DE340824C - Verfahren, um Baumwolle ein transparentes Aussehen zu verleihen - Google Patents

Description

Läßt man konzentrierte Alkalien auf die Baumwollfaser einwirken, so erleidet diese gewisse chemische und physikalische Veränderungen, welche je nach den Bedingungen, unter welchen gearbeitet wird, variieren. Die größte praktische Bedeutung hat die Behandlung von Baumwolle mit Natronlauge unter Spannung bei gewöhnlicher Temperatur unter der Bezeichnung »Merzerisation« erlangt,

ίο wobei der Zweck des Verfahrens die Erzeugung von Seidenglanz auf der Faser ist.

Es ist auch vielfach untersucht worden, welchen Einfluß die Temperatur beim Merzerisationsprozesse auf den Effekt desselben ausübe, und im allgemeinen der Satz aufgestellt worden, daß der Merzerisationseffekt bei höherer Temperatur abnehme, bei niedrigerer Temperatur zunehme. So findet sich in Gardner : Die Merzerisation derBaumwolle, 1912 auf S. 88, eine Tabelle, welche über die Schrumpfungsverhältnisse der Baumwolle bei verschiedenen Konzentrationen der Natronlauge bei Temperaturen von +2⁰C bis + 8o° C Aufschluß gibt. Ganz allgemein geht aus den bisherigen Untersuchungen hervor:

i. Daß bei Anwendung von Natronlauge von der bei der Merzerisation üblichen Konzentration von ungefähr 30⁰ Be die Temperatur keinen merklichen Einfluß auf den Grad der Merzerisation ausübt, d. h. daß¹ bei Verwendung von gekühlter Lauge kein besserer Effekt entsteht als bei Verwendung von Lauge normaler Temperatur.

2. Daß bei Verwendung von verdünnten Laugen, welche bei normaler Temperatur keinen oder einen ungenügenden Merzerisationseffekt ergeben, durch Herabsetzung der Temperatur ein besserer Effekt entsteht, gleich demjenigen, den man mit Laugen höherer Konzentrationen bei höheren Temperaturen erhält, d. h. also, daß man denselben Merzesisationseffekt erhalten kann wie bei der Merzerisation mit Laugen von gebräuchlichen Konzentrationen bei gewöhnlicher 4-5 Temperatur, wenn man verdünntere Laugen anwendet und dafür bei tieferen Temperaturen arbeitet

So erwähnt z. B. Dr. A. Kirch backer in Lehnes Färber-Zeitung· 1911, S. 71, daß der Merzerisationseffekt um so besser wird, je niedriger die Temperatur ist, wenn es sich um Lauge unter 30⁰ Be handelt, daß bei höherer Konzentration die Temperatur aber keinen Einfluß mehr besitze. Versuche, die Lauge unter o° abzukühlen, haben keinen besseren Effekt ergeben. In derselben Zeitschrift, 1911, S. 71, sagt Dr. Franz Erb a η , die Abkühlung der Merzerisierlauge aiuif 3 bis io° C bewirke eine Laugenersparnis.

Audi in der Dissertation von O. L i η d e mann »Beiträge zur Kenntnis der Einwirkung von Natronlauge auf Baumwolle« werden die Temperaturverhältnisse studiert und dabei gefunden, daß ein Unterschied bei An>Wendung von konzentrierten Laugen bei Temperaturen von ο bis 25 ° nicht existiere, daß dagegen bei verdünnteren Laugen bei ο bis io° C ein stärkerer Glanz erzielt werde als bei höheren Temperaturen und daß ζ. B.

Claims (6)

