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Verfahren zur Herstellung haltbarer Verleimungen mittels Eiweißkörper
Die Verwendung von Eiweißkörpern zur Herstellung von Verleimungen ist seit langem
bekannt, und insbesondere werden Caseinleime für die verschiedensten Zwecke in der
Technik angewendet. Hierbei wird Casein durch verschiedene Substanzen, hauptsächlich
alkalisch wirkender Natur, wie Alkalihydroxyd, Ammoniak, Borax, Alkalicarbonat,
Erdalkalihydroxyd, in Lösung gebracht und diese Lösung zur Ausführung der Verleimungen
benützt. Bei der Verwendung von Erdalkalien werden außerdem vielfach noch Alkaliverbindungen
zur Beschleunigung des Lösungsvorganges zugefügt. In der Literatur liegen über derartige
Verfahren bereits viele Veröffentlichungen vor. Das Erfordernis, daß das Casein
sich in Lösung befindet, und zwar meist in alkalischer Lösung, ist allen diesen
Verfahren gemeinsam, gleichgültig ob es sich dabei um sogenannte Kaltleime handelt
oder um Leimpräparate, welche in der Wärme, z. B. bei der Sperrholzfabrikation,
zur Verwendung gelangen.
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Die mit solchen Caseinlösungen hergestellten Verleimungen weisen vielfach
eine große Bindekraft auf, doch besitzen sie auch viele Nachteile, welche der allgemeinen
Anwendung der Caseinleime bisher hemmend -im Wege standen. Insbesondere bewirkt
die alkalische Reaktion derartiger Lösungen, daß bei der Verleimung von Hölzern
die Fasern angegriffen und dadurch in ihrer Festigkeit beeinträchtigt werden; auch
wird das Arbeiten mit solchen Lösungen wegen der ätzenden Wirkung auf die Haut vielfach
als lästig empfunden. Weiterhin wirken derartige Lösungen auf die sogenannten Edelhölzer
verfärbend, insbesondere wird bei gerbstoffhalt.igen Hölzern, beispielsweise Eiche,
durch Neutralisation der vorhandenen Gerbsäure die bekannte dunkelfarbige Verbindung
der Gerbsäure mit Alkalien beziehungsweise Erdalkalien gebildet, welche außer ihrer
färbenden Wirkung auch eine Verminderung der Klebkraft zur Folge hat und beispielsweise
die Verwendung von Casein für Furnierverleimungen bisher sehr beeinträchtigt hat.
Ein weiterer Nachteil ist die begrenzte Verwendungsdauer derartiger Leimlösungen,
da nach kurzer Zeit ein Abbinden des Leimes oder auch eine Zersetzung desselben
stattfindet, so daß Leimreste, welche bei Schluß der Arbeitszeit noch übrigbleiben,vielfach
als unverwendbar weggeworfen werden müssen.
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Überraschenderweise hat sich nun ergeben, daß eine durchaus befriedigende
Bindekraft erzielt werden kann und gleichzeitig die oben geschilderten schädlichen
Nebenwirkungen vermieden werden, wenn man Casein ohne Zusatz lösender Substanzen
bei Gegenwart von Wasser in möglichst feiner Verteilung und bei erhöhter Temperatur
zur Verleimung verwendet. Die einzelnen Caseinpartikelchen gehen dabei durch Einwirkung
der Wärme zunächst in flüssige Form über, um nach kurzer Zeit zu einer äußerst zähen
Masse von höchster Bindekraft zu erstarren, wobei man zweckmäßig die zu verleimenden
Holzstücke
o. dgl. einem Preßdruck von einigen Atmosphären aussetzt.
