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Die vorliegende Erfindung bezieht sich auf ein Verfahren zum Frischen
von Roheisen zu Stahl in einem Drehofen mit zur Horizontalen geneigter Achse unter
Verwendung von Sauerstoff als Frischmittel, bei dem nach Vornahme von Zwischenabschlacken
und Wiederaufgeben von Kalk als Schlackenbildner und Entphosphorungsmittel die Endschlacke
durch Zugabe von Kalk abgesteift und als Anfangsschlacke für die nächste Charge
verwendet wird.
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Ein Verfahren der obengenannten Art geht aus dem Artikel »Frischen
mit Sauerstoff im Drehofen nach dem Kaldo-Verfahren« von B. Kalling und F. Johannsson,
»Stahl und Eisen«, 1957, S. 1308
bis 1315, dem Artikel »Metallurgical
Characteristics of the Kaldo Process« von B. Kalling, F. Johannsson und
E. Bengtsson, »Journal of Metals«, Juli 1960, S. 558 bis
563 sowie auf der französischen Patentschrift 999077 hervor.
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Bei dem bekannten Verfahren zum Frischen von insbesondere phosphorreichem
Roheisen wird die Phosphatschlacke durch ein- oder zweimaliges Zwischenabschlacken
abgezogen und versucht, die stark eisenhaltige Endschlacke durch Zusatz von Kalk
abzusteifen und beim Abstich des Endstahles im Drehofen zurückzubehalten. Der hohe
Eisengehalt in der Endschlacke, der sogar mehr als 281/o, bezogen auf das Schlackengewicht,
betragen kann, bewirkt eine sehr dünnflüssige Endschlacke, die durch Zugabe des
Absteifkalkes nur unzureichend verfestigt wird. Tatsächlich reagiert nur der zuerst
zugegebene Teil Absteifkalkes mit der obersten Schicht der Endschlacke und bildet
hier eine verfestigte Masse, die wie eine Insel auf der flüssigen Endschlacke schwimmt
und deren Abbindung durch den weiteren zugesetzten Teil des Absteifkalkes verhindert
wird. Beim Abstich des Endstahles kann aber nicht verhindert werden, daß ein Teil
der flüssigen Endschlacke mit dem Stahl in die Gießpfanne gelangt und dort eine
Rückphosphorung des Stahles stattfindet. Außerdem führt das unverineidbare Abziehen
eines Teils der stark eisenhaltigen Endschlacke zu Eisenverlusten, so daß das Stahlausbringen
im Mittel nicht höher als 88,50/0, bezogen auf das Gesamtgewicht des metallischen
Schmelzbades, liegt.
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Die vorliegende Erfindung vermeidet die obengenannten Nachteile und
hat die Aufgabe, ein Verfahren der eingangs erwähnten Art zu schaffen, das gestattet,
die Endschlacke vollständig abzusteifen, sie im Ofen zurückzubehalten und das Stahlausbringen
weiter zu erhöhen.
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Ausgehend vom Verfahren der eingangs erwähnten Art wird diese Aufgabe
erfindungsgemäß dadurch gelöst, daß der Endschlacke bei angeführtem Erreichen der
Endstahlzusammensetzung Kalk in solchen Mengen zugegeben wird, daß die gesamte Schlacke
ohne Sauerstoffaufblasen im sich drehenden Ofen erstarrt und beim Abstich dort zurückbleibt.
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Durch das Drehen des Ofens während der Zugabe des Absteifkalkes reagiert
die gesamte Endschlacke in kürzester Zeit, etwa 1 Minute, mit dem Kalk und
wird vollständig steif, wobei beim Abstich die abgesteifte Schlacke sich an der
Innenwand der Ofenöffnung abstützt und eine Art Brücke bildet, unter der der Flüssigstahl
in die Gießpfanne ausfließt, ohne daß dabei Schlacke mitgenommen wird.
