DE4228460A1 - Verfahren zur Behandlung cyanidhaltiger Abwässer - Google Patents

Verfahren zur Behandlung cyanidhaltiger Abwässer

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Description

Die Erfindung richtet sich auf ein Verfahren zur Behandlung cyanidhalti­ ger Abwässer umfassend die Oxidation der enthaltenen Cyanidverbindungen mit Wasserstoffperoxid.
Derartige industrielle Abwässer mit relativ hohen Konzentrationen an Cyanidverbindungen entstehen beispielsweise in der galvanotechnischen Industrie, wobei im Hinblick auf die zunehmend strenger werdenden An­ forderungen an die Qualität von Abwässern auch ein zunehmender Aufwand bei der Behandlung derartiger Abwässer getrieben werden muß.
Speziell zur Behandlung cyanidhaltiger Abwässer sind verschiedenartige Verfahren bekannt (vgl. beispielsweise "Stand der Technik bei che­ misch-physikalischen Verfahren in der Abfallbehandlung", Forschungsbe­ richt 10 302 121 des deutschen Umweltbundesamtes oder L. Hartinger, "Taschenbuch der Abwasserbehandlung"). Im einzelnen werden folgende Verfahren angewandt:
Herkömmliche gattungsgemäße Oxidationsverfahren mittels Wasserstoffpe­ roxid funktionierten zufriedenstellend nur bei der Behandlung von freien Cyaniden. Viele in Galvanikabwässern vorhandene Cyanokomplexe lassen sich bei der bekannten Verfahrensführung nicht entgiften. Es wird dem­ entsprechend herkömmlicherweise der geforderte Cyanidgrenzwert nicht erreicht, so daß dieses Behandlungsverfahren im wesentlichen nur zur Vorbehandlung eingesetzt wird (vgl. EP 0 355 418 B1; DE 29 16 148 C2 mit Verwendung von Bromidionen als Katalysator; EP 0 355 417 A1).
Es ist weiterhin bekannt, eine Oxidation mittels Wasserstoffperoxid in An­ wesenheit von UV-Strahlung vorzunehmen. Dieses Verfahren ist aber appa­ rativ und von den Energiekosten her aufwendig und somit teuer. Es eig­ net sich bedingt für verdünnte Lösungen, nicht jedoch für konzentrierte Abwässer. Dementsprechend ist es nur speziell im Bereich der Trinkwas­ seraufbereitung einsetzbar.
Ein gebräuchliches Oxidationsmittel für die Entgiftung cyandihaltiger Ab­ wässer ist Natriumhypochlorit. Hierbei entsteht AOX (absorbierbare orga­ nische Halogenverbindungen), wobei beispielsweise in der deutschen Rah­ men-Abwasser-Verwaltungsvorschrift für diesen umweltbelastenden Stoff ein Grenzwert vorgeschrieben ist. Dementsprechend läßt sich dieses Verfahren in der Praxis kaum mehr realisieren.
Weiterhin ist die oxidative Behandlung mittels KPMS (Kaliumperoxomono­ sulfat) bekannt. Hierbei handelt es sich jedoch um ein sehr teures Oxi­ dationsmittel, so daß es nur für niedrige Cyanidkonzentrationen sinnvoll einsetzbar ist. Außerdem ist unter Umständen eine zusätzliche Fällungs­ stufe für Sulfat erforderlich.
Eine weitere Entgiftungstechnik sieht die Verwendung von Ozon vor, was wegen der erforderlichen Sicherheitseinrichtungen jedoch eine aufwendige Verfahrenstechnik notwendig macht. Cyanidkonzentrate aus dem Bereich der Galvanotechnik lassen sich auf diesem Weg nicht entgiften, weil mit dieser Methode Abwässer mit hohen Konzentrationen nicht behandelt werden können. Deshalb wäre es erforderlich, derartige Abwässer zu verdünnen, was wiederum gesetzlich nicht zulässig ist. Die Investitionskosten für die erforderlichen apparativen Einrichtungen sind außerordentlich hoch.
