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Velours, Verfahren zu seiner Herstellung und dessen Verwendung Die
Erfindung betrifft einen Velours mit wildlederartigem Griff in Form eines flexiblen,
atmungsaktiven, mit einem elastomeren Bindemittel imprägnierten, textilen Faserflächengebildes.
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Natürliche, halb synthetische und vollsynthetische Velours sind bekannt.
Je nach ihrer Beschaffenheit und ihrem Verwendungszweck werden sie als Veloursleder,
Textilvelours, Kunstleder, synthetisches Wildleder oder als Kunstsamt bezeichnet.
Allen diesen bekannten Velours ist gemeinsam, daß sie aus einem natürlichen oder
synthetischen, flächigen, bahnförmigen, textilen Träger bestehen, der mit Kunststoff
in irgendeiner Form beschichtet, kaschiert oder imprägniert ist und dessen mehr
oder weniger glatt-geschlossene Oberfläche nach dem Beschichten mechanisch so bearbeitet
wird, daß die beschichteten Fasern oder Filamente des Trägers mindestens teilweise
wieder freigelegt werden oder daß die Kunststoffschicht selbst faser- oder florartig
strukturiert wird.
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Ein flexibles, flächenhaftes, synthetisches, atmungsaktives, wildlederartiges
Mehrschichtmaterial mit florartiger Außenseite ist beispielsweise aus der DE-OS
1 940 772 bekannt, bei dem ein textiler Träger mit einer Polyurethanlösung nach
dem Naß-Koagulationsverfahren imprägniert wird. Dabei wird das Polyurethan in einem
mit Wasser mischbaren organischen Lösungsmittel, beispielsweise in N,N-Dimethylformamid,
gelöst, welches kontinuierlich durch ein Nichtlösungsmittel (für das Polymerisat)
im allgemeinen Wasser, verdrängt wird, so daß der textile Träger kontinuierlich
durch eine Kunststofflösung hindurchgeleitet wird, deren Lösungsmittelgehalt stetig
abnimmt, so daß das Polyurethan auf dem textilen Träger zu einer mikroporösen, zellförmigen
und dadurch atmungsaktiven Schicht koaguliert.
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Das Naß-Koagulationsverfahren als solches ist in Ullmann's Enzyklopädie
der Technischen Chemie, 4. Aufl., Bd. 15, S. 168 (1978) im einzelnen beschrieben.
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Da die koagulierte Kunststoffschicht bei dem aus der DE-OS 1 940 772
bekannten Material zwar im Inneren ein zellförmiges und deshalb atmungsaktives Gefüge
aufweist, auf der Oberfläche nach der Koagulation aber einen völlig geschlossenen
Film bildet, wird die oberste Schicht mit Spaltmessern abgespalten und die dadurch
gebildete neue Oberfläche wird anschließend durch Schleifen so weit zerfasert, bis
die Oberfläche ein rauhlederartiges Aussehen mit weichem, lederartigem Griff erhält.
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Das Abspalten des geschlossenen Oberflächen films führt jedoch zu
einer erheblichen Beeinträchtigung der mechanischen Festigkeit und vor allem der
Abriebfestigkeit des lederartigen Materials, weshalb denn auch die Schichtdicke
des koagulierten elastomeren Bindemittels so erhöht werden muß, daß ein für den
jeweiligen Verwendungszweck ausreichender Festigkeitswert erreicht wird. Die notwendige
Erhöhung der Schichtdicke hat aber wiederum zur
Folge, daß das Material
nicht weich und textilartig wie etwa ein Samtstoff fällt; sondern aufgrund seiner
inneren Steifheit ("Standigkeit") einen unnatürlichen und wenig gefälligen, mit
einem leichten "Knattern verbundenen Faltenwurf ergibt. Aus diesem Grunde konnte
sich das bekannte Material im Bekleidungssektor nicht durchsetzen, obwohl es rein
technisch gesehen auch zur Herstellung von Bekleidungsstücken verwendet werden könnte;
es wurde deshalb im wesentlichen zur Herstellung von Schuhobermaterial, Schuhfutter
und von Täschnerwaren verwendet.
