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Verfahren zur besseren Ausnutzung des Kalks beim Fällen von Zuckerkalk.
Die bekannten Verfahren zur Ausfällung des Zuckers als unlöslicher Zuckerkalk aus
wässerigen, mehr oder weniger nichtzuckerreichen Zuckerlösungen (Melassen, Sirupen,
zuckerhaltigen Pflanzensäften u. dgl.) bei ge« öhnlichen oder tieferen Temperaturen
mittels Kalksmehls (aus gebranntem, kohlensaurem. Kalkstein) benötigen erheblich
größere Mengen von Kalkmehl, als zur Ausfällung des Zuckers als unlöslicher Zuckerkalk
notwendig wäre. Bei diesen Verfahren werden in der Praxis auf ioo Teile Zucker in
der wässerigen Zuckerlösung (Melasselösung) bei gewöhnlichen Temperaturen iao und
auch erheblich mehr Teile Calciumoxydmehl verbraucht. Die Ursachen dieses großen
Kalkverbrauches sind verschiedener Art. Zum Teil liegen sie in der Herstellung des
gebrannten Kalks selbst, weil in den Kalkbrennöfen, besonders bei den in Zuckerfabriken
gebräuchlichen Bauarten, wo neben Calciumoxyd noch möglichst hochprozentige Kohlensäure
gewonnen wird, nicht alle Bedingungen vorhanden sind, um den kohlensauren Kalk so
gleichmäßig bei den geeigneten Temperaturen auszubrennen, daß der gebrannte Kalk
nach dem Vermahlen zu Calciumoxvdmehl in allen seinen Teilen mit gleicher Energie
auf Zucker und Wasser in wässerigen, kalten Zuckerlösungen reagiert. Es wurde festgestellt,
daß, wenn man Calciutnoxydmehl in kalten, genügend großen Mengen dünner, wässeriger
Melasselösungen unter stetem Abkühlen und kräftiger Mischung fein verteilt, verschiedene
kolloidale Erscheinungen in der Flüssigkeit auftreten, wodurch ein Teil feiner und
feinst verteilter Calciumoxydmehlteilchen während und bis zur Beendigung des Fällprozesses
in der Flüssigkeit zurückgehalten werden, ohne mit dem Zucker eine feste Verbindung
eingegangen zu sein, und schließlich neben dem ausgefällten Zuckerkalk in der Fällflüssigkeit
verbleiben. Dies hat auch zu der irrigen Annahme geführt, daß diese in der Fällflüssigkeit
fein verteilten Calciumoxydmehlteilchen in chemischer Verbindung mit dem Zucker
sind, und man war der Meinung, daß die bei gewöhnlichen Temperaturen aus wässerigen
Zuckerlösungen abgeschiedenen Kalksaccharate eine vier- und sogar mehrbasische Zukkerkalkverbindung
sind. Diese Calciumoxydmehlteilchen, welche mit dem Zucker keine Verbindung eingegangen
sind, bleiben aber mit dem ausgefällten Zuckerkalk gemeinsam in der Fällflüss.igkeit
suspendiert. Diese Fällflüssigkeit wird bei den bekannten Verfahren mit ihrem ganzen
Inhalt an unlöslichen Stoffen unmittelbar nach Beendigung des Fällprozesses direkt
in Filterpressen, Nutschen u. dgl. abgefiltert, wodurch der Zuckerkalk gemeinsam
mit dem Calciumoxydmehl als kalkreicher Saccharatschlamm gewonnen wird.
Im
vorstehenden wird mehrmals angegeben, daß gebrannter Kalk in verdünnter wässeriger
Zuckerlösung unverändert bleibt und sich zu Boden setzt. Diese Angabe steht in Widerspruch
zu der allgemein bekannten Tatsache, daß sich Ca0 mit Wasser von jeder Temperatur
unter starker Wärmeentwicklung zu Ca(OH)2 verbindet, welche Reaktion auch beim Einbringen
von gebranntem Kalk in verdünnte Melasselösung eintritt. Anderseits ist aber beobachtet
worden, daß unter den beim Ausfällen von Zukkerkalk herrschenden besonderen Bedingungen,
besonders wenn die Temperatur der Flüssigkeit unterhalb + 30° C gehalten wird, feines
Kalkpulver 25 bis 30 Minuten lang und sogar noch länger unhydratisiert
bleibt. Diese Beobachtung stimmt vollkommen mit einer Angabe in dem holländischen
Werke von Prinsen Geerligs »Handboek voor de Rietsuikerfabricage«, 3. Auflage, 29i6,
Seite 2q.o, überein, wo es heißt, daß im Meßgefäß, wo der Saft noch kalt ist, der
Kalk zum großen Teil in ungelöschtem und ungelöstem Zustande zu Boden sinkt und,
wenn er aufgerührt und vom Safte mitgeführt wird, erst im Vorwärmer gelöscht und
gelöst wird.
