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Olefinisch ungesättigte Kohlenwasserstoffhalogenide und insbesondere
Allylhalogenide sind wertvolle chemische Zwischenprodukte. Beispielsweise werden
Allylhalogenide zur Herstellung von Allylalkohol, Glycerin und Epichlorhydrin verwendet.
In neuerer Zeit wurden Allylhalogenide und insbesondere Allylchlorid auch als Zwischenprodukte
zur Herstellung der verschiedenen Arten von Superpolyamiden eingesetzt.
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Aus der britischen Patentschrift 935 088 und der USA: Patentschrift
2 966 525 ist es bekannt, Allylchlorid durch Umsetzung von Propylen mit Chlorwasserstoff
und Sauerstoff oder einem sauerstoffhaltigen Gas z. B. in Gegenwart von Lithiumchlorid
oder einem Metallchlorid der TI. Gruppe des Periodensystems auf Bimsstein herzustellen.
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Es ist ferner bekannt, gesättigte aliphatische Kohlenwasserstoffe
durch Umsetzung mit Chlorwasserstoff und Luft oder Sauerstoff zu chlorieren. Dieses
Verfahren wird als Oxychlorierung bezeichnet. Das Verfahren wird gewöhnlich bei
erhöhter Temperatur in Gegenwart eines Katalysators durchgeführt, z. B. eines Deacon-Katalysators
(CuC12). Hierbei werden chlorierte Kohlenwasserstoffe erhalten. Bei diesen Umsetzungen
sind die Ausbeuten im allgemeinen sehr niedrig, weil die verschiedensten Chlorierungsreaktionen
auftreten und man ein Gemisch von Produkten erhält.
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Diese bekannten Oxychlorierungsverfahren verlaufen im allgemeinen
über eine Umsetzung des Chlorwasserstoffs mit Sauerstoff in Gegenwart eines Katalysators
unter Bildung eines Chlorierungsmittels, das dann mit dem Kohlenwasserstoff unter
Bildung eines chlorierten Kohlenwasserstoffs reagiert. Wenn die Oxychlorierungsreaktion
in Gegenwart eines halogenhaltigen Katalysators, wie Kupfer(II)-chlorid, durchgeführt
und als Kohlenwasserstoff Methan eingesetzt wird, werden bei der Umsetzung Chlormethane,
wie Tetrachlorkohlenstoff, Chloroform, Methylenchlorid und Methylchlorid, gebildet.
Außerdem setzt sich ein Teil des Methans nicht um. Mit zunehmender Kettenlänge des
. Alkans nimmt die Möglichkeit der Bildung weiterer halogenierter Derivate zu.
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Oxyhalogenierungsreaktionen haben bis jetzt noch keine wirtschaftliche
Bedeutung zur Herstellung von halogenierten Kohlenwasserstoffen erlangt, weil diese
Verfahren nicht selektiv verlaufen und sich eine nahezu unbegrenzte Anzahl von Produkten
bildet, insbesondere bezüglich der Bildung bestimmter olefinisch ungesättigter Kohlenwasserstoffhalogenide.-
; Gegenstand der Erfindung ist ein Verfahren zur Herstellung von Allylchlorid durch
katalytische Oxychlorierung von Propan, das dadurch gekennzeichnet ist, daß man
ein Gemisch aus Propan, Chlorwasserstoff und Sauerstoff, oder einem freien. Sauerstoff
enthaltenden Gas bei etwa 480 bis 595° C in Gegenwart eines Eisen(III)-salzes als
Katalysator und bei einer Verweilzeit von 0,1 bis 50 Sekunden umsetzt.
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Das erfindungsgemäße Verfahren ist eine Kombination eines Dehydrierungs-
und Oxychlorierungsverfahrens, bei dem Allylchlorid in einem einstufigen Verfahren
in guter Ausbeute und Selektivität hergestellt werden kann. Die Bildung von Nebenprodukten
ist auf ein Mindestmaß beschränkt.
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Das erfindungsgemäße Verfahren beruht auf der überraschenden Feststellung,
daß unter den vorstehend genannten Reaktionsbedingungen und in Gegenwart eines Eisen(III)-Salzes
als Katalysator sowohl eine Dehydrierung als auch eine Oxychlorierung unter Bildung
von Allylchlorid erfolgt. Bei den bekannten analogen Umsetzungen erfolgte lediglich
eine Chlorierung des Kohlenwasserstoffs durch Umsetzung des Sauerstoffs mit dem
Chlorwasserstoff in Gegenwart eines Deacon-Katalysators, z. B. CuCl2, wobei sich
elementares Chlor bildet.
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Somit gestattet das neue Verfahren der Erfindung die Herstellung von
Allylchlorid in einer Stufe. Es ist außerdem nicht notwendig, zuerst Propylen aus
Propan herzustellen und dieses hierauf in der Allylstellung zu chlorieren.
