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Schnellaerbverfahren zur Herstellung von Leder unter Verwendung vegetabilischer
Gerbstoffe Leder wird gewöhnlich durch Eintauchen von schweren Rindshäuten in pflanzliche
Extraktlösungen hergestellt. Dabei werden die Häute zunächst durch Behandlung mit
Kalkmilch, die im Gemisch mit Natriurnsulfid verwendet werden kann, enthaart, worauf
sich eine Entkälkung mit Säuren oder organischen oder anorganischen Salzen anschließt.
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Im allgemeinen verwendet man für die Gerbung, die mit stark verdünnten,
teilweise verbrauchten Lösungen eingeleitet und mit frischen, zunehmend stärker
werdenden Gerbstoffbrühen fortgesetzt wird, Gerbstoffe vom Pyrogallol- oder Brenzkatechintyp,
allein oder gemischt.
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Diese Arbeitsweise ist notwendig, da die pflanzlichen Gerbstofflösungen
sehr langsam in die Innenschichten eindringen. Bei sofortiger Verwendung konzentrierter
Gerbstofflösungen erfolgt außen rasch eine starke Gerbung, die das weitere Eindringen
der Gerbstoffe in das Hautinnere verhindert. Es bildet sich eine rauhe und spröde
Narbenseite, die das Leder in seinem Wert vermindert und sogar unverkäuflich macht.
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Die oben angegebene Gerbweise erfordert eine Reihe von Gerbbrühen
mit den dazugehörigen Gruben, die unter großem Arbeitsaufwand kontrolliert werden
müssen. Außerdem tritt bei diesem Verfahren, das sehr langwierig ist und bei den
üblichen Schnellgerbungen, die gewöhnlich 1 bis 2 Monate dauern und bei einer
Grubengerbung noch längere Zeit erfordert, ein Verlust an Reingerbstoff durch Gärung
und Niederschlag auf.
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Man hat schon viele Versuche unternommen, um die Gerbung zu beschleunigen,
z. B. durch Verminderung der adstringierten Wirkung, die von den Gerbstoffen selbst,
der Temperatur, Aktivität, dem Salzgehalt, der Viskosität, Dichte und vielen anderen,
oft unkontrollierbaren Faktoren abhängt. Trotzdem hat man keine zufriedenstellenden
Ergebnisse erzielt.
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Man hat bereits versucht, eine Beschleunigung des Gerbprozesses dadurch
zu erzielen, daß die Angerbung der Häute in alkalischen Brühen erfolgte und die
Fertiggerbung in sauren Brühen durchgeführt wurde. Dieses Verfahren hat sich jedoch
nicht in die Praxis einführen können.
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Es ist auch ein Gerbverfahren unter wasserfreien Bedingungen bekannt,
wobei die Häute mit in einem inerten organischen Lösungsmittel gelösten vegetabilischen
Gerbstoffen behandelt werden und der pH-Wert der Häute dabei nacheinander von unter
2 auf über 6 und wieder auf zwischen 2 und 6 eingestellt wird. Es
ist auch eine Vorbehandlung der Blößen mit bestimmten Chemikalien, wie Calciumformiat
oder Metaphosphaten, bekannt.
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Ferner ist eine vollständige Entkälkung der Häute durch wiederholtes
Ansauern der wäßrigen Lösung als Vorbereitung für eine anschließende vegetabilische
Gerbung bekannt.
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Außer Veränderungen an der Gerbbrühe hat man auch eine Veränderung
der Hautsubstanz angestrebt, die eine leichtere Durchgerbung ermöglicht. Zur Erreichung
dieses Zieles wird meistens eine Vorgerbung der Narben durchgeführt, und zwar mit
synthetischen Gerbstoffen, wie Chrom- oder Aluminiumsalzen, Aldehyden. Auch in diesem
Fall waren die Resultate nicht zufriedenstellend, vor allem nicht in bezug auf die
für die Gerbung erforderliche Zeit. Außerdem wies das auf diese Weise erhaltene
Leder nicht die Vollkommenheit der mit pflanzlichen Stoffen gegerbten Leder auf.
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Ziel der Erfindung ist daher, die Blößenvorbereitung und die Gerbung
auf einen Zeitraum von
3 bis 4 Tagen einzuschränken, während bis jetzt bei
den Schnellgerbverfahren
36 bis 48 Tage unbedingt erforderlich waren.
