DE4444229A1 - Schaltbare Elektrosprüh-Ionisierung für getaktet arbeitende Massenspektrometer - Google Patents
Schaltbare Elektrosprüh-Ionisierung für getaktet arbeitende MassenspektrometerInfo
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Description
Die Erfindung bezieht sich auf die "Elektrosprüh-Ionisierung" von Molekülen in Lö
sung aus einer Sprühkapillare bei Normaldruck unter der Einwirkung eines elektri
schen Feldes. Dieses Verfahren ist besonders günstig für die Analyse von Ionen gro
ßer Moleküle in Massenspektrometern. Die Ionenerzeugung findet dabei außerhalb
des Vakuums des Massenspektrometers statt.
Die Erfindung besteht darin, das Sprühen durch Veränderung der Sprühspannung
für die Beladungsphase von getaktet arbeitenden Massenspektrometern mit Ionen
einzuschalten, und für die Untersuchungsphase abzuschalten. Das Schalten wird
technisch möglich, wenn sehr kleine Sprühraten in fein angespitzten Sprühkapilla
ren mit einem Nachschub an Flüssigkeit allein durch den Sog des elektrischen Feldes
eingestellt werden. Es lassen sich dadurch ICR-Massenspektrometer und Quadru
pol-Hochfrequenz-Ionenfallen besonders substanzsparsam mit Ionen füllen. Der
Probenverbrauch kann, je nach dem Zeitdauerverhältnis der beiden Phasen, durch
das Schalten um ein bis zwei Zehnerpotenzen gesenkt werden.
Diese Patentanmeldung ist eine Ausscheidung aus der Anmeldung P 4408032.8,
deren Beschreibungstext hier vollinhaltlich eingeschlossen werden soll.
Das konventionelle Verfahren der Elektrosprüh-Ionisierung, für das es bereits ver
schiedene kommerziell erhältliche Geräte gibt, arbeitet im wesentlichen wie folgt:
Zwischen einer Metallkapillare und einer ebenen Fläche, die einen Abstand von et
wa 20 bis 50 Millimeter voneinander haben, liegt eine Spannung von mehreren Kilo
volt an. Eine Flüssigkeit in der Kapillare wird dabei unter der Wirkung des elektri
schen Feldes am Ende der Kapillare dielektrisch polarisiert und zu einem Konus
ausgezogen, dem sogenannten Taylor-Konus. Am spitzen Ende dieses Konus kann
die Oberflächenspannung der Flüssigkeit der ziehenden Kraft des elektrischen Fel
des nicht mehr standhalten, daher reißt hier ein kleines Tröpfchen ab, das wegen der
dielektrischen Polarisierung elektrisch aufgeladen ist. Das geladene Tröpfchen fliegt
unter der Wirkung des inhomogenen elektrischen Feldes zunächst stark beschleunigt
auf die ebene Gegenelektrode zu, wird aber in der umgebenden Luft abgebremst.
Während des Fluges tritt von der Oberfläche des Tröpfchens eine starke Verdun
stung ein. Befinden sich in der Flüssigkeit einige größere Moleküle, die sich durch
Elektronenentzug, durch Protonierung oder sonst leichter laden (ionisieren) lassen
als die Moleküle der Flüssigkeit, so können im günstigen Falle nach vollständiger
Verdampfung der Flüssigkeit die größeren Moleküle in ionisierter Form zurückblei
ben. Die ionisierten Moleküle fliegen dabei unter der Wirkung des elektrischen Fel
des durch den bekannten Prozeß der "Ionenmobilität" weiter auf die Gegenelektro
de zu, und können durch eine feine Öffnung oder durch eine Kapillare in das Vaku
umsystem eines Massenspektrometers überführt werden.
Das Abreißen der Tröpfchen findet, abhängig vom Nachschub der Flüssigkeit in der
Kapillare, außerordentlich häufig statt, so daß gewöhnlich ein kontinuierlicher Io
nenstrom entsteht. Der Nachschub wird durch eine sehr gleichmäßig arbeitende
Pumpe, meist eine Spritzenpumpe, aufrechterhalten.
