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Es ist bekannt, daß durch Emulsionspolymerisation hergestelltes und
durch Sprühtrocknung aufgearbeitetes Polyvinylchlorid, das durch Polymerisation
unter Zuhilfenahme üblicher Emulgatoren wie Alkylsulfonaten, Alkylarylsulfonaten,
Alkylsulfaten oder Alkalisalzen von Sulfobernsteinsäureestern sowie unter Zusatz
von Alkaliphosphaten als Puffersubstanzen erhalten wird, trotz Vorstabilisierung
mit Alkalicarbonat nur eine begrenzte Wärmebeständigkeit besitzt, so daß es für
verschiedene Verwendungsbereiche nur begrenzt oder gar nicht einzusetzen ist.
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Das auf diesem Wege hergestellte Polyvinylchlorid weist weiterhin
den Nachteil auf, daß es nicht oder nur unzureichend mit den üblichen Barium- und
Cadmiumsalze enthaltenden Stabilisatoren stabilisiert werden kann. Diese wohlfeilen
Stabilisatoren waren bislang nur für die Stabilisierung von Suspensionspolymerisaten
des Vinylchlorids oder von solchem in Emulsion polymerisierten Polyvinylchlorid
anwendbar, das einen aufwendigen Auswaschungsprozeß durchlaufen hatte.
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Der Anwendungsbereich des mit den erwähnten Stabilisatoren versetzten
Polyvinylchlorids ist sehr umfangreich, da diese Stoffe Formartikeln hohe Lichtstabilität
verleihen. Als Beispiele seien der Außenwitterung unterliegende Artikel genannt,
wie Balkonverkleidungen, Abdeckungen, ferner beschichtete Bleche und mit Polyvinylchlroid
ummantelte Gegenstände sowie Folien für den technischen Bedarf.
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Es besteht also großes technisches Interesse an einem Verfahren,
das es gestattet, mit Hilfe der Emulsionspolymerisation ohne anschließende Auswaschung
des Polymerisats ein Polyvinylchlorid zu erhalten, das eine sehr gute Thermostabilität
besitzt und sich außerdem mit barium- und cadmiumhaltigen Stabilisatoren hervorragend
stabilisieren läßt.
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Aus der britischen Patentschrift 744 185 ist es zwar bereits bekannt,
daß man die Polymerisation von Vinylchlorid in wäßriger Emulsion in Gegenwart von
mehrwertigen Alkoholen durchführen kann. Als mehrwertiger Alkohol wird dabei Glycerin
in einer Menge von 9,41 Teilen auf 16,5 Teile Vinylchlorid eingesetzt.
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Hierbei werden jedoch Polymerisate mit beträchtlich verringerter Thermostabilität
erhalten.
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Es wurde nun ein Verfahren zur Herstellung von Vinylchloridhomo-
oder -copolymerisaten durch Polymerisation von Vinylchlorid, allein oder mit anderen
olefinisch ungesättigten Verbindungen, in wäßriger Emulsion bei einem pH-Wert über
7 in Gegenwart von 0,1 bis 3 0t0, bezogen auf Monomerengewicht, Ammonium- oder Alkalisalzen
von aliphatischen Carbonsäuren mit 8 bis 22 Kohlenstoffatomen als Emulgatoren und
0,02 bis 0,2 01o, bezogen auf Monomerengewicht, wasserlöslichen Peroxydverbindungen
als Katalysatoren sowie in Gegenwart von mehrwertigen Alkoholen mit 2 bis 6 Kohlenstoffatomen,
nachfolgendes Vorstabilisieren der Polymerisatdispersion mit 0,05 bis 0,25 OIo,
bezogen auf Polymerisat, Alkalicarbonaten und Sprühtrocknen der erhaltenen Polymerisatdispersion
gefunden, bei dem man dann wesentlich verbesserte, thermostabile und mit Barium-oder
Cadmiumverbindungen enthaltenden Stabilisatoren stabilisierbare Polymerisate erhält,
wenn man den mehrwertigen Alkohol mit 2 bis 6 Kohlenstoffatomen in Mengen von 0,05
bis 1,2 O/o, bezogen auf Monomerengewicht, einsetzt und die Polymerisation zusätzlich
in Gegenwart von Borax in Mengen von 0,05 bis 0,40/,, bezogen auf Monomerengewicht,
ausführt.
