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Verfahren zur Herstellung unbegrenzt haltbarer durchsichtiger Kondensationsprodukte
aus Carbamiden oder deren Derivaten, insbesondere Harnstoff, und Aldehyden, insbesondere
Formaldehyd Die Erfindung bezieht sich auf die Herstellung von durchsichtigen, glasartigen
Kondensationsprodukten aus Carbamiden oder deren Derivaten mit Aldehyden, insbesondere
Formaldehyd.
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Die Herstellung von glasklaren Kondensationsprodukten aus Harnstoff
und Formaldehyd in saurer Lösung erfordert unbedingt einen anfänglichen überschuß
an Formaldehyd, da sonst getrübte Produkte entstehen. Als Ü berschuß kann ein Verhältnis
von mehr als 2 Mol Formaldehyd auf i Mol Harnstoff bezeichnet werden. Die Reaktion
erfolgt in der Weise, daß sich vorerst mit dem überschüssigen Formaldehyd ein labiles
Zwischenkondensationsprodukt bildet, das im weiteren Verlaufe des Prozesses den
labil gebundenen Formaldehyd wieder abspaltet und in eine stabilere Form übergeht.
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Zwischen den labilen Kondensationsprodukten und dem vorhandenen freien
Formaldehyd einerseits und den stabileren Formen der Zwischenkondensationsprodukte
anderseits besteht ein Gleichgewichtszustand, der durch die Anwesenheit von freiem
Formaldehyd zuungunsten der stabileren Formen verschoben wird. 'Da es bisher nicht
gelungen ist, den gesamten abspaltbaren Formaldehyd der labilen Zwischenkondensationsprodukte
vor ihrer Gelatinierung und Härtung zu entfernen, enthalten die nach den bisherigen
Verfahren hergestellten gehärteten Endprodukte stets eine gewisse Menge an freiem
Formaldehyd, der die Bildung der vollständig stabilen, harten Endprodukte verhindert
und die Ursache der beim Lagern der Waren sich bildenden Sprünge und Risse bildet.
Der Wert der nach den bisherigen Verfahren hergestellten Produkte wird hierdurch
natürlich stark beeinträchtigt.
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Es wurde nun gefunden, daß man nur dann zu vollkommen glasklaren und
unbegrenzt haltbaren Endprodukten, die frei von abspaltbarem sAldehyd sind, gelangt,
wenn man Harnstoff und Aldehyd, insbesondere Formaldehyd, in saurer Lösung im Verhältnis
von weniger als a Mol Formaldehyd auf i Mol Harnstoff durch allmähliches Zufließenlassen
der sauren Harnstofflösung zur Formaldehydlösung zur Reaktion bringt, und zwar derart,
daß
die pro Zeiteinheit zugesetzten Harnstoffmengen im Verlaufe der Reaktion lentspreehend
der Abnahme des vorhandenen freien Formaldehyds verringert werden und die Harnstoffmengen
so allmählich zufließen gelassen werden, daß in jeder Phase des Prozesses ein verhältnismäßig
großer überschuß. an freiem Formaldehyd: in bezug auf die jeweils eingebrachte,
noch nicht gebundene Harnstoffmenge vorhanden ist.
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Von den bekannten Verfahren, welche den Harnstoff allmählich oder
in größeren Partien der Formaldehydlösung zusetzen, unterscheidet sich das vorstehend
beschriebene Verfahren dadurch, daß es sowohl das Molverhältnis von Harnstoff zu
Formaldehyd als auch das Tempo des Zufließenlassens der Harnstofflösung genau regelt.
Die vorbekannten Verfahren, bei welchen diese Regelung nicht angegeben ist, erreichen
daher auch nicht jene Reaktionsbedingungen, die, wie eingangs beschrieben, zur Herstellung
stabiler Produkte notwendig sind.
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Der Erfindungsgedanke sei an einem einfachen, allgemein gehaltenen
Beispiel erläutert. 1,5 Mol Formaldehyd werden mit i Mol Harnstoff in der Weise
kondensiert, daß man eine stark angesäuerte Harnstofflösung allmählich in eine zweckmäßig
kochende Formaldehydlösung einfließen läßt. Hierbei wird erfindungsgemäß die pro
Zeitehlheit zugesetzte Harnstoffmenge im Verlaufe der Reaktion entsprechend der
Abnahme des vorhandenen freien Formaldehyds verringert. Die Reaktion geht nun folgendermaßen
vor sich: .Die zuerst einfließenden Harnstoffmengen ergeben mit dem überschüssigen
Formaldehyd das gewünschte glasklare Zwischenprodukt, aus welchem durch die vorhandene
Säure der labil gebundene Formaldehyd teilweise wieder abgespalten wird. Hierdurch
steigt wieder der durch den Harnstoffzusatz anfänglich verringerte Formaldehydgehalt
der Kondensationslösung, und die nun neu hinzugefügte, etwas verringerte Harnstoffmenge
findet neuerdings den für die Bildung der glasklaren Produkte erforderlichen Formaldehydüberschuß
usf.