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Aus der DE-OS 25 45 167 ist ein Verfahren zur Herstellung von synthetischem
Wildleder bekannt, bei dem ein textiler Träger ("Fasermatte") aus Mischfasern oder
Verbundfasern verwendet wird, die aus zwei unterschiedlichen Polymerisaten hergestellt
sind, welche sich hinsichtlich ihrer Löslichkeit in einem bestimmten Lösungsmittel
unterscheiden. Bei diesen Misch- oder Verbundfasern sind Bündel aus einer Vielzahl
von aus dem einen Polymerisat hergestellten Fasern mit definiertem, feinem Titer
in dem anderen Polymerisat, das sich hinsichtlich seiner Löslichkeit in einem bestimmten
Lösungsmittel vom ersten Polymerisat unterscheidet, nach dem "Insel-in-See"-Prinzip
dispergiert.
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Eine solche Fasermatte wird dann, ebenso, wie bei dem aus der DE-OS
1 940 772 bekannten Verfahren, nach dem Naß-Koagulationsverfahren mit einem Elastomeren
imprägniert, und anschließend wird die bereits imprägnierte Fasermatte mit dem Lösungsmittel
behandelt, das in der Lage ist, das zweite, also das "See"-Polymerisat der Misch-
oder Verbundfasern, aus dem der textile Träger besteht, selektiv herauszulösen,
wodurch sich auf der Oberfläche des bahnförmigen Materials ein Faserflor ausbildet,
der nach dem Anschleifen der Oberfläche demjenigen von Wildleder täuschend ähnlich
ist.
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Obwohl das aus der DE-OS 25 45 167 bekannte synthetische Wildleder
weit besser zur Herstellung von Bekleidungs-
stücken geeignet ist
als das aus der DE-OS 1 940 772 bekannte Material, haften ihm doch noch eine Reihe
von Nachteilen an, die sich unmittelbar aus der Verwendung von nach dem "Insel-in-See-Prinzip
hergestellten Fasern für den textilen Träger ergeben: Das Material bzw. die daraus
hergestellten Bekleidungsstücke können entweder überhaupt nicht oder nur wenige
Male chemisch gereinigt werden, weil die üblicherweise bei der chemischen Reinigung
verwendeten organischen Lösungsmittel Reste des bei der Herstellung nicht vollständig
herausgelösten zweiten Polymerisats anlösen und weil dadurch die an der Oberfläche
vereinzelten Fasern, die ja gerade den Velours-Charakter ausmachen, immer stärker
miteinander verkleben, wodurch das Material bzw. die daraus hergestellten Bekleidungsstücke
von Reinigung zu Reinigung immer mehr verhärten. Ein weiterer bedeutender Nachteil
besteht darin, daß durch die Verwendung der Bikomponentenfasern und das Herauslösen
der einen Komponente nicht nur eine oberflächliche Vereinzelung der Fasern erfolgt,
sondern auch eine Freilegung der Öffnungen der in der koagulierten Schicht enthaltenen
Mikroporen, und zwar bevorzugt auf einer der beiden Seiten des- flächigen Materials,
nämlich der späteren "Oberseite", wodurch sich ein ausgeprägter Filtereffekt ergibt.
Dieser Filtereffekt hat zur Folge, daß feinste Schwebstoffteilchen tief in die Mikroporen
der koagulierten Schicht eindringen können, aber aufgrund von Grenz- und Oberflächeneffekten
nur außerordentlich schwer in umgekehrter Richtung bewegt werden können, also nur
schwer wieder aus den Mikroporen entfernt werden können.
