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Stabilisieren von unlöslichem Schwefel Die Erfindung betrifft die
Behandlung von Schwefel, der eine beträchtliche Menge von unlöslichem Schwefel enthält,
um zu verhindern, daß sich der unlösliche Schwefel in seine gewöhnliche oder lösliche
Form zurückverwandelt.
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Unlöslicher Schwefel ist bekannt. Es ist Schwefel, der polymerisiert
ist, so daß er in Schwefelkohlenstoff nicht mehr löslich ist. Schwefel, der 30 bis
100% unlöslichen Schwefel enthält, ist technisch vielseitig verwendbar und wird
häufig für die Herstellung von synthetischem Gummi, als Insektizid und für andere
Zwecke verwendet. Nachdem der Schwefel unlöslich gemacht ist, verwandelt er sich
leicht in die lösliche Form zurück. Dies muß verhindert werden, wenn der Schwefel
seine wertvollen Eigenschaften behalten soll.
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Wenn unlöslicher Schwefel gebildet wird, wird der Schwefel von seiner
gewöhnlichen, aus einem achtgliedrigen Ring bestehenden Form in Polymere von ungewöhnlich
langer Kette umgewandelt. So können sich Tausende von Schwefelatomen in Ketten von
unbestimmbarer Länge vereinigen. Diese langen Schwefelketten sind es, die in Schwefelkohlenstoff
nicht löslich sind. Diese langen Ketten haben jedoch eine nicht abgesättigte Elektronenstruktur,
die sie unbeständig macht, so daß der Schwefel sich leicht in die gewöhnliche lösliche
Form zurückverwandelt, wenn seine Elektronenstruktur nicht abgesättigt wird. Die
Spuren an Verunreinigungen, die gewöhnlich in dem nach den verschiedenen Methoden
hergestellten Schwefel anwesend sind, bewirken verschiedenartige Kettenabschlüsse,
die dem unlöslichen Schwefel unterschiedliche Stabilität verleihen, die jedoch allgemein
in keiner Weise zufriedenstellend ist.
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Es sind schon verschiedene Verbindungen als Stabilisatoren von unlöslichem
Schwefel verwendet worden. Gemäß der deutschen Auslegeschrift 1075 569 werden unlöslichem
Schwefel gewisse organische Verbindungen zugesetzt, die eine olefinische Doppelbindung
enthalten und freie Radikale zu bilden vermögen. Diese Verbindungen haben die Formel
worin R1 eine Alkyl-, Alkenyl-, Aryl-, Alkaryl-, Aralkyl- oder substituierte Arylgruppe
und R2 Wasserstoff oder eine der für R, genannten Gruppen bedeutet. Auch Halogene
und Halogenverbindungen, beispielsweise Schwefelmonochlorid, S2C12, Allylbromid
undAllylchlorid (USA.-Patentschrift 2 460 365 und britische Patentschrift 652 421),
Terpentin, Kiefernöl, Kiefernteer, Harz (USA: Patentschrift 2 462146) und Salze
von Fettsäuren, wie Zinkstearat und -oleat (deutsche Patentschrift 873 835), sind
schon für diesen Zweck verwendet worden.
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Es wurde nun gefunden, daß eine besonders gute Stabilisierung von
unlöslichem Schwefel erzielt werden kann, wenn man ihm eine Lewis-Säure und eine
Lewis-Base, die zusammen Carboniumionen bilden, zusetzt. Von den bereits als Stabilisatoren
für unlöslichen Schwefel bekannten Verbindungen sind zwar einige Lewis-Basen. Sie
wurden jedoch nicht zusammen mit einer Lewis-Säure, deren Verwendung erforderlich
ist, damit sich Carboniumionen bilden, verwendet. Aus der deutschen Auslegeschrift
1075 569, in der ausdrücklich die Bildung freier Radikale erwähnt wird, ist ersichtlich,
daß der Einfluß der Bildung von Carboniumionen auf die Stabilisierung von unlöslichem
Schwefel bisher noch nicht bekannt war.
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Vermutlich beruht die stabilisierende Wirkung der äußerst reaktionsfähigen
Carboniumionen darauf, daß sie an den Enden der Schwefelketten gebunden werden und
dadurch eine Depolymerisation verhindern.
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Carboniumionen können durch Umsetzung einer Lewis-Säure mit einer
geeigneten Lewis-Base hergestellt werden. Eine Lewis-Säure ist eine Verbindung,
die ein Atom mit einer unvollständigen äußersten Valenzschale enthält, die durch
Aufnahme von zwei Elektronen in eine stabile Konfiguration übergeht.
Geeignete
Lewis-Basen sind organische Verbindungen, die ein Elektronenpaar an eine Lewis-Säure
abgeben können und demzufolge positiv geladene Carboniumionen bilden.
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Zu den Lewis-Säuren gehören übliche Säuren, wie Salzsäure und Schwefelsäure,
sowie Metallhalogenide, wie Aluminiumbromid, Zinntetrachlorid und Bortrichlorid.
