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Selbsttätiges Überstromrelais. Zum selbsttätigen Auslösen von Starkstromschaltern
und ähnlichen Apparaten benutzte man bislang Überstromrelais, die entweder unmittelbar
oder mittelbar durch Hilfsstromkreise mit abhängigen oder unal -hängigen Zeitrelais,
Spannungsabfallrelais, ti. dgl. verwandt wurden. Diese Überstroinrelais können innerhalb
der durch die Windungszahl- und :Magnetverhältnisse der verwendeten Spulen bestimmten,
praktisch sehr beschränkten Grenzen durch Verstellen der Ankerfederspannung von
Hand auf verschiedene Betriebs- bzw. Auslösestromstärken eingestellt werden.
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Die Magnete der Relais sind nach den geltenden Vorschriften so Lernessen,
daß der kleinste Wert der Auslösestromstärke auf einer Skala sich zum größten ungefähr
wie i: 1,4 verhält.
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Ist z. B. die höchste Betriebsstromstärke für einen Auslöseinagneten
ib-ioAmp., so ist bei der hierfür in Frage kommenden vorgeschriebenen Skala die
niedrigste Auslösestromstärke i" - 14 Amp. und die höchste - 2o Amp. Das betreifende
Relais kann als,) nur in einem Stromkreis verwendet werden, in dem eine Betriebsstromstärke
von io Amp. nicht dauernd überschritten wird.
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Nun kommt es in der Praxis aber selten vor, daß ein Stromkreis dauernd
die gliche Stromstärke führt, vor allem nicht, daß dauernd die gleiche Maschinenleistung
der Zentrale zur Verfügung steht, um hei einer größeren tJLerlastung oder einem
Kurzschluß in dem betrachteten Stromkreis das Relais auch wirklich zum Ansprechen
zu bringen. Bei dem praktisch viel häufigeren Fall der wechselnden Belastung einer
Zentrale können z. B. nachmittags um 6 Uhr vier große Maschinensätze auf das Netz
arbeiten, wobei in dem betreffenden (Abzweig-) Stromkreis hochspannungsseitig eine
Betriebsstromstärke von i o Amp. herrscht, während nachts um 3 Uhr vielleicht nur
ein kleiner Maschinensatz läuft, der Lei einem in dem betreffenden Stromkreis entstehenden
Kurzschluß die zur Auslösung erforderlichen 14 bis 2o Amp. gar nicht aufbringen
kann, sondern auf den Kurzschluß oder die üherlastete Fehlerstelle ar-L.eitet, ohne
daß eine selbsttätige Abschaltung eintritt. Diese wäre ater möglich, wenn das am
Tage auf 'b - io Amp. eingestellte Relais nachts etwa auf 'b =:2 Amp. mit i"
- a,8 -d. Amp. einreguliert werden könnte.
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Diese in der Praxis sehr erwünschte .Bedingung führte zu der Erfindung,
die Relaisspule den wechselnden Betriehsverliältnis,en selbsttätig so anzupassen,
daß sie immer bei dem gewollten n-fachen Betrag des gerade vorhandenen Betriebsstromes
i6 sicher auslöst h.zw. andere Lekannte Relaiseinrichtungen mit Zeitstaffelung oder
Selektiv Schutz zum Wirken bringt.
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Das Prinzip des neuen Relais ist das Folgende (vgl. Abb. i) Sp sei
eine Relaisspule mit einer bestiniinten Anzahl Windungen, die in einzelne Abteilungen
I, 1I, III usw. zerlegt ist. In diese wird ein an einer Feder F oder an einem Gegengewichtszug
hängender Anker .-1 dem wechselnden Betriebsstrom il, entsprechend hineingezogen.
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Der Anker A trägt an einem isolierenler, Bügel B die Schaltstange
S, die mittels der Kontakte i, 2 die Spulenabteilung I und mittels der Kontakte
1,:2, 3 die Abteilungen I -j- 1I kurzschließt. Der Anker A oder die Schaltstange
S kann ferner bei einer bestimmten Stellung die mechanische oder elektrische Schalterauslösung
SA zur Wirkung hringen, die z. B. aus zwei mit entsprechenden Kontaktstücken versehenen
Blattfedern f, f besteht, von denen die obere mit einem Isolierstück 1 versehen
ist, gegen das die Schaltstange wirkt.
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Die magnetischen und Dämpfungsverhältnisse der Gesamtanordnung können
in Verhindung mit der veränderlichen Federspannung F so gewählt werden, daß der
Anker A beispielsweise bei einer magnetischen Einwirkung der Spule oder einer Spulenabteilung
von 12o Amperewindungen (im folgenden
AW genannt) die Auslösung
SA zur Wirkung bringt.