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Praktisch bedeutet dies, daß beispielsweise ein aus dem bekannten
Material hergestellter Mantel, der in einer verrauchten Gaststätte oder in einer
mit feinsten Öltröpfchen gesättigten Pommesfrittes-Bude getragen wurde, nicht nur
tagelang,sondern wochen- und monatelang den Geruch der Gaststätte oder der Pommesfrittes-Bude
- trotz aller Lüftungsversuche - behält. Ein weiterer Nachteil des bekannten Materials
besteht darin, daß auch hier ein leichtes "Knattern" und ein unnatürlicher Faltenwurf
aufgrund
der inneren Steifigkeit des Materials nicht verhindert werden kann.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, diese Nachteile zu vermeiden
und ein Velours zu schaffen, das einerseits ein wesentlich "textileres" Aussehen
und einen mehr wildlederartigen Griff besitzt als das aus der DE-OS 1 940 772 bekannte
Material, das aber andererseits wesentlich billiger und einfacher hergestellt werden
kann als das aus der DE-OS 25 45 167 bekannte, auf der Verwendung von sehr teuren,
nach dem Insel-in-See"-Prinzip hergestellten Mischfasern oder Verbundfasern hergestellte
Material produziert werden kann, das daneben aber ohne weiteres chemisch gereinigt
werden kann, einen deutlich geringeren Filtereffekt für feine, in der Luft befindliche
Schwebstoffteilchen aufweist, dessen Faltenwurf demjenigen von natürlichem Samt
sehr nahekommt und das möglichst wenig "knittert.
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Diese Aufgabe wird bei einem Velours der eingangs genannten Gattung
erfindungsgemäß gelöst durch einen aus Garnen, die zu 100% aus Polyester (PES)-Fasern
oder PES-Filamenten bestehen, hergestellten flächigen, textilen Träger, dessen Fasern
oder Filamente durch Alkalisierung mit einer geeigneten Base oberflächlich teilweise
verseift und abgeschält sind und der ein- oder beidseitig mit einem zu einem mikroporösen,
zellförmigen Gefüge koagulierten Polymerisat imprägniert ist und bei dem mindestens
eine Seite oberflächlich angeschliffen ist.
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Durch die Kombination dieser Merkmale wird erreicht, daß sich auf
der Oberfläche des Materials ein Flor aus vereinzelten Fasern mit weichem, wildlederartigem,
hautfreundlichem Griff und gutem Schreibeffekt (Stricheffekt) bildet. Unter "Schreibeffekt"
wird der bei Pelzen, Fellen, Häuten, Leder und samtähnlichen Textilien zu beobachtende
Effekt verstanden, der darin besteht, daß sich die optischen Eigenschaften, der
Farbton und der Glanz mit der
Richtung des Strichs oder mit dem
Beobachtungswinkel verändern, weil der Flor dabei "umgelegt" wird.
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Die Alkalisierung des zu 100% aus PES bestehenden Trägers bewirkt
ein Abschälen von Teilen oder von Schichten des verwendeten Garns, wodurch die Fasern,
die geschnittene Stapelfasern oder endlos gesponnene Filamente sein können, "zerfasert"
oder gespleißt werden. Der hydrolytische Angriff der Base, mit der die Alkalisierung
durchgeführt wird, erfolgt in der Regel nicht gleichmäßig in jeder Raumrichtung,
erfolgt also anisotrop, weil die im Handel erhältlichen PES-Fasern und -Filamente
gewöhnlich gereckt und thermofixiert oder auf ähnliche Weise vorbehandelt sind,
so daß die PES-Makromoleküle überwiegend in einer Raumrichtung orientiert sind.
