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Verfahren zur Herstellung von 19-Norsteroiden der Androstan- oder
Pregnanreihe Die vorliegende Erfinduno, betrifft ein Verfahren zur Herstellung von
19-Norsteroiden der Androstan-oder Pregnanreihe.
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Es ist bekannt, daß die 19-Norsteroide eine große, praktische Bedeutung
besitzen, weil sie wirksame hormonale Substanzen oder wertvolle Zwischenverbindungen
zur Synthese von physiologisch wirksamen Substanzen darstellen.
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Zur Herstellung der 19-Norsteroide sind verschiedene Methoden bereits
bekannt: Nach der ältesten Methode werden 3-Alkoxyverbindungen der östrogenreihe
zu , (10)-3-Alkoxy-1 9-norsteroide durch die Methode von Birch reduziert
und dann zu A4-3-Keto-19-norsteroiden unmittelbar umgewandelt. Jedoch ist diese
Methode nachteilig, weil die Ausgangsstoffe schwer zugänglich sind.
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Nach einer weiteren Methode (Experientia, Bd. 11,
1955, S.
99) kann man Formaldehyd aus 19-Hydroxysteroiden unter direkter Bildung von
19-Norverbindungen abspalten; diese Reaktion liefert jedoch sehr niedrige Ausbeuten
(höchstens 6% der Theorie).
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Ein weiteres Verfahren, wobei man 19-Hydroxysteroide der Androstan-
und Pregnanreihe als Ausgangsstoffe verwendet (Chemical Abstracts, Bd.
55,
S. 11 464d [1961]), besteht aus einer Oxydation der 10-Hydroxymethylgruppe
zur 10-Carboxygruppe und einer nachfolgenden Decarboxylierung zu 19-Norsteroiden.
Die Ausgangs-19-hydroxyverbindungen werden aber nur in besonderen Fällen auf mikrobiologischem
Wege hergestellt, während ein-
erhalten, in denen X Ketosauerstoff oder (..-t 1-1, ß-Co - CH.) bedeutet.
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Das erfindungsgemäße Verfahren besteht darin, daß man eine Verbindung
der allgemeinen Formel
fache chemische Methoden zu ihrer Herstellung bisher noch nicht beschrieben wurden.
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Nach dem erfindungsgemäßen Verfahren kann man mit ganz befriedigenden
Gesamtausbeuten Verbindungen der allgemeinen Formeln
in der Xi eine
fl-RO- oder j;-CH(OR)CHI,-Gruppe und R Wasserstoff oder einen Acylrest bedeutet,
nach an sich bekannten Methoden im Autoklav bei einer Temperatur von 150
bis 200' C in Gegenwart von wäßrigalkoholischen Alkalien zu einer 10-Carboxyverbindung
der allgemeinen Formel
in der X2 eine ß-Hydroxyl oder eine fl-CH(OH)CH.-G.ruppe bedeutet, verseift, die
so erhaltene Verbindung mit Chromsäure in an sich bekannter Weise bei
10 bis 301 C unter inerten Bedingungen zu einer Verbindung der allgemeinen
Formel
in der X Ketosauerstoff oder (ocH, ß-CO-CH.) bedeutet, oxydiert, anschließend diese
Verbindung mit einer Säure, gegebenenfalls in Gegenwart eines organischen Hydrazids,
oder mit einer organischen, tertiären Base decarboxyliert.
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Das erfindungsgemäße Verfahren hat gegenüber den bereits bekannten,
obenerwähnten Methoden den Vorteil, leicht zugängliche Verbindungen als AusgangsstofLe
zu verwenden und durch erst vier Reaktionsstufen, die je mit hohen Ausbeuten
verlaufen, zu den 19-Norverbindungen zu führen.
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Die als Ausgangsstoffe verwendeten 10-Cyan--15-19-norverbindungen
der Formel III können nach dem Verfahren der Patentanmeldung V23125IVb/ 12o leicht
hergestellt werden, indem man eine 19-Oximino-6-hydroxyverbindung mit einem geeigneten
Dehydratisierungsmittel in Gegenwart einer tertiären organischen Base umsetzt.