Schließlich ist noch die elektrolytische Behandlung der Abwässer bekannt (vgl. CA 2 031 631 A1). Dieses Verfahren ist zwar relativ kostengünstig und dementsprechend auch als Vorbehandlungsmethode geeignet.
Zusammenfassend läßt sich dementsprechend feststellen, daß die unter ökologischen Gesichtspunkten prinzipiell günstigste Behandlungsmethode die Oxidation mit Wasserstoffperoxid ist. Hierdurch wird der grundsätzliche Vorteil erreicht, daß die Entgiftungsreaktion ohne AOX-Bildung abläuft, daß sie zu keiner Aufsalzung führt, daß die Eigenzersetzung des im Überschuß vorhandenen Wasserstoffperoxids zu Umwelt unproblematischen Produkten, Wasser und Sauerstoff führt, daß das Verfahren kostengünstig durchführbar ist.
Allerdings weisen die derzeit bekannten Behandlungsmethoden mit Wasser­ stoffperoxid auch nicht unbeachtliche Nachteile auf, wobei zu erwähnen ist, daß die Oxidation unter Normalbedingungen sehr langsam verläuft, daß Cyanokomplexe nur schlecht abgebaut werden, daß das Wasserstoffpe­ roxid wegen des Eigenzerfalls nur in geringen Konzentrationen eingesetzt werden kann und dieser Eigenzerfall durch Schwermetallionen und deren Hydroxide noch beschleunigt wird, daß die Freisetzung des gasförmigen Sauerstoffs zu starker Schaumbildung führt, daß es durch Zersetzung größerer Wasserstoffperoxidmengen bei unkontrollierbarem Ablauf zu Be­ triebsunfällen und Störfällen kommen kann, daß die potentiometrische Detektion des Reaktionsendpunktes kaum möglich ist, und daß der Behand­ lungserfolg sehr stark von der Zusammensetzung des Abwassers abhängig ist.
Darüber hinaus muß bei hohen Cyanidkonzentrationen die Erwärmung durch die stark exotherme Reaktion berücksichtigt werden, und daß Lang­ zeitoxidationen nicht möglich oder mit sehr hohem Verbrauch verbunden sind.
Hiervon ausgehend liegt der Erfindung die Aufgabe zugrunde, unter Wah­ rung der ökologischen Vorteile einer Abwasserbehandlung durch Oxidation mit Wasserstoffperoxid das Verfahren so weiterzubilden, daß mit wirt­ schaftlich vertretbarem Aufwand die geforderten Grenzwerte erreicht werden können.
Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß dadurch gelöst, daß das unverdünnte cyanidhaltige Abwasser auf eine Temperatur von 35°C bis 50°C, vorzugs­ weise 40°C, vorgewärmt wird, daß das vorgewärmte Abwasser dem Eingang eines Rohrreaktors zugeführt wird, daß das Abwasser am Eingang des Rohrreaktors mit Wasserstoffperoxid vermischt und dann durch den Rohr­ reaktor geleitet wird.
Dabei ist günstigerweise vorgesehen, daß das zugeführte unbehandelte Ab­ wasser zur Vorwärmung im Gegenstrom mit dem behandelten Abwasser durch einen Wärmetauscher geführt wird. Durch die stark exotherme Reaktion erwärmt sich das Abwasser in dem Rohrreaktor, so daß diese frei werdende Energie zur Vorwärmung herangezogen werden kann.
Zum Anlaufen der Reaktion oder generell zur Einstellung einer vorgegebe­ nen erhöhten Temperatur kann auch vorgesehen sein, daß das unbehan­ delte Abwasser in einem Erhitzer, vorzugsweise einem Durchlauf-Erhitzer vorgewärmt wird.
Günstigerweise ist vorgesehen, daß der Cyanidgehalt des zu behandelnden Abwassers, z. B. im Labor bestimmt, und das Wasserstoffperoxid dement­ sprechend leicht überstöchiometrisch zudosiert wird.