Die Hydrolyse erfolgt deshalb ebenfalls vorzugsweise in einer bestimmten Ebene,
so daß das Abschälen und Aufspleißen eine Faservereinzelung und damit Florbildung
bewirkt, die praktisch identisch ist mit derjenigen, die bei Verwendung von Trägern
aus Bikomponentenfasern, die nach dem "Insel-in-See"-Prinzip hergestellt sind, erzielt
wird, wobei aber im Gegensatz zu dem aus der DE-OS 25 45 167 bekannten Verfahren
nicht mit einem das Fasermaterial selbst auflösenden organischen Lösungsmittel gearbeitet
werden muß und wobei der oberste, oberflächlich geschlossene Film der Koagulatschicht
nicht mit einem Spaltmesser abgespalten werden muß, um einen Flor mit wildlederartigem
Griff zu erhalten. Ein weiterer Vorteil des erfindungsgemäßen Velours besteht darin,
daß die Öffnungen der Mikroporen des auf den Träger koagulierten Polymerisats nicht
in der Weise und in dem Maße freigelegt sind, wie das bei dem eingangs beschriebenen
bekannten Material der Fall ist, so daß der unerfreuliche "Filtereffekt" erfindungsgemäß
nicht auftritt. Wegen der durch Alkalisierung des Trägers hervorgerufenen Florbildung
fühlt sich das erfindungsgemäße Velours eher wie ein rein textiles Material an,
und es fällt wie schwerer Samt mit einem natürlichen und ästhetisch besonders ansprechenden
Faltenwurf, ohne bei
jeder Bewegung zu flattern oder zu "knattern".
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Bei einer bevorzugten Ausführungsform des erfindungsgemäßen Velours
besitzt der textile Träger ein Flächenge-2 wicht von 150 - 300 g/m , wobei der Träger
oder das PES-Garn, aus dem der Träger hergestellt ist, thermofixiert, gerauht, geschoren,
geschliffen und/oder gefärbt sein kann.
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Was erfindungsgemäß unter dem Ausdruck "flächiger, textiler Träger"
zu verstehen ist, wird am Schluß der Beschreibung (vgl. unten S. 13, Z. 17 - 30)
ausführlich erläutert.
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Weitere vorteilhafte Ausführungsformen der Erfindung bestehen darin,
daß das Polymerisat, aus dem die Imprägnierung des Trägers besteht, ein Polyurethanelastomeres
enthält oder aus einem Gemisch aus Polyurethan und Polyvinylhalogenid besteht. Der
Träger ist vorteilhaft mit 2 500 - 1100 g/m Polymerisat imprägniert.
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Das erfindungsgemäße Velours kann zusätzlich hydrophob, schmutzabweisend
und/oder flammhemmend ausgerüstet, finishiert, bedruckt, geprägt und/oder gefärbt
sein.
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Die der Erfindung zugrundeliegende Aufgabe wird weiter durch ein Verfahren
zur Herstellung des erfindungsgemäßen Velours gelöst, das gekennzeichnet ist durch
die Kombination der folgenden Merkmale: (a) es wird ein aus Garnen, die zu 100%
aus Polyester (PES)-Fasern oder PES-Filamenten bestehen, hergestellter flächiger,
textiler Träger verwendet; (b)- der Träger wird einer Alkalisierung in einer wäßrigen
Lösung einer geeigneten Base unterworfen, bis dessen Fasern oder Filamente oberflächlich
teilweise verseift und abgeschält sind;
(c) der alkalisierte Träger
wird ein- oder beidseitig mit einer Polymerisatlösung imprägniert, wobei während
des Imprägnierens das Lösungsmittel, in dem das Polymerisat gelöst ist, durch ein
mit dem Lösungsmittel in jedem Verhältnis mischbares Nichtlösungsmittel für das
Polymerisat kontinuierlich verdrängt wird; (d) der mit dem zu einem mikroporösen
Gefüge koagulierten Polymerisat imprägnierte Träger wird unter Entfernung eines
Anteils an Restlösungsmittel getrocknet; (e) die getrocknete Oberfläche des imprägnierten
Trägers wird angeschliffen.
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Das erfindungsgemäße Verfahren ist wesentlich kostengünstiger als
beispielsweise das aus der DE-OS 25 45 167 bekannte Verfahren, weil auf den Einsatz
der teuren Bikomponentenfasern verzichtet werden kann und weil besondere Arbeits-
und Immissionsschutzmaßnahmen sowie Lösungsmittel-Rückgewinnungsanlagen entfallen,
wie sie beim Extrahieren der einen Polymerisat-Komponente der Bikomponentenfasern
unabdingbar notwendig sind.
