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Verfahren zur Verzögerung der Verharzung von Phenolen oder deren Lösungen
Die aromatischen Verbindungen mit einer oder mehreren phenolischen Hydroxylgruppen,
die im folgenden allgemein als Phenole bezeichnet werden sollen, haben die Eigenschaft,
unter dem Einfluß von Licht und Luft und besonders bei Gegenwart von Metallen sich
dunkler zu färben, wobei gleichzeitig die Viskosität der an sich flüssigen oder
der gelösten Phenole zunimmt. Diese Erscheinung wird allgemein als Verharzung bezeichnet.
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Diese Verharzung, die alle Stufen von der Dunkelfärbung bis zu einem
zähen, schwarzen Harz durchlaufen kann, macht sich bei allen Arbeiten mit Phenolen,
deren Lösungen und Salzen sehr störend bemerkbar. Besonders in Fällen, in denen
die Phenole einer innigen Durchmischung mit Luft ausgesetzt werden, wie z. B. bei
den bekannten Verfahren der Wiedergewinnung von Lösungsmitteldämpfen mit Hilfe von
Kresolen, beeinträchtigt die Verharzung die Wirtschaftlichkeit dieser Verfahren
aufs empfindlichste.
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Es sind zwar schon wiederholt Mittel vorgeschlagen worden, die Dunkelfärbung
der Phenole zu verhindern, so z. B. Zinnchlorür, schweflige Säure oder Salzgemische,
die schweflige Säure entstehen lassen. Alle diese Stoffe haben jedoch, wie die Nachprüfung
zeigt, nur eine sehr geringe und zeitlich recht beschränkte Wirkung.
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Es wurde nun gefunden, daß ein geringer Zusatz von Oxalsäure zu den
Phenolen die Verharzung derselben in weitgehendem Maße verhindert. Die Wirkungsweise
der Oxalsäure wird dadurch kenntlich, daß ein mit Oxalsäure vermischtes Phenol nicht
oder nur äußerst langsam nachdunkelt und ebensowenig an Viskosität zunimmt. Auch
kann man durch Oxalsäurezusatz bereits dunkel gewordene Phenole wieder aufhellen,
eine beginnende Verharzung also wieder rückgängig machen.
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An Stelle der freien Oxalsäure können auch deren saure oder neutrale
Salze oder deren Ester verwendet werden: eine erhebliche Löslichkeit dieser Stoffe
in den Phenolen ist für die Wirkung nicht erforderlich. Die Menge der zuzusetzenden
Oxalsäure richtet sich nach der jeweils beabsichtigten Wirkung; in den meisten Fällen
wird man mit o,5 bis 3oo, berechnet auf die Phenolmenge, auskommen. Mitunter ist
es vorteilhafter, statt einmaligen Zusatzes einer größeren Menge wiederholt kleinere
Mengen Oxalsäure in geeigneten Zwischenräumen den Phenolen beizumischen. Beispiel
i i oo Teile Kresol (Isomerengemisch) werden mit i Teil kristallisierter Oxalsäure
vermischt und in einer offenen Glasflasche dem zerstreuten Tageslicht ausgesetzt.
Das Kresol ist nach 3 Wochen noch fast farblos, während eine Probe desselben Kresols
ohne Oxalsäure unter den gleichen Bedingungen schon nach 5 Tagen eine tief dunkelrote
Färbung angenommen hat.
Beispiel a Durch Kresol (Isomerengemisch),
das sich in einem eisernen Kolben befindet, wird bei i oo° während 48 Stunden gasförmiger,
technisch reiner Sauerstoff durchgeleitet. Nach Verlauf dieser Zeit ist das Kresol
schwarzbraun gefärbt, und die Viskosität hat, im Englerschen Viskosimeter gemessen,
von I04 auf 140 Sekunden in der Ausfiußzeit zugenommen. Bei einem gleichen Versuch,
bei dem vorher dem Kresol o, 5 % Oxalsäure zugesetzt worden ist, wird die Farbe
nur schwach rot und die Viskosität nur um ; Sekunden Ausfl.ußzeit erhöht. Nach i
i o Stunden ist die Viskosität bei dem Kresol ohne Oxalsäure um 133 Sekunden,
bei dem Kresol mit o, 5 0'o Oxalsäure um 5o Sekunden erhöht.
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Beispiel 3 Zwei Glasflaschen werden je zur Hälfte mit einer Lösung
von Pyrogallol in Wasser (1:2) gefüllt und fest verschlossen. Zu der einen Pyrogallollösung
ist vorher o, 5 0:o Oxalsäure zugesetzt worden. Die Flaschen werden dem zerstreuten
Tageslicht ausgesetzt. Nach 3 Tagen ist die Pyrogallollösung ohne Oxalsäure dunkelbraun
gefärbt, die mit Oxalsäure ist auch nach i z Tagen noch farblos.
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Beispiel Eine Lösung von ß-Naphthol in Alkohol (i : i) in einer Glasflasche
wird dem Tageslicht ausgesetzt. Es tritt schon am ersten Tage Dunkelfärbung ein;
am vierten Tag ist die Lösung tief dunkelrotbraun. In einem Parallelversuch mit
Zusatz von o, 5 Klo Oxalsäure, ist nach io Tagen 'noch keine Farbänderung festzustellen.
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Die Wirkung der Oxalsäure ist neu und kann als ZJberraschung bezeichnet
werden, da weder andere Reduktionsmittel, wie Zinnchlorür, schweflige Säure, Formaldehyd
usw., noch andere organische Säuren, wie Ameisensäure, Essigsäure, Benzoesäure,
Glykolsäure, Milchsäure usw., eine so tiefgreifende und nachhaltige Verzögerung
der Verharzung der Phenole zur Folge haben. Man hat zwar bereits Phenole, um ihre
Wirksamkeit als Desinfektionsmittel in Wasserlösung zu erhöhen, mit Zusätzen von
Oxalsäur e versehen; in diesem Falle ist jedoch die Oxalsäure zu wenigstens i i
a;'o des Phenols, in einzelnen Fällen in größeren Mengen als. das Phenol, finit
diesem vermischt worden. Im vorliegenden Fall handelt es, sich um die Anwendung
von Oxalsäure für die neu erkannte Wirkung der Verzögerung der Verharzung; um diese
Wirkung zu erreichen, genügen bereits Zusätze von wenigen Teilen Oxalsäure auf i
oo Teile Phenol.
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Für die Technik bedeutet die Auffindung der Oxalsäure als Verhinderungsmittel
der Verharzung der Phenole einen bedeutenden Fortschritt, da auf diese einfache
und billige Weise große Werte der Vernichtung entzogen werden.