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Verfahren zur Gewinnung von Acrolein und Acrylsäurenitril und ihren
Homologen aus Gasen Ungesättigte sauerstoff- oder stickstoffhaltige Verbindungen
wie Acrolein und Acrylsäurenitril und ihre Homologen werden technisch vielfach durch
katalytische Reaktionen in der Gasphase hergestellt. Als Ausgangsmaterial dienen
aliphatische Olefine mit einer C-Zahl von etwa 3 bis 6, insbesondere von 3 und 4.
Die Umsetzung erfolgt mit Sauerstoff und gegebenenfalls mit Ammoniak und Wasserdampf.
Aus den Reaktionsgasen werden die Endprodukte im allgemeinen durch Tiefkühlung oder
durch Waschprozesse gewonnen. Als Wasch- oder Lösungsmittel wird zumeist Wasser
verwendet, doch werden auch niedrigmolekulare Alkohole und Glykol in der deutschen
Patentschrift 1 070 170 und 941 428 erwähnt.
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Acrolein und Acrylsäurenitril sowie ihre Homologen sind in Wasser
verhältnismäßig wenig löslich, besitzen jedoch einen ziemlich hohen Dampfdruck.
Es ist daher erforderlich, das Auswaschen dieser Verbindungen mehrstufig und mit
großen Wassermengen durchzuführen, wenn ein befriedigendes Ergebnis erreicht werden
soll. Entsprechend dem beträchtlichen technischen Aufwand sind auch die Kosten für
Energie und Anschaffung verhältnismäßig hoch.
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Einen anderen Weg geht das folgende Verfahren.
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Es wurde gefunden, daß man zur Gewinnung von Acrolein und/oder Acrylsäurenitril
bzw. ihren Homologen aus solche enthaltenden Gasen besonders günstig so arbeitet,
daß man die Gase einer Waschung mit aliphatischen Athern oder Äthergemischen mit
einer Gesamt-C-Zahl zwischen 8 und 22, vorzugsweise zwischen 12 und 18, bei unter
200 C, vorzugsweise unter 0° C, liegenden Temperatur und bei Anwendung von normalem
oder erhöhtem Druck unterwirft. Die zur Waschung verwendeten Ather der genannten
C-Zahlen können von geradkettiger oder verzweigter Struktur sein, sie können einen
symmetrischen oder asymmetrischen Ausbau besitzen, bzw. die C-Zahl der beiden aliphatischen
Ketten kann gleich oder verschieden sein. Außerdem ist die Verwendung von Isomerengemischen
möglich. In allen Fällen, in denen ein Gemisch aliphatischer Äther zum Einsatz kommt,
soll die Differenz in der Siedelage zwischen der am niedrigsten und der am höchsten
siedenden Komponente ungefähr 500 C nicht überschreiten und möglichst unterhalb
250 C liegen.
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Das erfindungsgemäße Verfahren gestaltet sich in der folgenden Weise.
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Das zur Verarbeitung kommende Gas, beispielsweise das Reaktionsgas
aus der katalytischen Oxydation von aliphatischen Olefinen, enthält neben den ungesättigten
sauerstoff- oder stickstoffhaltigen Re aktionsprodukten gegebenenfalls gesättigte
Kohlen-
wasserstoffe, Sauerstoff, Ammoniak und Wasserdampf. Dieses Gasgemisch wird
zunächst durch eine Luftkühlung geleitet, um einen Teil des vorhandenen Wassers
zu kondensieren. Hierauf wird durch eine nachgeschaltete Wasserkühlung die Kondensation
weiterer Wassermengen und geringer Anteile an Reaktionsprodukten bewirkt. Dabei
soll in den beiden Kondensationsstufen mehr als 80 °/o, besser über 90°/o, der vorhandenen
Wassermenge herausgenommen werden. Nach Entfernung der Hauptmenge Wasser wird das
Reaktionsgas der Ätherwäsche zugeführt. Diese besteht aus einem mindestens einstufigen
Waschsystem, das gegebenenfalls auch zwei oder weitere Stufen umfassen kann. Zweckmäßig
steuert man die Temperaturen bei dem Abkühlen so, daß zunächst eine möglichst weitgehende
Herausnahme des. Restwassers stattfindet. Gleichzeitig wird hierbei dann bereits
ein Teil der Reaktionsprodukte ausgewaschen. Bei einer sehr hohen Beladung der Gase
mit Reaktionsprodukten ist es möglich, diese Stufe lediglich als Kühlstufe ohne
Ätherwaschung zu betreiben. Man kann sie jedoch auch schon als Waschstufe benutzen,
wobei die Waschung mit Äthern im Gleichstrom oder besser im Gegenstrom über Füllkörperringe,
z. B. Raschigringe, erfolgt. Andere Prinzipien der Auswaschung sind ebenfalls anwendbar,
so das Versprühen des Waschmittels durch Verdüsung oder auch Waschapparaturen mit
Glockenböden oder Rieselböden entsprechend dem Stand der Technik.
