt, und das Gaswasser, das 2,5 g Ammoniak und 2 g
Schwefelwasserstoff pro Kubikmeter Gas gelöst enthält, wird abgetrieben. Hierbei
wird das Ammoniak in den Gasstrom zurückgeführt, der Schwefelwasserstoff entweicht
dagegen durch den Entsäurer und wird in den Kamin abgeführt. Die Weiterverarbeitung
des Gases erfolgt nach Beispiel i, wobei eine Ammonsulfitlauge erhalten wird, die
neben etwa 9o °/o Ammonsulfit io °/a Ammonbisulfit enthält. Diese Lauge wird nun
kontinuierlich durch eine auf etwa 2oo° C erhitzte Schwefelschicht, die sich in
einem geschlossenen, mit Ventil versehenen, unter Druck stehenden Gefäß befindet,
gedrückt, wobei sich das Ammonsulfit in Ammonsulfat und Ammonsulfid umsetzt. Nebenbei
bildet sich noch eine kleine Menge Schwefel, der in dem Schwefelbad zurückbleibt.
Bei dem Austritt der umgesetzten Lauge aus dem Umsetzgefäß wird das Ammonsulfid
abgetrieben und in den Rohgasstrom zurückgeführt. Die Ammonsulfatlösung wird nach
Filtration durch Eindampfen oder Aussalzen mit festem Ammonsulfit auf Ammonsulfat
verarbeitet. Beispiel 3 Braunkohlengeneratorgas mit i 5 g Schwefelwasserstoff pro
Kubikmeter wird auf etwa 300° C abgekühlt. Hierauf wird das Gas nach einem Zusatz
von io bis 12 Volumprozent Luft über einen- Katalysator geleitet, wobei der Schwefelwasserstoff
in Schwefeldioxyd übergeführt wird. :`lach Kühlung des Gases auf etwa 40° C wird
dasselbe durch einen mit Ammonsulfit berieselten Turm geleitet, wobei das Schwefeldioxyd
in Form von Ammonbisulfit gebunden wird. Nun wird in den Laugensammelbehälter Ammoniak
eingeleitet, wodurch das Ammonbisulfit inAmmonsulfit zurückverwandelt wird, das
dann von neuem als Waschflüssigkeit für die. Schwefeldioxyd enthaltenden Gase dient.
Beim Umpumpen steigt allmählich die Konzentration der Lauge bis zur Sättigung derselben
an Sulfitbisulfit, und bei dem Einleiten von Ammoniak fällt das etwas schwerer lösliche
Ammonsulfit fest aus. Dieses Salz wird abgezogen, in Wasser oder in der von der
Druckerhitzung stammenden Mutterlauge gelöst und diese Lösung in einem Druckgefäß
auf etwa 2oo° C erhitzt. Das hierbei gebildete Ammoniumsulfid wird abgeblasen und
in
das Rohgas zurückgeführt, während das Ammoniumsulfat nach Eindampfen
der Lauge gewonnen wird. Das auf diese Weise erhaltene Salz zeigt-eine sehr schöne
weiße Farbe und bedarf keiner weiteren Reinigung. Dies ist darauf zurückzuführen,
daß bei der Abscheidung des Ammoniumsulfits als festes Salz die aus dem Gase stammenden
verunreinigenden Stoffe in: der Lauge zurückgehalten werden und daher nicht in die
Druckapparatur gelangen können.