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Verfahren zur Gewinnung von acetonitrilfreiem Acrylsäurenitril aus
Gasgemischen Bei der Herstellung von Acrylsäurenitril nach verschiedenen Verfahren,
beispielsweise durch Umsetzung von Blausäure mit Acetylen, durch Dehydrierung von
Propionitril, Umsetzung von Propylen mit Ammoniak und Sauerstoff oder von Acrolein
mit Ammoniak, erhält man meistens ein Acrylsäurenitril, das durch Acetonitril verunreinigt
ist. So entsteht beispielsweise bei der katalytischen Umsetzung von Propylen mit
Ammoniak und Sauerstoff ein Gasgemisch, das neben einer großen Menge an inerten
Gasen, wie Stickstoff, Sauerstoff oder Kohlenwasserstoffen, als Reaktionsprodukt
Acrylsäurenitril und als Hauptverunreinigungen Acetonitril und Blausäure enthält.
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Zur Aufarbeitung dieses Gasgemisches wurden bisher üblicherweise
die wasserlöslichen Bestandteile von der großen Menge der wasserunlöslichen Gase
mit einem großen Überschuß an Wasser im Gegenstrom ausgewaschen, worauf dann aus
der entstandenen wäßrigen Lösung, die vor allem Acrylsäurenitril, Acetonitril und
Blausäure, gegebenenfalls neben geringen Mengen Ammoniak und Kohlendioxyd, enthält,
die Nitrile und die Blausäure ausgetrieben werden; das Nitrilgemisch wird dann durch
Destillation in seine Bestandteile getrennt.
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Während die Abtrennung der Blausäure wegen ihrer großen Flüchtigkeit
keine Schwierigkeiten bereitet, ist die Trennung der beiden Nitrile durch Destillation
sehr schwierig und erfordert einen großen Aufwand, da der Siedeunterschied zwischen
Acetonitril und Acrylsäurenitril nur etwa 30 C beträgt.
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Es wurde daher in der USA.-Patentschrift 2415662 vorgeschlagen, die
Fähigkeit der beiden Nitrile, mit Wasser azeotrope Gemische zu bilden, auszunutzen,
und sie deswegen durch fraktionierte Destillation zu trennen, doch ist auch hier
der Siedepunktunterschied von etwa 50 C zu klein, um eine befriedigende Reinheit
des Acrylsäurenitrils zu erzielen.
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In der USA.-Patentschrift 2681 306 wurde ferner vorgeschlagen, zur
Trennung der beiden Nitrile die höhere Flüchtigkeit des Acrylsäurenitrils mit Wasserdampf
und die höhere Löslichkeit des Acetonitrils in Wasser auszunutzen. Zu diesem Zweck
wird das rohe Acrylsäurenitril, das als Verunreinigungen Acetonitril, Aceton und
andere organische Stoffe, wie Isopropanol und Propionitril, enthält, fraktioniert
destilliert und gleichzeitig am Kopf der Kolonne ein Strom warmen Wassers eingeführt,
der die leicht wasserlöslichen Bestandteile, auch das Acetonitril, während der Destillation
herauslöst. Die Menge des Wassers muß dabei sehr groß sein, nämlich 95 bis
98 Molprozent,
und es wurden Kolonnen mit mehr als 50 Böden, vorzugsweise mindestens 60 Böden,
empfohlen, um eine vollständige Abtrennung des Acrylsäurenitrils von den wasserlöslichen
Verunreinigungen, wie Acetonitril, zu erreichen. Dieses Verfahren benötigt also
ebenfalls eine hohe Kolonne, wodurch das Verfahren kostspieliger wird, und hat den
Nachteil, daß das Acetonitril im Sumpf der Kolonne in der Form einer sehr verdünnten
wäßrigen Lösung erhalten wird, aus der es nur unter großem Aufwand gewonnen werden
kann, was vor allem dann ins Gewicht fällt, wenn größere Mengen an Acetonitril im
Gemisch vorhanden sind, so daß auf seine Rückgewinnung nicht verzichtet werden kann.
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Das Verfahren der USA.-Patentschrift 2 807573 unterscheidet sich
von dem vorstehend geschilderten Verfahren der extraktiven Destillation nur dadurch,
daß dem Extraktionswasser Alkalimetallsalze zugesetzt werden. Durch diese Maßnahme
kann zwar die Wassermenge etwas verringert werden, doch ist sie immer noch zu groß,
um eine wirtschaftliche Rückgewinnung des Acetonitrils zu gewährleisten, und die
übrigen Nachteile bleiben nach wie vor bestehen.
