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Verfahren zur Gewinnung von Zink neben Blei, Kupfer, Silber, Gold
aus armen Zink-Blei-Erzen u. dgl. Die Gewinnung von Zink, Blei, Kupfer, Silber aus
Erzen und Materialien, welche Zink und Blei entweder in geringen Mengen enthalten,
oder welche wegen der Form, in welcher diese Metalle anwesend sind, dem üblichen
Verhüttungsaoang widerstreben, hat von jeher zu den schwierigsten Problemen der
Metallurgie gehört. Zu solchen Erzen und Produkten sind beispielsweise zu rechnen:
Haldenerze, Aufbereitungsabgänge, Flugstaube, zinkische Kiesabbrände, komplexe Blei-Zink-Erze,
komplexe Zink-Eisen-Erze u. dgl. Man hat nun versucht, solche Erze auf dem Wege
des Laugens nutzbar zu machen. Die Überführung des Metallinhaltes dieser Materialien
in wasserlösliche Form (.Sulfat, Chlorid) gelingt in den meisten Fällen verhältnismäßig
leicht, aber die Aufarbeitung der Laugen ist schwer bzw. unwirtschaftlich. Man kann
in diesem Falle die Metalle aus den Laugen entweder chemisch ausfällen und den Niederschlag
dann weiter verwerten, oder man kann die Laugen (Sulfate, Chloride) elektrolysieren.
Ersteres hat sich namentlich bei Zinklaugen - abgesehen von der Lithoponfabrikation
- nicht als wirtschaftlich erwiesen. Anderseits ist die Elektrolvse von Zink .aus
schwefelsaurer Lösung nur möglich bei Anwesenheit von desoxydierenden Mitteln, wie
z. B. Manganoxydul u. dgl., welche die S04 - Jonen . binden und unschädlich machen.
Dieses Verfahren ist aber für Deutschland wegen Mangel an Mangan und wegen der unausbleiblichen
Verluste an diesem teueren Material nahezu ausgeschlossen. Bleibt die Chlorzink-Elektrolyse.
Dieses Verfahren arbeitet trotz der Höpfnerschen Mißerfolge in Fürfurt a. d. Lahn
(1,89,5-z898) 'ausgezeichnet und ist ganz unverdientermaßen in Mißkredit gekommen.
Bei der Chlorzink-Elektrolyse wird ein Reinmetall von 99,98 bis 99995 Prozent Zink
erhalten, welches nur Spuren von Blei, Eisen, Kadmium (Thallium) enthält, also ,dem
auf elektrothermischen Wege raffinierten Feinzink mit o,z Prozent Cadtnium und darüber
weit überlegen ist. Dagegen hat das Verfahren den großen Nachteil, daß dabei auch
Chlorgas erzeugt wird, für welches die genügende Verwendung oder auch nur Unschädlichmachung
fehlt. Da man nun größere Mengen von Chlorgas selbst in stark verdünntem Zustande
nicht in. die freie Atmosphäre entlassen kann, so bedingt die schlechte Verwendungsmöglichkeit
dieses Gases gleichzeitig meistens die Unausführbarkeit der Chlorzink-Elektrolyse
überhaupt.
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Diesem Übelstande wird durch das nachstehende Verfahren abgeholfen.
Dasselbe setzt sich aus zwei - an sich nicht unbekannten - Operationen zusammen,
welche aber in durchaus neuer Weise so kombiniert werden, daß das bei der Elektrolyse
entstehende Chlor innerhalb des Prozesses selbst wieder verbraucht und unschädlich
gemacht wird.
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Man hat schon vorgeschlagen (vgl. z. B. das amerik. Patent 607a87),
das anodische
Chlor außerhalb des Bades wieder zu verwenden. Dies
Verfahren hat jedoch den Nachteil, daß es bei seiner Anwendung unmöglich ist, den
ganzen Chlorgehalt für die Neuauflösung von Erzen nutzbar zu machen. Ein ;großer
Teil des anodischen Chlors wird zum Aufschließen von Verunreinigungen (Gangarten),
welche dem Erz beigemischt sind, z. B. Kalk, Magnesia, Eisen u. dgl. verbraucht
und nicht wiedergewonnen. Dieses Verfahren wird also stets an einem Chlormangel
zu leiden haben, so daß es -für sich allein nicht ausführbar ist. Diesem Übelstande
wird im vorliegenden Falle dadurch abgeholfen, daß zwei Prozesse, ein chlorerzeugender
und ein chlorverbrauchender, so kombiniert werden, daß sich Chlor-Überschuß und
Chlor-Verbrauch genau aufheben.
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Zwischen dem bekannten Verfahren und dem vorliegenden besteht in der
Ausführung der Chlorination übrigens insofern ein großer Unterschied, als das ältere
Verfahren den trockenen Weg einschlägt, während im vorliegenden Falle auf nassem
Wege in Anwesenheit oder unter Zusatz eines leicht löslichen Chlorides, wie NaCI,
CaCl. MgCh, CaCl2, FeC13 u. dgl. aufgeschlossen wird. Das bedingt grundverschiedene
Arbeitsverhältnisse und Arbeitserfolge.