Vorteilhafterweise ist im Rahmen der Erfindung weiterhin vorgesehen, daß ein Rohrreaktor verwendet wird, der eingangsseitig ein Drosselventil zur Einstellung des Durchflusses aufweist, um den Durchfluß, d. h. die Durch­ flußmenge pro Zeiteinheit und damit letztlich auch die Strömungsge­ schwindigkeit, in optimaler Weise an die Reaktionsgeschwindigkeit bei den jeweils gegebenen Temperatur- und Konzentrationsverhältnissen anpassen zu können.
Durch das erfindungsgemäße Verfahren wird aufgrund der erhöhten Tempe­ ratur durch die Erwärmung in dem Durchlauf-Erhitzer oder an dem Wär­ metauscher die notwendige Aktivierungsenergie zugeführt. Dementsprechend setzt die Reaktion des Cyanids mit dem Wasserstoffperoxid am Anfang des Rohrreaktors unverzüglich ein, was zu einem Temperaturanstieg entlang des Reaktionsweges führt, wobei anhand dieses Temperaturanstieges der räumliche und zeitliche Reaktionsverlauf nachvollziehbar ist. Bei Abschluß der Reaktion des Wasserstoffperoxids mit dem Cyanid bei der Bewegung entlang des Reaktionsweges werden aus den Cyanokomplexen, die in dem Abwasser enthalten sind, Metallionen freigesetzt, die dann mit dem noch aufgrund der überstöchiometrischen Dosierung als Überschuß vorhandenen Wasserstoffperoxid unter Zersetzung reagieren. Diese bei herkömmlichen Verfahren äußerst störende Reaktion ist aufgrund der erfindungsgemäßen Verfahrensführung jedoch weitgehend unproblematisch, da zu diesem Zeit­ punkt bzw. in diesem Bereich des Reaktionsweges bereits der größte Teil des Wasserstoffperoxids abreagiert hat. Die freigesetzten Metallionen strömen also im Reaktionsrohr aus der Reaktionszone fort und können so insbesondere das neu eingespeiste Wasserstoffperoxid nicht zersetzen und dessen Wirksamkeit reduzieren.
Durch die erfindungsgemäße Ausgestaltung der Verfahrenstechnik wird eine wesentliche Einsparung an Natriumhypochlorit erzielt, welches in der Re­ gel zur Nachbehandlung eingesetzt wird und das Aufsalzen des Abwassers vermindert. Die Belastung des Abwassers mit AOX wird reduziert und ein unkontrollierbares Zersetzen von Wasserstoffperoxid weitgehend vermieden.
Das erfindungsgemäße Verfahren ermöglicht also eine kontinuierlich arbei­ tende Vorbehandlung und einen hohen Ausnutzungsgrad des eingesetzten Wasserstoffperoxids. Es ist die Verwendung einer überstöchiometrischen Menge an Wasserstoffperoxid möglich, wobei die Zersetzung des überschüs­ sigen Wasserstoffperoxids nur in einer kurzen Zone am Ende des Reaktors erfolgt. Da dort die Konzentrationen nur noch gering sind, ist die Zer­ setzung gefahrlos.
Das Verfahren läßt sich sehr leicht steuern, wenn die Zusammensetzung des unverdünnten Abwassers im Labor ermittelt wird. Die Sicherheitsein­ richtungen können sich im wesentlichen auf eine Temperaturüberwachung beschränken, wobei bei einmal eingestellter Dosiermenge im laufenden Betrieb konstante Betriebsverhältnisse für die gesamte zu behandelnde Charge gegeben sind. Selbst auftretende kleine Schwankungen in der Cyanidkonzentration haben keinen Einfluß auf die Wirksamkeit der Oxi­ dation. Wenn die Schwankungsbreite der Cyanidkonzentration bekannt ist, kann dies durch die entsprechende Überdosierung an Wasserstoffperoxid berücksichtigt werden.
Nachfolgend wird die Erfindung anhand eines bevorzugten Ausführungsbei­ spieles in Verbindung mit der Zeichnung näher beschrieben. Diese zeigt eine schematische Darstellung einer Anordnung zur Durchführung des er­ findungsgemäßen Verfahrens zur Cyanidentgiftung.