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Zur Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens wird vorzugsweise
ein rauhfähiger PES-Träger mit einem Flächen-2 gewicht von 150 - 300 g/m2 verwendet,
der gegebenenfalls vor der Alkalisierung thermofixiert, gerauht, geschoren, geschliffen
und/oder gefärbt wurde. Bei einem besonders vorteilhaften Ausführungsbeispiel wird
ein gerauhter und geschorener PES-Kettwirksamt mit 200 - 250 g/m2 Flächengewicht
verwendet.
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Bei der Alkalisierung des textilen PES-Trägers wird der typisch synthetische
Charakter von Polyesterfilamentträgern verändert: Der Griff wird weicher und naturseidenartiger,
die Faser wird spleißfreudiger, schneller und
tiefer anfärbbar,
und die Sprungelastizität wird erhöht.
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Die Alkalibehandlung führt zu einer Aufrauhung der Faseroberfläche,
hervorgerufen durch eine teilweise Verseifung der Fasersubstanz, und sie führt schließlich
zu einer Rauhflorbildung durch eine in Schichten von innen nach außen verlaufende
Abschälung der Fasersubstanz. Die Alkalisierung bewirkt schließlich einen Fasergewichtsverlust
und eine Verfeinerung des Titers.
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Die Alkalisierung wird vorzugsweise in einer wäßrigen Flotte durchgeführt,
die aus einer Mischung von 0,05 N - 0,5 N-wäßriger NaOH- oder -KOH-Lösung und Wasser
im Verhältnis 1:20 bis 1:60 besteht. Wenn die Alkalisierungsflotte zusätzlich einen
Gehalt an einem Dispergiermittel enthält, wird das Zusammenballen der vollkommen
von der Faseroberfläche abhydrolysierten PES-Teilchen vermieden, und die PES-Teilchen
verbleiben als unschädliche Schwebeteilchen in der Flotte.
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Die Alkalisierung wird bei erhöhter Temperatur, vorzugs-0 weise bei
einer Temperatur zwischen 50 und 100 , und zwar während einer Zeit von 20 - 40 min
durchgeführt.
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Das Ausmaß der Hydrolyse und damit des "Zerfaserns" oder "Aufspleißens"
hängt von der Laugenkonzetration, der Temperatur und der Alkalisierungsdauer ab.
Es hat sich gezeigt, daß bei einer Laugenkonzentration von 0,1 N, einem Flottenverhältnis
von 1:40 und einer Temperatur 0 von 95 C eine Behandlungsdauer von 30 min den optimalen
Alkalisierungseffekt bewirkt. Längere Verweilzeiten verbessern zwar den Velourseffekt
der Ware, schwächen jedoch die mechanische Festigkeit der Fasern und damit des ganzen
Trägers.
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Ein optimales Ergebnis wird erfindungsgemäß dann erreicht, wenn die
Alkalisierung so lange durchgeführt wird, bis die Feinheit der PES-Fasern oder -Filamente
einen Titer von 4 1 ,0 dtex erreicht hat.
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Zweckmäßig wird der alkalisierte Träger nach der Verseifung bis zur
völligen Alkalifreiheit mit Wasser gespült und anschließend in ein Neutralisationsbad
mit einem pH-Wert von 4,5 - 6,5 eingetaucht, wobei zur Einstellung des pH-Wertes
jede beliebige und für solche Zwecke handelsübliche schwache, nichtoxidierende Säure,
wie beispielsweise Essigsäure oder Ameisensäure, verwendet werden kann.
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Die Alkalisierung wird zweckmäßig nach dem Thermofixieren des Garns
oder des ganzen Trägers, aber vor dem Färben durchgeführt. Es-ist im Rahmen der
Erfindung ohne weiteres möglich, die Alkalisierung auch nach dem Färben durchzuführen,
allerdings muß dann die Farbechtheit vorher unter den Alkalisierungsbedingungen
geprüft werden.
