-
Verfahren zum Tablettieren von Arzneistoffen Die Erfindung betrifft
ein Verfahren zum Tablettieren von Arzneistoffen. Die nach dem Verfahren der Erfindung
hergestellten Tabletten sollen während eines längeren Zeitraumes eine über einer
bestimmten Höhe liegende und insbesondere gleichbleibende therapeutische Wirkung
des Arzneimittels gewährleisten.
-
Bei der oralen Verabreichung von Arzneimitteln in Form von Tabletten
od. dgl. liegt eine große Schwierigkeit in dem Fehlen der Sicherheit, daß z. B.
eine Tablette fortlaufend in einem gewünschten Maße während eines längeren Zeitraumes
das therapeutisch wirksame Mittel in dem in Frage kommenden Gebiet des Verdauungskanals
frei läßt. Diese Unsicherheit rührt von verschiedenen Bedingungen her, nämlich beispielsweise
von der Wasserstoffionenkonzentration, der Sekretion, der physikalisch-chemischen
Natur und Motilität des Inhaltes des Verdauungskanals an verschiedenen Stellen und
auch von abnormalen Änderungen dieser Bedingungen durch Krankheit oder durch das
verabreichte Arzneimittel.
-
Man hat festgestellt, daß der menschliche Körper in einer bestimmten
Zeit eine maximale Menge eines bestimmten Arzneimittels aufnimmt und daß eine über
der verträglichen Menge liegende Dosis verschwendet ist und vielfach unerwünschte
physiologische Wirkungen hat. Abgesehen von der Gefahr, daß eine zu große Menge
Arzneimittel eingenommen wird, ist noch zu berücksichtigen, daß eine Freisetzung
des wirksamen Mittels aus der verabreichten Tablette zur Unzeit oder überhaupt nicht
erfolgt, weil solche Tabletten das Arzneimittel zu schnell abgeben und infolgedessen
an der Stelle, wo das Arzneimittel frei wird, ein nicht beabsichtigter Überschuß
des Arzneimittels vorliegt, oder daß das Arzneimittel an einer nicht vorgesehenen
Stelle frei wird oder durch den Körper geht, ohne daß es freigesetzt wird, oder
daß ein unzusammenhängendes Freisetzen des Arzneimittels stattfindet. Besondere
Überzüge, mit welchen man Arzneimitteltabletten versehen hat, haben sich nur teilweise
bewährt, um ein Freisetzen des Arzneimittels nach dem Einnehmen zur Unzeit zu verhindern.
In einigen Fällen hat man Tabletten mit Überzügen und inneren Filmen versehen, die
verhindern sollen, daß das Arzneimittel in Körperteilen mit verschiedenem pH-Wert
und Inhalt des Verdauungskanals freigesetzt werden. Um eine Überdosierung durch
einen zu schnellen Zerfall der Tablette zu verhindern, geht man praktisch so vor,
daß man für das Einnehmen der Tabletten in bestimmten, verhältnismäßig häufigen
Zeitintervallen einen festen Zeitplan festlegt.
-
Die unbefriedigenden Verhältnisse, welche die Anwendung solcher Tabletten
und die Art der Dosierung mit sich bringen, werden klar, wenn man sich beispielsweise
die Anwendung solcher Tabletten für die Behandlung des Ulcus pepticum und spastischer
Erscheinungen vergegenwärtigt. Für die Behandlung wird gewöhnlich ein bestimmtes
festliegendes Zeitschema für das Brei-oder viermalige Einnehmen am Tag mit einer
besonderen Verabreichung für die Nacht bestimmter Mengen des Arzneimittels in Form
von Tabletten od. dgl. vorgeschrieben. Die mit einer solchen Dosierung erzielte
Erleichterung erfolgt nur zeitweise, der erzielte Schutz ist vorübergehend, und
die mit dem vorgeschriebenen Schema des Einnehmens verbundene Unannehmlichkeit führt
zur Unachtsamkeit oder Nachlässigkeit, wodurch der Patient unnötigerweise erregt
und verstimmt wird.
-
Die nach dem Verfahren vorliegender Erfindung erhaltenen, zur peroralen
Verabreichung bestimmten, in Tablettenform od. dgl. vorliegenden Arzneimittel gewährleisten,
daß eine therapeutische Wirkung von der gewünschten Stärke erzielt und während eines
vorherbestimmten, längeren Zeitraumes praktisch mit dieser Stärke erhalten bleibt.
