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Verfahren zur Herstellung von Vinylchlorid Vinylchlorid wird nach
einem bekannten bevorzugten Verfahren so hergestellt, daß man Acetylen mit Chlorwasserstoff
an quecksilberhaltigen Kontakten miteinander vereinigt. Um guten Umsatz zu erzielen,
wird dabei eines der beiden Gase, in der Regel der billigere Chlorwasserstoff, im
Überschuß von z. B.
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5 bis 150/o angewendet. Dabei muß die Temperatur im Katalysatorsystem
bis 2200 C gesteigert werden.
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Nach der Synthese wird der überschüssige Chlorwasserstoff durch Waschen
der Gase mit Wasser und Lauge entfernt und die aus Vinylchlorid, Spuren von Acetylen,
Fremdgasen und Wasserdampf bestehenden Gase zumeist mit Hilfe von festem Kaliumhydroxyd
getrocknet und dann durch Kühlen auf Temperaturen von 30 bis 600 C unter Null bei
gewöhnlichem Druck oder durch Kühlen mit Wasser und Komprimieren auf etwa 6 Atm.
das Vinylchlorid verflüssigt und von den Restgasen getrennt. Das so hergestellte
Vinylchlorid wird in der Regel noch einer fraktionierten Destillation unter einem
Druck von 3 bis 10 Atm. unterworfen, um noch vorhandene Inertgase und höhersiedende
Substanzen auszuscheiden.
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Diese von Latte in der deutschen Patentschrift 278 249 beschriebene
Arbeitsweise, die in vielen Betrieben ausgeübt wird, ist mit einer Reihe von Nachteilen
verbunden. Die Reaktionstemperatur muß zur Erzielung eines guten Umsatzes des Acetylens
auf etwa 2200 C getrieben werden, was die Lebensdauer des Katalysators und die Reinheit
des hergestellten Vinylchlorids beeinträchtigt. Der überschüssige Chlorwasserstoff
ist verloren und verursacht eine lästige Abwasserfrage. Die von der Synthese her
trockenen Gase werden durch das Auswaschen des überschüssigen Chlorwasserstoffes
mit Wasser gesättigt und müssen vor der Tiefkühlung oder vor der Kompression unter
Aufwand von Trockenmitteln in umfangreichen Anlagen entwässert werden. Bei der Isolierung
des Vinylchlorids durch Komprimieren der Gase finden leicht Störungen statt. Wenn
beim Erlahmen des Katalysators Acetylen in gefährlicher Konzentration komprimiert
wird, können schwere Explosionen entstehen. Auch bei regelmäßigem Betrieb führt
die Abscheidung von Polymerisationsprodukten im Kompressor zu häufigen Störungen.
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Alle diese Nachteile werden durch das vorliegende Verfahren beseitigt,
das darauf beruht, daß ein äquimolekulares Gemisch aus Acetylen und Chiorwasserstoff
an quecksilberhaltigen Katalysatoren stufenweise umgesetzt wird und Abscheidung
des Vinylchlorids nach jeder Stufe erfolgt. Hierzu wird das äquimolekulare Gemisch
von Acetylen und Chlorwasserstoff durch Leiten durch mehrere hintereinandergeschaltete
Katalysatoröfen
derart umgesetzt, daß in jedem Ofen infolge Niedrighaltung der Temperatur auf etwa
60 bis 1500 C nur ein teilweiser Umsatz stattfindet und der Hauptteil des entstandenen
Vinylchlorids nach jedem Ofen ausgeschieden wird. Dieses Verfahren kann z. B. derart
durchgeführt werden, daß man den Umsatz in einem ersten Katalysatorofen bis zu etwa
90°/0 durchführt, dann den Hauptteil des so erzeugten Vinylchlorids durch Kühlen
der Gase unter - 200 C flüssig ausscheidet, dann die hierdurch an Acetylen und Chlorwasserstoff
angereicherten Gase in einem zweiten Katalysatorofen bei etwa 60 bis 1500 C wieder
bis zu etwa 90 O/o umsetzt, die aus dem zweiten Katalysatorofen austretenden Gase
so stark, z. B. auf etwa -600 C, abkühlt, daß sich praktisch alles Vinylchlorid
verflüssigt und hiernach die nicht kondensierten Gase (hauptsächlich Fremdgase)
aus dem Reaktionssystem austreten läßt.
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Schon mit zwei Stufen, deren jede nur etwa 900/0 Umsatz leistet,
kann man 99°/o Gesamtumsatz für jede Komponente erzielen.
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Ein wichtiger Vorteil des Verfahrens ist die niedrige Katalysatortemperatur,
die um wenigstens 700 C tiefer gehalten werden kann als beim Einstufenverfahren.
