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Verfahren zur Durchführung einer Scheidesaturation von Zuckersäften
Die Reinigung von Zuckersäften erfolgt vornehmlich durch Behandlung mit Kalk und
Kohlensäure. Viele Variationen zur Durchführung dieses Prozesses mit diesen beiden
Stoffen wurden entwickelt, um möglichst viele Nichtzuckerstoffe auf einem einfachen
Weg aus dem Saft zu entfernen und dabei gleichzeitig die ausfallenden Nichtzuckerstoffe
in einen Zustand zu bringen, der eine gute mechanische Abtrennung dieser Stoffe
z. B. durch Absetzer, Drehfilter, Zentrifugalabscheider u. a. ermöglicht.
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Die Entwicklungen auf diesem Gebiet beruhten vornehmlich auf der Erkenntnis,
daß während des Entstehens eines Calciumcarbonatkristalls dessen Oberflächen eine
besonders starke Adsorptionsaktivität aufweisen und auf der Ausnutzung dieser Erkenntnis
diesen Vorgang schon während der plI-abhängigen Ausflockungen von Nichtzuckerstoffen
ablaufen zu lassen. Hierbei wirkt sich besonders die bekannte Rücknahme von Saturationsschlamm
günstig aus.
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Nach einem bekannten Verfahren soll während der Vorscheidung gleichzeitig
Kalk und Kohlensäure abschnittsweise und mit zwischengeschalteten Stabilisierungspausen
zugegeben werden, um den pll-Wert von 7 bis etwa 11 progressiv ansteigen zu lassen.
Dabei soll ebenfalls der Saft aus den Stufen höherer Kalk- bzw. Carbonatkonzentration
teilweise in Stufen niedrigerer Konzentration zurückgeführt werden.
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Nach einem ähnlichen Vorscheidungsverfahren wird der Zuckersaft zunächst
einer Kalk-Kohlensäure-Behandlung unterworfen, wobei die pl,-Charakteristik einer
mehrstufigen progressiven Vorscheidung bis zum Endpunkt von etwa 10.8 entspricht,
wonach der so behandelte Saft geklärt und einer zweiten Kalk-Kohlensäure-Behandlung
unterworfen wird bis zu einem pll-Wert von etwa 9,2, dem Punkt der optimalen Alkalität.
Der abgeschiedene Schlamm aus dem Saft der zweiten Behandlungsstufe soll dann als
Konzentrat reinen Carbonats in die seinem PH-Wert entsprechende Stufe der ersten
Behandlungsstufe zurückgeführt werden.
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Während diese bekannten Verfahren mit einer Vorscheidung des Saftes
arbeiten. wird nach einem anderen bekannten Verfahren die Zugabe der gesamten Kalkmenge
in Teilmengen bei gleichzeitiger Kohlensäurezugabe vorgesehen und der Saft nacheinander
einigen unterschliedlichen ausgeprägten pH-Stufen ausgesetzt, bis in der letzten
Stufe der End-pll-Wert von etwa 11 erreicht ist. Der Übergang von einer pll-Stufe
zur anderen geschieht sprunghaft, und zwar auch dann, wenn nach einem älteren Vorschlag
hierbei ein Teil des in der letzten oder vorletzten Stufe anfallenden Schlammsaftes
dem Rehsaft oder einer früheren Stufe des Verfahrens zugesetzt wird.
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Das Verfahren nach der Erfindung bedient sich einer Scheidesaturation
von Zuckersäften durch gleichzeitiges Einleiten von Kalk und Kohlensäure in Teilmengen
in Form der progressiven Scheidesaturation mit teilweiser Rücknahme des Saftes und
besteht darin, daß die gesamte Rohsaftmenge ohne vorherige Vorscheidung auf dem
Wege der progressiven Scheidesaturation in jeder p"-Stufe bis zum pf,-Wert 11 jeweils
ein oder mehrmals zur Rezirkulation unter gleichzeitiger Zuführung von Kalk und
Kohlensäure in die zurückgeführten Saftströme gebracht wird.
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Der wesentliche Vorteil einer solchen vorscheidungslosen Scheidesaturation
ist darin zu sehen, daß in den jeweils zurückgeführten Saftströmen durch die Zugabe
von Kalk und Kohlensäure ständig neue Calciumcarbonatkristalle entstehen und während
ihrer Entstehung dem Hauptstrom des zu behandelnden Saftes zugeführt werden. Damit
werden die Sedimentationseigenschaften der Nichtzuckerstoffc und deren Filtrationskoeffizienten
wesentlich verbessert. und zwar ohne Erhöhung des Kalkverbrauches.
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Anschließend können die Ausflockungen leicht vom Saft abgetrennt und
der Saft dann in die zwnhe Saturation gegeben werden, in der die Kohlensäure bis
zur optimalen Ausfällung des Calciums eingeleitet wird. Vorher kann der Saft noch
zur weiteren lnvertzuckerzerstörung und Amidverseifung für kurze Zeit höher alkalisiert
und erhitzt werden.