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Bei dem vorliegenden Verfahren wird eine bessere Ausnutzung des Kalks
dadurch erzielt, daß die Flüssigkeit in den Fällgefäßen unter Abkühlung so lange
stehengelassen wird, bis sich eine genügende Menge von Calciumoxyd als mehr oder
weniger flüssiger Bodensatz ausgeschieden hat, worauf, man den Bodensatz von der
Flüssigkeit trennt und aus ihr den Zuckerkalk in bekannter Weise abfiltert.
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Es wurde festgestellt, daß die in der Fällflüssigkeit ausgeschiedenen
Calciumoxydmehlteilchen eine etwas geringere Schwimmfähigkeit bzw. größ'cre Senkfähigkeit
besitzen als der ausgefällte, voluminöse, leicht schwimmende Zuckerkalk. Es kann
nun die Trennung des vorhandenen Kalkmehles vorn Zuckerkalk noch gesteigert werden,
wenn man die Flüssigkeit während oder nach Beendigung des Fällvorganges mittels
Pumpen o. dgl. durch Abscheidevorrichtungen mit bekannten Einrichtungen zur Begünstigung
der Abscheidung schwimmender Stoffe wiederholt unter stetem Abkühlen so lange zirkulieren
läßt, bis aus der Flüssigkeit der größte Teil des Calciumoxydmehls in den Abscheidevorrichtungen
abgeschieden ist. Als Einrichtungen, welche in Flüssigkeit schwimmende ungelöste
Stoffe mit verschiedener Schwimm- und Senkfähigkeit trennen, können dabei unter
anderem auch jene Apparate Verwendung finden, welche mit Hilfe der Fliehkraft arbeiten
(z. B. Konstruktionen nach Art der Zyklone), ferner jene, welche die Abscheidung
von Wasser aus Dampf bewerkstelligen, und andere gleichwertige Einrichtungen.
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Es wurde gefunden, daß in dem abgeschiedenen Kalkbrei die Hydratbildung
durch eine entsprechende Kühlvorrichtung verhindert oder verzögert werden kann.
Man kann sonach den in der beschriebenen Weise in den Abscheidegefäßen abgeschiedenen
Kalkschlamm noch weiter ausnutzen, indem man ihn in eine neue wässerige Zuckerlösung,
welche einer Zuckerkalkausfällung in der beschriebenen Weise unterworfen werden
soll, unter steter Abkühlung und kräftiger Mischung einführt und erst hierauf in
gleicher Weise frisches Calciumoxydinehl zusetzt, bis die gewünschte Zuckerausfällung
erreicht ist. Der anfangs zugeführte Kalkschlamm wirkt im Gegensatz zu dem sonst
vielfach angewendeten hydratisiertem Kalk (Kalkmilch) ebenso nutzbringend für den
Zuckerkalkausfällvorgang wie frisches Calciumoxydmehl, und man erreicht daher die
Zuckerkalkausfällung unter Anwendung erheblich geringerer Calciumoxydmehlmengen.
Der in den Kalkabscheidern abgeschiedene Kalkschlamm gelangt immer wieder bei einer
neuen Zuckerkalkfällung zur Benutzung. Die Verunreinigungen des Kalks, welche sich
im Laufe der Zeit in dem in den Kalkabscheidern abgeschiedenen Kalkschlamm anhäufen,
werden von Zeit zu Zeit aus dem Kalkabscheider durch Ablassen entfernt.