Die Lewis-Säure ist vorzugsweise in einer Menge von 0,025 bis O,lOGewichtsprozent,
insbesondere etwa 0,05 Gewichtsprozent des unlöslichen Schwefels anwesend.
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Zu den verwendbaren Lewis-Basen gehören Olefine, Alkyl- und Aralkylhalogenide
und Alkohole. Die Lewis-Base ist vorzugsweise in einer Menge von 0,1 bis 0,5 Gewichtsprozent,
insbesondere etwa 0,2 Gewichtsprozent des unlöslichen Schwefels anwesend.
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Viele olefinische Verbindungen können verwendet werden, beispielsweise
Styrol, a-Methylstyrol, Diisobutylen, Triisobutylen, Methylpentadien, Vinylcyclohexen,
Isobutylen, Vinylchlorid, Acrylnitril und Dicyclopentadien. Die bevorzugten ungesättigten
Verbindungen sind Olefine, mit Substituenten, die den Elektronenmangel des Kohlenstoffatoms
zu stabilisieren vermögen, beispielsweise Styrol, a-Methylstyrol und Methylpentadien.
Vorzugsweise soll ein Ende der Kohlenstoff-Kohlenstoff-Doppelbindung unbehindert
und daher zugänglich sein, jedoch haben sich auch diejenigen Verbindungen, bei denen
dies nicht der Fall ist, als wirksam erwiesen. Zu den wirksamen Verbindungen gehören
diejenigen, die sich durch die Fähigkeit, unter dem Einfluß von sauren Reagenzien
Licht, Wärme oder Spuren von Sauerstoff Polymere zu bilden, auszeichnen. Einige
der Olefine enthalten Halogene als Substituenten. Der Einfluß dieser Substituenten
ist jedoch relativ unbedeutend.
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Auch Alkyl- und Aralkylhalogenide, die zur Bildung ähnlicher, durch
Elektronenmangel reaktionsfähiger Zwischenverbindungen führen, können verwendet
werden. Beispiele für solche Halogenide sind t-Butylehlorid, Benzylchlorid, Laurylbromid
und Isobornylchlorid. Sie werden vorzugsweise dann verwendet, wenn bei der Herstellung
von unlöslichem Schwefel für das Abschrecken oder andere Maßnahmen Wasser oder andere
polare Medien verwendet werden.
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Es können auch Alkohole, die mit Lewis-Säuren (vorzugsweise den Mineralsäuren)
unter Bildung von Carboniumionenzwischenprodukten reagieren, verwendet werden. Die
Alkohole werden - wie die Halogenide - vorzugsweise bei Verwendung wäßriger oder
polarer Medien verwendet. Beispiele für solche Alkohole sind t-Amylalkohol, Benzylalkohol,
Allylalkohol und Laurylalkohol. Dabei muß die Konzentration des verwendeten Alkohols
sorgfältig überwacht werden, da eine zu große Menge in manchen Fällen eine Rückumwandlung
(Depolymerisation) des unlöslichen Schwefels bewirkt.
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Unlöslicher Schwefel kann bekanntlich auf verschiedene Weise hergestellt
werden. Der unlösliche Schwefel kann zu verschiedenen Zeitpunkten während des Verfahrens
behandelt werden. Die stabilisierenden Verbindungen werden jedoch vorzugsweise in
eine Aufschlämmung von unlöslichem Schwefel in Schwefelkohlenstoff eingeführt. Der
Schwefelkohlenstoff kann dann von dem Schwefel abgedampft werden, wobei trockener
Schwefel in unlöslicher Form zurückbleibt. Die Verbindungen können entweder direkt
oder in der Form einer Lösung in Schwefelkohlenstoff auf den nassen Schwefelkuchen
aufgebracht werden. Der lösliche Schwefel kann von dem unlöslichen Teil herausgelöst
werden, um einen im wesentlichen reinen unlöslichen Schwefel zu gewinnen. Nach dem
Abdampfen des Schwefelkohlenstoffes bleiben die stabilisierenden Verbindungen bei
dem unlöslichen Schwefel und stabilisieren ihn gegen eine Rückumwandlung in die
lösliche Form. Wenn dieses Verfahren angewendet wird, werden die weniger flüchtigen
stabilisierenden Verbindungen bevorzugt, da sie weniger leicht mit dem Schwefelkohlenstoff
verdampfen.
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Die Verbindungen können auch in den unlöslichen Schwefel in trockenem
Zustand eingeführt werden, indem man sie in dampfförmigem Zustand durch oder über
den Schwefel strömen läßt.
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Ein anderes Verfahren zur Behandlung von unlöslichem Schwefel besteht
darin, daß man die Verbindungen in den heißen Schwefeldampf einführt. Wenn dieses
Verfahren angewendet wird, werden die flüchtigeren Verbindungen bevorzugt.