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Im Verfahren der Erfindung werden die Reaktionsteilnehmer in einem
Mengenverhältnis von vorzugsweise 1 Mol Propan zu 1 Mol Chlorwasserstoff zu 1 Mol
Sauerstoff verwendet. Der Chlorwasserstoff wird in das Reaktionssystem in wasserfreier,
gasförmiger Form eingeleitet.
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Der Sauerstoff kann in elementarer Form oder im # Gemisch mit inerten
Verdünnungsmitteln, wie Stickstoff, verwendet werden. Bevorzugt wird Luft.
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Ein kritisches Merkmal der anfänglichen Stufe des erfindungsgemäßen
Verfahrens ist der verwendete Katalysator. Es wurde festgestellt, daß ein Katalysatorsystem
aus Eisen(III)-chlorid auf einem geeigneten Träger selektiv die dehydrierende Oxychlorierungsreaktion
unter Bildung von Allylchlorid beschleunigt. Der Katalysator wird vorzugsweise hergestellt
durch Imprägnieren eines inerten Trägers mit möglichst großer Oberfläche mit einer
Lösung eines Eisen(III)-salzes. Als Träger können die verschiedenen bekannten Stoffe
verwendet werden, wie Aluminiumoxyd, Kieselsäuregel, Kieselgur oder Bimsstein. Ein
besonders bevorzugter Katalysator ist Eisen(III)-chlorid auf einem Träger. Man kann
auch Eisen oder andere Eisen(III)-salze, wie Eisen(III)-sulfat, als Katalysatoren
verwenden, da diese Katalysatoren in situ durch Umsetzung mit dem Chlorwasserstoff
in Eisen(III)-chlorid umgewandelt werden.
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Ein anderes kritisches Merkmal des erfindungsgemäßen Verfahrens ist
die angewandte Reaktionstemperatur. Es ist entscheidend, daß die Temperatur in der
Reaktionszone oberhalb etwa 480° C gehalten wird, damit das Verfahren selektiv abläuft.
Der bevorzugte Temperaturbereich liegt zwischen etwa 480 und 595° C, insbesondere
zwischen etwa 535 und 570° C. Reaktionstemperaturen unterhalb dieses Bereichs führen
zur überwiegenden Bildung von chlorierten gesättigten Kohlenwasserstoffen, während
bei höheren Temperaturen zu starke Pyrolyse unter Bildung unerwünschter cyclischer
Produkte erfolgt.
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Der bei der Umsetzung angewandte Druck kann bei oder in der Nähe von
Atmosphärendruck liegen oder bis zu etwa 14 bis 21 kg/cm2 betragen, je nach dem
Reaktionsverlauf, den Reaktionsteilnehmern und anderen Reaktionsbedingungen. Die
Anwendung verhältnismäßig niedriger Arbeitsdrücke ist in technischer Hinsicht günstig,
da hierdurch die Größe und die Kosten der Vorrichtung verringert werden.
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In der Praxis wird der Eisen(III)-salz-Katalysator in den Reaktionsbehälter
gegeben und dessen Temperatur auf den angegebenen Wert, z. B. etwa 535° C, erhöht.
Danach werden das Propylen, der Chlorwasserstoff und Sauerstoff oder Luft in den
Reaktionsbehälter und über den Katalysator bei 480 bis 595° C geleitet. Die Reaktionsteilnehmer
werden so lange auf dem angegebenen Temperaturbereich gehalten, daß die Umsetzung
vollständig abläuft. Deshalb
wird die Verweilzeit schwanken. Eine
Verweilzeit von etwa 0,1 bis 50 Sekunden ist ausreichend. Eine besonders bevorzugte
Verweilzeit beträgt etwa 0,1 bis 20 Sekunden.
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Das erfindungsgemäße Verfahren unter Verwendung von Eisen(III)-chlorid
als Katalysator kann z. B. in einem Wirbelbett, einem bewegten Bett, einem Festbett
oder in einem rohrförmigen Reaktionsgefäß durchgeführt werden. Ein besonders bevorzugtes
Verfahren wird nach dem Wirbelbettverfahren durchgeführt, da das Eisen(III)-chlorid
unter den Verfahrenstemperaturen flüchtig ist. Bei diesem Verfahren werden die Beschickungsgase
durch das Katalysatorwirbelbett geführt. Während der Umsetzung wird das Eisen(III)-chlorid
aus dem Bett abgetrennt und tritt mit den ausströmenden Gasen aus. Nach dem Verlassen
des Reaktionsgefäßes werden die Gase zunächst durch einen Kühler geführt, in welchem
eine wäßrige Lösung des Katalysators wiedergewonnen und anschließend zurück auf
die heißen Trägerteilchen gesprüht wird. Das Wasser verdampft rasch, und es hinterbleibt
der Katalysator auf dem Träger.
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Ein Reaktionsgefäß mit bewegtem Katalysatorbett kann ebenfalls verwendet
werden. Bei diesem Verfahren werden die Eisenchloridteilchen kontinuierlich mit
Hilfe eines Luftstroms im Kreislauf geführt. Nachdem die Luft von den Trägerteilchen
abgetrennt ist, wird die wäßrige Eisenchloridlösung wieder auf den Träger gesprüht.