Die folgende Tabelle, in der die Tension des Quecksilberchlorids in mm Hg bei verschiedenen
Temperaturen
(tO C) zusammengestellt ist, läßt die Bedeutung dieses Vorteils erkennen. t°C ...
60 90 120 150 180 200 231 mm ... 0,003 0,05 0,38 2,37 3,80 23,8 82 Die Tabelle zeigt,
daß bei einer Katalysatortemperatur von 60 bis 1500 C die Flüchtigkeit des Sublimats
viel kleiner ist und die Haltbarkeit des Katalysators entsprechend größer ist als
bei 180 bis 2200 C.
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Man kann auch mit mehr als zwei Stufen arbeiten. z. B. in vier Öfen
hintereinander nur zu 80, 70, 60 und 50°/o Umsätzen. Hierbei kann man die Katalysatortemperatur
tiefer als beim Zweistufenverfahren halten und trotzdem einen praktisch quantitativen
Gesamtumsatz erzielen.
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Wesentlich ist, daß nach jedem Katalysatorofen der Hauptteil des
entstandenen Vinylchlorids ausgeschieden wird, um die Konzentration an Acetylen
und Chlorwasserstoff wieder zu erhöhen. Das ausgeschiedene flüssige Vinylchlorid
enthält noch Gase gelöst.
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Um diese auszutreiben, wird es auf den Kopf einer Fraktionierkolonne
gegeben, durch welche Vinylchloriddampf, der im Sumpf der Kolonne durch einen Verdampfer
erzeugt wird, strömt. Das Vinylchlorid wird in einem Kondensator wieder verflüssigt
und nach Abtrennung der Gase auf die Kolonne zurückgeführt.
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Auf diese Weise erhält man am unteren Ende der Kolonne flüssiges
Vinylchlorid, das vollständig frei von Acetylen und Chlorwasserstoff ist. Infolgedessen
kann auf das übliche Behandeln des Vinylchlorids mit Wasser und Lauge völlig verzichtet
werden. Das so gewonnene Vinylchlorid kann dann nochmals zwecks Entfernung höhersiedender
Verunreinigungen destilliert werden.
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Die Erfindung sei an Hand der Zeichnung erläutert, die eine Anlage
für eine stündliche Erzeugung von etwa 700kg Vinylchlorid veranschaulicht. Die Anlage
ist in drei Teile unterteilt, die mit A, B und C gekennzeichnet sind. A bedeutet
die Synthese, B die Kondensation und C die Reindestillation. Die erfindungsgemäßen
Maßnahmen betreffen nur die Synthese und die Kondensation.
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Der Reaktor 1 enthält 5 ms Katalysator, der aus Aktivkohle und Quecksilberchlorid
besteht. Der Kontakt ist in 4 m langen, flachen Rohren mit einem Querschnitt von
18 X 50 mm angeordnet, so daß der Abstand der Katalysatorkörner von der Rohrwand
nirgends größer als 9 mm ist. Die Rohre sind von Wasser oder Öl umspült, mit dessen
Hilfe die Temperatur des Katalysators je nach dessen Aktivität in engen Grenzen
gehalten werden kann. Der Reaktor 2 ist wie Reaktor 1 gebaut; er kann kleiner sein
und nur etwa 2 m3 Katalysator enthalten. Man führt Reaktor l stündlich 252,5 m3
990/oiges Acetylen und 257,5 m3 970/oigen Chlorwasserstoff zu, die zusammen 10 ms
Fremdgas (Wasserstoff, Stickstoff und Kohlensäure) als normale Verunreinigungen
enthalten. Die Temperatur im Reaktor 1 wird so eingestellt, daß ein Umsatz von 900!0
erfolgt, was an der Kontraktion und am Chlorwasserstoff- bzw. Acetylengehalt der
aus dem Ofen austretenden Gase leicht zu erkennen ist. Mit frischem Katalysator
kann dieser Umsatz schon bei 60 bis 1200 C erreicht werden. Bei älterem Katalysator
muß die Temperatur nach und nach bis auf 150 C gesteigert werden. Es empfiehlt sich,
die Temperatur nicht über 1500 C zu steigern, weil sonst der Katalysator durch Bildung
von
Sublimatbrücken und harzigen Produkten seine Rieselfähigkeit verliert und nur
mit Schwierigkeiten aus den Katalysatorrohren entleert werden kann. Die aus dem
Ofen 1 austretenden Gase werden im Kühleer 6 auf 260 C abgekühlt, wodurch sich 390
kg flüssiges Vinylchlorid ausscheiden, die zur Kolonne 3 fließen, wo die gelösten
Gase ausgetrieben werden und wieder dem Kondensator 6 zugeleitet werden. Die im
Kondensator 6 nicht verflüssigten Gase, insgesamt etwa 150 m3-h. werden dem Reaktor
2 zugeführt.
