DE3637790A1 - Kunsthaar und verfahren zu dessen herstellung - Google Patents

Kunsthaar und verfahren zu dessen herstellung

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Description

Die Erfindung betrifft Kunsthaar, das Polyaminosäuren mit Mercaptogruppen oder Disulfidgruppen an den Seitenketten aufweist und das ggf. durch Oxidations- oder Reduktionsbehandlung verändert werden kann und somit als Ersatz für menschliches Haar dienen kann.
Kunsthaar als Ersatz für echtes menschliches Haar wird beispielsweise für Perücken, Haarteile, falsche Wimpern, falsche Schnurrbärte und Bärte und dergl. verwendet.
Insbesondere stellen Haarteile und Perücken bei Männern, deren Selbstvertrauen durch dünnes Haar, vorzeitige Glatzenbildung oder Haarausfall aufgrund von Krankheiten gelitten hat, ein Mittel dar, das fehlende Selbstvertrauen wiederzugewinnen und am beruflichen und gesellschaftlichen Leben wieder voll teilzunehmen. Haarteile und Perücken für Frauen werden im allgemeinen aus Mode- oder Bequemlichkeitsgründen, je nach Zeit, Ort und Gelegenheit eingesetzt.
Da, wie bereits erwähnt, Perücken für Männer dazu beitragen können, ein jugendliches Aussehen zu erhalten und somit das Selbstvertrauen zu unterstützen, wurden in den letzten Jahren zunehmend in grossem Maßstab Perücken für Männer angefertigt.
Als Materialien für Perücken und Haarteile ist bisher in grossem Umfang menschliches Haar eingesetzt worden, was jedoch auf folgende Schwierigkeiten stösst:
(1),5Die Haarmode der Frau hat sich geändert, insbesondere haben sich kürzere Haarlängen durchgesetzt, wobei die Haare in den meisten Fällen einer Dauerwellenbehandlung unterworfen werden, so dass es derzeit schwierig ist, gerades, langes und qualitativ hochwertiges Material als Ausgangsprodukt für Perücken, Haarteile und dergl. zu erhalten. (2),5Um menschliches Haar als Ausgangsmaterial für Perücken einzusetzen, muss es zahlreichen Behandlungsstufen unterworfen werden. Zunächst müssen die Haaroberhäutchen von der Haaroberfläche durch chemische Behandlung entfernt werden. Daran schliessen sich Behandlungsstufen, wie Sterilisation, Entfärbung, Färbung, Glanzbildung und dergl. an. Dabei wird die Festigkeit von menschlichem Haar beeinträchtigt. (3),5Aufgrund von ungleicher Länge und Durchmesser von menschlichem Haar ist es schwierig, das Verarbeiten von menschlichem Haar zu Perücken zu mechanisieren, so dass die einzelnen Haare von Hand eingesetzt werden müssen. Somit ist ein hoher Kosten- und Zeitaufwand erforderlich, was die Kosten von Perücken erhöht und ihre weitere Verbreitung verhindert.
Aus den vorstehend angegebenen Gründen wurde empfohlen, synthetische Fasern vom Acryltyp anstelle von menschlichem Haar als Ausgangsmaterial zur Herstellung von Perücken einzusetzen. Teilweise werden derartige Kunstfasern auch in der Praxis eingesetzt.
Jedoch treten auch bei Verwendung von Kunstfasern vom Acryltyp als Ausgangsmaterialien für Perücken oder Haarteile verschiedene Nachteile auf, die nachstehend zusammengestellt werden.