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Durch diese Maßnahme wird das erprobte Verfahren der Chlorzink-Elektrolyse
von lästigen Nebenfabrikationen unabhängig und technisch erst möglich gemacht.
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i. Operation i besteht darin, daß man einen Teil ides Erzes oder der
Erze nach evtl. Vorbereitung (oxydierendes Rösten) in bekannter Weise der chlorierenden
Röstung unterwirft, das Röstgut mit Wasser auslaugt, die Laugen reinigt und die
schließlich erhaltene reine Chlorzinklauge an unlöslichen Anoden auf Zink und Chlor
elektrolysiert. Das hierbei neben dem Zink erzeugte Chlorgas wird bei Operation
2 verwendet.
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2. Der andere Teil des Erzes , wird auf i bis 2 mm Korn zerkleinert,
mit einer Lösung von Kochsalz, Chlorkalzium, Chlormagnesium o. dgl. angerührt und
in geschlossenen Trommeln oder Zylindern bei 6o bis 70°C mit dem Chlorgas von der
Elektrolyse i behandelt. Hierbei gehen außer Zink auch Eisen, Kalzium, Magnesium
u. a. ganz oder teilweise in Lösung. Es findet also ein Mehrverbrauch an Chlor statt.
Durch eine zweckmäßige Verteilung der zu verarbeitenden Erze nach Menge und Sorte
auf die beiden Operationen läßt es sich leicht einrichten, daß das bei der Elektrolyse
erzeugte Chlor bei der Operation 2 ganz aufgenommen und verbraucht wird.
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Das Chlor findet hierbei eine teilweise Ausnutzung insofern, als es
in der Operation 2 zur Gewinnung neuer zinkhaltiger Laugen dient, ein nicht unbeträchtlicher
Teil des Chlors wird aber nebenbei als Aufschlußmittel für später wieder zu entfernende
Nebenbestandteile aufgebraucht und insofern nur unschädlich gemacht. Dieser Nachteil
wird in-(11essen reichlich dadurch aufgehoben, daß zur Verarbeitung auf diesem Wege
meistens Erze herangezogen werden können, welche sonst unverwendbar auf der Halde
liegen oder auf die Halde befahren werden müssen, keinerlei Bergbaukosten und nur
geringe Zerkleinerungskosten erfordern.
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Zur Behandlung nach i eignen sich Erze, welche den Schwefel in den
zu Zink äquivalenten Mengen mit geringem Überschuß enthalten. Ein weiterer Überschuß
an Schwefel muß abgeröstet, ein Mangel durch Zusatz von Schwefelkies ausgeglichen
werden. Die chemischen Vorgänge bei. Oxydation :2 sind noch nicht vollständig geklärt.
Es geht aber aus den zahlreich angestellten Versuchen mit Sicherheit hervor, I.
daß aus Erzen, welche das Zink in Form von Sulfid und Oxyd (ausgenommen Silikat)
enthalten, dasselbe meistens bis zu 85 Prozent des vorgelaufenen und darüber in
Lösung gebracht werden kann; II. daß hierbei vornehmlich zwei Reaktionen in Frage
kommen, welche sich gegenseitig ergänzen.
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x. a) 5 C12 -f- 5 H2 O = H Cl 03 + 9 H Cl -1- OZ (vgl. Graham-Otto,
IV, 2, S. 1455, Vieweg, Braunschweig 188g).
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b) C12 -f- HZ O = H Cl .+ Cl O H (vgl. Hofmann, anorg. Chem. S. 1go,
Vieweg, Braunschweig 1g18).
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c) 2 H Cl + Me O = Me C12 -f- H2 O (Me = Metall, wie z.B. Zn, Fe,
Ca u. a.). 2. a) Me S -j- C12 = Me C12 + S.
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b) S + 3 C12 + 4 H20 = H2 S04+
6110.
3 Me O +. 6 H Cl = 3 Me C12 + 3 11, O |
c) |
iMeo+H2S04= MeS04+H20. |
Kupfer, Silber (Gold) werden sowohl bei der Operation I wie bei II vollständig als
Chloride in Lösung übergeführt und können bei- der Laugenreinigung abgesondert und
gewonnen werden. Das Blei geht je nach der Natur des zu verarbeitenden Erzes und
der vorhandenen Menge bei I und II, teils als Chlorid in Lösung, teils verbleibt
es als Sulfat im Rückstand. In beiden Fällen kann das Blei, wenn es nicht in zu
geringen Mengen vorhanden ist, nutzbar gemacht werden.
Zur Ausführung
der Operation 2 wird man auch Chlor verwenden, das nicht aus der ersten Operation
des vorliegenden Prozesses resultiert, sondern z. B. aus der Chlorkalium-Elektrolyse,
ein Verfahren, bei welchem bekanntlich Elektrolyt-Chlor in großen Mengen erhalten
wird. Die Nutzbar- und Unschädlichmachung dieses Chlors, die eine Hauptsorge der
in Betracht kommenden Industrie bildet, wird so in bisher nicht .bekannter Weise
ermöglicht, und zwar in durchaus rationeller Weise, da, wie oben erwähnt, durch
zweckmäßige Verteilung der zu verarbeitenden Erze nach Menge und Sorten der Verbrauch
an Chlor durchaus geregelt werden kann.