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Die Verseifung der Verbindung der Formel 111
wird durch Umsetzung
im Autoklav bei erhöhter Temperatur, vorzugsweise bei 150 bis 2000
C, mit Alkalihydroxyden in einem alkoholischen Lösungsmittel in Gegenwart
von Wasser durchgeführt. Die Reaktion ist verhältnismäßig kurz; nach 2 bis 4 Stunden
ist sie beendet, und die 10-Carboxyverbindung der Formel IV wird mit einer Ausbeute
von 80 bis 9511/o der Theorie durch Ansäuern gewonnen. Unter den drastischen
Reaktionsbedingungen werden auch die im Molekül vorhandenen Acyloxygruppen gleichzeitig
verseift, wobei man 3,17-Dihydroxy-19-nor-15-androsten- bzw. 3,20-Dihydroxy-19-nor-J5-pregnenverbindungen
erhält, die in 10-Stellung eine Carboxygruppe tragen.
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Die nachfolgende Oxydation der so erhaltenen Verbindungen der Formel
IV wird nach bekannten Methoden, z. B. durch Behandeln mit Chromsäureanhydrid, durchgeführt.
Zweckmäßig arbeitet man mit einer Chromsäurelösung bei einer Temperatur von
10 bis 30' C unter inerter Atmosphäre. Am Ende der Oxydation werden
mit guter Ausbeute (80 bis 90% der Theorie) die entsprechenden Ketoverbindungen
der Formel V gewonnen.
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Die Decarboxylierung der so erhaltenen 19-Carboxyverbindungen kann
durch Umsetzung dieser Verbindungen mit Säuren ausgeführt werden. Die Säuren, die
verwendet werden können, sind die Mineralsäuren oder die organischen Säuren; zweckmäßig
werden Salzsäure und Schwefelsäure verwendet. Die Reaktion wird in einem alkoholischen
Lösungsmittel bei der Siedetemperatur desselben durchgeführt; nach kurzem Erhitzen
werden die Endprodukte üblicherweise, z. B. durch Ausziehen mit geeignetem Lösungsmittel,
Eindampfen und Umkristallisieren, isoliert. Am Ende der so ausgeführten Decarboxylierung
werden die 19-Norverbindungen der Formel I gewonnen; d. h., die Doppelbindung
wandert während der Decarboxylierung aus der 5(6)- in die 4(5)-Stellung.
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Dieselben Verbindungen können erhalten werden, indem man die Decarboxylierung
in Gegenwart eines organischen Hydrazids, insbesondere von Girard-Reagenz T oder
P durchführt. In diesem Fall wird die Umsetzung in alkoholischer Lösung in Gegenwart
von organischen Säuren, insbesondere Essigsäure, durchgeführt, und das Endprodukt
wird aus dem Reaktionsgemisch üblicherweise isoliert.
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Die Decarboxylierungsreaktion kann noch durch Behandeln der lOß-Carboxyverbindungen
mit einer organischen, tertiären Base, z. B. eines Trialkylamins, von Pyridin, Chinolin,
Isochinolin u. ä. ausgeführt werden. Die Umsetzung wird durch kurzes Erhitzen
bei einer Temperatur von 70 bis 1301 C
durchgeführt, und das
Endprodukt wird durch einfaches Absaugen oder durch Einengen der Lösung und Aufnehmen
mit geeignetem Lösungsmittel isoliert. Während der auf diese Weise ausgeführten
Decarboxylierung wandert die Doppelbindung aus der 5(6)- in die 5(10)-Stellung,
wobei man Verbindungen der allgemeinen Formel II erhält.
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Die folgenden Beispiele erläutern das erfindungsgemäße Verfahren.
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Beispiel 1
a) lOß-Carboxy-19-nor-J3-androsten-3fl,17ß-diol Einer
Lösung von 3,5g 3ß,17fl-Diacetoxy-10/1-cyan-19-nor-A5-androsten in 120 cm3
Methanol fügt man eine Lösung von 17 g Natriumhydroxyd in 50 cm3 Wasser
hinzu. Das Reaktionsgemisch wird in ein Kupferrohr gestellt und 3 Stunden
bei 1851 C
im Autoklav erhitzt. Nach Abkühlen wird die Mischung abfiltriert
und im Vakuum teilweise eingedampft. Durch Ansäuern mit 10%iger Salzsäure gegen
Kongorot scheidet sich ein kristallinischer Körper ab, der abfiltriert und mit Wasser
gut gewaschen wird. Nach Trocken erhält man 2,3 g
Säure, F. 268 bis
2711 C, unter Zersetzung (K o f 1 e r). Das aus verdünntem Methanol
und verdünntem Dioxan umkristallisierte Produkt schmilzt bei 275 bis
2761 C unter Zersetzung (Kofler); [A 2,7=-1081 (951/oiges Äthanol, 0,5%).
Besondere Infrarotabsorptionsmaxima bei 3520, 3250,
1700, 1219, 1197
und 1053 cm-'.