(1),5Die Kunstfasern schmelzen in der Wärme, so dass spezielle Verfahren und Vorrichtungen erforderlich sind, die Perücken oder Haarteile modisch zu gestalten und zu pflegen. (2),5Die Kunstfasern besitzen eine geringe Wärmefestigkeit, so dass bei unvorsichtiger Benutzung von Haartrocknern und dergl. die Perücken stark geschädigt und unbrauchbar gemacht werden können. (3),5Die Kunstfasern lassen sich nicht durch eine mässige Oxidations-Reduktions-Behandlung (Kaltwelle) modisch verarbeiten, wie dies beim menschlichen Haar möglich ist. (4),5Für den Träger von Perücken aus Kunstfasern ist es schwierig, stilistische Veränderungen des Haars, wie sie bei menschlichem Haar möglich sind, durchzuführen. (5),5Polyvinylidenchlorid und Polyacrylnitril, die sich von den Proteinen, aus denen das menschliche Haar gebildet ist, sehr deutlich unterscheiden, werden als Rohmaterialien verwendet, so dass derartige Kunsthaare einen anderen Glanz aufweisen und sich anders anfühlen, als dies bei menschlichem Haar der Fall ist. Somit fallen derartige Kunsthaarperücken sowohl für den Träger als auch für die Umgebung stark auf.
Obgleich menschliches Haar als Ausgangsprodukt für Perücken oder Haarteile die vorerwähnten Nachteile aufweist, wird es immer noch in grossem Umfang eingesetzt. Dies ist neben der Identität des Materials mit menschlichem Haar darauf zurückzuführen, dass menschliches Haar eine hohe Widerstandsfähigkeit gegen Wärme aufweist und aufgrund seiner Proteinbeschaffenheit nicht schmilzt. Ferner kann menschliches Haar leicht durch Bürsten in Form gebracht werden. Eine Formgebung kann lange Zeit oder auch nach dem Waschen des Haares erhalten bleiben. Diese Vorteile sind bei allen übrigen Materialien, z. B. synthetischen Fasern, nicht gegeben.
Charakteristisch für menschliches Haar ist die Zusammensetzung aus Protein. Insbesondere besitzen faserartige Polypeptidketten eine α-Helixstruktur. Diese α-Helixstruktur wird durch Strecken, z. B. beim Bürsten, gedehnt, wodurch eine Veränderung in eine Zick-Zack-Struktur vom β-Typ erfolgt. Ferner können intermolekulare oder intramolekulare Wasserstoffbindungen der Polypeptidketten leicht unter Einwirkung von Feuchtigkeit, Wärme oder äusserer Spannung zur Kompensierung von verschiedenen Verdrehungen, aufgebrochen werden, wodurch die vorerwähnte Formgebung leicht realisiert werden kann.
Diese Polypeptidketten sind aus verschiedenen Aminosäuren zusammengesetzt, von denen Cystin eine Disulfidgruppe aufweist. Insbesondere das Cystin spielt eine wichtige Rolle bei der Vernetzung von zwei Polypeptidketten und kann aufgrund der Ausbildung einer kovalenten Bindung die Entstehung einer Lücke zwischen zwei Polypeptidketten verhindern. Auf diese Weise lässt sich die Formgebung von Haar realisieren.
Nach umfangreichen Untersuchungen über Kunsthaar, das menschlichem Haar ähnlich ist und sich insbesondere als Ausgangsmaterial für Perücken und Haarteile eignet, wurde erfindungsgemäss festgestellt, dass Kunsthaar das Polyaminosäuren mit einem Polymerisationsgrad von 50 bis 10 000 enthält und Mercapto- oder Disulfidgruppen an der Seitenkette trägt, ein besonders geeignetes Ausgangsmaterial darstellt.
Die Polyaminosäure mit einer Polypeptidstruktur, bei der es sich um eine synthetische, hochmolekulare Substanz, die ähnlich wie menschliches Haar aus Aminosäuren zusammengesetzt ist, handelt, besitzt eine hohe Wärmebeständigkeit und schmilzt bei Temperaturen von Raumtemperatur bis etwa 300°C nicht.