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Es hat sich dabei gezeigt, daß mit Hilfe des erfindungsgemäßen Verfahrens
nicht nur die Endschlacke vollständig abgesteift wird, sondern daß dabei auch in
überraschender Weise der Phosphor- und Kohlenstoffgehalt der Stahlschmelze ohne
weiteres Frischen zusätzlich herabgesetzt werden. Insbesondere ist die zusätzliche
Feinentphosphorung von Bedeutung, wenn man bedenkt, daß das Frischen von Roheisen
zu Stahl mit einem Phosphorgehalt unter 0,010i0 mit dem bekannten Verfahren
einen Aufwand erfordert, der in einem kaum tragbaren Verhältnis zum erzielten Ergebnis
steht. In der Zeichnung zeigt F i g. 1 ein Diagramm, auf dessen Abszisse
der Phosphorgehalt in Prozent der Stahlschmelze bei Ab-
stellen des Sauerstoffblasens
und vor Zugabe des Absteifkalkes, und auf dessen Ordinate der durch das erfindunasaemäße
Verfahren erreichte zusätzliche Entphosphorungswert in Prozent aufgetragen sind,
F i g. 2 ein Diagramm, auf dessen Abszisse der Phosphorgehalt in Prozent
der Stahlschmelze bei Abstellen des Sauerstoffblasens und vor Zugabe des Absteifkalkes,
und auf dessen Ordinate der Phosphorgehalt in Prozent der Endstahlzusammensetzung
aufgetragen sind.
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Beim erfindungsgemäßen Verfahren zum Frischen von Roheisen zu Stahl
wird ein Drehofen verwendet, dessen Achse in Arbeitsstellung zur Horizontalen geneigt
ist. Der Aufbau dieses Drehofens vom Typ
Kaldo ist allgemein bekannt.
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Zu Beginn der Ofenfahrt werden flüssiges, vorzugsweise phosphorreiches
Roheisen, Schlackenbildner und Entphosphorungsmittel, z. B. Kalk, in ausreichender
Menge in den Drehofen eingebracht, der bereits die von der vorhergehenden Ofenfahrt
stammende Endschlacke enthält. Darauf wird, während sich der Ofen dreht, Sauerstoff
von oben schräg auf und in das Schmelzbad aeblasen und nach einer Frischperiode
von bestimmter Dauer die Phosphatschlacke abgezogen. Bei Bedarf können auch mehrere
Phosphatschlacken gebildet und abgezogen werden. Nach Abzug der Phosphatschlacke
wird durch Zugabe von Kalk als Schlackenbildner und Entphosphorungsmittel eine stark
eisenhaltige Endschlacke gebildet deren Eisengehalt in bezug auf die Endschlackenmasse
bis über 281/o betragen kann.
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Erflndungsgemäß wird nun, wenn das Schmelzbad annähernd die Endstahlzusammensetzung
erreicht hat, das Sauerstoffblasen abgestellt und der flüssigen Endschlacke unter
Beibehaltung der Drehbewegung des Drehofens Kalk in solchen Mengen zugegeben, daß
die gesamte Endschlacke erstarrt und beim Ab-
stich des fertigen Stahles zur
Gänze im Ofen zurückbleibt. Zum Abstich des fertigen Stahles wird der Ofen so geneigt,
daß seine, Öffnung nach unten zeigt. Dabei bildet die abgesteifte Endschlacke eine
Art Brücke, die sich an der Innenwand der Ofenöffnung abstützt und unter der der
Endstahl ausfließt.
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Bei Zugabe des Absteifkalkes kann man feststellen, daß ein Teil des
Kalkes infolge des hohen Eisenoxydgehaltes der Schlacke sofort verschlackt wird.
Die durch diese Kalkzugabe gebildete »neue« Schlacke oxydiert infolge ihrer durch
das Rühren bedingten Vermischung mit dem Schmelzbad die darin enthaltenen Reduktionsmittel.
Der Gehalt des Stahlbades an Kohlenstoff und Phosphor vermindert sich beträchtlich.
Die Reduktion der Schlacke durch das Schmelz- bzw. Stahlbad bewirkt, daß die Schlacke
mehr und mehr zähflüssig wird, wobei der im überschuß zugegebene Kalk diese Schlacke
vollständig
trocknet bzw. absteift. Läßt man bei diesem Vorgang
einen Drehofen vom Typ Kaldo mit seiner normalen Drehgeschwindigkeit (z.