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Auf diese Weise erhält man in jeder Phase des Prozesses einen verhältnismäßig
großen Überschuß an freiem Formaldehyd in bezug auf die jeweils eingebrachte, noch
nicht gebundene Harnstoffmenge, während im Gesamtverlaufe der Reaktion die Menge
des vorhandenen freien Formaldehyds immer mehr und mehr abnimmt, so daß bei Beendigung
des Kondensationsprozesses so gut wie kein i;berschuß an freiem Formaldehyd in bezug
auf die gesamte eingebrachte Harnstoffmenge vorhanden ist. Da der sich stetig abspaltende
Formaldehyd immer wieder durch neu hinzutretende Harnstoffmengen gebunden wird,
versc v.ebt sich der eingangs erwähnte Gleichgewichtszustand immer mehr zugunsten
der stabilen Zwischenkondensationsprodukte, die frei von abspaltbarem Formaldehyd
sind. Durch diese eigenartige Führung des Kondensationsprozesses erhält man daher
am Schlusse der Reaktion ein durchsichtiges' Kondensationsprodukt, das einem Verhältnis
von etwa 11/2 Mol Formaldehyd auf i Mol Harnstoff entspricht.
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Aus dem Vorstehenden ist ersichtlich, daß sich der Verlauf der Reaktion
leicht an; Hand einer Kurve darstellen läßt. Bei Einsetzung der tatsächlichen Werte
lassen sich aus dieser Kurve die günstigsten Reaktionsbedingungen für die Führung
des Prozesses leicht errechnen. Theoretisch müßte eigentlich die Reaktion unendlich
lange fortgesetzt werden, da gegen Ende des Prozesses immer geringer werdende Bruchteile
an Grammen Harnstoff zugesetzt werden müßten. In der Praxis wird natürlich eine
geeignete untere Grenze festgesetzt, bei welcher der Rest des noch einzubringenden
Harnstoffes auf einmal der Kondensationslösung zugesetzt wird. Eine ungünstige Beeinflussung
des Kondensationsproduktes tritt hierdurch nicht ein.
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Die nach dem neuen Verfahren hergestellten Kondensationsprodukte werden
in üblicher Weise zu harten, glasklaren Endprodukten verarbeitet.
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Der allmähliche Zusatz des Harnstoffes kann entweder kontinuierlich,
absatzweise oder tropfenweise mit größeren oder geringen Unterbrechungen geschehen.
Das Tempo des allmählichen Harnstoffzusatzes wird entsprechend der gewählten Säurekonzentration
so geregelt, daß die gesamte Harnstoffmenge in Reaktion getreten sein muß, noch
bevor eine Gelatinierung Tier Masse erfolgt.
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Die allmähliche Zugabe des Harnstoffes in saurer Lösung kann erfindungsgemäß
durch neutrale oder alkalische Phasen unterbrochen werden. Diese Unterbrechungen
bieten eine Erleichterung in der Reaktionsführung, da infolge der neutralen oder
alkalischen Reaktionsunterbrechungen ein Einbringen des Harnstoffes in größeren
Portionen auf einmal ohne Trübung möglich wird. Man kann auch in der Weise arbeiten,
daß man vorerst die Reaktion in neutraler oder alkalischer Lösung durchführt und
erst den letzten Rest der zur Erreichung des Verhältnisses von weniger als a Mol
Formaldehyd auf i Mol Harnstoff erforderlichen Harnstoffmengen allmählich in die
saure Lösung einbringt.
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Im Verlaufe des sauren Prozesses wird vorteilhaft dafür Sorge getragen,
daß mit
steigendem Harnstoffzusatz eine steigende Azidität der Kondensationslösung
eintritt. Bei dem vorangeführten Beispiel wird dies dadurch erreicht, daß die Harnstofflösung
selbst genügend Säure enthält, so daß in dem Maße, als der Harnstoff in die Reaktion
eintritt, auch ein Ansteigen der Azidität erreicht wird. Ausführungsbeispiel i 45o
Teile Formaldehydlösung (3oprozentig) werden neutral gestellt. Dann fügt man 11/2
Teile Essigsäure (i oprozentig) und 9o Teile Harnstoff hinzu und bringt zum Kochen.