Um eine gleiche Funktionsweise wie bei menschlichem Haar zu gewährleisten, müssen in die Polypeptidketten Disulfidgruppen eingeführt werden. Somit entsteht durch Verwendung von Polyaminosäuren mit Mercapto- oder Disulfidgruppen an den Seitenketten Kunsthaar, das von der Struktur her menschlichem Haar sehr ähnlich ist und mit dem die vorstehend geschilderten Nachteile von menschlichem Haar vollständig überwunden werden können. Das erfindungsgemässe Kunsthaar ist in seiner Wärmebeständigkeit menschlichem Haar sogar noch überlegen und es kann durch Anbringen einer Kaltwelle leicht einer Formgebung unterworfen werden, was bei herkömmlichen synthetischen, hochmolekularen Substanzen nicht der Fall ist.
Die Formgebung des erfindungsgemässen Kunsthaares durch Anbringen einer Kaltwelle und die Aufrechterhaltung dieser Formgebung kann auf ähnliche Weise wie das Anbringen von Dauerwellen bei menschlichem Haar erfolgen. Die an den Seitenketten befindlichen Mercaptogruppen bedürfen keiner Behandlung Die Disulfidgruppen werden mit einem Reduktionsmittel, wie Thioglykolsäure und dergl., behandelt, das als Kaltwellen-Lösung zur Veränderung in Mercaptogruppen eingesetzt wird.
Anschliessend wird überschüssiges Reduktionsmittel durch Spülen entfernt, um die Reduktion abzubrechen. Nach der gewünschten Formgebung wird das Kunsthaar schliesslich mit einem milden Oxidationsmittel, wie Kaliumbromat, behandelt, um die Kaltwelle anzubringen. Durch diese Behandlung werden die Mercaptogruppen oxidiert und dadurch wird die endgültige Formgebung durch Vernetzung zwischen den Peptidmolekülketten fixiert. Die Formgebung bleibt auch nach Bürsten oder Waschen des Haares oder nach Umweltbeeinflussungen erhalten.
Voraussetzung für die erfindungsgemäss zur Herstellung von Kunsthaar verwendete Polyaminosäure ist, dass sie in eine Faserform gesponnen werden kann und von ausreichender Festigkeit und Dauerhaftigkeit ist. Zu diesem Zweck muss ein Polymerisationsgrad im Bereich von 50 bis 10 000 und insbesondere von 100 bis 5000 eingehalten werden.
In diesem Stadium wird den Fasern durch Dehnung Stabilität gegen verschiedene Lösungsmittel verliehen, da dabei Unebenheiten von der Faseroberfläche beseitigt werden.
Ein Verfahren zur Herstellung der Polyaminosäuren von hohem Molekulargewicht besteht in der Polykondensation von N-Carboxy- α-aminosäureanhydriden, das sich grosstechnisch durchführen lässt.
Gemäss diesem Verfahren lassen sich Fasern, Folien oder pulverförmige Produkte von Poly-γ-methyl-L-glutamat herstellen.
Die Herstellung der erfindungsgemäss verwendeten Polyaminosäuren mit Mercapto- oder Disulfidgruppen an den Seitenketten kann folgendermassen erfolgen: (1) Polyaminosäuren aus dibasischen, sauren Aminosäureestern oder mit einem Gehalt an diesen Estern als Bestandteil werden in aktivierte Ester übergeführt. Anschliessend werden die aktivierten Ester der Aminolyse mit Aminoäthanthiol oder Cysteamin unterworfen. (2) N-Carboxy-α-aminosäureanhydride werden aus ω-aktivierten Estern von dibasischen, sauren Aminosäuren hergestellt. Die aktivierten Ester werden polykondensiert, und anschliessend werden die Polymerisate ganz oder teilweise oder zumindest eines der Polymerisate der Aminolyse mit Aminoäthanthiol, Cystamin oder Cysteamin unterworfen.