b) lOß-Carboxy-19-nor-_,15-androsten-3,17-dion
Einer Suspension von lg lOß-Carboxy-19-nor-A5-androsten-3ß,17fl-diol in 120em3 Aceton
fügt
man unter Rühren und Stickstoffatmosphäre 2cm3 Chromsäureanhydridlösung
bei Raumtemperatur hinzu, die aus 26,72g Chromsäureanhydrid und
23 cm3 konzentrierter Schwefelsäure hergestellt und zu 100 cm3 mit
Wasser gebracht wurde. Dann rührt man bei Raumtemperatur noch 3 Minuten unter
Stickstoffatmosphäre, anschließend wird die Mischung in 500 cm3 Eiswasser
gegossen und mit Äther ausgezogen. Die vereinigten Ätherauszüge werden mit Wasser
gewaschen, dann getrocknet und eingedampft. So erhält man 0,79 g rohes Produkt,
F. 156 bis 158' C, das nach Umkristallisieren aus Aceton bei
159 bis 160' C schmilzt; [,x] 21' 1 l'
(Chloroform,
0,501e). Besondere Infrarotabsorptionsmaxima bei 3170, 1725, 1196, 1177,
1157 und 1055 cm-'.
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c) 19-Nor-,j4-androsten-3,17-dion Einer Lösung von 1 g lOß-Carboxy-19-nor-J5-androsten-3,17-dion
in 70 cm3 Methanol und 25 cm3 Eisessig fügt man 1,5 g Girard-Reagenz
T hinzu; die Mischung wird 2 Stunden unter Rückfluß gekocht. Hierauf wird die Lösung
abgekühlt und in Eiswasser, das 20,3 g Natriumcarbonat enthält, gegossen.
Die nichtketonische Fraktion wird mit Äther ausgezogen, die Lauge wird durch Zugabe
von 60 cm3 konzentrierter Salzsäure angesäuert und 2 Stunden bei Raumtemperatur
stehengelassen. Dann wird die saure Mischung mit Äther ausgezogen, und die Ätherauszüge
werden zuerst mit gesättigter Natriumbicarbonatlösung, dann mit Wasser neutral gewaschen,
anschließend mit Magnesiumsulfat getrocknet und eingedampft. So erhält man
0,58 g
rohes 19-Nor-,d4-androsten-3,17-dion, F. 159 bis 162' C,
das nach Umkristallisieren aus Cyclohexan bei 167 bis 1691 C schmilzt;
4-136' (Chloroform, 0,5%). Besondere Infrarotabsorptionsmaxima bei 1743,
1675 und 1623 cm-'.
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Beispiel 2 19-Nor-A5 (10)-androsten-3,17-dion Eine Lösung von
350 mg des im Beispiel 1, b)
hergestellten lOß-Carboxy-19-nor-A5-androsten-3,17-dions
in 2cm3 wasserfreiem Pyridin wird 5 Minuten bei 801 C erhitzt, dann
wird die Temperatur auf 120' C gebracht, und nach weiterem 5minütigem Erhitzen
wird das Reaktionsgemisch im Vakuum eingeengt und der Rückstand mit Äther ausgezogen.
Nach Eindampfen des Lösungsmittels liefert der mit wenigem Methanol aufgenommene
Rückstand das 19-Nor-A5 (1(»-androsten-3,17-dion; F. 145 bis 146' C;
[oc] -D5= + 270' (Chloroform, 0,51%). Besondere Infrarotabsorptionsmaxima
bei 1742 und 1726 cm-'.
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Beispiel 3
a) lOß-Carboxy-19-nor-A5-pregnen-3fl,20ß-diol
6,2 g 10 ß-Cyan-A5-19-nor-pregneri-3 ß,20 ß-diol werden in einer Mischung
von 180 cm-' Methanol und 75 cm3 Wasser, das 25 g Natriumhydroxyd
enthält, gelöst. Das Reaktionsgemisch wird 3 Stunden bei 185-- C in
Kupferrohr im Autoklav erhitzt. Nach Abkühlen wird die Mischung ausgezogen und auf
Tierkohle abfiltriert. Man engt die Lösung teilweise ein und säuert mit 1011/oiger
Salzsäure gegen Kongorot an. So erhält man 4,2 g Säure, F. 297 bis
300# C
(Zersetzung), die durch Lösen in siedendem Methanol, Abfiltrieren und
teilweises Eindampfen des Lösungsmittels bis zur Kristallisierung gereinigt wird;
F. 309 bis 310' C (Zersetzung). Besondere Infrarotabsorptionsmaxima
bei 3300, 1710, 1236,
und 1057 cm-'.
