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Lösliche Chelatkomplexe zur Mineralgerbung Es ist bekannt, die Wirkung
gerbender Mineralsalze. z. B. von basischem Chromsulfat, durch den Zusatz von komplexbildenden
Mitteln zu beeinflussen. Beispielsweise verwendet man die bei der Reduktion von
Chromsäure mit Zuckerstoffen entstehenden 3wertigen Chromsalze, welche Anionen von
Carbonsäuren enthalten, um eine besonders milde Angerbung und ein Leder von guter
Fülle zu erhalten. Zum gleichen Zweck setzt man den gerbenden basischen Chrom(3)-sulfaten
vor oder bei der Gerbung beispielsweise Natriumsulfit oder Natriumphthalat zu.
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Derartige Komplexbildner verleihen den Chromsalzen eine höhere Stabilität
gegenüber hydrolytisch wirkenden Einflüssen und Mitteln; sie erlauben es, die Chromgerbung
bei etwas höheren pH-Werten durchzuführen, als sie ohne ihre Anwesenheit notwendig
sind, um ein gleichmäßiges Durchdringen des Gerbstoffs und die Ausbildung eines
feinen Narbens zu bewirken.
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Bei anderen Mineralgerbstoffen, z. B. den Salzen des Eisens, Zirkons
und Aluminiums, liegen die Hydrolyseverhältnisse so viel weniger günstig als beim
Chrom, daß die Mitverwendung von stabilisierenden Komplexbildnern mehr oder minder
unentbehrlich zur Erzielung einer technisch befriedigenden Gerbwirkung ist.
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Diese bekannten Verfahren haben eine Reihe von Nachteilen. So bedürfen
sie, um zum Erfolg zu führen, einer sorgfältigen und zeitraubenden Vorbereitung
der Haut für die Mineralgerbung. Während der Gerbung selbst ist man genötigt, die
mit dem Pickel in die Blöße eingebrachte Säure durch vorsichtige Gaben alkalisch
wirkender Mittel abzustumpfen. Auch das Ergebnis der bekannten Mineralgerbverfahren
befriedigt oft nicht ganz, da die Mineralgerbstoffe dazu neigen, sich in den äußeren
Schichten der Haut anzureichern, was eine ausreichende Durchgerbung erschwert.
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Es ist auch bekannt, daß Chromionen mit vielen organischen Komplexbildnern
Chelate unterschiedlicher Beständigkeit bilden, und man hat versucht, gewisse Chelate
des Chroms zur Gerbung heranzuziehen. Dabei hat sich, wie ebenfalls bekannt ist,
gezeigt, daß Chelate des 3wertigen Chroms mit Äthylendiaminotetraessigsäure und
mit Nitrilotriessigsäure bei sonst üblicher Arbeitsweise keine Gerbwirkung haben.
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Es wurde nun gefunden, daß man die oben geschilderten Nachteile der
Mineralgerbung vermeiden kann, wenn man die eben erwähnten und bestimmte, ihnen
verwandte Chelate in neuartiger Weise anwendet, nämlich, wenn man lösliche Chelatkomplexe
des Chroms, Eisens, Aluminiums, Zirkons und/oder Titans mit aliphatischen und bzw.
oder cycloaliphatischen Aminopolycarbonsäuren, die mindestens drei an Stickstoff
gebundene Reste der Formel - (CH2), - COOH in der n eine der Zahlen 1 oder 2 ist,
aber keine alkoholischen Hydroxylgruppen enthalten, zur Mineralgerbung von gekälkten
Blößen verwendet.
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Die technisch bedeutungsvollsten Aminopolycarbonsäuren dieser Art
sind diejenigen der Formel
in der R ein Rest der Formel - (CH2)" - COOH oder
ist, wobei n die obengenannte Bedeutung hat, A einen niedermolekularen aliphatischen
oder cycloaliphatischen Rest, insbesondere einen 1,2-Cyclohexylenrest oder einen
Rest der Formel
m und p eine der Zahlen 2 oder 3 und q eine der
Zahlen
0, 1 oder 2 darstellen. Als Beispiele Nr solche aliphatische oder cycloaliphatischeAminopolycarbonsäuren,
wie sie in den Chelaten enthalten sein können, seien genannt: Nitrilotripropionsäure,
Äthylendiaminotriessigsäure, Propylendiaminotetraessigsäure, Äthylendiaminotetrapropionsäure,
Diäthylentriaminotetra- bzw. -pentaessigsäure oder 1,2-Cyclohexylendiaminotetraessigsäure;
wegen ihrer leichten technischen Zugänglichkeit werden die Nitrilotriessigsäure
und die Äthylendiaminotetraessigsäure besonders bevorzugt.
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Die erfindungsgemäß zu verwendenden Chelatkomplexe können in üblicher
Weise hergestellt werden, indem man wasserlösliche Salze von Chrom, Eisen, Aluminium,
Zirkon und/oder Titan mit den aliphatischen oder cycloaliphatischen Aminopolycarbonsäuren
und/oder ihren sauren oder neutralen Alkali- oder Ammoniumsalzen in wäßriger Lösung
vereinigt und gegebenenfalls die Komplexbildung durch Erwärmen herbeiführt. Es ist
nicht erforderlich, die gebildeten Chelate aus dem Reaktionsgemisch zu isolieren.