Wird bei der Synthese einer Polyaminosäure mit Mercaptogruppen Cystein als Aminosäure verwendet, so ist nach Schutz der Mercaptogruppe des Cysteins die Synthese von N-Carboxy-α-aminosäureanhydrid möglich. Ferner erfolgt bei Verwendung von Cystin als Aminosäure, die eine Disulfidgruppe enthält, bei der Polykondensation des N-Carboxy- α-aminosäureanhydrid eine Vernetzung zwischen den Peptidmolekülketten aufgrund der Bifunktionalität, so dass eine Polyaminosäure, die für künstliches Haar verwendet werden kann, nicht erhalten werden kann.
Im Fall der Verwendung des vorerwähnten Cysteins werden als Schutzgruppen für die Mercaptogruppe in der Peptidsynthese übliche Gruppen verwendet, wie S-Benzyl, S-p-Methoxybenzyl und dergl. Wird jedoch die Schutzgruppe nach der Polykondensation wieder entfernt, sollten Na/NH3, heisse Trifluoressigsäure, Fluorwasserstoff und dergl. verwendet werden.
Die zur Herstellung von Kunsthaar verwendeten Polyaminosäuren besitzen einen hohen Polymerisationsgrad, so dass die Entfernung der Schutzgruppen erschwert und die Reaktivität verringert werden und drastischere Bedingungen erforderlich sind. Aus diesem Grund wird die Hauptkette des Polymerisats häufig aufgebrochen und es erweist sich als unmöglich für künstliches Haar geeignete Polyaminosäuren herzustellen.
Unter den vorerwähnten Polyaminosäuren, die in aktivierte Ester überführt werden können, sind allgemein Polyaminosäuren zu verstehen, die aus zweibasischen, sauren Aminosäure- ω-Estern allein bestehen oder einen derartigen Ester als Bestandteil enthalten. Spezielle Beispiele hierfür sind Poly-γ-methyl-L- oder D- oder DL-glutamat, Poly-γ- äthyl-L- oder D- oder DL-glutamat, Poly-γ-propyl-L- oder D- oder DL-glutamat, Poly-β-methyl-L- oder D- oder DL-aspartat, Poly-β-äthyl-L- oder D- oder DL-aspartat, Poly-β- propyl-L- oder D- oder DL-aspartat, sowie Polyaminosäuren, die als Monomerbestandteil einen oder mehrere Ester von anderen Alkoholen, z. B. Butylalkohol, Amylalkohol, Benzylalkohol und dergl., enthalten.
Die Umwandlung von Polyaminosäuren in die aktivierten Ester kann nach dem Verfahren von Tanaka et al., Journal of the Chemical Association, Japan, 1973, S. 1770-1775, durchgeführt werden. Die Aminolyse der aktivierten Ester von Polyaminosäuren mit Aminoäthanthiol oder Cystamin kann gemäss dem Verfahren von Kudo et al., J. of Polymer Sci., Polymer Chemistry Edition, Bd. 17 (1979), S. 789-796, durchgeführt werden.
Unter den dibasischen, sauren Aminosäuren, die zur Herstellung der vorerwähnten dibasischen sauren Aminosäureester verwendet werden, sind insbesondere L- oder D- oder DL- Glutaminsäure und L- oder D- oder DL-Asparaginsäure zu verstehen. Die aktivierten Ester können gemäss der bei der herkömmlichen Peptidsynthese verwendeten Bildung von aktivierten Estern hergestellt werden, indem man diese Säuren mit verschiedenen Estern, z. B. p-Nitrophenylester und dergl., oder N-Hydroxysuccinimid verestert. Besonders wirtschaftlich ist die Verwendung von Äthylenchlorhydrin, sec.-Propylenchlorhydrin, Äthylencyanhydrin oder β,β,β-Trichloräthanol.
Fasern, Folien oder pulverförmige Produkte aus Polyaminosäuren mit Mercaptogruppen an der Seitenkette können hergestellt werden, indem man die Polymerisate der Aminolyse unterwirft und ihre Lösungen in N,N-Dimethylformamid in ein Nichtlösungsmittel für das Polymerisat, wie Wasser, Alkohol und dergl., extrudiert.