Größere Moleküle werden bei diesem Vorgang meist nicht nur einfach geladen, son
dern vielfach. Als grobe Regel gilt, daß die mittlere Ladungszahl um so größer ist, je
größer das Molekül ist. Die Ladung ist zumeist nicht eine einfache Ionisierung, son
dern eine Protonierung, also eine Bindung mit einem geladenen Wasserstoffatom
H⁺. Daher hängt die Ionisierung auch stark von der Wasserstoff-Ionen-Konzentra
tion (also vom pH-Wert) der Lösung ab. Um die mittlere Ladungszahl herum gibt es
meist eine breite Verteilung mit verschiedenen Anzahlen von Ladungen.
Als Stand der Technik für das Elektrosprühen bei Normaldruck kann das Patent
US 4531 056 betrachtet werden. Das Patent US 5 115 131 wird hier wegen der darin
verwendeten feinen Sprühkapillaren zitiert, und besonders auch wegen der darin
angegebenen weiteren Patent- und Literaturzitate über das Elektrosprühen im all
gemeinen, die hier eingeschlossen werden sollen, obwohl das Patent selbst im we
sentlichen ein Versprühen im Vakuum beschreibt, das vom Elektrosprühen in Gas
bei Normaldruck sehr verschieden ist.
Die Flußrate wird in konventionellen Methoden üblicherweise durch eine Pumpe
bestimmt, was auch für die direkte Kopplung der Sprühkapillare mit einer Mikro-
HPLC-Kapillare gilt. Die Flußrate kann aber auch durch den elektro-osmotischen
Vortrieb der Flüssigkeit in einer elektrophoretisch betrieben Kapillarsäule erzeugt
werden, wie in US 4 885 076 beschrieben.
In der Biochemie und Medizin sind häufig nur extrem geringe Substanzmengen für
Analysen verfügbar (zum Teil nur Mengen von sehr wenigen Femtomol).
Die untere Grenze für den Substanzverbrauch des Elektrosprühens liegt aber bei
herkömmlichen Elektrosprüh-Methoden bei etwa 100 Femtomol pro Minute, legt
man eine untere Konzentration von etwa 0,1 Picomol pro Mikroliter, und eine mini
male Flußrate von einem Mikroliter pro Minute zugrunde. Die Spektrenaufnahme,
zumal bei MS/MS-Verfahren, dauert meist mehrere Minuten. Es werden also meh
rere Hundert Femtomol Substanz benötigt. In Routineverfahren liegen diese Werte
noch um Faktoren 10 bis 100 höher; es werden daher regelmäßig Mengen weit über
einem Picomol verbraucht. Versuche zur Verringerung der Flußrate, die bei kom
merziell erhältlichen Geräten minimal etwa 1 Mikroliter pro Minute beträgt, schlu
gen bisher fehl, da sich keine stabilen Verhältnisse einstellen ließen.
In der parallelen Patentanmeldung P 44 08 032.8 wird bereits eine Sprühmethode
beschrieben, deren Substanzverbrauch um ein bis drei Zehnerpotenzen niedriger
liegt.
Das Elektrosprühen wurde bisher für Massenspektrometer entwickelt, die wegen
ihrer rein massenfilternden Arbeitsweise einen kontinuierlich fließenden Ionenstrom
benötigten. Es gibt aber getaktet arbeitende Massenspektrometer, die keinen konti
nuierlichen Ionenstrom benötigen. In ihnen wechseln sich zwei Phasen miteinander
ab, eine Phase für die Beladung mit Ionen und eine Untersuchungsphase für Expe
rimente mit den Ionen und für die anschließende Messung des Ionenspektrums. Der
Ionenstrom braucht in diesen Massenspektrometern nur in der Beladungsphase ein
geschaltet zu sein. Zu dieser Art von Spektrometern gehören insbesondere die Io
nenfallen-Massenspektrometer, wie Ionen-Cyclotron-Resonanz-Spektrometer oder
Quadrupol-Hochfrequenz-Ionenfallen. In diesen lassen sich insbesondere MS/MS-
Untersuchungen oder reaktionsdynamische Untersuchungen sehr günstig durchfüh
ren, wobei sich aber die Untersuchungszeit gegenüber der Beladungszeit kräftig
verlängert. Der Substanzverbrauch würde sich beim Schalten, je nach Verhältnis von
Beladungszeit zu Experimentier- und Meßzeit, nochmals um ein bis zwei Größen
ordnungen erniedrigen. Das Schalten läßt sich bei der herkömmlichen Methode des
Elektrosprühens nicht durchführen.