In der Praxis hat es sich vielmehr bewährt, so vorzugehen, daß man wäßrige Lösungen
der für Mineralgerbungen gebräuchlichen Salze der genannten Metalle, insbesondere
ihrer Sulfate oder Chloride oder der üblichen basischen Sulfate oder Chloride, gegebenenfalls
unter Erwärmung, mit solchen Mengen an aliphatischen oder cycloaliphatischenAminopolycarbonsäuren
oder ihren Alkali- oder Ammoniumsalzen umsetzt, daß die entstehenden Lösungen im
pH-Bereich zwischen 8 und 9 beständig sind. Zweckmäßigerweise stellt man den Vorrat
an hydrolysierbarer Säure dieser Salze in den Gemischen im allgemeinen so ein, daß
sie in einer zur Gerbung vorbereiteten Flotte pH-Werte zwischen 2 und 3 liefern.
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Wesentlich für den Erfolg der Erfindung ist, daß man die Gerbung nicht,
wie bisher üblich, an den entkälkten und gepickelten, sondern an gekälkten Blößen
vornimmt. Im einfachsten und bevorzugten Fall geht man für die Gerbung unmittelbar
von den geäscherten und nur gespülten Blößen aus. Das Verfahren kann aber auch angewendet
werden, wenn Blößen zu gerben sind, die schon weitere bei der üblichen Gerbung verwendete
Arbeitsstufen durchlaufen haben, beispielsweise Trockenpickelblößen. Es muß dann
allerdings dafür gesorgt werden, daß die Blößen, falls sie nicht noch Kalk enthalten,
vor der Gerbung erneut gekälkt werden.
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Die bei dem üblichen Äscher in die Blößen eingelagerten Kalkmengen
ermöglichen es im allgemeinen, mit dem vorliegenden Verfahren sehr gute Ergebnisse
zu erzielen. Falls durch das Äschern sehr große Kalkmengen in die Blößen gebracht
worden sind, beispielsweise durch lange Dauer dieses Arbeitsschrittes, kann es vorteilhaft
sein, durch eine oberflächliche Entkälkung den Kalkgehalt etwas zu reduzieren. Die
besten Resultate werden ohne zusätzliche Maßnahmen erhalten, wenn die Blößen ungefähr
0,7 bis 1,5% Ca0, bezogen auf das Gewicht der Trockenblößen, enthalten.
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Die Gerbung selbst kann so durchgeführt werden, daß man die Blößen
einfach in die Lösungen der Chelate einlegt, deren Gehalt an gerbendem Metall dem
bei der bekannten Mineralgerbung Üblichen entspricht. Vorzugsweise führt man die
Gerbung in bekannter Weise unter Walken durch. Es hat sich besonders bewährt, den
Gerbbrühen noch Salze solcher komplexbildender Säuren zuzufügen, die bei der Mineralgerbung
üblicherweise verwendet werden, beispielsweise Oxalate, Citrate, Tartrate, Phthalate,
Resorcylate, Sulfite oder vorzugsweise Sulfophthalate. Dadurch erzielt man eine
bessere Fülle des entstehenden Leders bei geringerem Verbrauch an gerbendem Metall.
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Im Gegensatz zur bisher üblichen Mineralgerbung ist es bei der Erfindung
nicht erforderlich, die Gerbbrühe während des Gerbvorgangs durch Zugabe alkalischer
Stoffe abzustumpfen, sondern man erhält ohne zusätzliche Maßnahmen eine optimale
Gerbwirkung. Nach 2 bis 10 Stunden ist die Gerbung im allgemeinen beendet.
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Die nach der Erfindung erhaltenen Leder zeichnen sich in der Regel
dadurch aus, daß in ihnen die gerbenden Metalle vorwiegend in den inneren Hautpartien
und weniger in den Außenschichten gebunden sind; Leder, die in üblicher Weise mineralgegerbt
worden sind, enthalten dagegen die gerbenden Metalle überwiegend in den äußeren
Schichten und laufen dadurch Gefahr, losnarbig zu werden.
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Die in den folgenden Beispielen genannten Prozente sind Gewichtsprozente.
Beispiel 1 100 kg geäscherte und lauwarm gespülte Rindsblößen werden mit 1001 Wasser
von 25°C, das 12 kg eines 60% basischen Aluminiumchlorids und 1 kg Äthylendiaminotetraessigsäure
gelöst enthält, 6 bis 8 Stunden lang gewalkt. Man erhält ein weiches narbenfestes
weißes Leder mit einer Schrumpfungstemperatur von 75°C, das wie üblich aufgebockt,
neutralisiert, gefettet und getrocknet wird.
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Beispiel 2 Aus 5 kg wasserfreiem Eisenchlorid und 101 Wasser
bereitet man eine Lösung, die man mit der Lösung von 1 kg Nitrilotriessigsäure in
5 1 Wasser vereinigt. Zu der Lösung des gebildeten Chelats setzt man so viel einer
100/aigen Lösung von Natriumphthalat zu, bis das pH 2 erreicht ist. 100 kg geäscherte
und lauwarm gewaschene Blößen walkt man 8 Stunden lang mit 100% einer Flotte, die
den obigen Ansatz enthält. Man erhält ein Leder mit einer Schrumpfungstemperatur
von 85°C, das sich wie für Chromleder üblich weiterverarbeiten läßt. Beispiel 3
100 kg ungespaltene, stark gekälkte Rindsblößen werden nach einer ganz oberflächlich
wirkenden Entkälkung und Beize mittels 0,1% Milchsäure und 0,3% eines handelsüblichen
Beizmittels auf der Grundlage von Pankreasenzym, wodurch der Kalkgehalt der Blöße
auf ungefähr 1,5% Ca0 herabgesetzt wird, kurz lauwarm gespült und dann in einem
Bad aus 1001 Wasser, das 10 kg eines 33% basischen Chromsulfats mit einem von 26%
und 1 kg propylendiaminotetraessigsaures Natrium als Komplex gelöst enthält, 4 Stunden
lang gewalkt. Man erhält ohne Abstumpfen ein feinnarbiges kochgares Leder.