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Nach der Alkalisierung wird das textile Substrat nach dem Naß-Koagulationsverfahren
mit einer geeigneten Polymerisatlösung imprägniert, wobei als Polymerisat vorzugsweise
ein Polyurethanelastomeres verwendet wird, das in an sich bekannter Weise hergestellt
wird, indem man ein organisches Diisocyanat mit einer Polyhydroxylverbindung oder
einer anderen, reaktive Wasserstoffatome enthaltenden, mindestens bifunktionellen
Verbindung, also beispielsweise mit einem Polyalkylenätherglykol oder einem Polyester
mit endständigen Hydroxylgruppen umsetzt und das dabei entstehende Vorpolymerisat
mit endständigen Isocyanatgruppen mit einem Xettenverlängerungsmittel, beispielsweise
aus der Gruppe der Hydrazine, reagieren läßt.
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Erfindungsgemäß können jedoch auch andere Polymerisate allein oder
in Kombination miteinander zur Imprägnierung des alkalisierten Trägers verwendet
werden, wobei - je nach Wahl der Polymerisat-Komponenten - die elastische Verformbarkeit
des Endprodukts beeinflußt werden kann.
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Als Beispiele für solche anderen Polymerisate seien hier angegeben:
Vinylhalogenidpolymerisate, insbesondere Polyvinylchlorid, Polyamide, Polyesteramide,
Polyvinylbutyrale, Polyacetobutyrate, Alkylester der Acrylsäure
und
Methacrylsäure, Sulfonsäureamidderivate, Celluloseester und Celluloseäther.
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Ein Gemisch aus einem oder mehreren Polyurethanelastomeren und einem
oder mehreren Vinylhalogenidpolymerisaten hat sich erfindungsgemäß als besonders
vorteilhaft erwiesen.
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Die Polymerisatkomponente wird in einem organischen Lösungsmittel
gelöst, wobei der Feststoffgehalt und die Viskosität beliebig eingestellt werden
können. Erfindungsgemäß wird vorzugsweise eine Lösung verwendet, die einen Polymerisatgehalt
von 7,5 - 12 Gew.-% und eine Viskosität von 15 - 40 s, gemessen im Fordbecher mit
4 mm-Auslaufdüse, aufweist. Das organische Lösungsmittel muß mit dem Nichtlösungsmittel
mischbar sein; erfindungsgemäß wird vorzugsweise ein in jedem Verhältnis mit dem
Nichtlösungsmittel mischbares Lösungsmittel verwendet. Es muß jedoch betont werden,
daß es keineswegs erforderlich ist, daß das organische Lösungsmittel in jedem Verhältnis
mit dem Nichtlösungsmittel mischbar ist. Als Nichtlösungsmittel für das Polymerisat
wird im allgemeinen Wasser verwendet.
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Als Lösungsmittel für das Polymerisat werden hochpolare, mit Wasser
mischbare organische Lösungsmittel wie N,N-Dimethylformamid, Dimethylsulfoxid, Tetrahydrofuran
oder deren Mischungen oder Gemische aus N,N-Dimethylformamid und Ketonen und/oder
Alkoholen bevorzugt.
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Die auf den textilen Träger applizierte Polymerisatmenge beträgt erfindungsgemäß
vorzugsweise 500 - 1100 g/m2, bezogen auf die Polymerisatlösung, wobei das beschichtete
Material in ein Gemisch aus Lösungsmittel und Nichtlösungsmittel im Verhältnis von
vorzugsweise 10:90 bis 30:70 eintaucht oder aber kontinuierlich durch ein Lösungsmittelbad
hindurchgeführt wird, durch das das Nichtlösungsmittel im Gegenstrom ebenfalls kontinuierlich
hindurchgeleitet wird, so daß der Lösungsmittelgehalt in Laufrichtung des bahnförmigen
Materials stetig abnimmt. Die auf diese
Weise erfolgende Verdrängung
des Lösungsmittels durch das Nichtlösungsmittel findet innerhalb eines Zeitraums
von vorzugsweise 2 - 10 min und bei einer Temperatur von vorzugsweise 20 - 60°C
statt. Danach ist die Koagulation der Polymerisatschicht und damit die Ausbildung
einer mikroporösen, zelligen Struktur innerhalb der Polymerisatschicht soweit abgeschlossen,
daß man von einem metastabilen Zustand sprechen kann.
