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Verfahren zur kontinuierlichen Herstellung vorzugsweise konzentrierter
wäßriger Ammoniumthiosulfatlösungen Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur kontinuierlichen
Herstellung vorzugsweise konzentrierter wäßriger Ammoniumthiosulfatlösungen durch
Reaktion von Ammoniumsulfitlösungen und Schwefel in Gegenwart geringer Mengen Sulfidionen.
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Zur Herstellung von Ammoniumthiosulfatlösungen bzw. kristallisiertem
Ammoniumthiosulfat hieraus sind eine Reihe diskontinuierlicher Verfahren bekannt.
Die Gründe für die Bevorzugung des chargenweisen Arbeitens dürften darin liegen,
daß es bei den bisher angewandten Verfahrensweisen vor allem beim Arbeiten in einem
einzigen Reaktor nur schlecht möglich ist, alle Reaktionskomponenten fortlaufend
so zu dosieren, daß gleichzeitig eine quantitativ zu Ammoniumthiosulfat umgesetzte
Lösung bzw. Aufschlämmung erhalten werden kann.
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Der vorliegenden Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, vorzugsweise
konzentrierte Ammoniumthiosulfatlösungen auf kontinuierlichem Wege herzustellen.
Insbesondere soll die Herstellung handelsüblicher Ammoniumthiosulfatlösungen mit
einem Gehalt von etwa 60 Gewichtsprozent Ammoniumthiosulfat angestrebt werden. Dabei
ist es natürlich möglich, aus diesen Lösungen in üblicher Weise kristallisiertes
Ammoniumthiosulfat herzustellen.
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Erfindungsgemäß gelingt dies dadurch, daß man einem ersten Reaktor
annähernd äquimolare Mengen Ammoniumhydrogensulfitlösung, Ammoniak bzw. Ammoniumhydroxidlösung
und Schwefel sowie katalytisch wirksame Mengen Schwefelwasserstoff in solchen Mengen
zuführt, daß das Löslichkeitsprodukt von Ammoniumsulfit und Ammoniumthiosulfat nicht
überschritten wird, sodann die erhaltene Lösung durch einen zweiten mit Schwefel
gefüllten Reaktor strömen läßt und gegebenenfalls die erhaltene Lösung in an sich
bekannter Weise mit Ammoniumhydrogensulfit entfärbt. Dabei ist der erste Reaktor
der Hauptreaktor, während der zweite Reaktor die Funktion eines Nachreaktors hat.
Vorzugsweise soll dabei die Temperatur im ersten Reaktor etwa 20 bis 50°C betragen.
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Das erfindungsgemäße Verfahren läßt sich auch dann durchführen, wenn
nicht reine Ammoniumhydrogensulfitlösungen verwendet werden, sondern solche, die
einen geringen Gehalt an Ammoniumsulfit enthalten.
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Von der Konzentration der angewendeten Ammoniumsulfit-Ammoniumhydrogensulfit-Lösunghängt
die Endkonzentration der resultierenden Ammoniumthiosulfatlauge ab. Es ist zweckmäßig,
von solchen Konzentrationen auszugehen, bei denen man direkt zu einer handelsüblichen
60°/Qigen Ammoniumthiosulfatlauge kommt. Die entsprechende Ausgangslösung hat bei
Anwendung von gasförmigem Ammoniak die Zusammensetzung 310/, SO" 9,3 °/a
NH3 und das Molverhältnis NH3 : S02 = 1,13: 1,00.
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Eine derartige Lösung kann z. B. erhalten werden bei der Absorption
von S02-haltigen Gasen in Ammoniumsulfitlösungen.
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Das bei dem erfindungsgemäßen Verfahren primär gebildete Ammoniumsulfit
reagiert sofort mit dem Schwefel zu dem leichter löslichen Ammoniumthiosulfat, so
daß auch in hochkonzentrierten Lösungen kein Ammoniumsulfit ausfällt.
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Gleichzeitig mit der Umsetzung des Ammoniumhydrogensulfit mit Ammoniak
wird durch die Dosierung des Ammoniaks der für die Reaktion günstige pH-Bereich
von 8,8 bis 9,2 eingestellt.
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Ein Vorteil des erfindungsgemäßen Verfahrens ist, daß im ersten Reaktor
keine exakte Dosierung des Schwefels notwendig ist.