Es ist die Aufgabe der Erfindung, eine Elektrosprüh-Methode zu finden, die sich
ohne Schwierigkeit im Millisekundenmaßstab ein- und ausschalten läßt, und so un
ter Verwendung von getaktet arbeitenden Massenspektrometern mit weit geringe
rem Substanzverbrauch arbeiten kann als die konventionelle Elektrosprüh-Technik.
Sie soll auch sonst möglichst substanzsparend arbeiten. So soll sie nach Möglichkeit
einen solchen Ionenstrahl bilden können, der praktisch vollkommen von der feinen
Öffnung zum Vakuumsystem des Massenspektrometers aufgenommen werden
kann. Die Sprühmethode soll stabil sein, und wenig beeinflußbar durch Salzkonzen
trationen oder pH-Werte. Sie soll positives wie negatives Sprühen zulassen.
Elektrosprüh-Experimente mit sehr spitz ausgezogenen Kapillaren, wie sie schon in
US 5 115 131 für das Sprühen unter Vakuum benutzt wurden, führten in Gas bei
Normaldruck zu überraschenden Ergebnissen.
Mit niederviskosen Flüssigkeiten (Wasser mit Methylalkohol) konnte der Nachschub
an Lösung allein durch die elektrischen Ziehkräfte bewältigt werden, wodurch sich
eine Selbstregulierung des Nachflusses mit der Folge eines sehr konstanten Ionen
stroms und stabiler Arbeitsweise ergab, selbst bei außerordentlich geringen Flußra
ten. Bei höherviskosen Flüssigkeiten genügte ein leichter Gas-Überdruck am Ende
der Kapillare, um zu einem selbstregulierenden Nachfluß zu kommen. Der Gas
druck durfte auf keinen Fall so groß sein, daß sich die Lösung ohne das Anlegen der
elektrischen Spannung in der Kapillare bewegte und aus der Kapillare ausfloß.
Mit dieser neuen Methode des Elektrosprühens ohne zwangsweise Erzeugung eines
Lösungsflusses mit einer Pumpe ließ sich der Ionenstrahl sehr leicht an- und abstel
len. So hörte der Ionenstrahl durch ein Absenken der Spannungsdifferenz um etwa
200 Volt (bei 600 bis 800 Volt gesamter Sprühspannung) vollkommen auf, und
konnte durch Erhöhen der Potentialdifferenz auf den ursprünglichen Wert wieder in
vormaliger Höhe eingeschaltet werden. An- und Abschalten konnte in weniger als je
einer Millisekunde durchgeführt werden.
Für speichernde Massenspektrometer, wie Ionen-Cyclotron-Resonanz-Spektrometer
(ICR) oder Hochfrequenz-Quadrupol-Ionenfallen, läßt sich aufgabengemäß mit die
ser Schalttechnik eine verbesserte Ausnutzung geringer Substanzmengen erreichen.
Die Glaskapillaren lieferten, in völlig stabilem Betrieb, Tröpfchen von etwa 200
Nanometern Durchmesser (wahrscheinlich noch geringer). Der Durchmesser war
also mindestens um Faktoren 5 bis 10, die Masse der Tröpfchen mindestens um
Faktoren 125 bis 1000 kleiner als bei der konventionellen Methode.
Der optimale Abstand zwischen Spitze und Gegenelektrode betrug nur 1,5 Milli
meter. Die Tröpfchen verdampften, wie indirekt geschlossen werden konnte, weit
gehend auf einer Strecke von nur etwa einem Millimeter und zeigten eine Strahlver
breiterung von nur etwa 200 Mikrometern, so daß sie praktisch vollständig durch
eine üblicherweise verwendete Kapillare mit 500 Mikrometer Innendurchmesser ins
Vakuum des Massenspektrometers überführt werden konnten.
Der Lösungsmittelfluß, und damit der Substanzverbrauch, lag aber um den Faktor
40 niedriger als der niedrigste Fluß, der sich in konventionellen Verfahren noch
stabil einstellen läßt. Es konnte mit einem Lösungsfluß von nur 25 Nanolitern pro
Minute stabil gearbeitet werden.
