DE2711493C2 - - Google Patents

Description

Die Erfindung betrifft Arzneimittel auf der Grundlage von 1,8 Dihydroxyanthrachinon-3-carbonsäure ("Rhein") und üblichen pharmazeutischen Trägerstoffen gegen Arthritis.

Zur Behandlung der rheumatoiden und der Osteoarthritis sind bisher entzündungshemmende Corticosteroide eingesetzt worden, z. B. Hydrocortison und Betamethason, weiterhin die Synthese von Prostaglandinen hemmende Verbindungen wie Indometazin, Ketobrufen und O-Acetylsalicylsäure. Neuerdings werden auch zytotoxische Mittel wie Cyclophosphamid und Penicillamin einge­ setzt.

Penicillamin chelatisiert Metalle, insbesondere Kupfer, deren Serumspiegel bei Arthritis erhöht ist, vermutlich sekundär durch das Vorhandensein erhöhter Serumspiegel an Caeruloplasmin (a-2-Globulin) in der akuten Entzündungsphase und möglicherweise auch durch einen Cofaktor in Form katalytischer Oxydasen, die die Anzahl von Disulfidbindungen erhöhen und so die Bildung von Makroglobulinen vom Typ des rheumatoiden Faktors begünstigen.

Penicillamin depolymerisiert rheumatoide Faktoren durch das Öffnen von Disulfidbrücken, welche die für die tertiäre Pro­ teinstruktur dieser Faktoren verantwortlichen Vernetzungen bil­ den.

Aus der Untersuchung der vorgenannten Arzneimittel läßt sich ableiten, daß ein wirksames therapeutisches Arthritismittel die folgenden Eigenschaften haben sollte:

• 1. Es soll Kupfer chelatisieren, um die Bildung von Caerulo­ plasmin zu unterbinden.
• 2. Es soll die obengenannten katalytischen Oxydasen inhibieren.
• 3. Es soll Calcium chelatisieren, um die reizerzeugenden Mi­ krodepots auf Basis von Calcium, die in arthritischen Ge­ lenken auftreten, zu entfernen.
• 4. Es soll die Bildung von Vernetzungen im Collagen der Syno­ vialmembran, die bei Arthritis verringert auftreten, unter­ stützen.
• 5. Es soll vergleichsweise nichttoxisch sein und oral bei nur sehr seltenen medizinischen Kontrollen eingenommen werden können.

Das Arzneimittel der Erfindung ist dadurch gekennzeichnet, daß der Wirkstoff 1,8-Diacetylanthrachinon-3-carbonsäure ("Diacetyl­ rhein") ist. Es erfüllt die vorstehend genannten Anforderun­ gen, insbesondere hinsichtlich der Toxizität.

Sowohl Diacetylrhein als auch die Stammverbindung Rhein sind bekannte Verbindungen, vgl. Beilstein, Band 10, 3. Ergänzungs­ werk, Seite 4787 bis 4788. "Rhein" ist ein Bestandteil eines zu therapeutischen Zwecken eingesetzten Extraktes aus Cassia fistu­ la, vgl. Tetrahedron 1967, Seiten 515 bis 518, zu dessen Struk­ turnachweis auch die Umsetzung zu Diacetylrhein herangezogen wurde. Weitere strukturell verwandte Anthrachinonderivate sind in der US-PS 33 87 538 zur Verwendung als Spasmolytika beschrie­ ben. Die vorgenannten Veröffentlichungen beschreiben jedoch nicht den Einsatz von Diacetylrhein als Arzneimittel. "Diacetylrhein" unterscheidet sich von "Rhein" vorteilhafterweise dadurch, daß seine Calcium- und Kupferchelate infolge der in 3-Stellung befindlichen Carboxylgruppe wasserlöslich sind. Es wird ange­ nommen, daß diese Löslichkeit erforderlich ist, da bei Arthri­ tis der Raum zwischen den Gelenken reizerzeugendes mikrokristal­ lines Calciumphosphat enthält, das gelöst werden muß.

Das Arzneimittel der Erfindung kann in Form einer pharmazeu­ tischen Zubereitung vorliegen, die zweckmäßigerweise zwischen 10 und 300 mg, vorzugsweise zwischen 25 und 100 mg "Diacetyl­ rhein" enthält. Die Verabreichungsform kann eine Tablette, Pille oder Kapsel sein.