Das normale Schnellgerbverfahren setzt sich aus nachstehenden
Phasen zusammen: |
1. Phase Weichen und Ausspülen .................
1 Tag im Faß |
2. Phase Enthaaren und Entfleischen .............. 1
Tag im Faß |
3. Phase Entkalken ..............................
1 Tag im Faß |
4. Phase Anfärben und Angerben ................ 2 bis
4 Tage in Grube |
5. Phase Gerben - Durchgerben .................
20 bis 30 Tage in Grube |
6. Phase Ausgerben .............................
2 Tage im Faß |
7. Phase Abwelken ..............................
1 Tag |
8. Phase Beschweren oder Nachgerben ............
1 Tag im Faß |
9. Phase Zurichten und Trocknen ................
7 Tage |
Das erfindungsgemäße Schnellgerbverfahren zur Herstellung von Leder unter Verwendung
vegetabilischer Gerbstoffe ist dadurch gekennzeichnet, daß man die entfleischten,
aber nicht entkälkten Häute nach kurzem Ausspülen mit Wasser bis zur vollständigen
Durchdringung mit einer verdünnten wäßrigen Lösung behandelt, die, bezogen auf das
Gewicht der Häute,
1,5 bis
2,5 % eines Alkalinitrits enthält, darauf
eine wäßrige Lösung einer sauer reagierenden organischen oder anorganischen Substanz
in solchen Mengen zugibt, daß ohne Neutralisation des Ätzkalkes im Innem der Blößen
das in deren Oberflächen befindliche Alkalinitrit zu salpetriger Säure umgesetzt
wird, die Blößen auswäscht und dann in einer konzentrierten wäßri en Lösung eines
vegetabilischen
9 e Gerbstoffes gerbt und zurichtet.
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Im erfindungsgemäßen Schnellgerbverfahren werden die Phasen
3, 4, 5 und 6 verändert; die Phasen 1, 2,
7 und 8 bleiben.
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1. Phase 3 (Entkälkung) wird nicht mehr ausgeführt;
die Blößen werden nicht mehr entkälkt; 2. die Phasen 4, 5 und 6, die
bei den üblichen Gerbverfahren 24 bis 36 Tage in Anspruch nehmen, werden
durch eine Phase ersetzt, die nur 2 Tage in Anspruch nimmt; 3. die Phase
9 (Zurichten und Trocknen) wird auf 3 Tage reduziert.
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Das komplette erfindungsgemäße Gerbverfahren ist somit auf
9 Tage reduziert und erbringt eine Zeiterspamis von 27 bis
39 Tagen. Gleichzeitig verringert es in hohem Maß die Nachteile der üblichen
Schnellgerbverfahren, nämlich: Reingerbstoffverlust und großer Arbeitsaufwand.
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Es beruht auf der Blockierung der Aminogruppen in den Eiweißkörpern
der Blößen.
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Die Fixierung von Gerbstoffen auf der Haut kann herabgesetzt werden,
wenn man die Haut mit salpetriger Säure (d. h. mit einem Alkalinitrit in
Anwesenheit einer schwachen Säure) behandelt. Die endständigen Aminogruppen und
insbesondere die des Lysins werden hierdurch diazotiert und unter Verlust an Stickstoff
in Gruppen umgewandelt, die mit den Gerbstoffen nicht mehr reagieren. Wenn man diese
Behandlung auf die Außenteile der Blößen beschränkt, wird hier eine Fixierung der
Gerbstoffe verhindert und dadurch auch bei Verwendung stark konzentrierter Lösungen
eine Totgerbung vermieden.
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Die Entwicklung der salpetrigen Säure erreicht man auch durch direkte
Umsetzung von Natriumnitrit mit z. B. Kastanienholzextrakt, der stark sauer reagiert.
Die Haut wird vom Natriumnitrit völlig durchdrungen. Die Entaminierung kann aber
nur in den Außenschichten, die von einem sauren Medium umgeben sind, erfolgen, nicht
aber in den inneren Hautschichten, die auf Grund des vorhandenen Kalks stark alkalisch
sind. Die Fasern des Narbens werden durch die Entaminierung etwas angegriffen. Um
einen Verlust an Elastizität zu vermeiden, wird den Narben deshalb schon vorher
mit kleinen Mengen gerbendwirkender Aldehyde (Formaldehyd, Glutaraldehyd, Dialdehydstärke)
behandelt.
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Die Alkalität begünstigt auch das Eindringen der Gerbstoffe, deren
adstringierende Wirkung in Gegenwart von alkalischen Reagenzien verringert wird.
Auf diese Weise wird die irreversible Fixierung des Gerbstoffes jedoch nicht verhindert,
da man während des ganzen Arbeitsvorganges bei einem pH-Wert von 4,5 bis
5 arbeitet, der nicht stark von dem Wert abweicht, der bei nicht entaminiertem
Kollagen angewendet wird.
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Das erfindungsgemäße Verfahren besteht aus drei Phasen:
1. Vorbereitung, 2. oberflächliche Entaminierung der Blößen, 3. Gerbung.
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1. Vorbereitung Diese Behandlung wird an den entfleischten,
aber nichtentkälkten Blößen ausgeführt. Die vorhergehenden Maßnahmen sind die üblichen.
Die nichtentkälkten Blößen werden mit fließendem kaltem Wasser im Faß kurz ausgespült,
um die Kalk- und faserigen Entfleischungsreste zu entfernen. Darauf bedeckt man
die Blößen mit einer ausreichenden Menge Wasser, in der eine geringe Menge Natriumnitrit
gelöst ist, und walkt, bis dieses die Haut vollkommen durchdrungen hat. Um das festzustellen,
trennt man ein kleines Stückchen Haut ab und feuchtet es an der Innenseite mit verdünnter
Salz- oder Schwefelsäure an. Darauf wird mit Jod-Stärkepapier geprüft (blaue Färbung).
Eine positive Reaktion erzielt man nach etwa einer Stunde Walken, je nach
Walkgeschwindigkeit, Blößenstärke und Konzentration der Nitritlösung. Es ist vorteilhaft,
die Blößen nach dem Walken noch etwa eine Stunde im Faß liegen zu lassen und danach
erst das Bad zu verwerfen. Bei vollständiger Behandlung ist die Haut sehr steif
und der Schnitt glasig und klar.
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Um ein Leder mit befriedigendem Aussehen und guter Farbe zu erhalten,
ist es zweckmäßig, vor der Vorbereitungsphase 20 bis 30 Minuten mit fließendem
Wasser auszuwaschen. Darauf sind die Außenschichten teilweise zu entkälken.
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Diese Maßnahmen haben den Zweck, die Außenseiten der Haut von den
Äscherresten zu befreien.
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2. Oberflächliche Entaminierung der Haut Nach der Vorbereitung gibt
man genügend Wasser hinzu und setzt das Faß in Bewegung. Während des Walkens wird
durch die hohle Achse schnell eine bestimmte Menge mit Wasser verdünnter organischer
oder anorganischer Säure zugegeben.
Die Säuremenge muß so berechnet
sein, daß 1. das alkalische Material an der Oberfläche der Blößen neutralisiert
wird und 2. aus dem in der Oberfläche der Blöße befindlichen Nitrit sich salpetrige
Säure bildet.
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Um eine Nitritspaltung und eine Neutralisation des Kalkes in den Innenschichten
der Haut zu vermeiden, wird die Säurezugabe auf die geringstmögliche Menge beschränkt
und je nach der Stärke der verwendeten Säure geregelt.
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Nach einigen Stunden Walken wird der pH-Wert des Bades bestimmt, der
immer unter dem Neutralwert liegen muß. Der Schnitt der Haut ist stark alkalisch.
Die Fasern werden, wie erwähnt, von der salpetrigen Säure etwas angegriffen und
verlieren an Elastizität. Um dies zu vermeiden, wird vor der oberflächlichen Entaminierung
die Narbe mit einem Aldehyd fixiert. Danach kann unter Verwendung von Kastanienholzextrakt
entaminiert werden. 3. Gerbung Das alte Bad wird verworfen, und die Blößen
werden 10 Minuten mit fließendem Wasser ausgewaschen. Darauf gibt man so
viel Wasser zu, daß nach Zugabe des Gerbstoffextrakts die gewünschte Dichte erreicht
wird.
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Die Menge an trockenem pflanzlichem Extrakt schwankt je nach
der verlangten Steifheit des Leders zwischen 40 und 7011/o des Blößengewichts. Der
pH-Wert der Gerblösung muß unter 4,6 sinken.
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Wenn der Extrakt mit der Haut in Berührung kommt, dringt er schnell
durch den Narben und verursacht eine leichte Kornbildung, die nach und nach verschwindet.
Nach 7 bis 8 Stunden ist die Durchdringung vollkommen. Es muß jedoch
weitergewalkt werden, um die Fixierung des Gerbstoffes in der Haut zu erreichen
und die Zwischenräume zwischen den Fasern auszufüllen, bis die Dichte der Restbrühe
konstant ist. Nach Beendigung der Gerbung ist die Dichte der Restbrühe bedeutend
gesunken, während der pH-Wert vom Anfangswert nicht abweicht. Die Restbrühe, die,
wenn auch keine hohe, doch noch eine gewisse gerbende Wirkung hat, kann für die
Bearbeitung anderer Lederarten verwendet werden. Unter diesen Arbeitsbedingungen
hängt die Menge des von der Haut aufgenommenen Reingerbstoffes von der Menge des
zu Anfang zugegebenen Extraktes ab.