Die Sprühspannung betrug wegen des geringen Abstandes nur etwa 600 bis 800
Volt, was eine sehr viel einfachere Spannungsversorgung zur Folge hat. Insbesonde
re für die schnelle Schaltbarkeit ist die niedrige Spannung sehr günstig.
Verglichen mit einer konventionellen Elektro-Spray-Einrichtung, die mit einer Lö
sung gleicher Konzentration arbeitete, war der Ionenstrom im Massenspektrometer
etwa zwei- bis dreimal höher.
Mit der außerordentlich geringen Konzentration von nur 0,05 Picomol pro Mikroliter
konnten bei einer Flußrate von 25 Nanolitern pro Minute gute Protein-Spektren auf
genommen werden. Das entspricht einer Substanzflußrate von nur 1,3 Femtomol pro
Minute, mehr als 70 mal geringer als bei den geringsten Werten für die konventionel
le Technik.
Aus Tröpfchendurchmesser, Flußrate und Konzentration läßt sich berechnen, daß
pro Tröpfchen nur etwa ein Proteinmolekül vorhanden ist, das dann die gesamte
Ladung des Tröpfchens übernimmt. Die Spektren der Fig. 2 und 3 unterscheiden
sich praktisch nicht von denen der konventionellen Elektrosprüh-Technik.
Aus den oben angegebenen Werten läßt sich errechnen, daß sich für eine Konzentra
tion von nur 0,05 Picomol pro Mikroliter bei durchschnittlich 10 Elementarladungen
pro Proteinmolekül aus einem Lösungsfluß von nur 25 Nanolitern pro Minute ein
Ionenstrom von etwa 10⁸ Elementarladungen pro Sekunde ergibt. Für die Füllung
eines Ionenfallen-Massenspektrometer braucht man nur etwa 10⁵ Elementarladun
gen, da sonst Störungen durch Raumladungen auftreten.
Der Vorteil gegenüber dem Verfahren in US 5 115 131, das ebenfalls mit sehr gerin
gen Flußraten arbeitet, besteht darin, daß durch das Sprühen bei Normaldruck au
ßerhalb des Vakuums die Sprühkapillare sehr leicht ausgetauscht werden kann, oh
ne das Massenspektrometer zu belüften. Eine Sprühkapillare kann für diese extreme
Art von Spurenanalytik nur ein einziges Mal benutzt werden, da ein Teil der Analy
sensubstanz unvermeidbar an den Wänden adsorbiert wird und bei der nachfolgen
den Analyse durch eine polarere Substanz verdrängt und im Massenspektrometer
sichtbar werden kann. Die erhöhte Pumpleistung für die Vakuumerzeugung und die
Notwendigkeit differentiellen Pumpens spielt bei heute erhältlichen doppelstufigen
Turbomolekularpumpen nur noch eine untergeordnete Rolle.
Der Kapillareinlaß eines Massenspektrometers für konventionelle Elektrosprüh-
Ionisierung beträgt etwa ein Liter Umgebungsgas pro Minute. Meist wird Stickstoff
verwendet, so daß etwa ein Gramm Gas pro Minute eingeführt wird. Der Lösungs
mittelfluß von 25 Nanolitern entspricht aber einem Massenfluß von nur 25 Mikro
gramm pro Minute. Selbst wenn das gesamte Lösungsmittel mit in das Massen
spektrometer eingeführt würde, entspräche es nur einer Gewichtskonzentration von
0,0025%.
Ein besonderer Gegenstrom reinen Gases zum Fernhalten großer Mengen des Löse
mittels aus dem Massenspektrometer kann damit entfallen. Der Gegenstrom ist nur
dann angebracht, wenn letzte Spuren des Lösemittels ferngehalten werden müssen,
oder wenn die letzten Reste der Solvathüllen entfernt werden müssen. Letzteres ist
aber insbesondere bei den hier verwendeten Ionenfallen-Massenspektrometern nicht
erforderlich, da die Solvathülle in der Falle selbst leicht durch Stöße mit Rest- oder
Dämpfungsgas entfernt werden kann.
Die Entfernung der restlichen Solvathülle gelang auch schon in geheizten Einlaß
kapillaren des Massenspektrometers.