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Der Druck, bei dem die Auswaschung erfolgt, entspricht im allgemeinen
dem Druck, bei dem die
Reaktion, z. B. die katalytische Oxydation,
ausgeführt wird. Er beträgt häufig 1 bis 3 ata und hängt von dem Vordruck ab, der
bei fest angeordneten Katalysatoren zur Überwindung des Widerstandes erforderlich
ist.
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Das auszuwaschende Gas kann jedoch auch durch eine nachgeschaltete
Kompression auf einen höheren Druck gebracht werden als dem bei der Reaktion selbst
angewandten, z. B. auf Drücke von etwa 25 atü.
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In diesem Fall kann die Waschtemperatur entsprechend erhöht werden.
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Bei zwei- oder mehrstufigem Betrieb müssen die Temperaturen der verschiedenen
Stufen aufeinander abgestimmt werden. Wird z. B. die zweite Stufe bei Raumtemperatur
bis herunter zu etwa 0° C betrieben, so wird die erste Stufe bei ungefähr gleicher
Temperatur arbeiten. Wird jedoch die zweite Stufe, wie es sich als günstig erwiesen
hat, im Bereich von weniger als 0 bis etwa 500 C betrieben, so ist für die erste
Stufe eine Temperatur zwischen etwa +10 und - 250 C, besonders 0 und - 200 C, vorteilhaft.
Noch tiefere Temperaturen sind in der ersten Stufe unzweckmäßig, da sich dann die
Gefahr der Vereisung und damit auch die Gefahr von Betriebsstörungen ergibt.
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Die Gasbelastung ist von der Wassermenge und der Konzentration der
Reaktionsprodukte im Gas ebenso abhängig wie von der Konstruktion und dem Wirkungsgrad
des angewandten Waschverfahrens und kann daher in sehr weiten Grenzen verschieden
sein.
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Sie liegt zwischen etwa 50 und 100001 je Liter Waschflüssigkeit und
Stunde. Die Belastung hängt unter anderem auch davon ab, ob die Entnahme des mehr
oder weniger beladenen Waschäthers absatzweise oder kontinuierlich erfolgt.
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Bei zwei- oder mehrstufigem Betrieb stellen die zweite und die folgenden
Stufen die eigentlichen Waschstufen dar, die auch mehrere Einheiten, die in Serie
oder parallel geschaltet werden, umfassen können. Diese folgenden Stufen können
zwar wie die erste im Temperaturbereich zwischen etwa +20 und 0° C betrieben werden,
es ist jedoch günstiger, einen Temperaturbereich zwischen 0 und -500C, besonders
zwischen 0 und - 300 C, zu wählen. Hier ist es zweckmäßig, bei der Waschung das
Gegenstromprinzip anzuwenden. Druck und Belastung in diesen Stufen liegen etwa in
gleicher Höhe wie in der vorhergehenden, jedoch ist es vorteilhaft, die Belastung
etwas zu verringern, um einen möglichst hohen Grad der Auswaschung sicherzustellen,
z. B. die Belastung auf die Hälfte oder bis auf ein Zehntel der ersten Stufe zu
vermindern.
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Die in der Waschflüssigkeit angereicherten Verbindungen werden durch
anschließende Rektifikation in einer gut trennenden Destillationseinrichtung gewonnen,
wobei sowohl absatzweise als auch kontinuierlich gearbeitet werden kann. Die Rektifikation
erfolgt bei Normaldruck oder auch geringem Unterdruck. Die hierbei erhaltenen Verbindungen,
beispielsweise Acrylsäurenitril und Acetonitril, besitzen einen hohen Reinheitsgrad.