Die feine Zerteilung der Caseinpartikelchen auf der Oberfläche der zu verleimenden
Stücke kann beispielsweise dadurch geschehen, daß man Casein in wässerigerAufschlämmungdurch
eine entsprechende Mühle (Farbmühle, Kugelmühle, Kollondmühle usw.) schickt und
die dadurch erhaltene Caseinsuspension in dünner Schicht auf die Holzstücke o. dgl.
aufträgt. Man kann auch das Casein in trockener Form zu äußerst feinem Pulver (evtl.
bis zur kolloidalen Feinheit) vermahlen und dieses Pulver vor der Anwendung mit
Wasser anrühren, oder man kann sogar das Pulver durch eine Zerstäubungsvorrichtung
auf die mit Wasser oder einer anderen neutralen Flüssigkeit angefeuchteten Holzstücke
in dünner gleichmäßiger Schicht auftragen. Es ist zwar bereits bekannt, Casein-
bzw. Blutalbuminpulv er auf angefeuchtete Furniere oder Holzstücke aufzubringen
und der Einwirkung von Wärme und Druck auszusetzen. Doch ist dabei ausdrücklich
vorgeschrieben, daß dem Eiweißpulver die zur Aufschließung erforderliche Menge Kalkpulver
zugemischt ist, oder aber falls das Eiweißpulver für sich allein aufgebracht wird,
so müssen die zu verleimenden Hölzer mit einer Kalklösung; also einer stark alkalisch
reagierenden Flüssigkeit getränkt werden. Die oben geschilderten Verätzungs- und
Verfärbungserscheinugen sowie die Beeinträchtigung der Klebkraft bei gerbstoffhaltigen
Hölzern müssen daher in diesem Falle gleichfalls auftreten.
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Bei Anwendung des neuen Verfahrens werden diese Verfärbungs- und Ätzwirkungendagegen
vollständig vermieden. Auch ist das Vorhandensein oder der Zusatz gerbender Substanzen
(z. B. Tannin, Formaldehyd und ähnlich wirkender Stoffe) unbedenklich; derartige
Substanzen wirken sogar eher förderlich, da sich hierdurch eine Erhöhung der Wasserfestigkeit
erzielen läßt, wie beispielsweise bei der Verleimung von Eichenholz beobachtet worden
ist.
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Die zur Verleimung gelangende Caseinsuspension weist im Gegensatz
zu den Caseinlösungen saure Reaktion auf, zum Teil herrührend von dem saueren Eigencharakter
des Caseinmoleküls, zum anderen Tieil bedingt durch die von der technischen Gewinnung
des Caseins noch vorhandene, nicht vollständig ausgewaschene Fällungsäure (beispielsweise
Milchsäure). Man hat es bisher für unmöglich gehalten, eine Caseinverleimung bei
Vorhandensein sauerer Reaktion vorzunehmen, doch hat sich ergeben, daß die sauere
Reaktion bei dem neuen Verfahren unter normalen Umständen unbedenklich ist. Es hat
sich sogar gezeigt, daß die Wasserfestigkeit der Verleimungen durch einen geringen
Säurezusatz erhöht werden kann. In manchen Fällen, insbesondere bei der Verleimung
solcher Hölzer, die nicht nur gegen Alkali, sondern auch gegen Säure empfindlich
sind, wird es jedoch ratsam sein, diese sauere Reaktion zu beseitigen, was ohne
Beeinträchtigung des Verfahrens durch Zusatz geringer Mengen alkalisch wirkender
Substanzen geschehen kann. Dieser Zusatz darf jedoch die zur Erzielung einer neutralen
Reaktion erforderliche Menge nicht überschreiten im Gegensatz zu den bisher bekannten
Verfahren, bei welchen alkalisch wirkende Mittel in größeren Mengen zugefügt werden,
so daß eine Aufschließung und Lösung des Eiweißkörpers bewirkt und damit die bekannte
Verätzungs- und Verfärbungserscheinung hervorgerufen wird.
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Das neue Verfahren ist nicht nur für Casein, sondern auch für andere
Eiweißkörper, beispielsweise Blutalbumin, anwendbar; auch können eiweißartige Substanzen
(beispielsweise tierischer Leim) sowie Stärke- und Harzprodukte, Konservierungsmittel
und Füllmittel, -in beschränktem Umfange den Eiweißkörpern beigemengt werden.