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In der USA.-Patentschrift 2773 088 wurde schließlich ein Verfahren
vorgeschlagen, bei dem die Trennung des Acrylsäurenitrils vom Propionitril einerseits
und Acetonitril andererseits durch Destillation dadurch entlastet wird, daß eine
Vortrennung durch eine Flüssig-Flüssig-Extraktion vorgeschaltet wird. Als Ausgangsstoff
dient entweder eine wäßrige Lösung der Nitrile, die z. B. durch Auswaschen der Reaktionsgase
mit Wasser erhalten wird, oder eine im Trenngefäß daraus gewonnene organische Schicht
und als Extraktionsmittel für das Acetonitril eine gesättigte wäßrige Lösung aus
Acrylsäurenitril und Propionitril. Das Acetonitril wird auf diese Weise zwar herausgelöst,
doch enthält die dadurch entstandene wäßrige Lösung schon allein durch die Wahl
des
Extraktionsmittels so viel Acrylsäurenitril und Propionitril, daß eine weitere Trennung
durch extraktive Destillation angeschlossen werden muß. Es ist also auch bei diesem
Verfahren der Aufwand hinsichtlich der erforderlichen Vorrichtung sehr erheblich.
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Alle diese bekannten Verfahren benötigen also als Voraussetzung,
daß das Acrylsäurenitril zusammen mit allen anderen wasserlöslichen Bestandteilen
zunächst aus den das Reaktionsgefäß verlassenden Gasen herausgelöst und gegebenenfalls
von der wäßrigen Schicht abgetrennt werden muß, und machen ohne Ausnahme kostspielige
Vorrichtungen wie hohe Destillationskolonnen und gegebenenfalls Einrichtungen zur
Flüssig-Flüssig-Extraktion erforderlich.
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Im Gegensatz dazu wurde nun ein Verfahren zur Gewinnung von acetonitrilfreiem
Acrylsäurenitril unmittelbar aus den das Reaktionsgefäß verlassenden Gasgemischen,
die neben wasserunlöslichen Gasen als Hauptbestandteil und neben Acrylsäurenitril
auch Acetonitril in einer Menge von höchstens 20 ozon bezogen auf das im Gas vorhandene
Acrylsäurenitril, enthalten, gefunden, nach dem in einfacher und vollständiger Weise
die Abtrennung des Acetonitrils gelingt, ohne daß die Anwendung einer hohen, kostspieligen
Destillationskolonne notwendig ist.
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Es zeigte sich nämlich, daß sich das Acetonitril noch vor der Abtrennung
des Acrylsäurenitrils vollständig aus dem das Reaktionsgefäß verlassenden Gasgemisch
entfernen läßt, wenn man dieses Gasgemisch vor der Durchführung der üblichen Trennungen
im Gegenstrom bei Atmosphären druck und einer Temperatur von 10 bis 400 C, vorzugsweise
20 bis 400 C, mit einer solchen Wassermenge vorwäscht, daß sämtliches im Gasgemisch
enthaltenes Acetonitril gelöst wird, während die Hauptmenge des Acrylsäurenitrils
ungelöst bleibt und mit den übrigen Gasen dampfförmig abgeht. Dieses in der Vorwäsche
nicht gelöste Acrylsäurenitril wird dann auf übliche Art als vollkommen acetonitrilfreie
Verbindung gewonnen.
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Diese vollständige Abtrennung des Acetonitrils in der Vorwäsche wird
nach dem Verfahren der Erfindung dadurch erreicht, daß man mit einer solchen Wassermenge
unter den vorstehend genannten Bedingungen vorwäscht, die sich aus der Formel T
X 2 +3' 2 errechnet, in der X die Wassermenge in Gewichtsteilen je Gewichtsteil
im Gas vorhandenen Acrylsäurenitrils und T die Auswaschtemperatur bedeutet, diese
errechnete Wassermenge jedoch nicht überschreitet, vorzugsweise mit 6 bis 15 Teilen
Wasser je Teil Acrylsäurenitril, in einer Glockenbodenkolonne mit mindestens 5 Böden,
vorzugsweise 12 bis 20 Böden, und anschließend aus dem acetonitrilfreien Gasgemisch
das Acrylsäurenitril in an sich bekannter Weise mit Wasser auswäscht, aus der beim
Vorwaschen entstandenen wäßrigen Lösung die Nitrile abtreibt und aus dieser erhaltenen
Nitrilmischung nur so viel Acetonitril abdestilliert, daß ein Gemisch übrigbleibt,
dessen Acetonitrilgehalt, bezogen auf die vorhandene Menge Acrylsäurenitril, unter
dem Acetonitrilgehalt des Ausgangsgemisches liegt, und dann dieses Nitrilgemisch
in den Gegenstrom der Vorwäsche zurückführt.