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Durch das Abscheiden des Vinylchlorids ist der Gehalt an Acetylen-Chlonvasserstoff-Gemisch
beinahe auf 40 0/o angestiegen. Dasselbe wird im Reaktor 2 wieder zu etwa 90n'0
umgesetzt und hierauf in 7 auf 300 C abgekühlt, wobei sich 240 kg/h flüssiges Vinylchlorid
ausscheiden. die ebenfalls auf die Kolonne 3 geführt werden. Die in 7 nicht kondensierten
Gase werden in 8 auf - 60 C gekühlt, wodurch nochmals 60 kg flüssiges Vinylchlorid
gewonnen werden, die auch auf Kolonne 3 geführt werden. Die aus 8 mit einer Temperatur
von 60 C austretenden Restgase bestehen aus je etwa 2 m:3 Acetylen, Chlorwasserstoff
und Vinylchlorid sowie 10 m3 Fremdgas. Sie werden verloren gegeben und ins Freie
entlassen. Das so gewonnene flüssige Roh-Vinylchlorid, insgesamt 690 kgt, wird in
der Kolonne 3 bei Normaldruck entgast, indem im Sumpf der Kolonne so geheizt wird,
daß je 1 kg zufließenden Vinylchlorids 1 kg Vinylchlorid verdampft, das im Kühleer
6 zusätzlich kondensiert wird und als Rücklauf auf die Kolonne 3 zurückfließt. Das
aus dem Sumpf der Kolonne 3 austretende Vinylchlorid ist vollständig frei von Acetylen
und Chlorwasserstoff. Es wird mit der Pumpe 11 in die Kolonne 4 gedrückt, die unter
einem Druck von etwa 4 Atm. steht. Der Sumpf der Kolonne wird mit Dampf oder Heißwasser
geheizt, während der Kondensator 9 mit Wasser gekühlt wird.
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Die Kolonne wird mit einfachem Rücklauf betrieben.
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Dem Kondensator werden stündlich 690 kg Vinylchlorid entnommen. Es
ist rein und für die Polymerisation geeignet. Etwa 25 kg der im Sumpf der Kolonne
4 befindlichen Flüssigkeit werden stündlich in die kleine Fraktionierkolonne 5 abgelassen.
wo sie unter einem Druck von 4 Atm. bei einfachem Rücklauf in Vinylchlorid und höhersiedende
Anteile zerlegt werden. Die Hauptmenge ist Vinylchlorid, das zur Kolonne 4 zurückgeführt
wird. Die höhersiedenden Anteile reichern sich im Sumpf an, von wo sie periodisch
bei 12 in einer Menge von etwa 20 kg in 24 Stunden abgelassen werden. Sie bestehen
zur Hauptsache aus Dichloräthan und Acetaldehyd.
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Es ist bereits bekannt, zur Herstellung von Vinylchlorid etwa 100
Volumen Acetylen und 1 Volumen Chlorwasserstoff über Katalysatoren zu leiten, die
auf Temperaturen unter 1500 C erhitzt werden. Hierbei wird z. B. derart verfahren,
daß der Katalysator auf etwa 500 C erhitzt wird, das Acetylen und der Chlorwasserstoff
durch den Katalysatorraum geleitet, das austretende Gas in zwei Teile geteilt wird,
der größere Teil in den Katalysatorraum zurückgeführt und der kleinere Teil abgekühlt
wird. Das abgekühlte Gas wird nach Abscheidung des kondensierten Vinylchlorids über
Wärmeaustauscher wieder in den Umlauf zurückgeführt.
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Nach der Erfindung wird ein äquimolekulares Gemisch von Acetylen
und Chlorwasserstoff durch einen Katalysatorofen geleitet, der auf so niedriger
Temperatur gehalten wird, daß nur ein teilweiser
Umsatz erfolgt.
Alsdann werden durch Abscheiden des gebildeten Vinylchlorids Acetylen und Chlorwasserstoff
angereichert und das Gemisch in einem nachfolgenden Katalysatorofen zur Reaktion
gebracht. Hierdurch kann man in einfachster und zuverlässigster Weise durch Arbeiten
in mehreren Stufen praktisch das gesamte Acetylen und den gesamten Chlorwasserstoff
in Vinylchlorid überführen.
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Das Verfahren arbeitet mit einfacheren Einrichtungen als die bekannten
Verfahren, mit großer Betriebssicherheit und sehr langer Lebensdauer des Katalysators.
Hierdurch werden auch alle eingangs der Beschreibung erwähnten Nachteile der bekannten
Verfahren zur Herstellung von Vinylchlorid erfolgreich behoben.