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Die Erfindung geht aus von einem Verfahren zur oxida-
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tiven Entgiftung von cyanidhaltigen Abwässern mit Wasserstoffperoxid
als Oxidationsmittel in Gegenwart von Halogenidionen.
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Cyanidhaltige Abwässer werden seit langem mit Chlor bzw. mit Hypochloritlösungen
entgiftet. Diese Art der Entgiftung ist jedoch aus verschiedenen Gründen problematisch
und unbefriedigend.
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Es hat sich gezeigt, daß man die oxidative Entgiftung von cyanidhaltigen
Abwässern auch unter Verwendung von Wasserstoffperoxid anstelle des Hypochlorits
bewirken kann. Wasserstoffperoxid besitzt gegenüber Hypochlorit, das heißt der üblicherweise
verwendeten Chlorbleichlauge, eine Reihe von wesentlichen Vorteilen, nämlich: -
es wird nicht intermediär das hochgiftige, gasförmige Chlorcyan gebildet, das nur
bei hohen pH-Werten genügend schnell und quantitativ zu Cyanationen hydrolysiert;
- es tritt keine zusätzliche Aufsalzung des entgifteten Abwassers ein, da Wasserstoffperoxid
nur Wasser bzw.
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Sauerstoff als Folgeprodukte hinterläßt; - es lassen sich höher konzentrierte
Abwässer ohne Schwierigkeiten entgiften, da die Oxidation direkt zum Cyanat läuft,
ohne daß zwischenzeitlich Giftgase, die aus dem Abwasser entweichen können, gebildet
werden, wobei die dabei auftretende höhere Temperatur sogar die Geschwindigkeit
des Reaktionsablaufes begünstigt; und - im Gegensatz zu Chlorbleichlauge ist Wasserstoffperoxid
in
der üblicherweise gelieferten Form nahezu unbegrenzt lagerstabil, was seine Anwendung
wesentlich wirtschaftlicher macht.
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Cyanidhaltige Abwässer besitzen in Abhängigkeit von ihrer Herkunft
stark unterschiedliche Cyanidgehalte.
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Während die sogenannten Konzentrate einen CN-Gehalt von bis zu ca.
100 g/l aufweisen, besitzen Eluate von Ionenaustauschern (die zum Zwecke der Wassereinsparung
in gereinigter Form wiederverwendet werden) einen Cyanidgehalt von meist einigen
Gramm pro Liter, während die Cyanidkonzentration von Spülwässern aus Galvanikbetrieben
und Stahlhärtereien normalerweise nur sehr niedrig ist und üblicherweise lediglich
einige 100 mg/l beträgt.
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Die Erfahrung hat gezeigt, daß die oxidative Entgiftung von Abwässern
mit derart niedrigem Cyanidgehalt mit Wasserstoffperoxid ohne aktivierende Zusätze
nur schlecht gelingt, da entweder die Reaktion zu langsam abläuft oder ein gegenüber
den stöchiometrischen Mengenverhältnissen ganz merklich erhöhter überschuß des Wasserstoffperoxids
eingesetzt werden muß.
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Die Entgiftungsreaktion kann jedoch durch Aktivatoren beschleunigt
werden.
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So ist es aus der DE-AS 23 52 856 bekannt, daß man die oxidative Entgiftung
von Cyanide, Cyanhydrine und/oder Nitrile enthaltenden Abwässern durch Zusatz von
Peroxidverbindungen, wie Wasserstoffperoxid, dadurch verbessern kann, daß man die
Entgiftung in Gegenwart von Jodidionen und/oder freiem Jod und gegebenenfalls in
Gegenwart von Silberionen durchführt. Diese aktivierenden Zusätze sind nun aber
sehr kostspielig, was insbe-
sondere auf die nach diesem Stand der
Technik bevorzugt verwendeten Silbersalze zutrifft.
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Es ist andererseits bekannt, daß man als Aktivatoren auch Salze von
Kupfer, Molybdän, Wofram etc. verwenden kann. Diese Schwermetallsalze sind jedoch
mehr oder minder giftig und sind daher ihrerseits im Abwasser unerwünscht, so daß
auch diese Materialien nicht zu befriedigen vermögen.
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Aus der SU-PS 442 996 (siehe Chemical Abstracts 82, 102886d) ist es
bereits bekannt, Ferro- und Ferricyanide durch Elektrolyse in Gegenwart von Bromidionen
und/oder Chloridionen aus den Abwässern von Kopieranstalten zu beseitigen.
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Es hat sich nunmehr überraschenderweise gezeigt, daß eine einwandfreie,
schnelle und wirtschaftliche Entgiftung auch stark verdünnter cyanidhaltiger Abwässer
mit Wasserstoffperoxid erreicht werden kann, wenn man dem zu entgiftenden Abwasser
vor dem Zusatz von Wasserstoffperoxid ein Alkalibromid zugibt.
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Gegenstand der Erfindung ist daher ein Verfahren der eingangs genannten
Gattung zur oxidativen Entgiftung von cyanidhaltigen Abwässern mit Wasserstoffperoxid
als Oxidationsmittel in Gegenwart von Halogenidionen, das dadurch gekennzeichnet
ist, daß man die Entgiftung in Gegenwart von Bromidionen durchführt.