Bei der in der Zeichnung schematisch dargestellten Anlage wird das zu behandelnde cyanidhaltige Abwasser in einem Speicher 1 abgespeichert. Im Rahmen eines Behandlungszyklus wird das Abwasser über eine Pumpe P2 abgepumpt und einem Wärmetauscher W2 zugeführt, der - was aus der schaltbildartigen Darstellung nicht erkennbar ist - in Wärmeaustausch mit einem Rohrreaktor 2 steht. Von dort wird das Abwasser weitergepumpt zu einem Durchlauferhitzer W1, der ein Aufwärmen des Abwassers dann be­ werkstelligt, wenn entweder beim Anfahren die Reaktionstemperatur des Rohrreaktors 2 noch nicht erreicht ist, oder wenn kein hinreichender Wär­ meaustausch stattfindet, um die erforderliche Temperatur zu erreichen.
In einem Vorratsbehälter 3 wird Wasserstoffperoxid vorrätig gehalten und über eine Dosierpumpe P1 in den Bereich vor dem Einlaß des Rohrreaktors 2 gepumpt. Das mit dem Wasserstoffperoxid vermischte, zu behandelnde Abwasser wird in der Zeichnung von unten nach oben durch den stehen­ den Rohrreaktor gepumpt, so daß die bei der Reaktion entstehenden Gase nach oben entweichen können. Über Temperaturmeßstellen T1, T2, T3 und T4 wird der Reaktionsverlauf der exothermen Reaktion verfolgt.
Nach Oxidation der cyanidhaltigen Bestandteile wird das Abwasser in einen Speicher 4 gepumpt, wo entweder eine Nachbehandlung oder eine Speicherung erfolgen kann.
Folgende charakteristischen Parameter und Ausrüstungen wurden als vor­ teilhaft für eine effektive Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens gefunden:
Reaktor: V4A-Rohr, Durchmesser-200mm, Höhe-2000mm
Durchlauferhitzer: thermostatisiert bei 40°C
Kreiselpumpe für Cyanidkonzentrate
Schneckenexzenterpumpe 0-20l/h zur Dosierung des Wasserstoffperoxids
Durchflußmesser: 15-150l/h
Drosselventil zur Einstellung der Durchflußmenge an Cyanidkonzentrat
Eingang in den Reaktor 1/2′′
Ausgang aus dem Reaktor 2′′
Kontinuierliche Arbeitsweise: 150l/h Cyanidkonzentrate
Eingangstemperatur in den Reaktor 36-40°C
Dosiermenge an Wasserstoffperoxid 50%: 9l/h
Austrittstemperatur: c. 75°C
Cyanidkonzentration am Eingang: 46gCN⁻/l
Cyanidkonzentration am Ausgang: 75mgCN⁻/l.

Claims (6)

1. Verfahren zur Behandlung cyanidhaltiger Abwässer umfassend die Oxi­ dation der enthaltenen Cyanidverbindungen mit Wasserstoffperoxid, da­ durch gekennzeichnet,
daß das unverdünnte cyanidhaltige Abwasser auf eine Temperatur von 35°C bis 50°C, vorzugsweise 40°C, vorgewärmt wird,
daß das vorgewärmte Abwasser dem Eingang eines Rohrreaktors zugeführt wird, und
daß das Abwasser am Eingang des Rohrreaktors mit Wasserstoffperoxid vermischt und durch den Rohrreaktor geführt wird.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß das zuge­ führte unbehandelte Abwasser im Gegenstrom mit dem behandelten Abwasser durch einen Rohrreaktor geführt wird.
3. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß das unbe­ handelte Abwasser in einem Erhitzer vorgewärmt wird.
4. Verfahren nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, daß der Erhitzer ein Durchlauf-Erhitzer ist.
5. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß der Cyanid­ gehalt des zu behandelnden Abwassers bestimmt und das Wasserstoffpe­ roxid leicht überstöchiometrisch zudosiert wird.
6. Verfahren nach Anspruch 1, gekennzeichnet durch die Verwendung eines Rohrreaktors mit einem eingangsseitigen Drosselventil zur Einstellung der Durchflußmenge.
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