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Verfahren zur Herstellung von Gluconsäure aus Kohlehydraten: auf biologischem
Wege Es ist bekannt, daß fast alle Essigsäurebakterien Glucose (Traubenzucker, Dextrose)
in Gluconsäure überführen. In besonders hohem Maße kommt diese Fähigkeit nach Henneberg
(L a f a r, Handbuch der technischen Mykologie, 5. Band, S. 586) dem Bact. industrium
zu. Nur wenige Essigsäurebildner können aber Saccharose (Rohrzucker) unter Gluconsäurebildung
angreifen; insbesondere fehlt diese Fähigkeit gerade den zur Erzeugung von Gluconsäure
aus Glucose mit besseren Ausbeuten befähigten Arten. Ferner entsteht durch die Tätigkeit
der Essigsäurebakterien fast ausnahmslos neben Gluconsäure auch Oxalsäure.
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Es wurde nun gefunden, daß sich Gluconsäure auf biologischem Wege
mit weit besseren Ausbeuten gewinnen läßt, als dies bisher möglich war, wenn man
von der sogenannten »Kombucha« ausgeht, welche in Japan allgemein auf gesüßtem Tee
gezogen wird, um den Tee in ein wohlschmeckendes Volksheilmittel umzuwandeln. Zu
diesem Zweck wird ein Stückchen von der dem Aussehen nach mit einer Meeresqualle
vergleichbaren Kombucha abgeschnitten und auf die Oberfläche von zimmerwarmem gesüßtem
Tee gelegt. Es bildet sich in wenigen Tagen eine immer dicker werdende Decke aus,
wobei der Tee stark sauer wird und einen angenehmen säuerlich-aromatischen Geruch
annimmt. Der so veränderte Tee wird als Heilmittel genossen und die entnommene Flüssigkeit
durch frischen gesüßten Tee ersetzt. Genaue Untersuchungen haben nun ergeben, daß
sich bei diesem biologischen Prozeß aus dem mit Saccharose (Rohrzucker) gesüßten
Tee neben Essigsäure ausschließlich Gluconsäure bildet. Versetzt man den- Tee mit
Fruktose (Lävulose), so entsteht unter starker Hautbildung nur Essigsäure. Hingegen
wird aus in Tee gelöster Glucose ausschließlich Gluconsäure erzeugt, und zwar ohne
Hautbildung. Bei Verwendung technischer Glucose bildet sich daneben Essigsäure,
wenn auch in weitaus geringerer Menge als bei Verarbeitung von Saccharose, und macht
sich nach einiger Zeit, viel später als in saccharosehaltigen L9sungen, auch Hautbildung
bemerkbar. Oxalsäure entsteht in keinem Fall als Nebenprodukt. Weiter hat sich herausgestellt,
daß man keineswegs darauf angewiesen ist, als Nährlösung Tee zu verwenden. Benutzt
man statt dessen peptonhaltige oder auch nur anorganische Stoffe enthaltende Nährlösungen,
so verläuft die biologische Oxydation des Zuckers in ganz gleicher Weise, so daß
also je nach der verwendeten Zuckerart entweder nur Essigsäure oder nur Gluconsäure
oder, beim Ausgehen von Saccharose, ein Gemisch dieser beiden Säuren entsteht. Man
kann ferner statt des Tees auch andere Pflanzenextrakte, Malzextrakt, Bierwürze
oder auch Bier oder Melasse verwenden. Das Bier muß zwecks Abtötung der Hefe vorher
gekocht werden. Die Melasse kann gleichzeitig auch als Kohlehydratquelle dienen.
Die
Gluconsäure wird zweckmäßig als -gluconsaures Calcium durch Kristallisation g ewonnen.
Bei der Verarbeitung von Glucose empfiehlt es sich wegen der entwicklungshemmenden
Eigenschaften der Gluconsäure, die durch die Bakterientätigkeit erzeugte Säure in
bekannter Weise durch fortgesetzten Zusatz von Kalk oder Kreide zur Nährlösung zu
neutralisieren. Es genügt alsdann, die Nährlösung bis zur Syrüpkonsistenz einzudampfen
und bis zur Eristallisation stehenzulassen. Wird Saccharose verarbeitet, so muß
die gebldete Essigsäure vor der Neutralisation entfernt werden, z. B. durch Destillation
mit Wasserdämpfen oder durch Durchblasen von Wasserdampf oder Luft. Dampft man die
essigsäurehaltige, während der Bakterientätigkeit oder nachträglich mit Calciumöxyd
oder Kreide versetzte Nährlösung ein, so kommt es nicht zur Kristallisation: Aus
dem Calciumsalz kann, beispielsweise durch Umsetzung mit Ammoniumcarbonat oder mit
alkoholischer Schwefelsäurelösung, die freie Säure gewonnen werden.