B. 30 bis 40 U/min) laufen, so dauert der Reduktions- und Absteifvorgang
weniger als 1 Minute. Der Abstich des Endstahles erfolgt ebenfalls sehr schnell
und dauert für einen Ofen mit einer Kapazität von 120 t weniger als 2 Minuten, und
zwar ohne daß Schlacke vom ausfließenden Stahl mitgenommen wird.
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Praktisch erfolgt der Zusatz des Absteifkalkes, wenn der Kohlenstoffgehalt
des Schmelzbades etwa 0,04 oder 0,051/o höher ist als der des Endstahles. Die Menge
des zugesetzten Absteifkalkes, der auch die Feinentphosphorung bewirkt, ergibt sich
aus der Prxis. Im allgemeinen werden gute Ergebnisse erzielt, wenn man den Absteifkalk
in einer Menge von 1 bis 3 Gewichtsprozent des im Ofen enthaltenen
Metalls verwendet.
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Die Kurven 1 und 2 der F i g. 1 beziehen sich auf Endschlacken,
deren Eisen ehalt geringer bzw. 9 C
größer als 22%, bezogen auf das Schlackengewicht,
ist.
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Diese Kurven 1 und 2 zeigen, daß die erfindungsgemäße zusätzliche
Entphosphorung um so bedeutender ist, je größer der Eisengehalt der Endschlacke
ist. Eine eisenreiche Endschlacke kann nämlich viel mehr reinen Kalk aufnehmen und
bleibt dennoch flüssig. Außerdem geht aus diesen Kurven hervor, daß die zusätzliche
Feinentphosphorung um so intensiver ist, je größer der Phosphorgehalt des
Schmelzbades zum C
Zeitpunkt des Abstellens des Sauerstoffblasens ist. Liegt
der Phosphorgehalt des Schmelzbades nach Abstellen des Sauerstoffblasens zwischen
0,015 und 0,0400/9, dann beträgt die zusätzliche Feinentphosphorung bei einem
Eisengehalt der Endschlacke von über 2211/o zwischen 0,007 und 0,02404, und
bei einem Eisengehalt unter 22% zwischen 0,002 und 0,017%.
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Die Kurven 3, 4 und 5 in F i g. 2 zeigen für
Endschlacken mit einem Eisengehalt von mehr als 28% bzw. zwischen 22 und
28 11/o und bzw. weniger als 22% den Phosphorgehalt der Endstahlzusammensetzung
bzw. der gegossenen Stahlblöcke (Ordinate) als Funktion des Phosphorgehaltes des
Schmelzbades (Abszisse) nach Abstellen des Sauerstoffblasens.
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Diese Kurven lassen erkennen, daß der Phosphorgehalt immer unter
0,015 1/o liegt, wenn der Phosphorgehalt des Schmelzbades nach Abstellen
des Sauerstoffblasens 0,035 % beträgt und die Endschlacke mehr als 2211/o
Eisen enthält. Bei zahlreichen Schmelzen konnten Stahlblöcke mit einem Phosphorgehalt
von unter 0,0101/o erzielt werden.
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Die Erfindung bringt außer der Möglichkeit, einen Stahl mit besonders
niedrigem Phosphorgehalt zu erzielen, weitere Vorteile mit sich, nämlich: einen
Zeitgewinn in der Dauer der Ofenfahrt wegen des schnellen Eingießens des Endstahles
in die Gießpfanne; eine Sauerstoffersparnis von wenigstens 115 kg
Sauerstoff
pro 100 t Stahl; einen Eisengewinn von wenigstens 400 kg pro
100 t Stahl; einen Wärmegewinn bzw. einen geringeren Wärmeverlust im Endstahl
infolge des schnellen Abstiches; eine längere Betriebsdauer der Gießpfanne, da die
den Stahl in der Gießpfanne bedeckende Schlacke, die erst durch Zusatz von Kalk
in die Gießpfanne gebildet wurde, verhältnismäßig steif ist und praktisch kein Eisenoxyd
enthält.