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Verfahren zur Gewinnung von metallen, die mit Schwefel flüchtige Verbindungen
bilden, insbesondere Zinn, Wismut, molybdän Gegenstand der Erfindung ist ein Verfahren
zur Gewinnung von Zinn, Wismut, Molybdän und anderen Metallen aus den Erzen, Konzentraten,
Erzkleinen, Abfällen usw. Das Verfahren gründet sich auf die Eigenschaft der Metalle,
mit Schwefel flüchtige Verbindungen zu bilden, und ist besonders wertvoll für die
Zinngewinnung.
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Bei der letzteren ist es bereits bekannt, Schwefelzinn aus Zinneisenstein
durch Erhitzen zu verflüchtigen. Demgegenüber besteht das beanspruchte Verfahren
im wesentlichen darin, über das betreffende metallhaltige Gut bei erhöhter Temperatur
ein reduzierendes schwefelhaltiges Gas oder Gasgemisch, z. B. Schwefelwasserstoff,
zu leiten. Bei richtiger Gaskonzentration erzielt man auf diese Weise eine schnelle
und ungewöhnlich vollkommene Verflüchtigung des im Rohmaterial enthaltenen Metalls.
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Als Beispiel möge die Gewinnung von Zinn aus einem Zinnerz beschrieben
werden, das 60,`o Zinn hauptsächlich als Cassiterit enthält. Das Erz wurde in einer
Retorte mit Außenbeheizung bei 8oo° mit einem Gasgemisch, bestehend aus 3 Teilen
Wasserdampf und i Teil Schwefelwasserstoff, behandelt, das stetig über das Erz geleitet
wurde. Nach 30 Minuten hatten sich bereits 87,90% des im Erz enthaltenen
Zinns als Schwefelverbindung verflüchtigt, die aufgefangen wurden. Wurde das gleiche
Verfahren 45 Minuten durchgeführt, so ergab sich eine Zinnausbeute von 92%. Bei
Verwendung eines Gasgemisches von 4 Teilen Wasserdampf und i Teil Schwefelwasserstoff
erhielt man nach 3o Minuten 840,1o, nach 45 Minuten 69% des Zinns. Mit 2 Teilen
Wasserdampf und i Teil Schwefelwasserstoff verflüchtigen sich in 2o Minuten 44%,
in 30 Minuten 78,6#,o Zinn. Bei Verwendung von 8, i o bzw. 15 Teilen Wasserdampf
auf i Teil Schwefelwasserstoff wurden in 45 Minuten gio'o, 890;o bzw. 66% Zinn verflüchtigt.
Mit einem Gemisch von 4 Teilen Stickstoff und i Teil Schwefelwasserstoff wurden
in 45 Minuten 92% des Zinns gewonnen.
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Ähnliche Ergebnisse wurden mit einem Gemisch von Wasserdampf und Schwefeldampf
mit oder ohne Beimengung von Wasserstoff erzielt. Gute Ergebnisse lieferte auch
die Verwendung eines Gemisches von Kohlensäure, Kohlenoxyd und Schwefel oder Schwefelwasserstoff
bzw. einer anderen geeigneten Schwefelverbindung ohne oder mit Wasserstoff.
Die
besten Ergebnisse werden erhalten, wenn der Gasinhalt des Ofens oder sonstigen Reaktionsgefäßes
nicht zu kräftig reduzierend wirkt. Es empfiehlt sich deshalb, dem schwefelbaltigen
Gasgemisch verhältnismäßig große Mengen Wasserdampf und Kohlensäure zuzusetzen,
die die Reaktion von Eisenoxyd zu Eisenoxydul und Eisensulfür verhindern. Bei Verwendung
eines Gasgemisches von nur schwach reduzierenden Eigenschaften vermeidet man so
die Reduktion des Eisens oder anderer wenig wertvoller Metallverbindungen im Erz
bzw. die Bildung eines Eisenzinnsteins, aus dem das Zinn dann nur schwer sich verflüchtigen
ließe. Außerdem hält ein verhältnismäßig großer Gehalt an Wasserdampf bzw. Kohlensäure
den Schwefelverbrauch aus dem Gasgemisch niedrig.
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Man kann das neue Verfahren in zwei Abschnitte unterteilen, indem
man einmal die Temperatur, Gaskonzentration, Schwefelkonzentration undReduktionsmittelmenge
so wählt, daß möglichst viel Zinnsulfid sich bildet, und indem man ferner das Erz
unter Bindungen behandelt, die die Verflüchtung der Schwefelverbindung möglichst
begünstigen.