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Anderseits löst man eine ausreichende Menge Harnstoff in seinem gleichen
Gewicht destillierten Wassers auf. Von dieser Lösung nimmt man ?i Teile, fügt hinzu
1,2 Teile halb normaler Schwefelsäure und läßt in obige kochende Lösung allmählich
einfließen. Hierauf nimmt man 35,5 Teile der Harnstdfflösung, fügt hinzu
0,75 Teile halb normaler Schwefelsäure und läßt allmählich einfließen. Schließlich
nimmt man 17,7 Teile ,obiger Harnstofflösung, fügt hinzu 0,52 Teile
halb normaler Schwefelsäure und läßt allmählich einfließen.
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Sobald alles eingegeben ist, kocht man noch einige Zeit unter Rückfluß,
neutralisiert die Lösung und destilliert bei niedriger Außentemperatur im Vakuum
ab. Nach einiger Zeit fügt man 1,8 Teile Essigsäure (ioprozentig) in 3,6 Teilen
Spiritus hinzu, rührt gut um und destilliert im Vakuum weiter, bis die Masse die
richtige Konsistenz für den Guß gewonnen hat. Man läßt nun in Formen ab, läßt die
Masse gelatinieren und kühlt dann ab. Nun wird die Masse zerkleinert und hierauf
gehärtet. Ausführungsbeispiel 2 6o Teile Harnstoff werden in 6o Teilen Wasser gelöst
und mit o,6 Teilen ioprozentigen Oxalsäure angesäuert. In einem Kolben werden i
5o Teile 3oproze.itiger neutralisierter Formaldehydlösung zum Kochen erhitzt. Die
saure Harnstofflösung wird nun in die kochende Formald'ehydlösung eintropfen gelassen,
und zwar werden in Abständen von je 2 Minuten Mengen obiger Harnstofflösung beiläufig
laut der in der Zeichnung dargestellten Kurve eingebracht.
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Die so erhaltene Kondensationslösung kann nun in jeder geeigneten
Weise weiterbehandelt werden. Wenn die ganze Harnstoff-und Säuremenge eingebracht
ist, wird beispielsweise mit ioprozentigem NaOH neutralisiert, hierauf mit einer
ioprozentigen Ameisensäurelösung schwach sauer gemacht und weitere 15 Minuten gekocht.
Dann wird neutralisiert, im Vakuum bei 5o° destilliert bis zur Sirupdicke, dann
wieder schwach mit Ameisensäure angesäuert und in einem Ofen bei 6o° gelatinieren
gelassen und hierauf bei Temperaturen von 6o bis ioo° gehärtet.
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Ausführungsbeispiel 3 6o Teile Harnstoff werden mit Zoo Teilen Formaldehydlösung
(3oprozentig) und o,2 Teilen i oprozentiger Natronlauge aufgekocht. Nach dem Aufkochen
läßt man in die noch kochende Kondensationslösung eine Lösung von 15 Teilen
Harnstoff in 3o Teilen Wasser und 0,45 Teile ioprozentiger Oxalsäure innerhalb 1/2
Stunde nach der in Beispiel i angegebenen Weise eintropfen. Dann neutralisiert man
die Oxalsäure, macht mit einer ioprozentigen Ameisensäurelösung gerade sauer, läßt
noch 1/4 Stunde kochen, neutralisiert die Ameisensäure, destilliert neutral im Vakuum
bei 5o° bis zur Sirupdicke ein, säuert mit Ameisensäure gerade an, gießt in Formen
und härtet. Ausführungsbeispiel 4 6o Teile Harnstoff werden in Zoo Teilen einer
3oprozentigen neutralisierten Formalde. hydlösung gelöst und aufkochen gelassen.