Mit 1/10 Mikroliter Füllung in einer Kapillare (etwa 3 mm Flüssigkeitssäule in einer
Kapillare von 200 Mikrometer Innendurchmesser), und mit einer Konzentration von
0,05 Picomol Protein pro Mikroliter, also mit einer Substanzmenge von nur 5 Fem
tomol Protein, läßt sich etwa 6 Minuten ununterbrochen arbeiten. Wird das Sprühen
auf die Beladungsperioden beschränkt, so kann man eine volle Stunde arbeiten,
wenn sich das Verhältnis der Beladungszeit zur Meßzeit wie 1 : 10 verhält.
Das Sprühverfahren ohne erzwungenen Substanzfluß ist sehr stabil und nur wenig
von Salzkonzentrationen abhängig. So konnten Salzkonzentrationen von 100 Milli
mol pro Liter leicht versprüht werden (siehe Fig. 4). Natürlich treten die Salze als
Ionen und Addukte im Spektrum auf, trotzdem können die Spektren gut interpre
tiert werden.
Auch die pH-Werte beeinflussen den Sprühvorgang kaum. Es konnten Lösungen im
Bereich von pH = 1 bis 12,5 verarbeitet werden. Damit ist auch negatives Sprühen
zur Erzeugung von negativ geladenen Ionen möglich, wie sie für Nukleotide günstig
sind.
Auch wäßrige Lösungen mit größeren Anteilen an organischen Lösemitteln, bei
spielsweise 30% Acetonitril oder Methanol, ließen sich mit dieser Methode ver
sprühen.
Die Kapillaren können leicht und reproduzierbar zu Spitzen ausgezogen werden,
wenn automatisch arbeitende Geräte benutzt werden, wie sie für die Herstellung
feinster Kapillarspitzen für Zell-Injektionen entwickelt worden sind. Die leichte
Herstellbarkeit legt die Einmalverwendung dieser Kapillaren nahe, zumal die Ana
lyse von Lösungen mit außerordentlich niedrigen Konzentrationen extreme Reini
gungsverfahren verlangen würde. Es bietet sich eine industrielle Herstellung der
Kapillaren an.
Wegen der geringen Abstände zwischen der Kapillarenspitze und der feinen Öff
nung zum Massenspektrometer läßt sich die Kapillare sehr leicht justieren. Es hat
sich als ausreichend erwiesen, nur eine mechanische Justierung vorzunehmen, ohne
gleichzeitige Beobachtung des Ionenstroms. Damit eignet sich das Verfahren in be
sonderer Weise für eine automatische Zuführung der Proben.
Einen besonderen Vorteil bildet auch die niedrige Sprühspannung von unter 1000
Volt, da sich diese Spannung relativ einfach und preiswert schaltbar und regelbar
herstellen läßt.
Ein bevorzugtes Verfahren besteht aus folgenden Schritten:
Es werden Sprühkapillaren von 500 Mikrometer Außendurchmesser, 300 Mikro
meter Innendurchmesser und 50 Millimeter Länge benutzt. Entsprechendes Kapillar
glas wird nach sorgfältiger Reinigung auf einem Gerät für die Herstellung von Zell-
Injektions-Pipetten zu einer feinen Spitze ausgezogen, die einen äußeren Durch
messer von etwa 4 Mikrometer und eine feine Öffnung von etwa 2,5 Mikrometer
aufweist. Die Sprühkapillaren werden anschließend im Vakuum mit einer sehr dün
nen Goldschicht von weniger als 1/10 Mikrometer Dicke versehen, die durch Ionen
zerstäubung (Sputtering) oder durch Verdampfung eines Golddrahtes aufgebracht
wird.
Die Sprühkapillaren können ohne jede weitere Reinigung benutzt werden. Das
Ausziehen zu einer Spitze stellt bereits ein sehr gutes Reinigungsverfahren dar. Es
kann die innere Oberfläche aber auch mit üblichen Verfahren silanisiert oder sonst
desaktiviert werden, um der Adsorption der Untersuchungsmoleküle vorzubeugen.
Auch andere Methoden, die die Oberfläche adsorptions-inert machen, können an
gewendet werden.
