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Maschine zum Integrieren von Differentialgleichungen zweiter Ordnung
Differentialgleichungen zweiter Ordnung können, auch wenn sie nicht von vornherein
zum Zwecke der Lösung einer Aufgabe der Mechanik aufgestellt sind, doch immer mechanisch
gedeutet werden. Sie sagen dann aus, daß Massen nach bestimmten Gesetzen beschleunigt
werden.
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Der Erfindungsgedanke besteht darin, daß man auf eine der Beizahl
des Gliedes zweiter Ordnung entsprechende - am besten umlaufende - Masse, entsprechend
den durch die Differentialgleichung ausgedrückten Gesetzen, Kräfte wirken und die
unter dem Einfluß dieser Kräfte sich abspielende Bewegung der Masse auf einem Papierstreifen
aufzeichnen läßt oder in sonstwie geeigneter Weise erkennbar macht.
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Die den Gegenstand der Erfindung bildende -Maschine soll zunächst
in einer Ausführungsform beschrieben werden, die zur Lösung einer einfachen Differentialgleichung
ausreicht.
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Die zu integrierende Differentialgleichung sei z. B. die der Bewegung
eines physischen Pendels unter dem Einfluß der Schwere und des Dämpfungswiderstandes
des Mittels, in dein das Pendel schwingt. Für den Fall kleiner Schwingungen lautet
sie:
Hierin bedeuten: J das Trägheitsmoment des Pendels, bezogen auf den Aufhängungspunkt,
rf den Anschlag, gerechnet von der Ruhelage, Fit seine Masse, g die Erdbeschleunigung,
r- den Abstand des Schwerpunktes des Pendels von seinem Aufhängungspunkt, h den
Dämpfungsbeiwert.
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Die für das Integrieren der obigen Gleichung :bestimmte Maschine ist
in der Abb. i im Grundriß und in den Abb.2 und 3 in Teilquerschnitten (A-B bzw.
C-D der Abb. i) dargestellt, Auf einer Wellea, die in den Lagern b und c läuft,
ist eine Schwungmasse in, befestigt. Mittels der Schnecke d, des Schneckenrades
e, des Stirnrades f und der Zahnstange g wird der Schreibstift lt bewegt,
so daß .dieser in einem geeigneten Maßstab auf der durch ein Uhrwerk in gleichförmige
Umdrehung i ersetzten Schreibtrommel i das Ergebnis der Integration, also cp in
Funktion der Zeit, aufzeichnen kann. Der etwa von einem Leonardsatz gespeiste Elektromotor
j treibt mittels der Zahnräder h, l und it die Welle a an und setzt
damit die Schwungmasse m, in umlaufende Bewegung.
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Das Zahnrad L (Abb. i und 2) ist in dem gabelförmig gestalteten einen
Ende eines Waagebalkens o gelagert, welcher auf einer Achse r sitzt und mit seinem
anderen Ende zwischen zwei Kontakten p und q (Abb. 2) frei spielen kann.
. Auf der Achse r ist außerdem ein Arm s (Abb. i und 3) befestigt, an dem eine Feder
t angreift, deren anderes Ende an einem seitlichen Arm einer Gleitschiene v befestigt
ist, die durch einen von der Zahnstange g angetriebenen Seilzug 2t in zwei Führungen
verschiebbar ist. Solange der Waagebalken o zwischen den -Kontakten p und
q frei spielt, wird die Massem" da die
Zusammendrückung der
Feder t proportional cp ist, bei entsprechender Wahl der Übersetzungen durch den
Elektromotor über die Zahnräder k, L und n entsprechend dem ersten Gliede
m g t' cp der Pendelgleichung beschleunigt.
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Daß der Waagebalken o zwischen den Kontakten p und q frei spielt,
wird dabei wie folgt erreicht: Wenn der Motor j nicht genau das vorgeschriebene
Drehmoment liefert, legt sich der Waagebalken o gegen den einen oder den anderen
der Kontakte p, q an; hierdurch wird ein (nicht dargestellter) Relaismotor in dem
Sinne in . Tätigkeit gesetzt, daß er die Erregung der Dynamo des Leonardsatzes verstärkt
oder schwächt, was weiter zur Folge hat, .daß das Drehmoment des Motors j vergrößert
oder verkleinert wird. Dementsprechend entfernt sich :der Waagebalken jeweils von
:dem Kontakt, an dem er vorher zum Anliegen gekommen war. Dieser Vorgang soll an
der Hand von Abb. 4 im folgenden näher erläutert werden.