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Der pH-Wert über 7 in der Emulsion stellt sich ein durch die alkalische
Reaktion der Lösung des carbonsauren Salzes sowie durch den Borax-Zusatz.
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Die als Emulgatoren verwendeten Ammonium- oder Alkalisalze von aliphatischen
Carbonsäuren mit 8 bis 22 Kohlenstoffatomen sind vornehmlich solche von gesättigten
Fettsäuren, insbesondere mit 12 bis 18 Kohlenstoffatomen, wie z. B. Laurinsäure,
Myristinsäure, Palmitinsäure, Stearinsäure. Bevorzugt werden die Ammoniumsalze.
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Mit den angewendeten Mengen des Emulgators zwischen 0,1 und 3 01ob
bezogen auf das Gewicht des Monomeren, lassen sich stabile Dispersionen herstellen,
deren Feststoffgehalt über 350/o liegt.
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Als wasserlösliche Peroxydverbindungen kommen anorganische oder organische
Verbindungen in Frage, wie z. B. Wasserstoffperoxyd, Persulfate der Alkalimetalle
und des Ammoniums oder Succinylperoxyd.
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Vorzugsweise wird Ammoniumpersulfat eingesetzt.
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Der Borax wird dem Polymerisationsansatz in Mengen von vorzugsweise
0,1 bis 0,2 ovo, bezogen auf das Monomerengewicht, zugefügt.
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Als mehrwertiger Alkohol mit 2 bis 6 Kohlenstoffatomen kann z. B.
Glykol, Glycerin, Pentaerythrit, Mannit oder Sorbit dienen; bevorzugt wird Glycerin
verwendet.
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Das Polymerisationsverfahren kann diskontinuierlich oder kontinuierlich
durchgeführt werden. Beim kontinuierlichen Verfahren führt man die Polymerisation
in einem druckfesten Rührautoklav in der Weise durch, daß man Wasser, in dem der
Emulgator, Borax und der mehrwertige Alkohol gelöst sind, ferner eine wäßrige Peroxydlösung
und Monomeres kontinuierlich zuführt. Gleichzeitig zieht man aus dem Reaktionsgefäß
eine Teil der Reaktionsmischung ständig ab. Zugabe und Abführung werden derart bemessen,
daß die Zusammensetzung und Menge des Reaktionsgemisches im wesentlichen gleichbleiben.
Die Polymerisationstemperatur richtet sich nach dem gewünschten Polymerisationsgrad,
im allgemeinen liegt sie zwischen 30 und 75"C, vorzugsweise zwischen 40 und 60"C.
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Vor der Isolierung des Feststoffs aus der Polymerisatdispersion wird
mit einem Alkalicarbonat, insbesondere Soda, in der angegebenen Menge vorstabilisiert.
Zur Vorstabilisierung wird Soda in einer Menge von vorzugsweise 0,1 bis 0,2 01,,
bezogen auf das Polymerisat, angewendet.
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Die Isolierung des Polymerisats aus der Dispersion erfolgt durch
Sprühtrocknung in heißer Luft bei Temperaturen von etwa 130 bis 160"C. Das bei diesem
Trockenprozeß anfallende pulverförmige Produkt enthält die für die gewünschte Eigenstabilität
und leichte Stabilisierbarkeit mit Barium- und Cadmiumverbindungen enthaltenden
Stabilisatoren notwendigen Mengen an Zusatzstoffen.
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Bei einer Abtrennung des Polymerisats durch Koagulation mit Säuren
oder Salzlösungen und anschließendes Waschen, wie sie vielfach technisch ausgeübt
wird, wird es notwendig, die durch den Aufarbeitungsprozeß ausgewaschenen mehrwertigen
Alkohole und den Borax zu ersetzen. Es hat sich jedoch gezeigt, daß die nachträgliche
Einverleibung dieser Stoffe in das trockene und nutschenfeuchte Produkt nicht ohne
weiteres zu der erforderlichen homogenen Durchmischung führt, wie sie bei der Sprühtrocknung
durch das Verfahren gewährleistet ist. Eine nachträgliche Zugabe der genannten Zusatzstoffe
zum Polymerisat
bzw. zur Polymerisatdispersion zeigt zudem nicht
die stabilisierenden Effekte wie die Zugabe zum Polymerisationsansatz. Aus diesem
Grund wird das Polymerisat durch Sprühtrocknung isoliert.
