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Initialzündsätzs. Alle bisherigen Versuche, das zur Herstellung von
Initialzündsätzen benutzte Knallquecksilber durch Diazoverbindungen zu ersetzen,
scheiterten immer wieder an der leichten Zersetzlichkeit und außerordentlichen Empfindlichkeit
dieser Körper. Aus diesen Gründen ist es bis heute nicht gelungen, diese Klasse
explosiver Verbindungen der Sprengstofftechnik nutzbar zu machen.
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Gemäß vorliegender Erfindung wurde nura die Beobachtung gemacht, daß
solche Diazoverbindungen, die aus den Diazoniumsalzen der mit negativen Substituenten
besetzten o- und p-Amidophenolen durchAnhydrisierung und chinoide Umlagerung entstehen,
ganz hervorragend beständige Körper darstellen, die im Hinblick auf ihre günstigen
explosiven Eigenschaften und den in durchaus normalen Grenzen sich haltenden Empfindlichkeitsgrad
ein ausgezeichnetes Initialzündmittel zur Füllung von Sprengkapseln, Zündhütchen
u. dgl. abgeben.
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Diese Chinondiazide erhält man aus den entsprechenden AmiJophenolen
durch Dianotierung in saurer Lösung. Es sind schönkristallisierende, in Wasser kaum
lösliche Körper von einer für Diazoverbindungen höchst bemerkenswerten Beständigkeit,
und zwar wächst die Beständigkeit mit der Zahl der eingeführten negativen Substituen12,i.
So vertragen die zweifach substituierten Abkömmlinge längeres Kochen mit Wasser
ohne die geringste Stickstoffabspaltung und lassen sich aus kochendem Alkohol und
Azeton ohne Zersetzung umkristaIlisieren. Bei gewöhnlicher Temperatur sind sie auch:
in feuchtester Atmosphäre unbegrenzt lange haltbar.
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Praktische Bedeutung kommt hauptsächlich dien nitrierten Chinondiaziden
zu, da die INTitrogruppe nicht nur die Beständigkeit ganz bedeutend beeinflußt,
sondern auch den Energiegehalt und die Brisanz gewaltig vergrößert.
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Der wichtigste Vertreter dieser Klasse ist das 4-6-Dinitrochinon-2-diazid
erhältlich aus dem q.-6 Dinitro-2-amidophenol (Pikraminsäure), dem Reduktionsprodukt
,der Pikrinsäure mit Schwefelammonium. Es bildet j e nach der Darstellungsweise
gelbbraune Blättchen oder gelbe Kristallkörner, die in kaltem Wasser fast unlöslich,
in heißem sehr schwer löslich sind. In warmem Alkohol und Azeton lösen sie sich
leicht und lassen sich hieraus gut umkristallisieren.
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Die explosiven Eigenschaften ähneln denjenigen des Knallquecksilbers.
In kleinen ;Mengen freiliegend entzündet, verpufft das Dinitrochinondiazid mit großer
heller Flamme ohne brisante Erscheinungen; dagegen kommt es in gepreßtem Zustand,
_ insbesondere bei Einschluß in einer Sprengkapselhülse oder
sonstigen
Umhüllung sofort zur Detonation und äußert infolge seines größeren Gasvoltiinens
und höheren Energiegehaltes bedeutend kräftigere Wirkung als das Knallquecksilber.
Es eignet sich daher in ganz besonderen Maße zur Herstellung von Sprengkapseln und
anderen brisanten Initialzündern, u:id zwar sowohl nach dem Prinzip der einfachen
als auch der kombinierten Ladung.
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Vorzüge des neuen Zündmittels sind der im Vergleich zum Knallquecksilber
bedeutend niedere Preis, die weit geringere Empfindlichkeit gegen Feuchtigkeit und
die große Handhabungssicherheit des Produktes. Letztere wichtize Eigenschaft ist
dem Umstand zuzuschreiben, daß die Kristalle des rein:zrl;anischen, kohlenstoffreichen
Dinitrocbinondiazides weich, leicht zerdrückbar, elastisch und von inneren Spannungen
frei sind und daher auf mechanische Impulse nicht in dem 'Maße reagieren, wie die
spröden, harten, scharfkantigen und oftmals von Spannungszuständen erfüllten Kristalle
der metallhaltigen Fuhmir_ate und Azide.
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Die Eigenschaft, in ganz kleinen @Iengcn nicht die volle Detonationsgeschwindigkeit
zti erlangen, läßt in Verbindung mit der günstigen Schlagempfindlichkeit das Dinitrochinondiazid
auch Zur Herstellung von Zündsätzen für Perkussionszündhütchen sehr geeignet erscheinen,
da in diesem Fall weniger auf eine brisante Wirkung als vielmehr auf eine :ni'>glichst
heiße und lang anhaltende Stichflamme Wert gelegt wird. Ganz besonders kommt die
intensive Zündwirkung des Dinitrochinondiazides in Verbindung mit trägen Sauerstoffträgern,
wie Barium- und, Kaliumnitrat, in rostfreien Zündsätzen zum Ausdruck, da die im
Vergleich zum Knallquecksilberkohlenstoff größereAffinität des Kohlenstoffes dieserVerbindung
zu dem verhältnismäßig fest gebundenen Sauerstoff der genannten Nitrate zii einer
vollständigeren und intensiveren Um@etzung und Verbrennung der einzelnen Zündsatzbestandteile
führt. Bekanntlich v eranlaßte die ungenügende Ausnutzung des Nitratsauerstoffes
durch das kohlenstofarane Knallquecksilber einen Zusatz einer leicht verbrennlichen
kohlenstoffreichen Substanz, wie Kaliumpikrat, Trinitrotoluol und anderen mehr,
der jedoch seinen Zweck nur teilweise ,#rfü:lt, weil das Knallquecksilber infolge
der allzu raschen Verpuffung die Reaktion nur unvollkommen einleiten kann. Dieser
Umstand offenbart den großen Vorteil des neuen Zündmittels, das sowohl den die Entzündung
einleitenden Initialkörper als auch den die Intensität der Zündung erhöhenden explosiven
Kohlenstoffträger in sich vereinigt und dadurch Zündwirkungen erzielen läßt, die
mit den knallquecksilberhaltigen rostfreien Zündsätzen nicht erhalten: werden konnten.
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Nicht minder günstig verhält sich das Dinitrochinondiazid in solchen
Patronen, in denen der Zündsatz zugleich die Rolle des Treibmittels übernimmt, z.
B. in Floberthütchen. Infolge des größeren Gasvolumens un<1 des höheren Energiegehaltes
wächst bei gleichbleibender Ladung die Anfangsgeschwindigkeit, was eine Verbesserung
der Durchschlagkraft und der Streuungsverhältnisse zur Folge hat.
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Das Dinitrochinondiazid kann in allen diesen angeführten Fällen sowohl
für sich allein Verwendung finden, als auch in Verbindung und Mischung mit anderen
Initialzündmitteln, Sprengstoffen, Sauerstoffträgern und sonstigen Zündsatzkornponenten.
Die Art und Menge eventueller Zusätze wird durch den jeweiligen Verwendungszweck
bestimmt und ist Sache praktischer Erfahrung.