Die kochende Lösung wird mit 0,5 Teilen Oxalsäure versetzt und i o bis 15
Minuten kochen gelassen. Nun wird neutralisiert, und es werden 5 Teile Harnstoff
in die neutrale Lösung .eingebracht, welche i o Minuten ge. kocht wird. Nun wird
noch einmal mit o,5 Teilen Oxalsäure angesäuert und io Minuten sauer gekocht, worauf
neutralisiertwird und noch einmal 5 Teile Harnstoff zugegeben werden. Nachher wird
i o Minuten alkalisch gekocht. Dann wird noch einmal mit o,5 Teilen i oprozentiger
Oxalsäure angesäuert und 1/4 Stunde gekocht, neutralisiert, im Vakuum: bei 5o° bis
zur Sirupdicke eingedampft und mit ioprozentiger Ameisensäure schwach an. gesäuert,
in Formen gegossen und gehärtet. Ausführungsbeispiel 5 6o Teile Harnstoff werden
in 35o Teilen 3oprozentiger Formaldehydlösung eingetragen und o, i Teil konzentrierte
Salzsäure zugegeben. In diese kochende Lösung werden 8o Teile Harnstoff in 8o Teilen
Wasser tropfenweise innerhalb 1/2 Stunde zugegeben. Nun wird 5 Minuten sauer weitergekocht,
neutralisiert, bis zur Sirupdicke eingedampft,, schwach angesäuert, in Formen gegossen
und gehärtet.
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Man kann auch von Methylolharnstoffen oder Gemischen von solchen ausgehen.
Es ist auch auf diese Weise möglich, das Verhältnis von Harnstoff zu Formaldehyd
unter i : 2 zu bringen. Zu diesem Zwecke kann man sich sowohl der Methode der abwechselnd
alkalischen
:oder neutralen in Kombination mit der sauren Umkochung als auch der rein sauren
Methode bedienen.
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Ausführungsbeispiel 6 3o Teile Harnstoff werden mit ioo Teilen 3oprozentiger
Formaldehydlösung unter Vermeidung der infolge der Reaktion anfangs auftretenden
Erwärmung so lange, evtl. unter Rühren, sich selbst überlassen, bis. der. Dimethylolharnstoff
auskristallisiert ist. Der Formaldehyd muß zwecks Bildung des Dimethylolharnstoffes
neutral oder schwach alkalisch reagieren. Der Kristallbrei wird nun bis zum Sieden
erhitzt, wobei er wieder in Lösung geht. Die Lösung wird dann mit o,6 Teilen ioprozentiger
Ameisensäure 1/4 Stunde gekocht, hierrauf wird neutralisiert und mit 0,2 Teilen
ioprozentiger Natronlauge alkalisch gemacht. In die heiße Lösung werden 7,5 Teile
Harnstoff eingebracht, worauf gekocht wird. Dann wird die Lösung mit o,6 Teilen
ioprozentiger Ameisensäure kurze Zeit sauer gekocht. Hierauf wird die Lösung wieder
neutralisiert und mit o,- -Teilen ioprozentiger Natronlauge alkalisch gemacht. Der
alkalischen Lösung werden. 2,4 Teile Harnstoff zugefügt, dann wird aufgekocht und
wieder mit o,6 Teilen ioprozentiger Ameisensäure kurze Zeit gekocht. Nun wird die
Lösung im Vakuum bei 50" bis zur Sirupdicke neutral abdestilliert und mit ö, i Teil
i oprozentiger Ameisensäure gerade angesäuert, dann in Formen gegossen und gehärtet.
Ausführungsbeispiel 7 In eine wie oben hergestellte kochende. Dimethylolharnstofflösung
wird eine Lösung von 9,9 Teilen Harnstoff in etwa 9,9 Teilen Wasser, die mit o,¢
Teilen ioprozentiger Oxalsäure versetzt ist, .eintropfen gelassen. Die Lösung wird
dann neutral bis-zur Sirupdicke im Vakuum bei 5o° eingedickt, mit o,i Teil ioprozentiger
Ameisensäure angesäuert, in Formen gegossen und gehärtet.
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Die Reaktion gemäß der Erfindung kann natürlich im Rahmen der Erfindung
in jeder beliebigen Weise abgeändert und mit anderen Verfahrensweisen kombiniert
werden.
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An Stelle des in den obigen Beispielen verwendeten Harnstoffes können
selbstverständlich auch andere geeignete Carbarnide, z. B. Thioharnstoff, oder Mischungen
solcher in -sinngemäßer Weise Verwendung finden. Den gewählten Ausgangsmaterialien
und den gewünschten Endprodukten müssen die einzelnen Reaktionsbedingungen sowie
evtl. sonstige geeignete Zusätze an anorganischer oder organischen Stoffen entsprechend
angepaßt werden.
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Mit Hilfe des vorliegenden Verfahrens erhält man zum erstenmal glasklare
Kondensationsprodukte bei einem Ausgangsverhältnis von weniger als 2 Mol Aldehyd
auf i Mol Harnstoff, und gleichzeitig sind die so erhaltenen Kondensationsprodukte
praktisch bzw. vollkommen frei von labil gebundenem Aldehyd, so daß sie eine unbegrenzte
Haltbarkeit aufweisen.