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Gemäß einer bevorzugten Verfahrensweise setzt man die Bromidionen
dem Abwasser vor der Zugabe des Wasserstoffperoxids zu. Dabei verwendet man die
Bromidionen in Mengen von lo bis looo mg/l,
bezogen auf das zu entgiftende
Abwasser.
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Mit Vorteil führt man das Verfahren bei pH-Werten von 5,0 bis 12,0
und bevorzugter bei pH-Werten von 8,0 bis 10,0 und bei Temperaturen im Bereich von
etwa 10 bis etwa 90 0C und vorzugsweise im Bereich von etwa 20 bis etwa 50 °C durch.
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Der erfindungsgemäße Zusatz von Bromidionen bewirkt einen schnelleren
Reaktionsablauf der Entgiftung bzw. einen geringeren Bedarf an Wasserstoffperoxid
zur Beseitigung einer gegebenen Cyanidmenge.
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Der hierin verwendete Ausdruck "Entgiftung" oder "Beseitigung" bedeutet,
daß die nach der Behandlung noch vorhandene restliche Cyanidmenge unterhalb 0,1
mg/l "chlorzerstörbarer Cyanide" liegt.
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Der Reaktionsablauf des erfindungsgemäßen Verfahrens kann mit Hilfe
üblicher Elektrodensysteme verfolgt werden, die das Verschwinden des Cyanids im
Verlaufe der Entgiftung anzeigen. Hierfür kann man beispielsweise Gold/Kalomel-,
Silber/Kalomel- und Silber/Thalamid-Systeme und dergleichen anwenden. Dies ermöglicht
auch eine Automatisierung des erfindungsgemäßen Verfahrens, insbesondere des Wasserstoffperoxidzusatzes.
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Einer weiteren bevorzugten Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens
zufolge kann man vor der Durchführung der Entgiftungsmaßnahme den Cyanidgehalt des
Abwassers bestimmen und dann die errechnete Wasserstoffperoxidmenge in einer Portion
zugeben.
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Die folgenden Beispiele dienen der weiteren Erläuterung der Erfindung.
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Beispiel 1 Man bewirkt eine Entgiftung des Abwassers einer Stahlhärterei,
bei dem es sich um ein zum Teil ölhaltiges Spülwasser handelt, das 0,42 g/l Cyanidionen
enthält und einen Eigen-pH-Wert von 10,2 aufweist. Die Entgiftungsreaktion wird
bei Raumtemperatur durchgeführt, wobei man das Wasserstoffperoxid in Form einer
35gewichtsprozentigen Lösung zugibt. Der Ablauf der Entgiftungsreaktion wird durch
eine Potentialmessung mit Hilfe eines Silber/Thalamid-Meßelektrodensystems verfolgt.
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Die hierbei erhaltenen Ergebnisse sind in der nachstehenden Tabelle
I zusammengestellt.
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Tabelle I
Versuch pH-Wert zugesetzter Anfangs- Anfangs- Wasserstoff-
Reaktions- Endpoten- Cyanid |
Nr. Aktivator potential Cyanid- peroxidzusatz zeit tial Restgehalt |
(mg/l) (mV) gehalt (ml/l) (h) (mV) (mg/l) |
(g/l) |
1 10,2 keiner +170 0,42 20 3 +820 <0,1 |
2 10,2 keiner +170 0,42 10 24 +780 <0,1 |
3 10,2 100 NaBr +220 0,42 2,5 2,5 +840 <0,1 |
4 8,5 100 NaBr +230 0,42 2 2 +740 <0,1 |
5 8,5 50 NaBr +290 0,42 2,5 2,5 +810 <0,1 |
Aus der obigen Tabelle I ist ohne weiteres zu erkennen, daß die
erfindungsgemäße Verfahrensweise (Versuche Nr. 3 bis 5) bei einem wesentlich geringeren
Wasserstoffperoxidzusatz und in kürzerer Zeit eine ebenso gute wenn nicht bessere
Beseitigung des Cyanids ermöglicht.
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Beispiel 2 Es wird ein Abwasser (Spülwasser) eines Galvanikbetriebes
behandelt, das einen Cyanidgehalt von 0,18 g/l und einen Eigen-pH-Wert von 9,4 aufweist.
Man arbeitet nach der in Beispiel 1 beschriebenen Verfahrensweise.
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Die hierbei erhaltenen Ergebnisse sind in der nachstehenden Tabelle
II zusammengestellt.
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Tabelle II
Versuch pH-Wert zugesetzter Anfangs- Anfangs- Wasserstoff-
Reaktions- Endpoten- Cyanid |
Nr. Aktivator potential Cyanid- peroxidzusatz zeit tial Restgehalt |
(mg/l) (mV) gehalt (ml/l) (h) (mV) (mg/l) |
(g/l) |
11 9,4 keiner +290 0,18 10 4 +740 <0,1 |
12 9,4 100 NaBr +200 0,18 2 1,5 +750 <0,1 |
13 8,0 100 NaBr +330 0,18 1 2,5 +790 <0,1 |
14 8,0 50 NaBr +330 0,18 1 3 +770 <0,1 |
Auch die obige Tabelle II läßt erkennen, daß die erfindungsgemäße
Verfahrensführung (Versuche Nr. 12 bis 14) der Entgiftung, die in Abwesenheit von
Bromidionen durchgeführt wird, erheblich überlegen ist.