Die Sprühkapillaren werden mit einer Mikropipette befüllt, die einen Außendurch
messer von etwa 200 Mikrometer hat. Bei sehr kleinen Mengen bis zu etwa 1/10 Mi
kroliter ist auch ein einfaches Aufsaugen eines Tröpfchens in die Kapillare durch die
Kapillarkräfte möglich.
Die gefüllte Sprühkapillare wird dann sofort mit der Rückseite in einer Dichtungs
durchführung eines kleinen Gehäuses befestigt und durch Anziehen einer Dich
tungsschraube in üblicher Weise gedichtet. In diesem Gehäuse befindet sich am Bo
den etwas Lösemittel, daher ist das Gas in diesem Gehäuse mit Lösemittel gesättigt.
Die Sättigung mit Lösemittel dient dazu, ein Austrocknen der Lösung in der Sprüh
kapillare von der Rückseite her auch bei längerem Betrieb und auch in Betriebs
pausen zu vermeiden. Das Gehäuse wird dann über eine Gaszuführung mit Druck
beaufschlagt, der die Lösung in der Sprühkapillare bis in die vorderste Front der
Spitze treibt. Das Gas kann anschließend etwas entspannt werden, ohne daß sich die
Lösung aus der Spitze zurückzieht.
Ein Austrocknen der Sprühkapillare an der Vorderseite ist nicht zu befürchten, da
hier die Flüssigkeitsoberfläche um etwa 4 Zehnerpotenzen kleiner ist.
Die Dichtung der Sprühkapillare im Gehäuse ist so ausgeführt, daß sie einen elek
trischen Kontakt zu der Metallschicht der Spitze herstellt. Die Spitze kann also mit
einer Spannung beaufschlagt werden.
Als Druckgas kann Luft verwendet werden, bei oxidationsempfindlichen Substan
zen empfiehlt sich ein inertes Gas, beispielsweise Stickstoff.
Die Sprühkapillare wird in dem Gehäuse so befestigt, daß ihre Spitze um einen ge
nau definierten Abstand aus dem Gehäuse herausragt, der auf etwa 0,1 Millimeter
toleriert ist.
Das Gehäuse wird dann auf einer Präzisionsführung an die ebene Gegenelektrode
herangeführt. Ein Anschlag arretiert das Gehäuse dann, wenn sich die Spitze genau
1,5 Millimeter von der Gegenelektrode entfernt befindet. Durch die Präzisionsfüh
rung ist die Spitze automatisch auf die Öffnung in der Gegenelektrode zentriert. Die
Toleranz für die Zentrierung beträgt etwa 1/20 Millimeter, die Zentrierung ist also
nicht extrem kritisch.
Ein üblicher Eintritt in das Massenspektrometer ist durch eine etwa 15 Zentimeter
lange Einlaßkapillare gegeben, mit einer Kapillaröffnung von etwa 500 Mikrometer
und an beiden Enden mit einer Metallschicht versehen, die die Stirnfläche und einen
Teil des zylindrischen Teils umfaßt. Diese Einlaßkapillaren werden bereits bei der
herkömmlichen Art der Elektrosprüh-Ionisierung benutzt.
Das Einschalten der Spannung zwischen der Spitze der Sprühkapillare und der Ge
genelektrode startet den Tröpfchen- und Ionenstrahl. Die Sprühspannung beträgt et
wa 600 bis 800 Volt. Die Spannung ist nur geringfügig vom Abstand Spitze-Gegen
elektrode abhängig, sehr wohl aber von der Art des Lösemittels. Die Einrichtung des
Massenspektrometers zur Messung des Totalionenstromes kann dazu benutzt wer
den, die richtige Spannung einzustellen. Eine andere Justierung des Verfahrens ist
nicht notwendig.
Die verwendeten ionenspeichernden Massenspektrometer wie ICR oder Ionenfallen
arbeiten mit zyklischen Beladungsphasen, die dann durch Phasen mit der eigentli
chen Spektrenaufnahme unterbrochen werden. Die Beladungsphasen dauern durch
schnittlich 5 bis 20 Millisekunden, die Untersuchungsphasen etwa 200 Millisekun
den bis weit über 1 Sekunde.