Dieses Verfahren erlaubt nicht nur eine richtige Einstellung der Eisenchloridmenge
im Reaktionsgefäß, sondern auch eine wirksame Steuerung der Reaktionstemperatur
durch Einstellung der verwendeten Menge an im Kreislauf geführtem Wasser.
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Die Reaktionsteilnehmer können vordem Einleiten in die Reaktionszone
vorgemischt oder getrennt zuführt werden. Im allgemeinen ist es jedoch erwünscht,
die Reaktionsteilnehmer vor dem Einleiten in die Reaktionszone gründlich miteinander
zu vermischen. In den meisten Fällen ist es auch vorteilhaft, die Reaktionsteilnehmer
entweder getrennt oder im Gemisch auf eine Temperatur unterhalb der Arbeitstemperatur
vorzuerhitzen, bevor sie in die Reaktionszone eingeleitet werden.
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Die aus dem Reaktionsgefäß austretenden Produkte bestehen zur Hauptsache
aus Allylchlorid mit unterschiedlichen Mengen an olefinischen Kohlenwasserstoffen,
gesättigten Kohlenwasserstoffen, chlorierten Kohlenwasserstoffen und Chlorwasserstoff.
; Das Allylchlorid und die Nebenprodukte können nach bekannten Methoden isoliert
werden, z. B. durch fraktionierte Destillation oder Extraktion. Nicht umgesetzes
Propan und Propylen können nach Abtrennung vom Chlorwasserstoff wieder in den Re-
; aktor zurückgeführt werden.
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Die Beispiele erläutern die Erfindung. Beispiel 1 Das in diesem Versuch
verwendete Reaktionsgefäß bestand aus einem gegenüber Hitze und Chemikalien widerstandsfähigen
Glasrohr mit einem Innendurchmesser von 19 mm und einer Länge von 1030 mm. Im Zentrum
des Glarohres befand sich ein Thermoelement. Das Reaktionsgefäß wurde mit einem
Katalysator aus Eisen(III)-chlorid imprägniert auf Aluminiumoxyd, gefüllt. Dann
wird das Glasrohr in einen zylindrischen Aluminiumbronzeblock im Inneren eines elektrischen
Heizofens eingesetzt.
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Der in das Reaktionsgefäß eingefüllte Katalysator wurde hergestellt
durch Sättigen von Aluminiumoxyd mit einer wäßrigen Lösung von Eisen(III)-chlorid
(9,1 Gewichtsprozent FeCl3 . 6 H20). Überschüssige Flüssigkeit wird ablaufen gelassen,
und anschließend wird das imprägnierte Aluminiumoxyd in einem Ofen bei etwa 204°
C getrocknet.
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Propan in einer Menge von 0,75 g/Min., Chlorwasserstoff in einer Menge
von 0,6 g/Min. und Sauerstoff in einer Menge von 0,25 g/Min. werden durch Rotameter
in den Kopf des Reaktors eingeleitet und dort vermischt. Die Temperatur des Aluminiumbronzeblocks
wird bei 540° C gehalten. Die Maximaltemperatur des Katalysatorbetts beträgt bei
einer Tiefe von 38 cm 577° C. Die Verweilzeit beträgt etwa 0,1 Sekunden.
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Proben der aus dem Reaktionsgefäß ausströmenden Gase werden aufgefangen
und gaschromatographisch analysiert. Der Umwandlungsgrad des Propans beträgt etwa
54%. Es haben sich 73% Propylen gebildet, das zur Chlorierung im Kreislauf zurückgeführt
werden kann. Ferner sind 11,5% Allylchlorid und 1,6% 1,5-Hexadien entstanden. Das
nicht umgesetzte Propan wird ebenfalls im Kreislauf zurückgeführt. Beispiel 2 Die
Versuchsbedingungen sind in diesem Beispiel die gleichen wie im Beispiel 1, jedoch
wird Eisen(III)-sulfat an Stelle von Eisen(III)-chlorid als Katalysator verwendet.
Der Katalysator wird gemäß Beispiel 1 hergestellt. Nach dem Einfüllen des Katalysators
in das Reaktionsgefäß wird das Eisensulfat in situ in das Chlorid umgewandelt. In
diesem Beispiel beträgt die Temperatur des Aluminiumbronzeblocks 540° C und die
Maximaltemperatur des Katalysators 575° C bei einer Bettiefe von 42 cm.
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Die Analyse der aus dem Reaktionsgefäß austretenden Produkte ergab
folgende Ergebnisse: Der Umwandlungsgrad des Propans beträgt 52%. Von dem umgewandelten
Propan haben sich 64% Propylen und 11% Allylchlorid gebildet. Bezogen auf umgewandelten
Chlorwasserstoff haben sich 50% Allylchlorid gebildet.