Eine wesentliche Vereinfachung der Einrichtung
zur Durchführung des Verfahrens ergibt sich, wenn nach einer weiteren Ausbildung
des Verfahrens die Scheidesaturation bei der Rückführung des Saftstromes jeweils
in einem Rohr unter Ausnutzung der Mammutpumpenwirkung durchgeführt wird.
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Es ist ferner möglich, das Verfahren auch bei der zweiten Saturation
anzuwenden, in der der von den kolloidalen Ausflockungen befreite Saft der ersten
Saturation mit oder ohne Nachkalkung bis zur optimalen Calciumausfällung saturiert
wird. Die gleichzeitige Zuführung von Kalkmilch ist hier nicht mehr erforderlich,
jedoch erweist sich eine geringe Zugabe von Kalk bei bestimmten Säften als vorteilhaft.
Der wichtigste Fortschritt bei der rezirkulierenden zweiten S«turation ist auch
hier die stetige und intensive Rückführung der bereits gebildeten Carbonatkristalle
entgegen der allgemeinen Strömungsrichtung des Saftes.
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Die Zeichnungen zeigen schematische Beispiele einer Vorrichtung für
die Ausführung des Verfahrens der vorliegenden Erfindung.
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Abb.l zeigt einen Längs- und Querschnitt der Vorrichtung, Abb. 2 ein
Fließschema zu Abb. 1 und Abb. 3 eine zweite Ausführungsform der Vorrichtung in
der Draufsicht und im Längsschnitt.
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Nach Abb. 1 besteht die Vorrichtung aus einer je nach der Leistung
der Anlage bemessenen Anzahl von im Saftfluß hintereinandergeschalteten Kammern
1 bis 6. Von den Kammern 2 bis 6 sind jeweils zwei benachbarte Kammern durch Überläufe
miteinander verbunden, die zur Aufrechterhaltung des Saftflusses kaskadenartig angeordnet
sind. An dem trichierförmigen Boden der Kammern 2 bis 6 ist je ein U-förmiges Rohr
7 angeschlossen, dessen aufsteigender Teil oberhalb des Flüssigkeitsstandes der
im Saftfluß vorhergehenden Kammer mündet, während von dem trichterförmigen Boden
der Kammer 1 ein Rohr 7a zur Kammer 2 geführt ist. In dem aufsteigenden Teil jedes
Rohres 7 ist ein Einführungsstutzen a für die Kohlensäure und im absteigenden Teil
des Rohres 7 ein Einführungsstutzen b für Kalkmilch vorgesehen. Das von der Kammer
1 zur Kammer 2 führende Rohr 7a hat keine Einlässe für Kalk und Kohlensäure. Die
Kammer 1 besitzt einen Einführungsstutzen c für den zu behandelnden Saft und die
Kammer 6 einen Auslaufstutzen d für den behandelten Saft.
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Die Stelle des Einführens der Kalkmilch kann variiert werden. Wenn
ein feineres Carbonatkristall gewünscht wird, kann sie kurz vor Eintritt der Kohlensäure
liegen oder zur Herstellung eines gröberen Kristalls in entsprechender Entfernung
hinter dem Eintritt der Kohlensäure. Mit einem üblichen Dosiergerät wird sowohl
die Gesamtkalkmenge als auch der Anteil für die einzelnen Stufen von dieser Gesamtmenge
bemessen. Die Kalkmilchzugabe kann - der Saftqualität entsprechend - bei einer Stufe
oder bei mehreren besonders der ersten Stufen auch ausgelassen werden.
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Aus dem Fließschema nach Abb. 2 ist zu erkennen, daß der bei c in
die Kammer l eintretende Rohsaft mit dem aus der Kammer 2 über das Rohr 7 zurückgeführten
Teilstrom der Kammer 2 zusammentrifft. Die beiden miteinander sich vermischenden
Säfte werden durch das Rohr 7a in die Kammer 2 gedrückt, wo sie mit dem aus der
Kammer 3 über das zugehörige Rohr 7 zurückgeführten Saft zusammentreffen.
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In jedem Rohr 7 findet durch die Zuführung von Kalk und Kohlensäure
die eigentliche Scheidesaturation statt, wobei die Kohlensäure die teilweise Neutralisation
der Kalkmilch bewirkt. Ferner bewirkt die Kohlensäure nach dem Prinzip der Mammutpumpe
die Rückführung des Teilsaftstromes in die benachbarte höherliegende Kammer. Um
die Rezirkulation des Saftes bei variierten Kohlensäuremengen konstant halten zu
können, kann bei reduzierter Kohlensäuremenge über eine entsprechende Einrichtung
Luft oder Saturationsabgas z. B. bei e zugemischt werden. Dieses Zumischen kann
auch für die einzelnen Gefäße gesondert erfolgen.