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b) lOß-Carboxy-19-nor-A5-pregnen-3,20-dion lg lOß-Carboxy-19-nor--1--,-pregnen-3fl,20ß-diol
wird in 300crn3 Aceton suspendiert. Dieser Mischung fügt man unter Rühren 4cm3 Chromsäureanhydridlösung
hinzu, die wie im Beispiel 1 b)
hergestellt wurde. Dann läßt man die Mischung
1/2Stunde unter Rühren und Stickstoffatmosphäre bei Raumtemperatur stehen, gießt
die Mischung in 11 von mit Kochsalz etwa gesättigtem Eiswasser und zieht
mit Äther aus. Die vereinigten Atherauszüge werden mit Wasser gewaschen, dann getrocknet
und anschließend eingedampft. So erhält man 0,565 g
rohes 10 ß-Carboxy-19-nor-A5-pregnen-3,20-dion.
das nach Umkristallisieren aus Aceton bei 163 bis 1641 C schmilzt; fol]mD
= + 241' (Chloroform, 0,5 %). Besondere Infrarotabsorptionsmaxima bei
3180,
1727, 1702 und 1198cm-l.
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c) 19-Norprogesteron 0,72 g lOß-Carboxy-19-nor-A5-pregnen-3,20-dion
werden in 56 cm3 Methanol und 19,6 cm-' Essigsäure in Gegenwart von
Girard-Reagenz T gelöst, und die Mischung wird 3 Stunden unter Rückfluß gekocht.
Nach Abkühlen gießt man das Reaktionsgemisch in Eiswasser, das 15,96 g Natriumcarbonat
enthält. Die nichtketonische Fraktion wird mit Äther ausgezogen und mit 40 cm3 konzentrierter
Salzsäure angesäuert. Man läßt 2 Stunden unter Rühren stehen und zieht die Mischung
mit Äther aus. Die vereinigten Ätherauszüge werden zuerst mit 51%iger Natriumbicarbonatlösung
und dann mit Wasser neutral gewaschen. Nach Trocken und Eindampfen erhält man 0,472
g
19-Norprogesteron, das nach Umkristallisieren aus Aceton-Hexan bei 144 bis
1451 C schmilzt; [(11 -D-5 = 4- 1471 (Chloroform, 0,5 %). Besondere Infrarotabsorptionsmaxima
bei 1704, 1671, 1622 und 1210 cm-'.
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Das 19-Norprogesteron kann auch wie folgt erhalten werden: Eine Lösung
von 0,7 g lOß-Carboxy-19-nor-.J3-pregnen-3,20-dion in 60 cm3 Methanol
wird mit 2 bis 3 Tropfen konzentrierter Salzsäure behandelt und 12 Minuten
unter Rückfluß gekocht. Nach Verdünnung mit Wasser und Ausziehen mit Äther, Waschen,
Trocken und Eindampfen erhält man einen Rückstand, der nach Umkristallisieren aus
Aceton-Hexan 19-Norprogesteron liefert; F. 144 bis 145' C. Der Mischschmelzpunkt
mit reinem 19-Norprogesteron bleibt unverändert.
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Beispiel 4 19-Nor-A5 (10)-Pregnen-3,20-dion Eine Lösung von
350 mg des im Beispiel 3, b)
hergestellten lOß-Carboxy-19-nor-A5-pregnen-3,20-dions
in 2 em3 wasserfreiem Pyridin wird 6 bis 7 Minuten unter Rückfluß
gekocht; die so erhaltene
Mischung wird abgekühlt und im Vakuum
eingeengt. Der Rückstand wird mit Äther aufgenommen, und die Ätherlösung wird mit
Wasser gewaschen und auf Natriumsulfat getrocknet. Nach Eindampfen des Lösungsmittels
erhält man 192mrohes 19-Nor-.j#l(101-Pregnen-3,20-dion, das nach Umkristallisieren
aus Methanol bei 101 bis 1021 C
schmilzt; [--c] 2D5= -2462 (Chloroform,
0,51/o). Besondere Infrarotabsorptionsmaxima bei 1722, 1698
und 1212 cm-'.