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An Stelle reinen Vinylchlorids kann man nach dem erfindungsgemäßen
Verfahren auch Gemische aus Vinylchlorid und anderen olefinisch ungesättigten Verbindungen,
wie Vinylidenchlorid, Vinylacetat oder Acrylestern polymerisieren.
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Formartikel, die aus dem erhaltenen thermostabilen Emulsions-Polyvinylchlorid
gefertigt sind, zeichnen sich auch durch hohe Transparenz aus.
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Beispiel 1 Man gibt in einen Rührautoklav 20 kg Wasser, 0,1 kg Ammoniumlaurat,
0,09 kg Glycerin, 0,038 kg kristallwasserhaltigen Borax und 0,005 kg Ammoniumpersulfat
und preßt nach Verdrängung der Luft durch Stickstoff 11,1 kg Vinylchlorid auf. Es
wird bei 52° C polymerisiert. Nach Druckabfall auf 3 Atom. und Entspannung des restlichen
Vinylchlorids erhält man eine Dispersion mit 35 0/o Feststoffgehalt. Nach Zugabe
von 0,15010 Soda, bezogen auf Polyvinylchlorid, wird die Dispersion sprühgetrocknet.
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Zum Nachweis vorteilhafter Eigenschaften vermischt man 70 g des pulverförmigen
Produkts mit 30 g Dioctylphthalat und 2 g eines hochschmelzenden Montanwachses und
unterwirft das Gemisch bei 175"C einer Dauerwalzung. Nach 50 Minuten Walzzeit ist
keine Verfärbung festzustellen. Derselbe Walztest bei 195"C zeigt nach 25 Minuten
eine Gelbfärbung der Folie, die nach etwa 40 Minuten nach Braun umschlägt. Die Verfärbung
unterbleibt, wenn der Probe vor der Verwalzung 0,9 g eines flüssigen Barium-und
Cadmiumhaltigen Stabilisators zugesetzt worden waren.
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Prüft man auf gleiche Weise ein Polymerisat, das ohne Mitverwendung
von Glycerin und Borax erhalten wtlrde, so beobachtet man nach einer Walzdauer von
40 Minuten bei 175"C bereits eine Verfärbung. Bei 195"C Walztemperatur beginnt die
Verfärbung schon nach 15 Minuten, nach 30 Minuten erfolgt Braunfärbung. Zusatz von
0,9 g des obengenannten Stabilisators unterdrückt die Verfärbung bis 175"C, bei
195"C tritt der Farbumschlag nach Braun nach etwa 40 Minuten ein.
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Beispiel 2 Setzt man eine Mischung aus 0,066 kg Ammoniumlaurat und
0,034 kg Ammoniumstearat als Emulgator ein und polymerisiert im übrigen den Ansatz
gemäß Beispiel 1, so erhält man nach dem Versprühen ein Produkt, das in der Abmischung
70 g Polymerisat, 30 g Dioctylphthalat, 2 g Montanwachs eine Dauerwalzung bei 195C"
bis zu 30 Minuten ohne Verfärbung übersteht; Braunfärbung tritt erst nach etwa 50
Minuten Walzdauer ein. Zugabe von 0,9 g des im Beispiel 1 genannten Stabilisators
unterdrückt jegliche Verfärbung der Folie bis über 50 Minuten Walzdauer.
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Dagegen verfärbt sich ein vergleichbar hergestelltes Produkt, das
ein ohne Glycerin und Borax hergestelltes Polyvinylchlorid enthält, bereits nach
20 Minuten.
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Zusatz von 0,9 g des im Beispiel 1 genannten Stabilisators zögert
den Farbumschlag nur bis 30 Minuten hinaus.