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In Hennebergs Handbuch der Gärungsbakteriologie. 2. Auflage,' z<)26,
Band 2; S. 225, wird über einen japanischen oder mandschurischen Pilz berichtet,
der zur Erzeugung eines gesundheitsfördernden Getränkes auf einem gesüßten Aufguß
von chinesischem Tee gezüchtet wird. Henneberg nimmt an, daß die für seine Versuche
benutzte Pilzgenossenschaft aus Bacterium xvlinum und Pombehefe bestand. Da die
aus Japan staminende Kombucha Gluconsäuremengen zu bilden vermag, die das Gluconsäurebildungsvermögen
von Bacterium xylinum um ein Vielfaches übertreffen, ist nicht-anzunehinen, däß
dieses Ausgangsprodukt mit der von Henneberg beschriebenen Pilzgemeinschaft identisch
ist. Jedenfalls ist es aber völlig unbekannt geblieben, daß durch eine Pilzgemeinschaft
von solcher Art aus geeigneten Zuckerarten als Hauptprodukt Gluconsäüre gebildet
wird. Noch eine im Juni 1927 erschienene Arbeit von D i n s 1 a g e und L
u d o r f f (Zeitschrift für Untersuchung der Lebensmittel, 53. Band, 6. Heft) kommt
zu dem Ergebnis; daß das durch Vergärung von mit Zucker gesüßtem Teeaufguß mit Kömbucha
entstehende erfrischende Getränk neben Aromastoffen Alkohol, Essigsäure und Milchsäure
enthalte.
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In den Berichten der Deutschen Chemischen Gesellschaft 57 (;924) ist
auf S. 9:2o und den folgenden mitgeteilt, däß durch die Einwirkung bestimmter
Arten der Gattungen Aspergillus und Citromyces -- also der bekannten Zitrönensäurebildner
- auf kohlehydrathaltige Lösungen als Zwischenprodukt der biologischen Zitronensäurebildung
Gluconsäur e entsteht. Eine spätere Untersuchung von B e r n h a u e r, über die
im Chemischen Centralblatt 1925 I auf S. 65-2 berichtet wird, stellt gleichfalls
fest, daß Kulturen des Aspergillus aus Rohrzucker Gluconsäure zur Entstehung bringen.
Die Ansicht, daß die Säure ein Zwischenprodukt der Zitronensäur ebildung darstellt,
konnte nicht sicher erwiesen werden. Während Stamm I unter bestimmten Bedingungen
fast ausschließlich Gluconsäure bildete, ergab ein Stamm II unter gleichen Bedingungen
ausschließlich Zitronensäure, unter bestimmten anderen Bedingungen aber wieder fast
ausschließlich Gluconsäure, wenn auch in geringer Menge und erheblich langsamer
als Stamm I, der unter noch anderen Bedingungen wieder ausschließlich Oxalsäure
lieferte. Nachher konnte auch B u t k e w i t s c h (Chemisches Centralblatt 1925
I, S. 1214 und 1215) die von Aspergillus niger und Citromices glaber gebildete
Säure als Glucönsäure identifizieren, wobei aber gleichzeitig festgestellt wurde,
daß durch den erstgenannten Mikroorganismus die gebildete Gluconsäure nicht nur
Zitronensäure, sondern zur Oxalsäure oxydiert wird. Alle diese Angaben beziehen
sich, ganz abgesehen von ihrer Unsicherheit, auf ganz andere Pilze. Überdies sind
auch die Stoffwechselprodukte der früher verwendeten Pilze durchaus nicht unschädlich.
Hingegen ist sowohl im Tierversuch als auch von namhaften Klinikern die Unschädlichkeit
der nach dem angemeldeten Verfahren hergestellten Produkte sicher festgestellt ,worden.
Zu alledem liefern die erfindungsgemäß zu verwendenden Kulturen, die zu den Gattungen
Aspergillus und Citromyces in keiner Beziehung stehen, auch noch Gluconsäureausbeuten
bis zu 8o°/", die über das bisher Erreichbare weit hinausgehen, so daß sich also
das vorliegende Verfahren im Vergleich zum Arbeiten mit Aspergillus- und Citromycesarten
nicht nur durch die beliebig wiederholbare völlige Beherrschung der im Dienste der
Aufgabe stehenden Mittel, sondern auch durch seine große wirtschaftliche Überlegenheit
auszeichnet. Ausführungsbeispiel Eine Aufkochung von russischem Tee wird mit
7,59, Rohrzucker versetzt und bei einer Temperatur von 15 bis g.0°
C mit Kombucha beimpft. -Nach etwa 2o Tagen sind etwa 50°/o der verwendeten Sacchärose
in Gluconsäure übergeführt, wogegen der beste Gluconsäurebildner Hennebergs, das
Bact. industrium, binnen 2o Tagen in 4o°/oigen Glucoselösungen nur z6,6°/0 Gluconsäure
zu bilden vermag. Der gesäuerte Tee wird hernach bis zur Syrupdicke eingedampft,
um die Essigsäure zu verjagen: Hernach ,wird der Syrup mit
Wasser
verdünnt, in der Hitze mit Calciumcarbonat neutralisiert und mindestens % Stunde
auf zoo° erwärmt. Sodann wird heiß filtriert und das Filtrat abermals bis zur Syrupkonsistenz
am Wasserbade eingedampft.
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ach 2 bis 3 Tagen verwandelt sich der Syrup in der Kälte in einen
Kristallbrei. - Durch wiederholtes Auskristallisierenlassen kann man die gesamte
Gluconsäure als Calciutnsalz gewinnen, worauf man dieses, allenfalls nach ein- oder
mehrmaligem LTmkristallisieren, in die freie Säure zurückverwandelt.
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Abgesehen von den besseren Ausbeuten bietet das Verfahren den Vorteil,
daß auch Saccharose verarbeitet werden kann und daß keine Spur von Oxalsäure gebildet
wird.