Bei der geringen Wassermenge, die in den ethern vorhanden ist, fällt im allgemeinen
das Acetonitril bereits völlig wasserfrei an. Das Acrylnitril enthält nur die gelöste
Wassermenge (etwa 3 0/o), da sich das azeotrope Gemisch mit 16°/oWasser nach Kühlung
in zwei Phasen scheidet, deren obere reines Acrylnitril mit wenig gelöstem Wasser
darstellt. Unter günstigen Bedingungen kann auch bereits ein Teil des Acrylsäurenitrils
wasserfrei erhalten werden. Für Acrolein und seine Homologen liegen die Verhältnisse
ebenso
günstig. Auch hier wird zumeist das Hauptprodukt praktisch wasserfrei gewonnen,
ein Vorteil, der für verschiedene technische Zwecke von Bedeutung ist.
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Für die Auswaschung des Acroleins wurde in sehr allgemeiner Weise
vorgeschlagen, Lösungsmittel zu verwenden, z. B. im deutschen Patent 880133, oder
geeignete Lösungsmittel, wie Wasser, im deutschen Patent 831 837. Das Verfahren
des deutschen Patentes 880 134 verwendet für die Auswaschung Alkohole. Da die Reaktionsfähigkeit
des Acroleins mit Alkoholen zur Bildung von Alkoxyverbindungen führen kann, ist
die Durchführung dieses Verfahrens nicht ohne Schwierigkeiten. Im USA.-Patent 2606933
wird eine Arbeitsweise zur Auswaschung des Acroleins mit Hilfe von Gasolkohlenwasserstoffen
unter Druck beansprucht. Die Anwendung von Druck, ohne die das Verfahren nicht durchführbar
ist, stellt eine starke Belastung dar.
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Gegenüber diesen Vorschlägen bedeutet die Auswaschung des Acroleins
in der erfindungsgemäßen Weise einen erheblichen technischen Fortschritt. Die Beladung
des Waschmittels Ather durch Acrolein liegt etwa eine Zehnerpotenz höher als die
Beladung des Waschmittels Wasser. Die hohe erreichbare Konzentration des Acroleins
im Waschäther verringert den für die Aufarbeitung erforderlichen Destillationsaufwand
außerordentlich stark. Die verwendeten Äther sind gegenüber Acrolein indifferent,
so daß keine Schwierigkeiten durch unerwünschte Nebenreaktionen eintreten. Der Waschprozeß
kann schließlich ohne Anwendung von Druck mit sehr hohem Auswaschungsgrad durchgeführt
werden, so daß bei gleichem erzielbarem Effekt eine Druckwäsche und der dafür erforderliche
Aufwand entfällt.
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Beispiel In ein Reaktionsrohr von 10 m Länge und 32mml.W., welches
elektrisch über einen Diphylmantel beheizt wurde und dem eine Luft- sowie Wasserkühlung
mit Vorlagen nachgeschaltet war, wurden 8 1 eines aus 10,70/o MoO, 12,7 0/o Bi2
O und 76,7 °/o Kieselsäure bestehenden Katalysators eingefüllt. Der Katalysator
war aus technischer Molybdänsäure mit etwa 85°/o MoO3-Gehalt, Wismutnitrat (Bi(NO3>3
+ 5 H20), 29 cmS HN03 (konz.) unter Zusatz einer feinpulverigen, unter der Handelsbezeichnung
»Aerosil ungepreßt« bekannten Kieselsäure (76,60/0) hergestellt worden. Nach Zusatz
ausreichender Mengen an Wasser zum Ausgangsgemisch erfolgte die Verformung der pastenförmigen
Masse mit einer Fadenpresse auf ein Fadenkorn von 5 mm Durchmesser und etwa 1 bis
5 mm Länge. Die Masse wurde anschließend bei 1050 C während 24 Stunden getrocknet
und danach bei 3000 C während einer Stunde kalziniert.
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Über einen Wassersättiger, der auf eine Temperatur von 660 C eingestellt
war, wurden 1200 Normalliter je Stunde Luft mit Wasserdampf gesättigt, anschließend
wurden 180 Normalliter eines C3-Gemisches, welches 62°/o Propylen (5,1 Mol je Stunde),
Rest Propan und kleine Mengen an C2-Kohlenwasserstoffen enthielt, zugesetzt. Der
Zusatz der C3-Kohlenwasserstoffe erfolgte erst unmittelbar vor dem Reaktionsrohr,
die Temperatur zwischen Sättiger und Reaktor wurde auf etwa 1000 C eingestellt,
um jegliche Kondensation von Wasser auszuschließen.
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Die Reaktionstemperatur betrug 4030 C, im Diphylmantel gemessen.