Der Ionenstrom wird nur in der Beladungsphase eingeschaltet, und in der Meßphase
durch Absenken der Sprühspannung um etwa 200 Volt unterbrochen. Der Substanz
verbrauch erniedrigt sich dabei um einen Faktor, der für durchschnittliche Verhält
nisse ein bis zwei Größenordnungen betragen kann. Je nach der Konzentration der
Probenlösung, die die Länge der Beladungsphase bestimmt, und der Art der Unter
suchung, die die Länge der Meßphase bestimmt, kann der Ersparnisfaktor extrem
stark variieren.
Eine Reinigung der benutzten Sprühkapillaren ist kritisch, da trotz sorgfältiger Rei
nigung der Röhrchen durch andere pH-Werte der Lösung sehr leicht wand-adsor
bierte Moleküle früherer Proben gemessen werden, da die verwendeten Konzentra
tionen extrem gering sind. Es ist daher zweckmäßig, die Sprühkapillaren nur einmal
zu verwenden. Da aber das Sprühen bei Normaldruck außerhalb des Vakuums ge
schieht, ist ein Wechsel sehr einfach.
Weitere Verbesserungen des Verfahrens betreffen die Automatisierung der Proben
zuführung. Dabei kann die Probe sowohl von einem separierenden Chromato
graphen aus (Flüssigkeits-Chromatographie, Gel-Chromatographie, Elektrophorese)
wie auch durch Nachschub gefüllter Sprühkapillaren zugeführt werden.
Fig. 1 zeigt eine Kapillare, wie sie für dieses Verfahren verwendet wurde. Eine
normale Glaskapillare wurde in einem automatisch arbeitenden Gerät zu einer Spit
ze ausgezogen. Dieses Ausziehen ist sehr reproduzierbar. Die Kapillaren werden an
der Spitze anschließend im Vakuum durch Ionenzerstäuben (Sputtering) oder Be
dampfen mit Gold belegt. Die Goldbelegung reicht bis in den zylindrischen Teil, um
einen Spannungskontakt herstellen zu können. Die Zeichnung zeigt das Prinzip, sie
ist nicht proportional gezeichnet.
Fig. 2 zeigt ein normales Massenspektrum eines Peptids, das mit einer Konzentra
tion von 0,5 Picomol pro Mikroliter und einer Gesamtmenge von 0,5 Mikroliter
gleich 250 Femtomol aufgenommen wurde. Es wurde für die Spektren nur ein klei
ner Teil der eingesetzten Menge verbraucht.
Fig. 3 zeigt ein MS/MS-Spektrum des Peptids, dessen Massenspektrum in Abb. 2
gezeigt wurde. Dieses Tochterionen-Spektrum wurde aus derselben Menge
von 250 Femtomol des Peptids aufgenommen. Es zeigt die vollständige Analyse der
Sequenz aus 16 Aminosäuren: MDMSKDESVDYVPMLD. Das Molekulargewicht ist
1873,8 u.
Fig. 4 zeigt das Massenspektrum eines Peptids, das aus einer 100-millimolaren
Natriumchloridlösung heraus aufgenommen wurde. Ein solches Spektrum kann mit
der konventionellen Elektrosprüh-Methode nicht aufgenommen werden. Das Spek
trum unterscheidet sich sehr stark von konventionell aufgenommenen Spektren, die
Identifizierung ist jedoch leicht durchzuführen. Die Möglichkeit, aus solchen Lösun
gen heraus Spektren bekommen zu können, ist außerordentlich wichtig, weil viele
separierende Verfahren nicht ohne Puffersalze oder Elektrolyte auskommen und
Reinigungsschritte oft schwierig sind.
Claims (24)
1. Verfahren zur Elektrosprüh-Ionisierung von Atomen oder Molekülen in Lö
sung aus einer Sprühkapillare heraus durch eine elektrische Sprühspannung zwi
schen Sprühkapillare und einer Gegenelektrode, und zur Überführung der gelade
nen Sprühpartikel durch eine feine Öffnung in der Gegenelektrode in das Vakuum
eines getaktet arbeitenden Massenspektrometers, dadurch gekennzeichnet, daß die
Elektrosprüh-Ionisierung im wesentlichen nur während der Beladungsphasen des
Massenspektrometers eingeschaltet und in den Untersuchungsphasen abgeschaltet
wird.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß das getaktet arbei
tende Massenspektrometer ein Ionenfallen-Massenspektrometer ist.