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Wie bereits ausgeführt wurde, besteht die elektrische Anlage, .die
den Strom für den Elektromotor j liefert, aus einem sogenannten Leonardsatz L. Die
Stromstärke in den Feldwicklungen F der Dynamo des Leonardsatzes L wird durch den
Regler R mittels des Steuermotors C beeinflußt. Dieser Motor erhält in dem: einen
oder anderen Sinne seinen Strom durch Vermittlung des Steuerrelais E, das wiederum
durch den Kontaktgeber o, p, q
(s. auch Abb. i und z) betätigt wird. Beim
Schließen des einen oder anderen Kontaktes o, p bzw. o, q wird der Motor
C über das Steuerrelais E in dem einen oder anderen Drehsinn zum Lacifen gebracht;
dadurch wird der Nebenschlußregler R der Leonarddynamo entsprechend verstellt. Der
Motor j erhält so eine höhere oder niedrigere Spannung, läuft also schneller oder
langsamer.
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Zur Berücksichtigung des zweiten Gliedes der Pendelgleichung k
ist die folgende Einrichtung vorgesehen: Auf der Welle a (Abb. i) ist eine aus gut
leitendem Metall b; stellende Scheibe w befestigt, welche von den Polen eines Magneten
x umfaßt wird. Wenn sich diese Scheibe dreht, werden in ihr Wirbelströme erzeugt,
die eine der Winkelgeschwindigkeit der Welle a proportionale Bremswirkung ausüben.
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Im ganzen wird also die Masse mi, entsprechend den durch die Differentialgleichung
gegebenen Bedingungen, in Abhängigkeit von ihrem Drehwinkel und von der Winkelgeschwindigkeit
beschleunigt. Demnach zeichnet der Schreibstift h auf dem Papier der Schreibtrommel
i eine Kurve auf, die den Winkelausschlag cp in Abhängigkeit von der Zeit darstellt.
Diese Kurve hat etwa das in Abb. 5 dargestellte Aussehen.
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Es mag hier gleich bemerkt werden, daß, wenn die Rückwirkung des Druckes
der Feder t (Abb. i) auf die Bewegung der Schwungmasse na, aus irgendwelchen Gründen
sehr klein gehalten werden muß, die Anspannung der Feder t zweckmäßig nicht durch
den Seilzug ic erfolgt, sondern über einen nicht dargestellten Relaismotor bewirkt
werden kann.
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Besitzt die zu lösende Differentialgleichung mehr als die beiden angegebenen
Glieder, so sind, entsprechend den .durch die Differentialgleichung zum Ausdruck
gebrachten Gesetzen, weitere Mechanismen erforderlich, die diese in der Schreibtrommel
zur Berücksichtigung kommen lassen.
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Lautet also z. B. die zu integrierende deDifferentialgleichung nicht
wie oben als einfaches Beispiel angenommen:
sondern:
so ist die Anordnung in dem Sinne abzuändern, daß die Federt nicht proportional
zu cp, sondern proportional zu sin cp zusammengedrückt wird. Dies kann z. B. dadurch
erreicht werden, daß .die Feder mittels eines in Abb. 6 dargestellten Kurbelschleifengetriebes
gespannt wird.
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Weist die zu lösende Gleichung noch ein Glied A # sin a t auf, lautet
sie also
so kann auch das hinzugekommene Glied A # sin u t durch einen solchen Kurbelschleifenmechanismus,
der, unabhängig von der Bewegung der Masse na" etwa durch ein nicht besonders dargestelltes
Uhrwerk angetrieben wird, zur Einwirkung auf en Antrieb der Masse in, gebracht werden.
Dies kann so geschehen, daß .die durch die gleichmäßig umlaufende Kurbel angetriebene
Kurbelschleife eine Feder abwechselnd zusammendrückt und auseinanderzieht, die auf
einen zweiten auf der Welle r befestigten Hebel (in der Zeichnung nicht dargestellt)
einwirkt. Der Antriebsmotor überträgt dann ein der aIgebraischen Summe dieser Federdrücke
entsprechendesDrehmoment. AuchdieGleichung:
kann also in verhältnismäßig einfacher Weise maschinell integriert werden.
Durch
entsprechendes Hinzufügen von weiteren geeigneten Einrichtungen können auch noch
andere Gesetze berücksichtigt -,v, erden. Insbesondere können mit der Maschine grundsätzlich,
wie schon das zweite Beispiel zeigt, auch nichtlineare Gleichungen, die der rechnerischen
Behandlung schon recht große Schwierigkeiten bereiten, in einfacher Weise integriert
werden.