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Legt man beispielsweise drei gleich große Spulenabteilungen mit einer
Windungszahl I = II = III - 2, zugrunde, so ergibt sich folgendes Betriebsbild:
z. Es sei der Betriebsdauerstrom ib = 1o Amp.: der Anker A wird durch I -+ II j<
III mit 6 X io - 6o AW etwas in Sp hineingezogen.
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2. i. steige plötzlich von io Amp. aur das Doppelte = 2o Amp.:
der Anker A wird plötzlich durch I -E- II + III mit 2o X 6 = 12o AW angezogen und
behält nach selbsttätiger Abschaltung von I + II noch so viel lebendige Kraft, um
die Schalterauslösung S A zur Wirkung zu bringen.
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3. ib steige langsam der ansteigenden Belastung im Netz entsprechend
von io auf 15 Amp.: der Anker A wird zunächst durch I -f- 1I + III angezogen,
schließt bei ib = 15 Amp. z mit 2 kurz und verbleibt dann in Ruhe, - ohne zurückzugehen,
«-as sich erwiesenermaßen durch passende Wahl der Dämpfung erreichen läßt.
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Nunmehr muß, der Auslösestrom ia, da nur noch vier Windungen eingeschaltet
sind, r2o AW : 4- 3o Amp. oder wiederum das Doppelte des zu Beginn des neuen Betriebszustandes
vorhandenen Betriebsdauerstromes 7b = 15 Amp. betragen.
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.4. ib steige langsam von 15 auf 3o Arnp.: der Anker A wird durch
II + III angezogen, schließt bei 3o Amp. 2 mit 3 kurz und verbleibt dann in Ruhe.
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ia muß sein = I2o : 2 = 6o Amp., also wieder das Doppelte des bei
Beginn des neuen Betriebszustandes vorhanden gewesenen ib = 3o Amp.
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Geht nunmehr die Betriebsstromstärke von 3o Amp. auf beispielsweise
io Amp. zurück, dann zieht die Feder F den Anker A nach oben und die Spulengruppen
II und I werden wieder eingeschaltet. Der verminderten Betriebsstromstärke entsprechend
wird die Zahl der auf das Netz arbeitenden Maschinensätze in der Zentrale herabgesetzt.
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Es leuchtet ein, daß durch Wahl passender Windungszahlen und der richtigen
magnetischen und dämpfenden Verhältnisse jede beliebige veränderliche Auslösestromstärke
in gewollter Abhängigkeit von ebenfalls veränderlichen Betriebsströmen erzielbar
ist. Erst in Verbindung mit einem solchen Relais können die jetzt verwendeten bekannten
Zeitrelais, Spannungsabfallre?ais und ähnliche Einrichtungen auch stark wechselnden
Betriebsverhältnissen gerecht werden.
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Bei der Konstruktion ist es gleichgültig, ob die Spulen I, II, III
usw. nebeneinander oder übereinander gewickelt sind. Sie können auch vollkommen
getrennt sein, auch ist die Veränderlichkeit des Systems durch Parallelschaltung
von Spulen oder Widerständen erreichbar.
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Statt eines oder mehrerer Solenoide mit je einem oder mehreren Kernen
können auch ein oder mehrere feste Kerne mit beweglichen Ankern gewählt werden.
Zur Steuerung der eigentlichen Auslösespule, die den Schalter selbst auslöst, kann
auch eine besondere Steuerspule mit Anker verwendet werden, die die magnetischen
Verhältnisse der Auslösespule verändert. Auch kann der Anker durch zweckentsprechende
Formgebung des ganzen Systems bei seinen verschiedenen Stellungen von selbst die
magnetischen Verhältnisse der Spule derartig beeinflussen, daß der oben beregte
Zweck erfüllt wird. In allen Fällen kann in der Gleichung i" = n # ib auch
der Wert »n« veränderlich gewählt werden.
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Zur Änderung der Verhältnisse des Relais können Solenoide, Spulen
mit festen Kernen und beweglichen Ankern oder Ferrarisscheiben benutzt werden.
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Eine der vielen möglichen Ausführungsformen zeigt schematisch Abb.
2. Hier sind der Einfachheit halber nur zwei Spulenabteilungen I -I,- II, auf einen
festen Kern K gewickelt, angenommen. Bei plötzlich anwachsendem ib löst Anker A,
den Schalter unmittelbar oder durch Vermittlung des Hilfsschalters SA aus. Bei langsam
wachsendem ib schließt zunächst der Steueranker A, die Abteilung I mittels Kontakt
I kurz, so daß AZ nunmehr erst bei einer verhältnismäßig viel größeren Stromstärke
als vorher !auslösen kann: