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Verfahren zur Herstellung von Monochloressigsäure Es ist bekannt,
daß sich Essigsäure durcb Einwirkung von Chlor in der Methylgruppe chlorieren läßt.
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Die Geschwindigkeit dieser Reaktion wird durch Zusatz von Katalysatoren,
beispielsweise von Phosphor, Schwefel oder Jod, sowie durch Lichteinstrahlung qrhäht,
Wenn man die Chlorierung ohne besondere Vornichtsmaßnahmen durchführt, entstehen
Mono-, I)i- und Trichloressigsäure nebeneinander. Die Bildung von Monochloressigsäure
ist zwar bevorzugt, wenn die Chlormenge entsprehend bemessen wird, jedoch ist der
Anteil an höherchlorierten Produkten so erheblich, daß man nur auf ziemlich umständliche
Weise reine Monochloressigsäure aus dem Gemisch gewinnen kann.
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Es ist nun eine Reihe von Verfahren bekanntgeworden, bei denen die
Bildung von Monochloressigsäure durch zusätzliche Maßnahmen begünstigt wird.
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Nach der deutschen Patentschrift 936443 führt man die Chlorierung
der Essigsäure in Gegenwart von 25 bis 85 Gewichtsprozent Essigsäureanhydrid durch.
In der deutschen Patentschrift 1 567 wird die Herstellung von Monochloressigsäure
durch Chlorieren von Essigsäure in Gegenwart von Essigsäureanhydrid und Schwefeldioxyd
sowie unter Lichteinstrahlung beschrieben. In dem Beispiel der Patentschrift beträgt
die Menge des mitzuverwendenden Essigsäureanhydrids 20 Gewichtsprozent.
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Nach den erwähnten Verfahren erhält man zwar bei weitgehendem Umsatz
in guten Ausbeuten Monochloressigsäure, es ist jedoch ein Nachteil, daß das kostspielige
Essigsäureanhydrid in beträchtlicher Menge verwendet werden muß. Die Arbeitsweise
nach der deutschen Patentschrift 1042 567 ist darüber hinaus unvorteilhaft, weil
eine Lichteinstrahlung nötig ist. Reaktionen unter Lichteinstrahlung gelten wegen
der Stromkosten in der chemischen Technik als unwirtschaftlich und werden nach Möglichkeit
vermieden.
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Aus der deutschen Patentschrift 865 739 ist bekannt, daß man Monochloressigsäure
auch durch Chlorieren von Essigsäure in Gegenwart von Phosgen herstellen kann. Nach
dem Vorschlag der USA.-Patentschrift 2809 993 erhält man Monochloressigsäure durch
Chlorieren von Essigsäure in Gegenwart von geringen Mengen an Schwefelsäure sowie
von Acetylchlorid oder Essigsäureanhydrid. Nach beiden Verfahren erhält man Monochloressigsäure
in befriedigender Ausbeute und Reinheit. Die bevorzugte Entstehung von Monochloressigsäure
wird jedoch durch einen Verzicht auf vollständigen Umsatz erreicht Dadurch wird
die Bildung von höherchlorierten Essigsäuren, die namentlich gegen Ende der Re-
aktion
stark zunimmt, weitgehend vermieden. Durch den Verzicht auf vollständigen Umsatz
wird aber eine verhältnismäßig umständliche Aufarbeitung des Reaktionsgemisches
erforderlich, beispielsweise durch Kristallisation und mechanische Abtrennung der
ausgeschiedenen Monochloressigsäure oder aber durch Destillation. Nach dem Beispiel
1 der letztgenannten deutschen Patentschrift wird die angewandte Essigsäure zu 93,20/0
umgesetzt. Da nun von der umgesetzten Essigsäure 95 0/o in Fonn von Monochloressigsäure
mit einem Reinheitsgrad von 99 0/o gewonnen wurden, beträgt der Gehalt des Reaktionsgemisches
an Monochloressigsäure nach Beendigung der Chlorierung, also vor dem Kristallisieren,
nur 87 O/o der Theorie. Ein solches Gemisch ist aber für eine unmittelbar weitere
Verwendung nicht geeignet, sondern muß auf eine der erwähnten umständlichen Weisen
aufgearbeitet werden. Daß auch bei dem Verfahren der USA.-Patentschrift 2 8Q9 993
die Chlorierung nicht bis zum vollständigen Umsatz der Essigsäure vorgenommen wird,
folgt aus der Tatsache, daß das Gemisch einen Schmelzpunkt von 370 C hat, während
reine Monochloressigsäure bei 610 C schmilzt. Auch hierbei ist eine Reinigung durch
Kristallisation oder Destillation unumgänglich.
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Weiterhin sind einige ältere Verfahren bekanntgeworden, bei denen
man Essigsäure in Gegenwart von Schwefeldioxyd in flüssiger Phase bzw. ohne Katalysator
in der Gasphase chloriert oder bei denen Sulfury'lchtorid als Chlorierungsmittel
empfohlen wird.
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Diese Verfahren haben jedoch keine technische Bedeutung erlangt.
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Es war nun wünschenswert, ein Verfahren zur Herstellung von Monochloressigsäure
durch Chlorieren
von Essigsäure zu entwickeln, das unter Vermeidung
kostspieliger Ausgangsstoffe oder Hilfsmittel, wie Licht, bei vollständigem Umsatz
der Essigsäure ein Reaktionsprodukt liefert, das so viel Monochloressigsäure und
so wenig höherchlorierte Bestandteile enthält, daß es ohne zusätzliche Reinigungsmaßnahmen
für weitere Umsetzungen verwendet werden kann.
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Es wurde nun gefunden, daß sich Monochloressigsäure durch Chlorieren
von Essigsäure bei erhöhter Temperatur in Gegenwart von Schwefel und bzw. oder Schwefelverbindungen
als Chlorierungskatalysatoren unter Rückführung der mit dem Chlorwasserstoff entweichenden
flüchtigen Stoffe in das Chlorierungsgemisch vorteilhaft herstellen läßt, wenn man
als Katalysator Schwefel in einer Menge von 2 bis 4,5 Gewichtsprozent, bezogen auf
Essigsäure, oder Schwefelchloride in einerMenge, die dieser Schwefelmenge äquivalent
ist, verwendet. Besonders vorteilhafte Ergebnisse erzielt man, wenn man dem Reaktionsgemisch
vorzugsweise etwa 10 bis 50 Gewichtsprozent Schwefelsäure, bezogen auf den Schwefel
oder den Schwefelgehalt des Schwefelchlorids, zusetzt.
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Das nach dem erflndungsgemäßen Verfahren erhältliche rohe Reaktionsprodukt
enthält keine Essigsäure mehr, Monochloressigsäure aber in einer Menge bis zu 97
Gewichtsprozent. Es kann unmittelbar weiter umgesetzt werden, beispielsweise mit
Phenolen zu Aryloxyfettsäuren.
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Die Chlorierung von Essigsäure unter Zusatz von Schwefel oder Schwefelverbindungen
ist an sich bekannt. So ist in »B.I.O.S. Final Report«, Nr. 929, S. 7, ein Verfahren
beschrieben, bei dem Essigsäure in Gegenwart von 3 °/o Essigsäureanhydrid und 0,70/0
Schwefel chloriert wird. Man erhält bei vollständigem Umsatz der Essigsäure ein
Gemisch, das 93 O/o Monochloressigsäure, 6,50/0 Dichloressigsäure und 0,5 0/o Trichloressigsäure
enthält und wegen dieses verhältnismäßig hohen Gehaltes an höherchlorierten Essigsäuren
für eine unmittelbare weitere Verwendung nicht in Frage kommt. In der »Zeitschrift
für Angewandte Chemie«, Bd. 41 (1928), S. 226 bis 229, wird die Mitverwendung von
Schwefel in Mengen bis zu 10 °/o empfohlen. Nach »Bulletin de la Societe Chimique
de France«, 3. Serie, Bd. 2 (1889), S. 145, Ziff. 2, soll man sogar auf 2 Mol Essigsäure
1 Mol Schwefel benutzen. Bei den beiden letztgenannten Verfahren ist jedoch die
Ausbeute an Monochloressigsäure unbefriedigend. Auch die Rückführung von leichtRüchtigen
Verbindungen ist an sich bekannt (vgl. »Ullmanns Encyklopädie der technischen Chemie«,
3. Auflage [1954], Bd. 5, S. 391). Die Kombination dieser Maßnahme mit der Verwendung
von 2 bis 4,5 Gewichtsprozent Schwefel oder entsprechenden Mengen eines Schwelchlorids
ist jedoch neu. Gerade diese Kombination führt jedoch zu den überraschend guten
Ausbeuten des Verfahrens nach der Erfindung.
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Geeignete Schwefelchloride sind insbesondere Dischwefeldichlorid,
Schwefeldichlorid und Schwefeltetrachlorid. Man wendet einen dieser Stoffe oder
Schwefel vorteilhaft in einer solchen Menge an, daß ihr Anteil zwischen 2 und 4,5,
insbesondere zwischen 2,5 und 3,5 Gewichtsprozent, berechnet als Schwefel und bezogen
auf Essigsäure, liegt. Größere Zusätze von Schwefel oder Schwefelchloriden bringen
keine Verbesserung des Ergebnisses und sind auch wegen der größeren Menge der im
Rückstand verbleibenden Schwefelverbindungen weniger empfehlenswert. Man kann den
Schwefel oder das Schwefelchlorid zu
ginn der Umsetzung oder nach und nach während
der Umsetzung zuführen. Die flüchtigen Schwefelchloride können auch mit dem Chlorstrom
in das Reaktionsgemisch getragen werden.
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Die Mitverwendung von Schwefelsäure ist besonders vorteilhaft, weil
sie die Entstehung höherchlorierter Essigsäuren selbst dann zurückdrängt, wenn die
für die Bildung von Monochloressigsäure theoretisch - erforderliche Menge an Chlor
überschritten wird. Ferner wird die Chlorierungsgeschwindigkeit erhöht. Diese Wirkung
macht sich schon bei sehr geringen Zusätzen, beispielsweise von 3 bis 5 Gewichtsprozent,
bezogen auf den Schwefel oder den Schwefelgehalt des Schwefelchlorids, bemerkbar.
Es ist jedoch vorteilhafter, 10 bis etwa 50 Gewichtsprozent Schwefelsäure zu verwenden.
Höhere Schwefelsäuremengen, beispielsweise 60 bis 80 Gewichtsprozent, führen wieder
zu einer vermehrten Bildung höher chlorierter Produkte.
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Man führt die Chlorierung bei Temperaturen zwischen 80 und 1200 C,
vorteilhaft zwischen 100 und 1100 C, durch. Es ist wensentlich für das Gelingen
des Verfahrens, daß man die leichtflüchtigen Stoffe, die zum Teil Zwischenprodukte
der Reaktion sind und von dem entweichenden Chlorwasserstoff mitgeführt werden,
wie Essigsäure, Acetylchlorid, Essigsäureanhydrid und Schwefelchloride, aus dem
Abgas entfernt und in das Reaktionsgemisch zurückführt.
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Man erreicht dies beispielsweise durch einen oder mehrere hintereinandergeschaltete,
wirksame, indirekte, mit Wasser und bzw. oder Sole beschickte Kühler.
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Man kann die Umsetzung nach dem neuen Verfahren kontinuierlich oder
diskontinuierlich durchführen. Bei der diskontinuierlichen Chlorierung kann man
beispielsweise Essigsäure, Schwefel und gegebenenfalls Schwefelsäure in einem Rührgefäß
vorlegen und das Chlor in feiner Verteilung einleiten.
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Eine größere Raum-Zeit-Ausbeute erreicht man in einer Umlaufapparatur,
in der das Reaktionsgemisch durch das eingeleitete Chlor im Kreis geführt wird.
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In beiden Fällen gibt die Bestimmung der Dichte einen Hinweis auf
das Stadium, bis zu dem die Umsetzung fortgeschritten ist. Zweckmäßig bricht man
die Reaktion ab, wenn die Dichte bei 600 C etwa 1,39 beträgt. Da es schwierig ist
zu verhindern, daß auch geringe Mengen nicht umgesetztes Chlor zusammen mit dem
Chlorwasserstoff entweichen, liegt der Chlorversuch im allgemeinen über dem für
die Entstehung von Monochloressigsäure berechneten Wert. Die Bildung höherchlorierter
Produkte bleibt jedoch selbst bei einem Chlorüberschuß bis zu etwa 200/0 in mäßigen
Grenzen, besonders dann, wenn Schwefelsäure mitverwendet wird. Das Reaktionsgemisch
enthält neben Monochloressigsäure und Dichloressigsäure noch geringe Mengen an Chlorwasserstoff
und Chlorschwefelverbindungen, die gewünschtenfalls in einfacher Weise, beispielsweise
durch kurzzeitiges Anlegen von vermindertem Druck, entfernt werden können. Bei der
Umsetzung der Monochloressigsäure mit Phenolen zu Aryloxyfettsäuren ist dies jedoch
nicht erforderlich. Man wendet vielmehr zweckmäßig das rohe Reaktionsgemisch an.
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Zur kontinuierlichen Durchführung des Verfahrens kann man beispielsweise
Essigsäure, Schwefel, Chlor und gegebenenfalls Schwefelsäure laufend in ein Reaktionsgefäß
einführen, dem man ebenfalls kontinuierlich
eine entsprechende
Menge an Reaktionsprodukt entnimmt.
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Die in den folgenden Beispielen genannten Teile sind Gewichtsteile.
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Beispiel 1 In eine Umlaufapparatur, in der das Reaktionsgemisch durch
das eingeleitete Chlor im Kreis geführt wird, werden 2000 Teile Eisessig und 90
Teile Schwefel in Form von Schwefelblüte eingefüllt. Man erwärmt das Gemisch auf
1000 C und leitet Chlor mit einer solchen Geschwindigkeit ein, daß in den entweichenden
Abgasen möglichst wenig Chlor enthalten ist. Die annähernd farblosen Abgase läßt
man durch zwei Rückflußkühler strömen, von denen der erste mit Wasser und der zweite
mit Kühlsole von - 200 C beschickt wird. Das Kondensat fließt in die Umlaufapparatur
zurück. Man leitet stündlich etwa 200Teile Chlor ein. Wenn die Dichte, bei 600 C
gemessen, 1,390g/cm3 beträgt - was nach etwa 12 Stunden der Fall ist bricht man
die Chlorzuführung ab. Es sind dann 1100/9 der theoretisch erforderlichen Menge
an Chlor eingeleitet. Man erhält 3100 Teile eines Reaktionsproduktes mit einem Gehalt
von 94,9 Gewichtsprozent Mono- und 2,1 Gewichtsprozent Dichloressigsäure. Wenn man
unter einem Druck von 30 Torr die leicht flüchtigen Anteile entfernt, beträgt der
Gehalt des Rückstandes an Monochloressigsäure 96,2 Gewichtsprozent und an Dichloressigsäure
2,3 Gewichtsprozent. Erstarrungspunkt: 59,30 C.
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Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt man, wenn man statt einer Umlaufapparatur
ein Reaktionsgefäß mit Rührvorrichtung verwendet und das Chlor fein verteilt einleitet.
Dabei ist jedoch die Geschwindigkeit der Chloraufnahme merklich geringer.
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Beispiel 2 Man verfährt wie im Beispiel 1, verwendet jedoch nur 50
Teile Schwefel. Bricht man die Chlorierung ab, wenn die Dichte bei 600 C 1,384 g/cm3
beträgt, so enthält das Reaktionsgemisch zunächst 94,1 Gewichtsprozent Mono- und
3,6 Gewichtsprozent Dichloressigsäure und nach dem Entfernen der leichtflüchtigen
Bestandteile unter vermindertem Druck 95,6 Gewichtsprozent Mono- und 3,7 Gewichtsprozent
Dichloressigsäure. Erstarrungspunkt: 58,80 C.
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Der Chlorverbrauch beträgt 1100/o der theoretisch erforderlichen Menge.
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Beispiel 3 Die im Beispiel 1 erwähnte Umlaufapparatur wird mit 2000Teilen
Eisessig, 100 Teilen Schwefel und 20 Teilen konzentrierter Schwefelsäure beschickt.
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Man verfährt weiter, wie im Beispiel 1 beschrieben.
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Die Chlorzuführung wird abgebrochen, wenn die Dichte bei 600 C 1,386
g/cm3 beträgt. Zu diesem Zeitpunkt sind 114 0/o der für die Bildung von Monochloressigsäure
erforderlichen Chlormenge einge-
leitet. Man erhält 3100 Teile eines Reaktionsproduktes
mit einem Gehalt von 95,9 Gewichtsprozent Mono- und 0,6 Gewichtsprozent Dichloressigsäure.
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Wenn man die leichtflüchtigen Bestandteile unter vermindertem Druck
entfernt, beträgt der Gehalt an Monochloressigsäure 97,0 Gewichtsprozent und an
Dichloressigsäure 0,8 Gewichtsprozent. Erstarrungspunkt: 59,60 C.
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Beispiel 4 Man verfährt wie im Beispiel 3, wendet jedoch nur 50 Teile
Schwefel und 20 Teile Schwefelsäure an.
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Man bricht die Chlorzuführung ab, wenn 1100/o der theoretischen Menge
eingeleitet sind. Die Dichte bei 600 C beträgt dann 1,392 g/cmg. Das Reaktionsprodukt
enthält 95,1 Gewichtsprozent Monochloressigsäure und 0,6 Gewichtsprozent Dichloressigsäure.
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Durch Entfernen der leichtflüchtigen Bestandteile unter vermindertem
Druck steigt der Gehalt an Monochloressigsäure auf 96,8 Gewichtsprozent, während
der Gehalt an Dichloressigsäure 0,8 Gewichtsprozent beträgt. Erstarrungspunkt: 59,50
C.
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Beispiel 5 Man verfährt wie im Beispiel3, benutzt jedoch 100 Teile
Schwefel und 40 Teile Schwefelsäure. Die Chlorzuführung wird abgebrochen, wenn die
Dichte bei 600 C 1,397 g/cm3 beträgt. Obwohl dann 118°/o der theoretisch erforderlichen
Chlormenge eingeleitet sind, beträgt der Gehalt des Reaktionsproduktes an Monochloressigsäure
95,7 Gewichtsprozent und an Dichloressigsäure nur 1,8 Gewichtsprozent. Durch Entfernen
der leichtflüchtigen Bestandteile unter vermindertem Druck steigt der Gehalt an
Monochloressigsäure auf 97,0 Gewichtsprozent, während der Gehalt an Dichloressigsäure
2,0 Gewichtsprozent beträgt.