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Bisher ist eine Ausführungsform der Maschine beschrieben worden, die
für die Lösung nur einer einzelnen Differentialgleichung bestimmt ist. Die Maschine
kann aber auch leicht so ausgebildet werden, daß mit ihr zwei oder mehrtheoretisch
beliebig vielegekoppelte (simultane) Differentialgleichungen gelöst werden können.
Es ist zu diesem Zweck nur nötig; so viel Schwungmassen ml, m. usw. vorzusehen,
wie gekoppelte Gleichungen vorhanden sind, und die durch die einzelnen Glieder der
Gleichungen bedingten Einrichtungen für den Antrieb und für die Kopplung der Bewegung
der Massen, was gleichbedeutend ist mit »Kopplung der Gleichungen«, vorzusehen.
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Das Wesen der Kopplung von Differentialgleichungen besteht darin,
daß in einer Gleichung nicht nur eine abhängig Veränderliche, sondern zwei oder
mehr vorkommen. Je nachdem nun in einer derartigen Gleichung für eine Veränderliche
x eine andere Veränderliche in der Form v oder
oder vor-
kommt, spricht man von Kraft-, Reibungs-oder Beschleunigungskopplung.
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Handelt es sich um eine Kopplung der ersten Art, d. h. also um eine
Kraftkopplung, und kommt demgemäß in der Gleichung für die zu der Veränderlichen
y gehörige Masse ein Glied a _x vor, so ist ein der Bewegung x
der
zu s gehörigen Masse entsprechender Federdruck auf das Tränsmissionsdynamotneter
der Masse, die zu y gehört, zu übertragen. Dies kann in einfacher Weise dadurch
erreicht werden, daß beispielsweise ein durch die x-Massein, angetriebener Seilzug
nicht auf eine den Antrieb der x-Masse, sondern auf eine den Antrieb der _v-Masse
in, beeinflussende Feder einwirkt.
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Der Einfluß eines Gliedes von der Form
(Reibungskopplung) kann auf eine andere Masse, beispielsweise die zu der Bewegung
x gehörige, in der in Abb. 7 veranschaulichten Weise übertragen werden. Die Scheibe
7v_, in der die die Bewegung der Massein.. (die zu der Veränderlichen y gehören
möge) dämpfenden Wirbelströme erzeugt werden, wird von der Welle, auf der die Masse
in. sitzt, nicht wie bei dem zuerst beschriebenen Ausführungsbeispiel (Abb.
i) unmittelbar, sondern durch Vermittlung der Zahnräder i, 2 und 3, von denen das
Zahnrad 2 an einem um .eine Achse 5 schwingenden Waagebalken 4 befestigt ist, angetrieben.
Dadurch, daß die Bewegung der Massem. durch Wirbelströme gebremst wird, würde der
Waagebalken .l. an dem einen oder dem anderen der beiden Kontakte 6 oder 7 (s. Abb.
8) zum Anliegen kommen, wenn nicht ein Motor 8 durch Schließen des einen oder anderen
Kontaktes 6 bzw. 7 in dem Sinne zum Anspringen gebracht würde, daß er über ein Schnekkengetriebe
i o, i i und eine im Muttergewinde des Schneckenrades i i verschiebbare Schraubenspindel
12 eine am Waagebalken d. angreifende Feder anspannte oder nachließe, immer in dem
Sinne, daß der Waagebalken q. frei zwischen den Kontakten6, 7 spielt. Durch die
Größe der Spannung der Feder 9 wird also die Größe des die Bewegung der Masse
in., dämpfenden Momentes gemessen, ebenso durch die der Federspannung proportionale
Zahl der Umdrehungen des Elektromotors 8 von einer bestimmten Nullage aus. Es ergibt
sich so - nebenbei bemerkt - die Möglichkeit einer laufenden Aufzeichnung des Wertes
in Abhängigkeit von der Zeit. Wird derselbe Elektromotor8 (s.Abb.8) benutzt, um
eine rechts von der Spindel 12 angeordnete, nicht dargestellte Feder zu spannen
und diese Feder mittels eines ebenfalls nicht dargestellten Hebels zur Wirkung auf
eine andere Masse gebracht, so ist damit die Kopplung mittels des Reibungsgliedes
erreicht. Damit die Spannungen der beiden von der Spindel 12 wechselweise verlängerten
und zusammengedrückten Federn einander proportional sind, .ist nur nötig, daß beide
Federn bei einer bestimmten Stellung der Spindel 12 gleichzeitig spannungslos sind.