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. Man kann das Verfahren in Apparaten verschiedener Art durchführen
und dabei das Erz auf Pfannen o. dgl. .durch die Reaktions-und Verflüchtigungsräume
eines Ofens führen. Röhrenretorten mit Außenbeheizung haben sich als besonders geeignet
erwiesen. Die Retorten können intermittierend oder kontinuierlich betrieben werden
und in stehender oder geneigter Lage sich drehen. Die Erzbeschickung kann zweckmäßig
in der Retorte gerührt werden, um sie in innige Berührung mit dem schwefelhaltigen
Gasgemisch zu bringen, in manchen Fällen ist aber das Rühren besser zu unterlassen,
um Staubentwicklung und Verunreinigung des abgehenden Schwefelzinns zu verhindern.
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Das schwefelhaltige Gasgemisch kann am einen Ende in die Retorte eingeleitet
und die flüchtige Zinnschwefelverbindung (insbesondere Zinnsulfür) am anderen Ende
der Retorte entnommen und aufgefangen werden. Zweckmäßig wird so viel Gas durch
die Retorten geleitet, daß die flüchtige Schwefelzinnverbindung kräftig herausgespült
wird. Um eine solche Gasmenge zu erzielen, wird das schwefelhaltige Gas zweckmäßig
mit Wasserdampf, Kohlensäure, Kohlenoxyd, Stickstoff o. dgl. verdünnt.
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Die Beimengung verhältnismäßig großer Mengen indifferenter Gase wirkt
nicht nachteilig, gewöhnlich sogar vorteilhaft. So kann z. B. ein Gasgemisch mit
Vorteil verwendet werden, das durch teilweise Verbrennung von Öl oder Koks entsteht
und Kohlensäure und Wasserdampf, Wasserstoff und Kohlenoxyd und außerdem die benötigte
Menge Schwefel und große Mengen Stickstoff enthält. Denn der Stickstoff wirkt ebenso
wie die anderen Verdünnungsgase beim Herausspülen der flüchtigen Zinnschwefelverbindung
in die Vorlage mit. Außerdem aber wird dadurch an wertvolleren Gasen gespart.
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Als Schwefelkomponente des Gasgemisches kann jede geeignete Schwefelverbindung,
insbesondere aber auch Schwefeldampf mit oder ohne Zusatz von Wasserstoff, verwendet
werden. Daneben kommen vor allem Schwefelwasserstoff -oder Schwefelkohlenstoff in
Betracht. Man kann sogar dem Zinnerz. Schwefel oder Schwefelverbindungen beimengen,
um die genügenden Schwefelmengen für die Bildung der flüchtigen Verbindung zur Verfügung
zu stellen, muß dann aber dafür sorgen, daß während des ganzen Verfahrens ausreichende
Schwefelmengen im Erz vorhanden bleiben.
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Wenn oben von Schwefelwasserstoff oder Schwefelkohlenstoff gesprochen
ist, so soll damit nicht gesagt sein, daß diese Verbindungen auch noch bei der Reaktionstemperatur
als solche vorhanden sind.
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Beschleunigt wird die Bildung und Verflüchtigung der Zinnschwefelverbindung
durch eine Temperatursteigerung. Bei einem bestimmten Erz benötigte jedes Kilogramm
Zinn zu seiner Verflüchtigung bei
8oo° C 25,870 cbm Gasgemisch |
85n° C 8,000 - - |
900° C 3,000 - - |
Die zweckmäßigste Temperatur wird durch die Schmelzbarkeit des Erzes bedingt; gewöhnlich
arbeitet man, zum mindesten zuerst, bei einer unterhalb des Schmelz- oder Sinterungspunktes
liegenden Temperatur. Es hat sich gezeigt, daß die Erze viel weniger zum Sintern
neigen, wenn das Gasgemisch die oben gewonnene Zusammensetzung besitzt, als wenn
stärker reduzierende Gase verwendet werden. Bei hohem Gehalt an Wasserdampf und
Kohlensäure behält das Erz seine körnige und pulverige Form vollkommen bei und kommt
ebenso aus der Retorte heraus, wie es in sie eingetragen wurde. Kennzeichnend ist
für das neue Verfahren ferner, daß das im Erz verbleibende, nicht verflüchtigte
Zinn viel leichter löslich ist als das im unbehandelten Erz enthaltene bzw. Zinn
in einem Erz, das mit einem stark reduzierenden Gas, z. B. Wasserstoff, behandelt
wurde. Bei dem neuen Verfahren konnte der Gesamtgehalt an in Salzsäure unlöslichem
Zinn im Erz auf o,o6 bis o,ogolo herabgedrückt werden. Unter Umständen ist es deshalb
wirtschaftlicher, die Verflüchtigungsreaktion nicht vollständig durchzuführen, sondern
das
geschwefelte Zinn aus dem Erz teilweise durch Auslaugung zu
gewinnen.