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Ein übliches Verfahren zur Gewinnung von unlöslichem Schwefel besteht
darin, daß man flüssigen oder dampfförmigen Schwefel in Flüssigkeiten, wie Schwefelkohlenstoff
oder wäßrigen sauren Bädern, abschreckt. Wenn dieses Verfahren angewendet wird,
brauchen die stabilisierenden Verbindungen nur vor, während oder sofort nach der
Einführung des Schwefels dem Abschreckmedium zugesetzt werden. Alternativ können
die Verbindungen der abgeschreckten Aufschlämmung zugesetzt werden, wenn diese aus
dem Abschreckbehälter abgezogen wird, nächdem der unlösliche Schwefel seinen harten,
nicht plastischen, gut dispergierten Zustand erreicht hat. Der nach diesem Verfahren
hergestellte Schwefel ist nicht nur unlöslich gemacht, sondern auch stabilisiert,
so daß er sich nicht leicht in löslichen Schwefel zurückverwandelt.
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Unlöslicher Schwefel kann auch durch Umsetzen von Schwefeldioxyd mit
Schwefelwasserstoff gewonnen werden. Wenn dieses Verfahren angewendet wird, werden
die stabilisierenden Verbindungen vorzugsweise nach erfolgter Umsetzung zugefügt.
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Die Stabilisierung des unlöslichen Schwefels zwecks Verringerung der
Geschwindigkeit der Rückumwandlung in die lösliche Form ist sowohl während des Herstellungsverfahrens
(Rückumwandlung »im Verfahren«) wie auch bei dem fertigen Produkt (»langfristige«
Rückumwandlung) von großer Wichtigkeit. Das Verfahren der vorliegenden Erfindung
ist für beide Fälle wirksam. Um die größtmögliche Stabilität bei den fertigen Produkten
zu erzielen, müssen bei den letzten Behandlungsmaßnahmen die Verbindungen vor dem
Abpacken in wirksamen Mengen in dem Schwefel anwesend sein, unabhängig davon, ob
sie bereits zu einem früheren Zeitpunkt zugesetzt wurden oder nicht.
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Die folgenden Beispiele sollen die Erfindung veranschaulichen: In
den Beispielen 1 bis 8 wurde eine Aufschlämmung von unlöslichem Schwefel in Schwefelkohlenstoff
hergestellt, und 0,05% einer Lewis-Säure und 0,2% einer Lewis-Base wurden der Aufschlämmung
zugefügt. Der Schwefelkohlenstoff wurde abdampfen gelassen, wobei der Schwefel und
die stabilisierenden Mittel zurückblieben. Die trockenen Proben wurden
dann
verschieden lange erhöhten Temperaturen ausgesetzt. Es ist bekannt, daß erhöhte
Temperaturen die Depolymerisation des Schwefels beschleunigen, und die Bedingungen
wurden so gewählt, daß sie für die Stabilität des Schwefels möglichst ungünstig
waren. Folgende Ergebnisse wurden erzielt:
Verbindungen °/o Verlust von unlöslichem Schwefel |
Beispiel nach 40 Stunden nach 20 Stunden |
Lewis-Säure I Lewis-Base bei 32° C I bei 60° C |
Vergleich Keine Keine 2,7 10,7 |
1 Aluminiumbromid Styrol 0 1,3 |
2 Stannichlorid Styrol 0,1 5,8 |
3 Bortrichlorid Styrol 0,2 1,3 |
4 Trichloressigsäure Styrol 0 1,4 |
5 Monochloressigsäure Styrol 0 0,7 |
6 Dichloressigsäure Styrol 0,05 0,9 |
7 Schwefelsäure Styrol 0,1 1,8 |
8 Aluminiumbromid Divinylbenzol 0,2 |
9 Aluminiumbromid Dipenten 0,5 |
10 Aluminiumbromid Stilben 0,1 |
11 Stannichlorid a-Methylstyrol 0,1 |
12 Stannichlorid Octen-1 1,6 |
13 Stannichlorid 1-Vinylcyclohexan-3 1,3 |
14 Aluminiumbromid Methylpentadien 0 |
15 Aluminiumbromid Acryhütril 1,8 |
16 Aluminiumbromid Vinylchlorid 1,4 |
17 Aluminiumbromid a-Methylstyrol 0 |
Beispiel 8 Ein Gemisch von Schwefelwasserstoff und Schwefeldioxyd im Verhältnis
von 2 Mol Schwefelwasserstoff zu 1 Mol Schwefeldioxyd wurde durch 20%lge wäßrige
Salzsäure, die bei etwa 32'C gehalten wurde, geleitet. Der sich aus dem sauren Reaktionsmedium
abscheidende Schwefel wurde in einen anderen Behälter mit 30%iger Salzsäure übergeführt
und darin einen Tag lang gerührt. Der Schwefel wurde dann entfernt und an der Luft
3 Tage lang härten und trocknen gelassen. Der so erhaltene Schwefel enthielt 81%
unlöslichen Schwefel. In einem anderen Versuch wurden die gleichen Bedingungen angewandt,
jedoch waren in der 301/eigen Salzsäure 0,5-1/o t-Butylchlorid anwesend. Das nach
der gleichen Alterung und Trocknung erhaltene Produkt enthielt 87,2-% unlöslichen
Schwefel.