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In ähnlicher, aber etwas verwickelterer Weise kann die Berücksichtigung
und insbesondere die Kopplung von Gliedern der Form
erreicht, d. h. also die dritte Art der Kopplung, die Beschleunigungskopplung, bewerkstelligt
werden. Zu diesem Zweck wird das Zahnrad 2 der Abb. 8 nicht mehr unmittelbar, sondern
unter Vermittlung eines Hebels 14 (Abb. 9) an dem Hebel .I aufgehängt. Indem man
das schon beschriebene Verfahren anwendet, kann man so das gesamte Drehmoment messen,
welches das Rädchen 2 überträgt, Wenn die Bewegung der Schwungmasse nicht gedämpft,
die Beschleunigung also proportional dem allein vorhandenen beschleunigenden Moment
ist, welches durch das Rad 2 übertragen wird, ist ohne weiteres ersichtlich, .daß
das durch das Rädchen 2
übertragene Drehmoment die Beschleunigung
der angetriebenen Masse mißt, die dann in analoger Weise, wie für Glieder der Form
beschrieben ist, auf andere Massen übertragen werden kann.
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Sollte auf die Masse, die einer Gleichung entspricht, außer dem treibenden
auch noch ein dämpfendes, also verzögerndes Moment wirken, so muß dieses mechanisch
von dem soeben mittels des Hebels 1.4 (Abb. 9) ermittelten abgezogen werden, bevor
die Differenz auf andere Massen zur Einwirkung kommt, denn es soll nicht .das durch
das Rad 2 übertragene beschleunigte Moment, sondern die Beschleunigung selber unter
Berücksichtigung der negativen durch die Dämpfung erzeugten Beschleunigung gemessen
werden. Dies kann wie folgt ausgeführt werden: Der Hebel 14 wird durch mittels eines
Elektromotors 18 bewirktes Anspannen oder \achlassen einer Feder 15 zwischen zwei
Kontakten 16, 17 spielend gehalten. Derselbe Elektromotor 18 spannt bzw. entspannt
eine gleiche auf einen andern Hebel i9 wirkende Feder 2o: Auf denselben Hebel i9
wirkt aber noch eine entsprechend dem Glied
durch einen .durch zwei kleine Schlangenlinien angedeuteten Motor betätigte Feder
13 in dem durch die Gleichung vorgeschriebenen Sinn. Wenn nun durch einen weiteren
auf der Zeichnung ebenfalls durch zwei kleine Schlangenlinien angedeuteten Motor
24. der Hebel 19 zwischen seinen Kontakten 21 und 22 spielend gehalten- wird, so
m.ißt die Spannung der Feder 23 - die gesamte Beschleunigung der Masse, die nun
auch weiter auf andere Massen übertragen werden kann.
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Ein anderer Weg, die Beschleunigung einer Masse zu messen, wäre, sie
zu unterteilen und zwischen den beiden Massen eine Feder anzubringen. Durch deren
Spannung würde dann, wenn durch geeignete selbsttätige Vachspannungsmechanismen
dafür gesorgt wird, !das sich die Lage der Teilmassen zueinander nicht ändert, die
Beschleunigung der Teilmasse und damit die beider zusammengehöriger Massen gemessen
und weiter verwertet werden können.
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Es ist oben beschrieben worden, wie die Dämpfung der Bewegung einer
Masse zustande kommt und wie eine Reibungskopplung von der Form
in der Maschine verwirklicht wird. Außer Dämpfungsgli.edern von der Form
kommen jedoch auch solche von anderer Form, z. B. von der Form
vor. Diese werden wie folgt berücksichtia@t. Zunächst -entsteht, wenn der Einfachheit
ihrer Verwirklichung wegen die Dämpfung durch elektrische Wirbelströme beibehalten
wird, statt des dämpfenden Momentes hl .
ein solches von der Form
Dieses kann eliminiert werden, indem es in derselben Weise, wie oben gezeigt, gemessen
und in derselben Größe, aber im treibenden Sinne, in den Antriebsmechanismus zurückübertragen
wird. Dann wird die Masse nicht mehr durch .ein Dämpfungsglied von der Form
beeinflußt, seine Größe ist aber durch die Züsammendrückung einer Feder gemessen.
Derselbe Elektromotor, welcher nun durch Anspannen einer Feder die Größe der zu
eliminierenden Dämpfung
mißt, spannt durch einen geeigneten Mechanismus, beispielsweise durch den in Abb.
7 dargestellten Kürvenscheibenantrieb, eine Feder 13 dem Gesetz
oder noch allgemeiner
entsprechend. Wird diese Feder auf .den Antrieb der Masse, auf die die Dämpfung
ausgeübt werden soll, und zwar in hemmendem
Sinne, zur Wirkung gebracht, so ist diese Masse, wie gewünscht, gedämpft. Je nach
Bedarf kann die Wirkung auch auf eine andere Masse ausgeübt, also Kopplung erreicht
werden.