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Ebenso wie Zinn kann man auch Wismut, Molybdän und andere Metalle
gewinnen. So wurden z. B. aus einem bolivischen Zinnerz mit 6% Zinn und i o;o Wismut
8o% des Wismutgehalts zusammen mit dem Zinn abgetrieben. Die Metalle gehen dabei
hauptsächlich als Sulfide über. Ein dem neuen Verfahren unterworfenes Erz lieferte
Zinn 6z,2 "; o |
Wismuth 6,o °;a |
Eisen 6,o0,10 |
Arsen 1,011 'a |
Schwefel 16,5 0l0 |
Unlösliches 3,00/0 |
Rest 6,3117. |
100,00/0 |
Die Zusammensetzung des erhaltenen Kondensats hängt in gewissem Umfang von der Zusammensetzung
des Gasgemisches und. der Leitung des Verfahrens ab.
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Die vom Gasstrom aus dem Reaktionsbehälter herausgespülte Schwefelverbindung
wird in geeigneter Weise verdichtet, wobei das Reaktionsgefäß und die Vorlage in
einem geschlossenen Kreise so miteinander verbunden sein können, daß das aus der
Vorlage abscheidende Gas wieder in das Reaktionsgefäß zurückgelangt, nachdem ihm
die nun fehlende Schwefelmenge wieder zugesetzt worden ist.
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Das Metall wird aus dem Kondensat in beliebiger Weise gewonnen. Zinnsulfür
läßt sich leicht zersetzen; das bei vorliegendem Verfahren erhaltene Produkt verhält
sich ähnlich, und die Zinnschwefelverbindung kann z. B. in Natronlauge oder Schwefelsäure
gelöst und das Zinn aus der Lösung durch Elektrolyse gewonnen werden.
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Man kann die Zinnschwefelverbindung auch in einem geschmolzenen Elektrolyten,
z. B. Natriumsulfid, lösen und diese dann bei oder oberhalb des Siedepunkts des
Schwefels elektrolysieren, wobei sich das Zinn an der Kathode ablagert, während
sich an der Anode Schwefeldampf entwickelt, der wieder verdichtet werden kann.
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Man kann andererseits die Zinnschwefelverbindung mit einem kräftig
reduzierenden Gas (Wasserstoff, Kohlenoxyd o. dgl.) behandeln und auf diese Weise
metallisches Zinn darstellen.
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Erhitzt man Zinnsulfür auf etwa Zoo bis 300°, so zersetzt es sich
zu metallischem Zinn und Zinnsulfid. Das metallische Zinn kann man aus dem Gemisch
abscheiden und das zurückbleibende Zinnsulfid auf über 300° erhitzen, wobei Zinnsulfür
und elementarer Schwefel erhalten wird, der als Dampf ausgetrieben oder auf andere
Weise abgeschieden wird, während das Zinnsulfür zurückbleibt. Man kann die gleiche
Behandlung wiederholen, die theoretisch die Freimachung eines Atoms Zinnmetall und
eines Atoms elementaren Schwefels auf jedes Molekül Zinnsulfür ergibt. Man kann
die verdichtete Zinnschwefelverbindung, die bei dem neuen Verfahren entsteht, durch
diesen Verfahrenskreislauf ebenso durchgehen lassen wie Zinnsulfür und auf metallisches
Zinn und elementaren Schwefel arbeiten.
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Man kann endlich die erhaltene Zinnschwefelverbindung bei hoher Temperatur
mit Dampf behandeln und dadurch Zinnoxyd, Wasserstoff und Schwefelwasserstoff herstellen,
von denen die beiden letzteren wieder zur Schwefelung weiteren Zinnerzes dienen
können.