Nachstehend werden die charakteristischen Merkmale der Erfindung anhand von Beispielen näher erläutert.
Die verwendeten Polyaminosäuren mit einem Polymerisationsgrad von 50 bis 10 000 und Mercapto- oder Disulfidgruppen an den Seitenketten können zu Fasern von einheitlicher Länge, Querschnitt und Gestalt verformt werden. Die Polyaminosäuren sind in ihrer chemischen Struktur menschlichem Haar sehr ähnlich und eignen sich als Ausgangsmaterial für Kunsthaar. Diese Polyaminosäuren weisen, wie bereits erwähnt, Mercapto- oder Disulfidgruppen an den Seitenketten auf, und erweisen sich bei Verwendung als Ausgangsmaterial für Perücken oder Haarteile als unbedenklich für die Haut und können wie menschliches Haar einer Oxidations-Reduktions-Behandlung (Dauerwellenbehandlung) unterworfen werden.
Beispiel 1
Fasern von Poly-γ-methyl-L-glutamat mit einer Feinheit von 60 Denier und einem kreisförmigen Querschnitt werden gemäss dem Verfahren der JP-PS 28 787/68 hergestellt.
Anschliessend wird zum Zwecke der Umesterung eines Teils der Methylgruppen an den Seitenketten der Polyglutaminsäure zu Chloräthylgruppen folgender Arbeitsschritt im faserförmigen Zustand durchgeführt. 1 g der erhaltenen Fasern werden um einen Rahmen gewickelt und fixiert und sodann in ein Gemisch aus 30 ml Dichloräthan, 27 g Äthylenchlorhydrin und 0,72 g Schwefelsäure eingetaucht und 15 Stunden bei 60°C umgesetzt. Nach Beendigung der Reaktion wird unter Ultraschallbehandlung in einem Methanolbad und sodann in einem Wasserbad gespült. Der Spülvorgang wird bis zur neutralen Reaktion der Spülflüssigkeit fortgesetzt. Anschliessend wird getrocknet.
Die Umesterungsrate wird aufgrund der Gewichtsveränderung vor und nach der Umsetzung und aufgrund des Chlorgehalts bestimmt. Sie beträgt etwa 60 Prozent.
Anschliessend wird zur Aminolyse eine Lösung von 2 g Thioäthanolamin in 50 ml Methylenchlorid bereitgestellt. Die der Umesterung unterzogenen, auf dem Rahmen fixierten Fasern werden in die Lösung getaucht und 24 Stunden bei 20°C umgesetzt. Sodann wird ein Spülvorgang unter Ultraschallbehandlung in einem Methanolbad und sodann in einem Wasserbad durchgeführt. Der Spülvorgang wird so lange wiederholt, bis die Spülflüssigkeit neutral reagiert. Durch die Aminolyse werden die Chloräthylestergruppen des Polyglutamats teilweise in Thioäthanolamidgruppen übergeführt.
Nach der Behandlung wird die Anwesenheit von Schwefel an den Fasern durch Röntgenfluorimetrie bestätigt. Gleichzeitig wird der Anteil an Thioäthanolamidgruppen pro Glutaminsäureresten durch Elementaranalyse von C, H, N und S bestimmt. Dieser Anteil an Thioäthanolamidgruppen beträgt 17 Prozent. Man erhält ein Kunsthaar aus der Polyaminosäure, das an der Seitenkette Mercaptogruppen trägt.