-
Das Verfahren der Erfindung zum Tablettieren von Arzneistoffen beruht
darauf, daß in an sich bekannter Weise unter Verwendung von Binde-, Ouell- und Gleitmitteln
und Emulgatoren ein Granulat gewonnen und dieses nach Zugabe weiterer Mengen von
Gleitmitteln verpreßt wird, worauf man erfindungsgemäß das Granulat vor dem Pressen
mit einem homogenen Gemisch einer Metallseife mit einem in wäßriger Lösung alkalisch
reagierenden nichttoxischen Salz vermischt. Zweckmäßigerweise werden etwa 90 bis
95 Gewichtsprozent Granulat und 10 bis 5 Gewichtsprozent des homogenen Gemisches
verwendet.
-
Eine nach dem Verfahren der Erfindung hergestellte Tablette läßt lediglich
eine beschränkte Benetzung durch
die Flüssigkeiten zu, die lediglich
in einen verhältnismäßig kleinen Teil der Oberfläche langsam eindringen, was einen
langsamen Zerfall der Tablette bedingt. Ein solch allmähliches Zersetzen der Tablette
bringt ein entsprechend gleichförmiges, allmähliches Freisetzen des Arzneistoffes
der Tablette mit sich. Diese gewünschte, vorher bestimmbare langsame Freisetzung
des Arzneistoffes geht so lange weiter, bis die Tablette völlig zerfallen ist.
-
Die Tabletten sind deshalb zur Verabreichung von Arzneistoffen für
eine gelenkte, verlängerte Wirkung geeignet, und sie erfordern deshalb eine nicht
so strenge, den Patienten beunruhigende Dosierungsanweisung.
-
Das Verfahren der Erfindung sei an Hand des folgenden Beispiels näher
erläutert; die in dem Beispiel angegebenen Mengen sind zur Herstellung einer Tablette
erforderlich.
-
17,8 mg zerriebener Maiskleber und 17,8 mg eines zerriebenen destillierten
Monoglycerides einer Fettsäure «erden in 0,0217 ml Äthylalkohol eingerührt, so daß
sich eine praktisch einheitliche flüssige Masse bildet. Als Monoglycerid wird das
unter der Bezeichnung »Myverol 18-40<c bekannte, teilweise veresterte Glyzerylstearat
bevorzugt, das ein plastisches, homogenes, niedrig schmelzendes, aus Schweinefett
erster Qualität und chemisch reinem Glycerin hergestelltes Fett ist. Abgesehen von
dem hohen Monoestergehalt ist dieses Monoglycerid mild, frei von Katalysatoren und
Seifen und ausgezeichnet haltbar. Dieses Monoglycerid weist folgende chemische und
physikalische Werte auf: Monoestergehalt . . . . . . . . . . . 90,0"/, (mindestens)
V erseifungswert . . . . . . . . . . . 160 bis 170 Jodwert . .. ... . . .. . . ..
... . 45 bis 55 Glyceringehalt . . . . . . . . . . 1,50/, (höchstens) freie
Fettsäure (als Ölsäure) . . 1,5 % (höchstens) spezifisches Gewicht .......
0,96 (60° C) Erstarrungspunkt . . . . . . . . . 54°C (etwa) In die erhaltene flüssige
Masse wird eine innige Mischung von 32,5 mg zerriebenem Phenyläthylmalonylharnstoff
(Phenobarbital U.S.P.), 57,5 mg zerriebenem Magnesiumstearat und 17,8 mg zerriebenem
Guar-Gummi (Hülsenfrüchtler, Cyamopsis tetragonaloba [psoralioides]) eingerieben,
worauf man die flüssige Masse absitzen läßt. Sie wird dann bei ungefähr 60°C getrocknet
und das trockene Produkt auf eine zur Herstellung von Tabletten geeignete Korngröße
gemahlen.
-
Das trockene granulierte Produkt wird mit 7,54 mg zerriebenem, wasserhaltigem
Trinatriumphosphat und 8,645 mg zerriebenem Calciumstearat innig gemischt. Die Mischung
wird dann zu einer Tablette durch Pressen verformt.