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Die genaue Wahl der Wassermenge innerhalb der Grenzen der Erfindung
hängt von der Temperatur, dem Acetonitrilgehalt des Gases und der Wirksamkeit der
zur Extraktion verwendeten Kolonne ab. Je wirksamer die Kolonne ist, desto geringer
ist die Wassermenge.
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Durch die Vorwäsche wird das gesamte Acetonitril und ein Teil des
vorhandenen Acrylsäurenitrils, und zwar 15 bis 25 O/o, als wäßrige Lösung aus der
Extraktionskolonne erhalten. Am Kopf der Kolonne entweicht ein völlig acetonitrilfreies
Gasgemisch, das neben den inerten Gasen und gegebenenfalls der Blausäure etwa 75
bis 85 0/o des ursprünglichen Acrylsäurenitrilgehaltes enthält. Die Abtrennung des
Acrylsäurenitrils erfolgt dann auf übliche Weise. Beispielsweise wird dem Gasgemisch
in einer weiteren Extraktionsstufe durch Waschen mit überschüssigem Wasser das gesamte
Acrylsäurenitril und die vielleicht vorhandene Blausäure entzogen. Aus der in dieser
weiteren Extraktionsstufe entstandenen wäßrigen rohen Acrylsäurenitrillösung wird
dann das Acrylsäurenitril auf übliche Weise, beispielsweise mit Wasserdampf, ausgetrieben
und in einer einfachen Destillationskolonne von der noch als Verunreinigung vorhandenen,
bei 250 C siedenden Blausäure befreit. Das auf diese Weise erhaltene, mit Wasser
gesättigte Acrylsäurenitril wird hierauf auf übliche Weise durch azeotrope Destillation
getrocknet und ist dann sehr rein. Ebensogut sind aber für die Abtrennung des Acrylsäurenitrils
auch andere übliche Verfahren, wie die Verflüssigung oder die Flüssig-Flüssig-Extraktion
brauchbar.
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Die in der Vorwäsche entstandene wäßrige Acetonitrillösung, die etwas
Acrylsäurenitril enthält, wird nicht vollständig in die beiden Nitrile getrennt,
sondern es wird aus dieser nur so viel Acetonitril abdestilliert, daß eine Mischung
aus Acetonitril und Acrylsäurenitril übrigbleibt, deren Acetonitrilgehalt, bezogen
auf die vorhandene Menge Acrylsäurenitril, den des Ausgangsgases des Verfahrens
der Erfindung nicht völlig erreicht. Dieses Gemisch wird gegebenenfalls mit etwas
Wasser in den Vorwäscher und somit in den Kreislauf zurückgeführt. Der Aufwand für
diese nur teilweise Abtrennung des Acetonitrils ist wesentlich geringer als für
eine restlose Trennung durch Destillation.
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Das Verfahren der Erfindung läßt sich beispielsweise in der in der
Zeichnung dargestellten Vorrichtung durchführen. In dieser Zeichnung ist dasReaktionsgefäß
1 über den Kühler 2 und die Leitung 3 mit dem Boden der Glockenbodenkolonne 4 verbunden.
In diese Kolonne wird durch die Leitung D Wasser eingeführt. Das nicht gelöste Acrylsäurenitril
wird über die Leitung 5 in die Füllkörperkolonne 6 geleitet. Diese Kolonne erhält
über die Leitung 15 das Waschwasser, an der Stelle werden die Ab gase entfernt,
während Leitung 7 die Verbindung zur Abtreibkolonne 8 darstellt. Im Abscheider 9
erfolgt die Trennung der Schichten und in der Kolonne 10 die Abtrennung der Blausäure.
Durch die LeitungA wird reines, mit Wasser gesättigtes Acrylsäurenitril entfernt,
während durch die Leitung B Blausäure erhalten wird. Der Boden der Kolonne 4 ist
über die Leitung 11 und den Vorwärmer 16 mit der Abtreibkolonne 12 verbunden. Im
Abscheider 13 wird aus dem Destillat der Kolonne 12 die organische Schicht, bestehend
aus einem Gemisch aus Acetonitril und Acrylsäurenitril, abgetrennt und in
der
Destillationskolonne 14 das Acetonitril aus der Mischung aus Acetonitril und Acrylsäurenitril
abdestilliert. Über die Leitung C wird Acetonitril erhalten, während das Gemisch
aus Acrylsäurenitril und Acetonitril am Kopf der Kolonne über die erhitzte Leitung
17 in den unteren Teil der Kolonne 4 zurückgeführt wird.
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Die folgenden Beispiele erläutern das Verfahren der Erfindung.