Beispiel 2
0,455 g Fasern aus Poly-γ-methyl-L-glutamat werden um einen Rahmen gewickelt und fixiert und sodann in ein Gemisch aus 60 ml Dichloräthan, 2,2 g Äthylcyanhydrin und 0,47 g Schwefelsäure getaucht. Nach 15-stündiger Umsetzung bei 60°C wird unter Ultraschallbehandlung in einem Methanolbad und anschliessend in einem Wasserbad gespült. Der Spülvorgang wird so lange fortgesetzt, bis die Spülflüssigkeit neutral reagiert. Anschliessend wird getrocknet. Die Umesterungsrate beträgt 29 Prozent. Sodann werden die Fasern in eine Lösung von 1,0 g Thioäthanolamin in 50 ml Methylenchlorid getaucht und 64 Stunden bei Raumtemperatur umgesetzt. Hierauf wird unter Ultraschallbehandlung in einem Methanolbad und sodann in einem Wasserbad gespült. Der Spülvorgang wird so lange wiederholt, bis die Spülflüssigkeit neutral reagiert. Der Anteil an Thioäthanolamidgruppen pro Glutaminsäurerest wird durch Elementaranalyse von C, H, N und S zu 2,8 Prozent bestimmt.
Beispiel 3
Das Verfahren von Beispiel 1 wird wiederholt, mit der Abänderung, dass 2 g 2,2′-Dithiobisäthylamin anstelle von Thioäthanolamin zur Aminolyse verwendet werden. Durch dieses Verfahren werden die Chloräthylestergruppen des Polyglutamats in 2,2′-Dithiobisäthylamid unter Bildung von Polyaminosäurefasern, die teilweise Disulfidgruppen aufweisen, überführt. Bei Bestimmung der 2,2′-Dithiobisäthylamidgruppen pro 2 Glutaminsäureresten durch Elementaranalyse von C, H, N und S ergibt sich ein Wert von 15,6 Prozent. Man erhält somit Kunsthaar aus Polyaminosäuren mit Disulfidgruppen an den Seitenketten.
Beispiele 4 bis 6
Um die Eignung der Kunsthaarprodukte zur Dauerwellenbehandlung zu untersuchen, wird folgender Test durchgeführt.
Die Fasern werden mit einer Spannung von 70 g um einen Stab gewickelt und sodann 15 Minuten in eine erste Dauerwellenflüssigkeit getaucht. Anschliessend wird der Stab 15 Minuten in eine zweite Dauerwellenflüssigkeit getaucht. Die Fasern werden vom Stab abgenommen und in freiem Zustand mit Wasser gespült. Anschliessend werden sie auf natürliche Weise getrocknet.
Zu Vergleichszwecken werden Fasern aus Poly-γ-methyl-L- glutamat gemäss JP-PS 28 787/68, Haar von einem 10-jährigen Mädchen (Erstschnitt) und Acrylfasern, wie sie in grossem Umfang als Kunsthaar für Perücken verwendet werden, auf ähnliche Weise einer Dauerwellenbehandlung unterworfen. Der Wellenbildungseffekt wird gemäss folgender Gleichung ermittelt:
Die Ergebnisse sind in nachstehender Tabelle zusammengefasst.
Zusammensetzung der ersten Dauerwellenflüssigkeit
Es wird eine 6,5-prozentige wässrige Lösung von Ammoniumthioglykolat hergestellt, deren pH-Wert mit Ammoniakwasser auf 9,2 bis 9,6 eingestellt wird.
Zweite Dauerwellenflüssigkeit
5-prozentige wässrige Natriumbromatlösung.
Tabelle I
Beispiele 7 bis 14
Es werden Fasern aus Poly-γ-methyl-L-glutamat (PMG), (1 g, [η] = 2,08) mit einer Feinheit von 108 Denier (50 bis 120 µm ⌀) und einem kreisförmigen Querschnitt unter folgenden Bedingungen hergestellt: Durchmesser der Dotierungsausstossdüse: 0,6 mm; Ausstossgeschwindigkeit ca. 3 ml/min (10,6 m/min); Erstarrungslösungsmittel und Badlänge: Tetrachloräthylen, 3,5 m Länge.