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In der Zeichnung ist eine beispielsweise Ausführungsform einer zur
Durchführung des beschriebenen Verfahrens geeigneten Anlage dargestellt. Das Sammelgefäß
S steht durch eine von der Pumpe P beherrschte Rohrleitung a mit dem Kühlgefäße
K in Verbindung, von welchem eine Rohrleitung b in den mit einem Kühlmantel B versehenen
Kalkabscheider A führt, der einerseits durch die Rohrleitung. c mit dem Kalkzubringer
M und anderseits durch das mit einem Ventil V versehene Rohr d mit dem Sammelgefäße
S in Verbindung steht. Der Kalkzubringer 111 steht durch das Rohr e wieder mit dem
Saminelgefäße S in Verbindung. Zur Ausschaltung des Kalkabscheiders ist die Rohrleitung
f vorgesehen, die das Kühlgefäß K direkt mit dein Kalkzubringer verbindet.
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Die unreine Zuckerlösung wird mittels der Pumpe P aus dem Sammelgefäß
S durch die Leitung a in das Kühlgefäß K gedrückt, von welchem sie durch die Leitung
b in den Kalkabscheider und von hier durch die Leitung c unter den Kalkzubringer
M gelangt, der auf die Flüssigkeit fortlaufend Kalkmehl streut. Die mit dem Kalkmehl
versetzte Flüssigkeit gelangt durch die Leitung e in
das Sammelgefäß
S, aus welchem sie wieder mittels der Pumpe P über das Kühlgefäß und die Leitung
b in den Kalkabscheider A gefördert wird, in welchem sich nun die
nicht mit dein Zucker verbundenen Kalkmengen von dein voluminösen und daher leichter
schwiminenden ausgefällten Zuckerkalk abtrennen. Der nicht mit dem Zucker in Verbindung
gegangene Kalk verbleibt, da die Leitung d durch das Ventil T' geschlossen ist,
in dem Kalkabscheider A, während der ausgefällte voluminöse Zuckerkalk, in der Flüssigkeit
schwimmend, durch die Leitung c zwecks Zufiihrting neuer Kalkmehlmengen neuerdings
unter den Kalkzubringer !11 geführt wird, von wo die Flüssigkeit wieder in das Sammelgefäß
S zurückgelangt. Dieser Kreisprozeß wiederholt sich so lange, bis die behandelte
Flüssigkeit auf den gewünschten Zuckergehalt ausgefällt ist. Es wird nun der Kalkzubringer
31 abgestellt, jedoch die Fällflüssigkeit noch zwecks weiterer Abscheidung des mit
dein Zucker nicht in Verbindung gegangenen Calciumoxydmehls weiter zirkulieren gelassen,
bis genügende Mengen desselben im Kalkabscheider abgeschieden sind, worauf die Pumpe
P abgestellt und die den Zuckerkalk enthaltende Flüssigkeit aus Sammelgefäß S und
Kühlgefäß K durch die Leitung in. auf eine (nicht dargestellte) Filterpresse abgepumpt
wird. Der im Kalkabscheider A befindliche Kalk wird für einen neuen Fällprozeß nutzbar
gemacht, was in der Weise geschieht, daß, wenn der Apparat seine neue frische Zuckerlösung
erhalten hat, das Ventil V des KalkabscheidersA geöffnet wird, so daß dieser durch
die Leitung d in direkter Verbindung mit dem Sammelgefäß S steht. Die durch die
Pumpe P geförderte Fällflüssigkeit kann daher über das Kühlgefäß K, die Leitung
h, den Kalkabscheider A und die Leitung d zurück in das Sammelgefäß S geführt werden.
Haben nun die im Kalkabscheider abgetrennten Kalkmengen genügend auf die frische
Zuckerlösung eingewirkt, so wird durch allmähliches Drosseln und Schließen des Ventils
V die Fällflüssigkeit durch die Leitung c dem Kalkzubringer zugeführt, durch welche
neue Kalkmengen zugeführt werden. Hat die zu fällende. Zuckerflüssigkeit genügend
Calciuinoxydmehl zur Ausfällung des Zuckerkalkes erhalten, so wird das Ventil T'
gänzlich geschlossen, und es beginnt nun die Kalkabscheidung im Kalkabscheider A
für diesen Fällprozeß. Nach beendeter Kalkabscheidung wird, wie früher, die Pumpe
P abgestellt und die. Fällflüssigkeit zwecks Gewinnung des Zuckerkalkschlammes auf
die Filterpresse abgezogen.