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Die Kondensation der Reaktionsprodukte geschah zunächst mittels eines
Luftkühlers bei 450 C, danach durch einen Wasserkühler bei 180 C. Das Restgas wurde
anschließend durch eine zweistufige Ätherwäsche geleitet.
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Diese Wäsche bestand aus zwei hintereinandergeschalteten Rohren von
70 mm 1. W. und 1 m (erste Stufe) bzw. 2,5 m (zweite Stufe) Höhe. Umgeben waren
die Rohre von einem Kühlmantel, der von verdampfendem Ammoniak durchströmt wurde
und nach außen gegen Wärmeaufnahme gut isoliert war. Das Restgas wurde in jeder
Stufe von unten eingeleitet.
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Von oben wurde Dihexyläther (durch Dehydratisierung von Hexylalkohol
hergestellt) mittels einer Pumpe aufgegeben; in jeder Stufe wurde frischer Äther
verwendet; Die Temperatur der ersten Stufe wurde auf 180 C eingestellt. Hierbei
trat noch keine Vereisung ein, das im Restgas enthaltene Wasser wurde weitgehend
kondensiert. Die Temperatur der zweiten Stufe lag bei -250C.
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Die in der ersten Stufe aufgegebene Menge Äther betrug 100 cm3 je
Stunde, während in der zweiten Stufe 300 cm3 je Stunde aufgegeben wurden. Der Äther
konnte gekühlt (etwa - 50 C) oder ungekühlt (etwa +150 C) zugegeben werden.
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Unter diesen Bedingungen wurden in der ersten Stufe etwa 45 Gewichtsprozent
der insgesamt gewonnenen Produkte (Acrolein, Acetaldehyd, Acrylsäure) ausgewaschen,
der Rest in der zweiten Stufe. Der Wirkungsgrad beider Stufen, bezogen auf die insgesamt
im Restgas vorhandenen Reaktionsprodukte (ohne CO.2 und CO), betrug 96 bis 97 O/o.
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Die in dem Äther enthaltenen Reaktionsprodukte wurden durch destillative
Aufarbeitung in Feinfraktionierkolonnen isoliert. Neben kleinen Mengen Acetaldehyd
wurde ein Acrolein mit ausgezeichnetem Reinheitsgrad erhalten.
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Der Druck vor der ersten Waschstufe lag bei 0,8 atü.
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Der nach Abdestillieren der Reaktionsprodukte anfallende Äther konnte
ohne besondere Maßnahmen in die Wäsche zurückgeführt werden. Wurde in einem weiteren
Versuch die Temperatur der ersten Stufe auf - 100 C eingestellt, die der zweiten
Stufe bei - 250 C belassen, so wurden in der ersten Stufe etwa 35 °/o der in beiden
Stufen insgesamt ausgewaschenen Produkte festgestellt, der Rest fiel in der zweiten
Stufe an. Der Wirkungsgrad beider Stufen, bezogen auf die insgesamt im Restgas vorhandenen
Reaktionsprodukte, betrug dann 95 O/o.
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Wurde unter den Temperaturbedingungen des ersten Versuchs die Äthermenge
der ersten Stufe ver-
doppelt und die der zweiten Stufe entsprechend verringert,
so wurden in der ersten Stufe 60 Gewichtsprozent der insgesamt gewonnenen Produkte
ausgewaschen, der Rest in der zweiten Stufe. Der Wirkungsgrad, gerechnet über beide
Stufen, blieb gegenüber dem vorherigen Versuch praktisch unverändert.
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Wurde an Stelle des Dihexyläthers ein Diheptyläther als Waschflüssigkeit
verwendet, so wurden in der ersten Stufe etwa 40 Gewichtsprozent der gewonnenen
Produkte ausgewaschen, der Rest in der zweiten Stufe. Der Wirkungsgrad beider Stufen
betrug etwa 97 O/o.
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Bei Verwendung eines Diamyläthers und Temperaturen von 170 C in der
ersten sowie - 250 C in der zweiten Stufe konnte ein Wirkungsgrad von etwa 98U/0
erreicht werden.
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Unter den Bedingungen des ersten Versuchs wurde so verfahren, daß
frischer Dihexyläther nur am Kopf der zweiten Waschstufe aufgegeben wurde und dieser
Äther nach Passieren der Waschstufe dem Kopf der erstenWaschstufe zugeführt wurde.
Der Wirkungsgrad beider Stufen lag unter diesen Bedingungen zwischen 96 und 98 O/o.