1 g Poly-γ-methyl-L-glutamatfasern werden um einen Rahmen gewickelt und fixiert und sodann in ein Gemisch aus 50 g Dichloräthan, 12,5 g Äthylcyanohydrin und 0,47 g Schwefelsäure getaucht. Nach 10- bis 17-stündiger Umsetzung bei 60°C wird das Produkt 3 mal in 30 ml Methanol gespült. Der Spülvorgang wird so lange wiederholt, bis die Spülflüssigkeit neutral reagiert. Anschliessend wird getrocknet. Sodann werden die Fasern in eine Lösung von 0,75 g Cysteamin in 50 ml Methylenchlorid getaucht und 24 Stunden bei Raumtemperatur umgesetzt. Hierauf wird 3 mal in 30 ml Methanol gespült. Nach Trocknung erhält man Kunsthaar. Die Ergebnisse und die experimentellen Bedingungen sind in Tabelle II zusammengestellt.
Tabelle II
Beispiele 15 bis 17
Fasern aus Poly-γ-methyl-L-glutamat (PMG) (F-Typ, [η] = 2,08) mit einer Feinheit von 173 Denier (50 bis 120 µm ⌀) und kreisförmigem Querschnitt werden mit oder ohne Streckung der Fasern hergestellt. Anschliessend werden 1 g PMG-Fasern um einen Rahmen gewickelt und fixiert und sodann in eine Lösung von 0,75 g Cysteamin in 50 ml Methanol getaucht. Nach 6-tägiger Umsetzung bei Raumtemperatur oder 1-tägiger Umsetzung bei 60°C wird in 30 ml Methanol gespült. Der Spülvorgang wird 2 mal wiederholt. Sodann wird getrocknet. Die nicht-gestreckten Fasern werden auf das 1,8-fache verlängert. Die Ergebnisse und experimentellen Bedingungen sind in Tabelle III zusammengestellt.
Tabelle III
Beispiel 18
Fasern von Poly-γ-methyl-L-glutamat (PMG) (F-Typ, [η] = 2,08) mit einer Grösse von 173 Denier (50 bis 120 µm ⌀) und einem kreisförmigen Querschnitt werden mit oder ohne Roetten-Schwarz hergestellt. 0,4 g Fasern werden in eine Lösung von 2,3 g Cysteamin in 50 ml Methanol eingetaucht und 22 Stunden bie 60°C umgesetzt. Sodann wird in 30 ml Methanol gespült. Der Spülvorgang wird 2 mal wiederholt. Anschliessend wird getrocknet. Die gefärbten Fasern werden auf das 1,6-fache verlängert. Die Wellenbildungswirkung der Fasern ist ausgezeichnet.

Claims (4)

1. Kunsthaar, enthaltend Polyaminosäuren mit einem Polymerisationsgrad von 50 bis 10 000 mit Mercapto- oder Disulfidgruppen an den Seitenketten.
2. Kunsthaar nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass der Polymerisationsgrad 100 bis 5000 beträgt.
3. Kunsthaar nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Polyaminosäuren ganz oder teilweise aus dibasischen sauren Aminosäureestern gebildet sind, wobei an den fertigen Fasern eine Überführung der Estergruppen in aktivierte Ester und anschliessend eine Aminolysebehandlung unter Bildung von Mercapto- oder Disulfidgruppen durchgeführt worden ist.
4. Verfahren zur Herstellung von Kunsthaar nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass man
(a) Polyaminosäuren, die aus dibasischen, sauren Aminosäureestern gebildet sind oder derartige Ester als Bestandteil enthalten, in aktivierte Ester überführt und die aktivierten Ester anschliessend der Aminolyse mit Aminoäthanthiol, Cystamin oder Cysteamin überführt; oder
(b) N-Carboxy-α-aminosäureanhydride aus dibasischen, sauren, aktivierten Aminosäure-ω-estern herstellt, die aktivierten Ester der Polykondensation unterwirft und anschliessend die Polymerisate ganz oder teilweise der Aminolyse mit Aminoäthanthiol, Cystamin oder Cysteamin unterwirft.
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DE1942585A1 (de) * 1968-08-23 1970-03-26 Ajinomoto Kk Verfahren zur Herstellung von Polygamma-methylglutamat-Fasern

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