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Trotz der Verdrängung des Lösungsmittels durch das Nichtlösungsmittel
enthält die koagulierte Polymerisatschicht aber immer noch einen Gehalt an Restlösungsmittel,
der nach beendeter Koagulation durch Trockung des imprägnierten Substrats in einer
Heizzone mit Luftzirkulation und bei einer Temperatur von 80 - 1250C soweit verringert
wird, daß ein örtliches Zusammenbrechen des Zellgefüges und damit ein Kollapsieren
der mikroporösen Struktur des Polymerisats verhindert wird. Der nach der Trocknung
in der Polymerisatschicht verbleibende Gehalt an Restlösungsmittel beträgt vorzugsweise
4 2 Gew.-%.
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Das imprägnierte und getrocknete Material wird anschließend nur noch
oberflächlich angeschliffen und anschließend in an sich bekannter Weise schmutzabweisend
und/oder hydrophob ausgerüstet (finishiert) und gegebenenfalls gefärbt und/oder
geprägt. Die Hydrophobierung wird gewöhnlich durch Behandlung der Oberfläche mit
Siliconen durchgeführt. Die schmutzabweisende Ausrüstung kann ein "Scotchgard"-Fleckenschutz
sein, bei dem eine Fluorcarbonpolymerisate enthaltende Emulsion auf die Oberfläche
aufgetragen wird.
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Das nach dem erfindungsgemäßen Verfahren hergestellte Velours ist
luft- und wasserdampfdurchlässig, wasseraufnahmefähig, schweißabsorbierend, schnittkantenfest,
waschbar, chemisch zu reinigen, ohne daß eine Verhärtung durch Verkleben des Flors
auftritt, farbecht, abriebfest, schwer brennbar, beliebig anfärbbar, nicht geruchsab-
sorbierend
(kein "Filtereffekt"!), es besitzt einen weichen, eleganten, samtähnlichen Fall,
ist unter kontinuierlicher Verfahrensführung einfach, umweltfreundlich und billig
herstellbar, und zwar in Form von Bahnen nahezu beliebiger Länge und Breite.
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Das erfindungsgemäße Velours eignet sich deshalb vorzüglich zur Herstellung
von Bekleidungsstücken aller Art, insbesondere von modischer Damenoberbekleidung,
Freizeitkleidung, Sportbekleidung, zur Herstellung von Besatzmaterial und modischen
Accessoires, aber auch zur Herstellung von Täschnerwaren, hochwertigen Futterstoffen,
für die Innenausstattung von Kraftfahrzeugen (Himmel, Seitenteile, Armaturenbrett,
Bespannungen, Polster) und für den Bezug leichter Polsterartikel.
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Unter dem Ausdruck "flächiger, textiler Träger" wird erfindungsgemäß
sowohl ein Gewirk oder Gestrick (Maschenware), als auch ein Gewebe, als auch ein
Vlies, als auch kombinierte, vliesvernadelte textile Flächengebilde, bei denen ein
Vlies auf ein Gewebe, Gewirk oder Gestrick aufgenadelt ist (oder umgekehrt ein Gewebe
oder eine Maschenware auf ein Vlies aufgenadelt ist), also die Gesamtheit aller
"wovens" und "non-wovens" verstanden. So kann es sich bei dem "Träger" im Sinne
der Erfindung auch um Raschelware oder um Maschenware von der Art handeln, bei der
eine besondere Schlinge eingewirkt ist, die gegebenenfalls vor dem Alkalisierungs-
und Koagulationsprozeß geöffnet werden muß, um ein gleichmäßiges Aufschleifen desfertig
imprägnierten Velours zu ermöglichen.