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Nach der Gerbung werden die Leder wie üblich abgewelkt, beschwert
und zugerichtet.
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Die physikalischen und analytischen Daten eines nach dem beschriebenen
Schnellgerbverfahren hergestellten Leders weichen von denen der nach üb-
lichen
Gerbverfahren hergestellten Ledern nicht ab. Beispiel 1
100 kg geäscherte,
aber nicht entkälkte schwere Häute mit 150 1 Wasser, in dem 6 kg Kochsalz
und 2 kg Natriumnitritkristalle gelöst sind, im Faß ge-
walkt.
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Nach 10 Minuten bestimmt man den pH-Wert. Er liegt bei
6,5. Es wird noch 5 Stunden gewalkt und dann der p17I-Wert erneut
bestimmt. Er liegt nun bei 10,5. Das Bad wird verworfen.
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In dasselbe Faß gibt man 150 1 Wasser, 0,13 kg
Atznatron
(38'B6), 0,6 kg Essigsäure (98%ig) und nach 30 Minuten nochmals
0,6 kg Essigsäure (98 1/oig). Der pH-Wert der Lösung beträgt 4,6.
Nach 30 Minuten Walken läßt man die Häute 12 Stunden ruhig im Bad liegen.
Darauf wird das Bad verworfen. Die Häute werden mit 154 kg Kastanienholzextraktlösung
(191 B#), pH-Wert 4,6, behandelt. Diese Menge entspricht 56 kg Kastanienholzextraktpulver.
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Es wird 48 Stunden gewalkt, bis eine konstante Dichte von
81 B6 und ein pH-Wert von 5 erreicht ist. Darauf wird die Lösung abgelassen.
Die Häute werden 5 Minuten ausgewaschen, aus dem Faß genommen, abgewelkt,
beschwert, zugerichtet und auf übliche Weise getrocknet.
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Beispiel 2 Die Vorbereitung entspricht der im Beispiel 1 angewendeten,
nur wird die Menge Natriumnitrit auf 1,5 kg reduziert. Nach dem Ablassen
des Bades werden ins Faß 150 kg Wasser und 0,7 kg Oxalsäurekristalle
gegeben. Nach 2stündigem Walken wird der pH-Wert der Lösung bestimmt (4,5 bis 4,6)
und das Bad verworfen. Die Gerbung im Faß erfolgt wie wie im Beispiel
1 unter Verwendung von 163 kg
Gerbstofflösung (16' B#; pH-Wert
4,6), die 50 kg
Gerbstoffpulver enthält. Nach 48stündigem Walken sind die
Häute vollkommen durchgegerbt. Sie werden dann aus dem Faß genommen, abgewelkt und
wie üblich zugerichtet.
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Beispiel 3
Die Vorbereitung und Entaminierung erfolgt wie im
Beispie12, nur werden 165kg Gerbstofflösung (191136, pH-Wert 4,6) mit einem Gerbstoffgehalt
von 60#% zugegeben. Nach 48stündigem Walken werden die Häute wie üblich weiterbehandelt.
Beispiel 4 100kg schwere, unentkälkte Blößen werden ins Faß gegeben und mit 2001
Wasser, in dem 2 kg
Natriumnitritkristalle gelöst sind, gewalkt. Nach 10minuti-em
Walken beträgt der pH-Wert 6,5. Es wird noch 5 Stunden gewalkt. Dann
werden die Häute 12 Stunden in ruhigem Zustand belassen, worauf das Faß wieder in
Bewegung gesetzt wird, unter rascher Zugabe von 0,7 kg Salzsäure (36 bis 37%ig)
mit 1,4 kg Wasser verdünnt. Der pH-Wert der Lösung beträgt 3,6 bis
3,8. Es wird noch 3 Stunden gewalkt, bis der pH-Wert der Lösung auf
4,8 bis 5
angestiegen ist. Dann wird das Bad verworfen. Die Gerbung erfolgt
mit 167 kg Gerbstofflösung (22' 136; pH-Wert 4,6), das 70% pulverförmigen
Gerbstoff enthält. Die Häute werden nach 40stündigem Walken wie üblich weiterbearbeitet
und zugerichtet.