' bei ο bis 5° C mit Lauge von 10,3 g Na OH in 100 cms ein Glanz erzielt werde, der annähernd demjenigen gleichkommt, welcher mittels konzentrierter Laugen hervorgerufen wird. Die deutsche Patentschrift 112773 der Aktiengesellschaft J. P. Bemberg beschreibt ein Merzerisationsverfahren bei Anwendung von Laugen unter. o°. Es handelt sich hier aber ausdrücklich um ganz verdünnte Lauge vom 10 bis 120 Be, welche bei normalen Temperaturen noch keine Schrumpfung bewirkt, dagegen bei sehr starker Abkühlung Merzerisationisglanz ergeben soll. Von einer Merzerisation unter Anwendung von Lauge unter o° spricht auch die deutsche Patentschrift 131134 bzw. das Zusatzpatent 131228 von Eusebius Schaeffler. Es handelt sich hier um eine einseitige Merzerisation von Geweben. Worin die Wirkung der gekühlten Lauge besteht, ist nicht ersichtlich. Es ist anzunehmen, daß die Kühlung deshalb vorgenommen wird, um auf diese Weise Halbwollgewebe unter Schonung der Wollfaser merzerisieren zu können. Von irgendeiner besonderen Wirkung der kalten Lauge auf die Baumwolle ist nicht die Rede. Während laut den erwähnten Publikationen bisher bekannt war, daß durch Abkühlung von verdünnter Natronlauge auf gegen 00C annähernd derselbe Effekt erzielt wird, wie bei konzentrierten Laugen von normalen Temperaturen, wurde nun gefunden, daß, wenn man Laugen von solchen Konzentrationen, welche bei normalen Temperaturen einen Merzerisationseffekt ergeben, also von mindestens 150 Be, auf unter o° C abkühlt, bei genügend langer Einwirkungsdauer die Baumwolle ein transparenteres Aussehen erhält, daß also ein neuartiger Effekt entsteht, welcher ganz verschieden ist von den bisher bekannten Merzerisationseffekten. Wird z. B. ein Baumwollgewebe mit einer Natronlauge von 300 Be bei — io° C während einer Minute imprägniert, so nimmt dasselbe ein transparenteres Aussehen an,, welches auch nach dem Auswaschen und Trocknen nicht verschwindet. Der erzielte Effekt, welcher nach den bisher bekannten Tatsachen ein überraschender ist und keinesfalls vorauszusehen war, unterscheidet sich vollkommen von demjenigen, welcher beim üblich en Merzer isationsprozesse erzielt wird. Die Konzentration der Lauge, der Grad der Temperatur und die Dauer der Einwirkung können je nach Qualität des Materials und je nach gewolltem Grad des Effektes variiert werden. Variationen ίο den Effekten lassen sich bei Behandlung von Baumwollgeweben auch erzielen, indem man dieselben bei der Merzerisation spannt oder mehr oder weniger stark einschrumpfen läßt. Ferner lassen sich gleichzeitig gemusterte Effekte auf dem Gewebe erzeugen, indem man Reserven auf das Gewebe aufdruckt, alsdann dasselbe der Ein-"wirkung stark gekühlter Alkalilauge aussetzt. Erhöhte Transparenteffekte lassen sich erzielen, indem man das bei niedriger Temperatur merzerisierte Gewebe der Einwirkung von Schwefelsäure aussetzt, oder indem man dasselbe zuerst mit konzentrierter Schwefelsäure behandelt und alsdann bei niedriger Temperatur merzerisiert. Man kann auch die Schwefelsäure bei niedriger Temperatur anwenden, wobei ihre Einwirkungsdauer verlängert werden kann. Auch bei diesem kombinierten Verfahren lassen sich gemusterte Effekte erzielen im Sinne des Patentes ^80134. Endlich kann das Verfahren der Kaltmerzerisation auch im Sinne des Patentes 295816 der Erfinderin angewendet werden, indem die Laugenbehandlung einmal oder mehrmals bei niedriger Temperatur erfolgt. 85 Pate ν τ-Ansprüche:

1. Verfahren um. Baumwolle ein transparentes Aussehen zu verleihen, dadurch gekennzeichnet, daß man sie mit Natronlauge von ziu Merzerisationszwecken üb-, liehen Konzentrationen, also von min-

■ destens 15 ° Be, bei Temperaturen von unter 0⁰C so lange behandelt, bis der Transparenteffekt eintritt.

2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch ⁹S gekennzeichnet, daß das Baumwollgewebe mit Reserven bedruckt und alsdann der Einwirkung von unter 0⁰C gekühlter Lauge ausgesetzt wird, zwecks Erzielung gemusterter Effekte.

3. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die bei tiefer Temperatur merzerisierte Baumwolle in bekann-

' ter Weise der Einwirkung konzentrierter Schwefelsäure von über 5o^x/₂° Be ausgesetzt wird, bzw. Baumwolle in ebenfalls bekannter Weise zuerst mit Schwefelsäure von über 50%° Be behandelt und alsdann bei niedriger Temperatur merzerisiert wird, um erhöhte Transparenteffekte zu erzielen:

4. Verfahren gemäß Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, daß die konzen- · tierte Schwefelsäure von über 50%° Be in für sich bekannter Weise in abgekühltem Zustande zur Verwendung gelangt, um diese Einwirkungsdauer verlängern zu können.

5. Verfahren nach Anspruch 3 bzw. 4, dadurch gekennzeichnet, daß im Sinne des Patentes 280134 vor der Säure- oder Natronlaugebehandlung eine-Reserve auf-

gedruckt wird und alsdann mit gegebenen^ !
falls gekühlter Schwefelsäure bzw. mit j
abgekühlter Natronlauge behandelt wird. '

6. Verfahren nach Anspruch i, dadurch :
gekennzeichmet, daß man im Sinne des j
Patentes 2958Ί6 bei alten in demselben'
vorgesehenen Kombinationen die Alkalilauge einmal bzw. mehrmals bei einer
Temperatur von unter o° C anwendet und

die zur Anwendung gelangende Schwefelsäure von über 50¹Z₂ ⁰ Be gegebenenfalls in abgekühltem Zustande mehrmals bzw. einmal zur Einwirkung bringt, wobei an Stelle des direkten Aufdrucks gekühlter Säure oder Lauge nur das Reservageverfahren mit nachfolgender Passage durch, giekühlte Agentien zur Anwendung gelangt.

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