3. Verfahren nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, daß das Massenspek
trometer ein Ionen-Cyclotron-Resonanz-Spektrometer ist.
4. Verfahren nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, daß das Massenspek
trometer ein Hochfrequenz-Quadrupol-Massenspektrometer ist.
5. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekenn
zeichnet, daß Ein- und Abschalten der Elektrosprüh-Ionisierung durch eine Verän
derung der Sprühspannung bewirkt wird.
6. Verfahren nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, daß sich die Lösung in
der Sprühkapillare ohne Einwirkung der vollen Sprühspannung in Ruhe befindet
und selbsttätig durch die Einwirkung des vollen elektrischen Feldes zu fließen und
zu versprühen beginnt.
7. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeich
net, daß durch die Dimensionierung des Innendurchmessers der Öffnung an der
Spitze der Sprühkapillare und durch die Sprühspannung ein Lösungsfluß kleiner als
1000 Nanoliter pro Minute erzeugt wird.
8. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, daß
durch die Dimensionierung des Innendurchmessers der Öffnung an der Spitze der
Sprühkapillare und durch die Sprühspannung ein Lösungsfluß in der Größenord
nung von 25 Nanolitern pro Minute erzeugt wird.
9. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekenn
zeichnet, daß der Innendurchmesser der Öffnung an der Spitze der Sprühkapillare
einen Durchmesser kleiner als 5 Mikrometer hat.
10. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 8, dadurch gekennzeichnet, daß
der Innendurchmesser der Öffnung an der Spitze der Sprühkapillare einen Durch
messer zwischen 2 und 4 Mikrometer hat.
11. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche 6 bis 10, dadurch ge
kennzeichnet, daß der Nachschub an Lösung zur Spitze der Sprühkapillare durch
eine stationäre Druckdifferenz an den beiden Enden der Sprühkapillare unterstützt
wird, wobei jedoch die Druckdifferenz nicht so groß ist, einen eigenständigen Fluß
der Lösung ohne die Einwirkung der Sprühspannung zu erzeugen.
12. Verfahren nach Anspruch 11, dadurch gekennzeichnet, daß die stationäre
Druckdifferenz durch ein Gasvolumen erhöhten Drucks am nichtsprühenden Ende
der Sprühkapillare aufrechterhalten wird.
13. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekenn
zeichnet, daß die feine Öffnung in der Gegenelektrode die Stirnöffnung einer Über
führungskapillare ist.
14. Verfahren nach Anspruch 13, dadurch gekennzeichnet, daß die Überfüh
rungskapillare beheizt wird.
15. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekenn
zeichnet, daß der Abstand der Sprühkapillare zur feinen Öffnung in der Gegenelek
trode so klein ist, daß die Öffnung im wesentlichen den gesamten, divergenten
Strom der geladenen Sprühpartikel aufnimmt.
16. Verfahren nach Anspruch 15, dadurch gekennzeichnet, daß der Abstand der
Sprühkapillare von der Öffnung kleiner als 3 Millimeter ist.
17. Verfahren nach einem der Ansprüche 5 bis 16, dadurch gekennzeichnet, daß
die Sprühspannung kleiner als 1 Kilovolt ist.
18. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeich
net, daß der Durchmesser der feinen Öffnung in der Gegenelektrode zum Vakuum
des Massenspektrometers 500 Mikrometer oder kleiner ist.
19. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeich
net, daß dem Raum zwischen Sprühkapillare und Gegenelektrode ein sauberes
Schutzgas zugeführt wird.
20. Verfahren nach Anspruch 19, dadurch gekennzeichnet, daß das Schutzgas vor
der Zuführung gewärmt wird.
21. Verfahren nach einem der Ansprüche 19 oder 20, dadurch gekennzeichnet,
daß das Schutzgas im Gegenstrom zugeführt wird.
22. Verfahren nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, daß das vorübergehen
de Abschalten des Elektrosprühens durch völliges Abschalten der Sprühspannung
bewirkt wird.
23. Verfahren nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, daß das vorübergehen
de Abschalten des Elektrosprühens durch Absenken der Sprühspannung um 10 bis
40% bewirkt wird.
24. Verfahren nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, daß das vorübergehen
de Abschalten des Elektrosprühens durch Absenken der Sprühspannung um 20 bis
30% bewirkt wird.
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