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Beispiel 1 Der aus dem Reaktionsgefäß kommende Gasstrom von etwa
70 Nl je Stunde enthält 6,8 g Acrylsäurenitril, 0,4 g Acetonitril und 0,450 g Blausäure,
jeweils je Stunde. Das Gasgemisch wird in dem in die Leitung 3 eingeschalteten Kühler
2 auf Zimmertemperatur abgekühlt und in die Glockenbodenkolonne 4 mit 15 Böden eingeführt,
welche über die Leitung D mit 70 ml Wasser je Stunde von 250 C berieselt wird.
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Diese Wassermenge entspricht 10,5 Gewichtsteilen je Gewichtsteil Acrylsäurenitril.
Das Abgas aus der Kolonne 4 wird über die Leitung 5 in die Füllkörperkolonne 6 eingeführt,
welche über die Leitung 15 mit 700 ml Wasser je Stunde berieselt wird. Die aus der
Kolonne 6 ausfließende Lösung wird über die Leitung 7 und den Vorwärmer 16 in die
Abtreibkolonne 8 geleitet. Das Destillat aus der Abtreibkolonne 8 trennt sich im
Abscheider 9 in zwei Schichten. Die untere Schicht, bestehend aus mit Acrylsäurenitril
gesättigtem Wasser, wird in die Abtreibkolonne 8 zurückgeführt. Die obere Schicht,
bestehend aus mit Wasser gesättigtem Acrylsäurenitril, welche noch durch Blausäure
verunreinigt ist, wird über den Vorwärmer 16 in die Destillationskolonne 10 eingeführt.
Am Kopf der Kolonne 10 erhält man über die Leitung B 0,450 g Blausäure je Stunde,
im Sumpf 6,95 g Acrylsäurenitril mit einem Wassergehalt von etwa 0,2g, das flüssig
abgezogen wird.
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Es wird durch azeotrope Destillation weiter gereinigt.
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Die aus der Kolonne 4 über die Leitung 11 ausströmende Lösung enthält
das gesamte Acetonitril und rund 1,61 g Acrylsäurenitril je Stunde. Sie wird über
die Leitung 11 in die Abtreibkolonnel2 eingeführt. Im darauffolgenden Abscheider
13 erhält man ein Gemisch aus Acetonitril und Acrylsäurenitril, das über den Vorwärmer
16 in die Destillationskolonne 14 eingeführt wird. Im Sumpf der Kolonne 14 erhält
man über die Leitung C je Stunde 0,395 g Acetonitril, welches weniger als 0,50/a
Wasser, weniger als 20 Teile Blausäure je 1 000 000 Teile Acetonitril und unter
0,1 °/o Acrylsäurenitril enthält.
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Das am Kopf der Kolonne 14 erhaltene Gemisch aus Acrylsäurenitril
und Acetonitril mit einem Acrylsäurenitrilgehalt von etwa 1,6 g je Stunde und einem
Acetonitrilgehalt von etwa 0,050 g je Stunde wird über die erhitzte Leitung 17 in
das untere Viertel der Kolonne 4 zurückgeführt.
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Beispiel 2 Ein Gasstrom, bestehend aus 50 Nl Stickstoff, 7,3 g Acrylsäurenitril,
0,320 g Acetonitril und 0,320 g Wasserdampf jeweils je Stunde wird bei Atmosphärendruck
und 200 C in einer Glocken-
bodenkolonne mit 12 Böden mit 50ml Wasser je Stunde,
entsprechend 6,8 Gewichtsteilen Wasser je 1 Gewichtsteil Acrylsäurenitril, im Gegenstrom
gewaschen. Das die Glockenbodenkolonne verlassende Gasgemisch wird in einer Kühlfalle
auf - 800 C abgekühlt, wobei das Acrylsäurenitril und Wasser verflüssig werden.
Man erhält auf diese Weise S g Acrylsäurenitril je Stunde, dessen Gehalt an Acetonitril
unter 0,10/0 liegt. Das am Boden der Kolonne abgezogene Waschwasser enthält 2,3
g Acrylsäurenitril und 0,318 g Acetonitril, die auf übliche Weise getrennt werden.
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Beispiel 3 Das gleiche Gasgemisch wie im Beispiel 2 wird bei Atmosphärendruck
und einer Temperatur von 400 C in der Glockenbodenkolonne mit 12 Böden mit 100ml
Wasser je Stunde, entsprechend 13,7 Gewichtsteilen Wasser je 1 Gewichtsteil Acrylsäurenitril,
im Gegenstrom gewaschen. Nach dem Verflüssigen des Acrylsäurenitrils wie im Beispiel
2 erhält man 4,9 g Acrylsäurenitril je Stunde mit einem Acetonitrilgehalt unter
0,10/0. Das Waschwasser enthält 2,4 g Acrylsäurenitril und 0,318 g Acetonitril.