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Bei Schwefelunterschuß liegt im Hauptreaktor der prozentuale Umsatz
niedriger als bei Schwefelüberschuß. Eine quantitative Umsetzung erfolgt jedoch
in beiden Fällen in dem Schwefelpuffer des Nachreaktors.
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Durch fortlaufendes Einleiten von Schwefelwasserstoffgas in sehr geringer
Konzentration (Sulfidgehalt <0,1 °/o) in den ersten Reaktor wird es möglich,
dank der bekannten katalytischen Beschleunigung durch Ammoniumsulfid in dem relativ
niedrigen Temperaturbereich von 20 bis 50°C, vorzugsweise 30 bis 40°C, zu arbeiten,
wodurch ein druckloses Arbeiten und
eine damit verbundene einfachere
Dosiertechnik ermöglicht wird.
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Infolge der exothermen Reaktion, vor allem durch die gleichzeitig
verlaufende Neutralisation, ist es nicht notwendig, Wärme dem Reaktionsmedium hinzuzuführen,
vielmehr kann der gewünschte Temperaturbereich durch Kühlung mit Wasser bequem eingehalten
werden.
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Als erster Reaktor kann z. B. ein zur Atmosphäre entlüfteter Rührbehälter
mit Kühlmantel und den notwendigen Dosiermöglichkeiten für Gase, Lösungen und Schwefel
dienen. Das in dem niedrigen Temperaturbereich mögliche Arbeiten unter Atmosphärendruck
erleichtert wesentlich die genaue Dosierung der Lösungen und Gase und ermöglicht
eine einfache Zuführung des Schwefels. Die kontinuierliche Abnahme der im allgemeinen
zu mehr als 80 % umgesetzten Lösung aus dem Hauptreaktor kann in einfacher Weise
durch einen Überlauf oder durch Absaugen mittels einer Pumpe zum Nachreaktor erfolgen.
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Der zweite Reaktor stellt ein Reaktionsbett aus Schwefel dar, das
von der Lösung aus dem ersten Reaktor durchströmt wird. Die Hauptfunktion des nachgeschalteten
Reaktors besteht darin, unabhängig vom Grad der Umsetzung im ersten Reaktor eine
quantitative Reaktion des Sulfits zu Thiosulfat zu gewährleisten. Hierdurch wird
eine betriebssichere kontinuierliche Verfahrensweise wesentlich erleichtert, indem
fortlaufend aus dem Schwefelbett eine vollständig umgesetzte Lösung abgezogen werden
kann.
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Außer der beschriebenen Wirkung als Schwefelpuffer kann der zweite
Reaktor gleichzeitig infolge einer ausgesuchten Körnung des Schwefels als natürliches
Filter für die Thiosulfatlösung dienen, das Schwebestoffe und vor allem suspendierten
Schwefel zurückhält. Bevorzugt ist der zweite Reaktor mit Schwefel einer Körnung
von etwa 0,1 bis 1,5 mm gefüllt. Eine bei den üblichen Chargenverfahren notwendige
Abtrennung des Schwefelüberschusses entfällt. Abhängig vom Grad der Umsetzung im
Rührreaktor ist im zweiten Reaktor ein mehr oder minder starker Verbrauch an Schwefel
vorhanden. Je nach der Dimensionierung des Schwefelbettes muß von Zeit zu Zeit Schwefel
nachgefüllt werden. Will man den kontinuierlichen Fluß unter keinen Umständen unterbrechen,
dann ist es zweckmäßig, mit zwei kleiner dimensionierten Schwefelfiltern in wechselseitigem
Betrieb zu arbeiten.
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Verfahrenstechnisch von Bedeutung ist, daß eine Gelbfärbung der aus
dem Schwefelfilter ablaufenden Lösung die quantitative Umsetzung in einfacher Weise
anzeigt. Die gelbe Färbung wird hervorgerufen durch die Anwesenheit von Polysulfiden,
die erst dann beständig sind, wenn kein Ammoniumsulfit mehr vorhanden, d.h. vollständig
umgesetzt ist.