Als pharmazeutischer Träger beziehungsweise Füllstoff können Lactose, Mannit, Saccharose, Calciumsulfat, Calciumphosphat und mikrokristalline Cellulose verwendet werden, weiterhin Bindemittel wie Traganth, Akazia, Stärke und Methylcellulose, Sprengmittel wie Maisstärke und Alginsäure oder Gleitmittel wie Stearinsäure, Stearate und Talk. Kapseln bestehen oft aus Hartgelatine.

Das Arzneimittel der Erfindung kann sowohl zur Behandlung des Menschen als auch von Säugetieren eingesetzt werden. Die er­ forderlichen täglichen Dosierungen liegen im allgemeinen zwi­ schen etwa 25 mg und etwa 500 mg beim Menschen. Diese ist jedenfalls bei Erwachsenen nicht abhängig vom Körpergewicht des Patienten. Für Tiere sind zwischen 0,40 mg/kg und 10 mg/kg pro Tag angemessen.

Es ist häufig nicht zweckmäßig, Anthrachinonderivate in wäß­ riger Lösung einzusetzen, weil viele dieser Derivate gegen Wasser nicht genügend stabil sind. Es kann hier durch einfache Tests sichergestellt werden, ob für das Arzneimittel der Er­ findung in wäßriger Verabreichungsform eine ausreichende Sta­ bilität gegeben ist.

Bei einem akuten Toxizitätsversuch wurde "Diacetylrhein" 26 Mäusen in Dosierungen bis zu etwa 3000 mg/kg pro Tag verabreicht. Es starb keine der Mäuse; es wurden auch keine Veränderungen im Ver­ halten oder in der Nahrungs- und Wasseraufnahme beobachtet. Auch andere toxische Wirkungen wurden nicht festgestellt.

Bei der Verabreichung an Menschen in Mengen von 100 mg Diacetyl­ rhein pro Tag über 15 Monate wurden ebenfalls keine ungünstigen Wirkungen beobachtet.

Ein Patient mit schwerer Osteoarthritis (diagnostiziert durch Röntgenstrahlen sowie durch CSF- und Rheumatoidfaktorbestim­ mungen) im unteren Rückgrat wurde mit "Diacetylrhein" behandelt. Der Patient litt unter stark eingeschränkter Rumpfdrehung und erheblichen Schmerzen in Rücken und Beinen, nachdem er 30 bis 60 Minuten gesessen hatte. Der Patient wurde mit einer Dosis von 50 mg Diacetylrhein behandelt. Am 4. und 5. Tag trat die Wirkung ein und der Patient wurde bei wiederhergestellter Rumpfdrehbarkeit und ohne morgendliche Steifheit schmerzfrei. Bei fortgesetzter Behandlung behielt der Patient seinen gebes­ serten Zustand bei.

Ähnliche Resultate wurden mit anderen Patienten erhalten, die unter Osteoarthritis der Hüften und Oberschenkel sowie des Nackens und der Schultern litten.

In 3 Fällen wurden Patienten mit rheumatoider Arthritis der Hände mit geschwollenen Fingern und schmerzhaften Gelenken mit 50 mg "Diacetylrhein" zweimal täglich während 5 bis 10 Tagen behandelt. In jedem Falle verschwanden die Schmerzen in den Gelenken und blieben sogar weg, wenn diese Druck unterworfen wurden. Die Finger erlangten schnell wieder ihre normale Dicke.

Die Herstellung des Wirkstoffes "Diacetylrhein" erfolgt durch Lösen von "Rhein" in überschüssigem Essigsäureanhydrid, Zusatz von einigen ml konzentrierter Schwefelsäure und Stehenlassen des Gemisches über Nacht bei Raumtemperatur. Das Gemisch wird in kaltes Wasser gegossen, wobei "Diacetylrhein" ausfällt.

Claims (1)

1. Arzneimittel auf der Grundlage von 1,8-Dihydroxyanthrachinon- 3-carbonsäure ("Rhein") und üblichen pharmazeutischen Träger­ stoffen gegen Arthritis, dadurch gekennzeichnet, daß der Wirk­ stoff 1,8-Diacetylanthrachinon-3-carbonsäure ("Diacetylrhein") ist.