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Der End-PH-Wert und der gesamte pH-Verlauf können durch entsprechende
Dosierung der Kalkmilch wie auch durch Verschiebung des Verhältnisses Kohlensäure
zu Luft reguliert werden. Für die in Abb. 2 vorgesehenen Gefäße 1 bis 6 sind
z. B. folgende Werte des pH-Verlaufes möglich: 7,2, 8,2, 8,8, 9,6, 10,2, 11,0. Zur
Erreichung optimaler Wirkungen soll jedoch der p11-Verlauf den entsprechenden Eigenschaften
der jeweiligen Säfte angepaßt werden. Diese Anpassung ist mit der beschriebenen
Vorrichtung in großer Variationsbreite äußerst einfach durchzuführen.
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Abb. 3 zeigt, daß die Scheidesaturation und die Rezirkulation nicht
nur über ein äußeres Steigrohr zu erfolgen braucht. Hier liegen zwei Reihen von
z. B. je sechs Kammern 1 bis 12 nebeneinander. Der eigentliche Saftstrom geht wiederum
kaskadenförmig über die Kammern 1-2-3-5-7-9-11. In den Kammern 4-6-8-10-12 erfolgt
die Einführung der Kohlensäure bei a und der Kalkmilch bei b. Dabei wird wieder
mit der Einführung der Kohlensäure oder des Kohlensäure-Luft-Gemisches bzw. Kohlensäure-Saturationsabgas-Gemisches
eine Rückführung des Saftes in die Kammern 1-3-5-7-9 bewirkt. Mit entsprechenden
Pfeilen ist aufgezeigt, wo der Saftstrom bei / unter und bei g über die jeweilige
Trennwand fließt.
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Bei Verwendung der Vorrichtung für die zweite Saturation kann die
Anzahl der Kammern geringer sein als bei der ersten Saturation.
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Mit dem Verfahren und der Vorrichtung der vorliegenden Erfindung werden
folgende für die Saftreinigung günstigen Effekte erreicht.
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Der bekannte Effekt der Adsorption zwischen den Calciumcarbonatkristallen
im statu nascendi und den Kolloiden wird während ihres Ausflockens auf dem gesamten
Saftweg zwischen pH 6,2 und 11,0 verstärkt ausgenutzt, und zwar bei jeweils günstigstem
pH-Wert, so daß bei den Kristallen und Ausflockungen durch weitere Adsorption und
weiteres Wachsen Schlammpartikel in günstiger Größe erhalten werden.
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Die Schlammsaftrücknahme erfolgt selbsttätig. Die bisher übliche Rücknahme
größerer Mengen Schlammsaft oder Dickschlamm ist nicht mehr erforderlich.
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Durch die Rückführung des Saftes in eine Stufe mit niedrigem pfi-Wert
erfolgt eine laufende Ausnutzung des sogenannten Obersaturationseffektes, der einen
günstigen Einfluß auf die Ausflockungen des jeweils zurückgeführten Saftes ausübt.
Dabei fördern anscheinend auch die bereits alterierenden und schrumpfenden Kolloide
nach Rückführung in die vorherige Stufe die Ausflockung der hier vorhandenen Kolloide
in besonders günstiger Weise.
Örtiiehe Cberkalkungen, welche die
Behandlung der Koiloide in unerwünschter `'"eise stören, werden weitgehünd vermieden.
Es erfolgt ein allmählicher Anstie" und hinsichtlich der Auswirkung optimaler Verfaul
der p"-Werte.
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Die Sät ,e ;4^ertlen voliständig und gleichmäßig beim Durchlas!:'
Jarch die Vorrichtung durchmischt. wobei die Atisiic.ckungen und Kristalle durch
das Saturaiions#-,#@c:als Transportmittel schonend behandelt ;;erden ira Gegensatz
zur Anwendung mechanischer i;ühr;@erke oder Pumpen.
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Nach Bedarf können feinere oder gröbere Kristalle er:@eu@@t werden.
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Wenn die Einlaßstutzen für Kalkmilch und Saturationsga@ dicht übereinander
angeordnet werden, ist aiicli eine Scheidesaturation bei tiefen p"-Werten ,ks Zuckersaftes
möglich.
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Wenn das Verfahren bei der zweiten Saturation angewendet wird, wirken
die zurückgeführten Kris@alle als Anregekristalle und sorgen für eine weitr' Aufhebung
der Übersättigung an Calciumcarbonat und für grobkörnigere Kristalle. Dadurch wird
die Arbeit der zweiten Saturation auch hinsichtli@h einer möglichst weitgehenden
Entkalkung verbcssert.
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Die Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens ist einfach und betriebssicher,
denn sie enthält keine sich bewegenden Teile.
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Da die U-Rohre unterhalb der Kammern beliebig verlängert werden können,
ist die Höhe des Saftstandes im Steigrohr entsprechend einstellbar. Die U-Rohre
können nachträglich an bereits vorhandene Vorscheidungen bekannter Bauart in einfacher
Weise angebaut werden.