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Die Entfärbung der gelben Lösung kann kontinuierlich durch Zudosierung
von Ammoniumhydrogensulfitlösung am Ablauf des zweiten Reaktors erfolgen. Gleichzeitig
wird hierdurch ein Teil des Ammoniaküberschusses neutralisiert und ein für die Stabilisierung
der Ammoniumthiosulfatlösung ausreichender Ammoniumsulfitgehalt gebildet.
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Wie aus dem Beispiel hervorgeht, verlangsamt sich naturgemäß beim
diskontinuierlichen Verfahren die Reaktionsgeschwindigkeit ganz beträchtlich gegen
Ende der Reaktion, während beim kontinuierlichen Verfahren mit einer gleichbleibenden
Geschwindigkeit gerechnet werden kann. Abgesehen von der für Neutralisation gewonnenen
Zeit ergeben sich dadurch für den kontinuierlichen Betrieb größere Durchsatzmengen
pro Zeiteinheit.
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Beispiel In einem Reaktionsgefäß werden ständig etwa 2001 von ammoniumsulfithaltiger
Ammoniumthiosulfatlösung mit etwa 10 kg Schwefel gerührt. Die Temperatur wird auf
30°C durch Wasserkühlung gehalten; der pH-Wert schwankt während des Versuchs von
8,9 bis 9,1.
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Dem Hauptreaktor werden kontinuierlich zugeführt: a) 65,7 kg/h Ammoniumhydrogensulfitlösung
mit 32,6 Gewichtsprozent S02 und 9,75 Gewichtsprozent NH2, b) 7,5 Nm3/h Ammoniakgas,
c) 10,4 kg/h Schwefel, Korngröße <2 mm, d) 33 Nl/h Schwefelwasserstoffgas, e)
30 g/h Netzmittel (Polyäthylenglykoläther von Laurylalkohol).
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Alle Dosierungen erfolgen über Strömungsmesser; der Schwefel wird
mittels einer Förderschnecke eingebracht.
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Vom Hauptreaktor werden kontinuierlich abgezogen: 81,8 kg/h ammoniumsulfithaltige
Ammoniumthiosulfatlösung mit 57,60/, (NH4)2 S203; 2,70/, (NH4)2S03; 0,8% NH3 und
0,050/0 (NH4)2S.
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Die abgesaugte Lösung durchfließt anschließend ein etwa 501 großes
zylinderförmiges Schwefelfilter. Der durch ein 2-mm-Maschensieb abgetrennte Schwefel
im Filter hat eine Kornverteilung von: 15,0% = >1 mm 40,8 0/0 = 0, 5 bis 1 mm 44,2%
= <0,5 mm Die klarfiltrierte und gelbgefärbte Lösung hat nach Verlassen des Schwefelbettes
die Zusammensetzung: 60,6% (NH4)2S2031 0,8% NH3 und 0,02% (NH4)2Sx; (NH4)2S03 ist
nicht nachweisbar. Der gelben Lösung werden zur Entfärbung und Stabilisierung beim
Auslauf des Schwefelfilters kontinuierlich 0,6 kg/h Ammoniumhydrogensulfitlösung
mit 32,6 % S02 und 9,8 % NH3 beigemischt. Danach fließen 83,0 kg/h farblose Ammoniumthiosulfatlösung
mit 60,2 0/0 (NH4)2S2031 07% NH3 und 0,40/0 (NH4)2S03 ab.
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Zum Vergleich wird im obigen Rührgefäß unter sonst gleichen Bedingungen
die Umsetzung chargenweise durchgeführt. 118 1 Bisulfitlösung mit 43 % S02 und 12,5%
NH3 werden nach Zugabe von 54,51 Wasser unter Kühlung 2 Stunden mit 12 Nm3/h Ammoniak
begast. Der entstehende Ammoniumsulfitbrei wird bei 30°C mit 39,6 kg Schwefel gleicher
Körnung wie beim kontinuierlichen Versuch, 1,0 kg 30 %ige (NH4)2S-Lösung und 95
ml Netzmittel versetzt. Die Reaktionslösung enthält:
(NH4)2S208 I (NH4)8SO8 1 NH8 |
Gewichtsprozent |
11/2 Stunden nach |
NH3-Begasung ... 42,7 14,6 0,5 |
3 Stunden nach |
NH3-Begasung ... 49,4 8,9 0,5 |
5 Stunden nach |
NH3-Begasung ... 54,0 5,5 0,5 |