-
An Stelle des Calciumstearates kann als Metallseife für das Verfahren
der Erfindung auch ein Stearat des Aluminiums oder Magnesiums verwendet werden.
-
Als nichttoxisches Salz kann auch wasserfreies Trinatriumphosphat
verwendet werden, und das Trinatriumphosphat kann ganz oder teilweise durch andere
gleichwirkende ungiftige, lösliche organische oder anorganische Alkalisalze, wie
Natriumbikarbonat, oder die Alkali- oder Ammoniumsalze der Zitronen-, Weinstein-,
Äpfel- oder Milchsäure ersetzt werden.
-
An Stelle des im Beispiel angegebenen Phenyläthylmalonylharnstoffes
können auch andere Arzneistoffe verwendet werden, und der Gehalt der Tablette an
Arzneistoff läßt sich sowohl durch Änderung der Menge Arzneistoff wie der Größe
der Tablette verändern.
-
Zur Herstellung des Granulates können bekannte Gleitmittel, wie Magnesium-,
Calcium- oder Aluminiumstearat, verwendet werden oder aber auch nichthydrophile
Salze der Erdalkalien, hydrierte oder natürliche tierische und pflanzliche Fette
oder mineralische Wachse. Die pflanzlichen und tierischen Fette und mineralischen
Wachse können als solche bei Körpertemperatur halbfest oder sogar flüssig sein.
Von den Gleitmitteln kann jedes für sich oder in Mischung mit einem oder mehreren
anderen Gleitmitteln verwendet werden.
-
Guar-Gummi kann durch andere gleichwirkende wasserunlösliche hydrotope
quellende Mittel, z. B. durch Gummi-Traganth, oder durch wasserlösliche hydrotope
quellende Mittel, wie Carboxylmethylcellulose in Form ihrer freien Säure oder ihres
Natrium- und Kaliumsalzes, oder durch natürliche Tone ersetzt werden, die wie Bentonit
in natürlichem Zustand hydrophil sind.
-
Die teilweise veresterten Glycerylstearate, welche anscheinend als
Emulgierungsmittel wirken, können teilweise oder ganz durch gleichwirkende nichttoxische,
hydrophile Verbindungen ersetzt werden, die in der Tablette bei Körpertemperatur
fest, aber selbst bei Körpertemperatur halbfest oder sogar flüssig sein können;
in Frage kommen teilweise veresterte Glycerylester von anderen höheren gesättigten
und ungesättigten Fettsäuren, wie z. B. Glyceryloleostearat, Propylglycolmonolaurat
und Stearate, Glyceryllaurat, Glyceryloleat oder Glycerylmonostearat.
-
An Stelle des als Binder wirkenden Maisklebers kann Äthylcellulose
angewandt werden, vorausgesetzt, daß die Zusammensetzung so gewählt wird, daß die
Äthylcellulose emulgierbar wird; dies geschieht durch Anwendung einer für eine solche
Emulgierung erforderlichen Menge Monoglycerid.
-
Die Geschwindigkeit, mit welcher eine Tablette in dem Verdauungskanal
zerfällt, ist im allgemeinen eine Funktion der Größe und Dichte und in etwa auch
der Form der Tablette, aber entscheidend kann, wie gefunden wurde, die Zerfallsgeschwindigkeit
dadurch eingestellt werden, daß man die Anteile der verschiedenen die Tablette bildenden
Bestandteile ändert. Wenn man beispielsweise den Anteil der wasserabweisenden Bestandteile
vergrößert, wird die Zerfallsgeschwindigkeit der Tablette verringert; in entsprechender
Weise kann durch eine Erhöhung des Anteiles an hydrophilen Bestandteilen der Tablettenmischung
die Zerfallsgeschwindigkeit gesteigert werden. Vergleichsversuche haben ergeben,
daß in jedem Fall der in einer nach dem Verfahren der Erfindung hergestellten Tablette
enthaltene Arzneistoff verhältnismäßig kontinuierlich, in langsam abnehmender Menge
zur Wirkung kommt.
-
Zur Durchführung der Vergleichsversuche wurde zunächst ein im wesentlichen
aus Hyoscyaminsulfat, Atropinsulfat, Hyoscinhydrobromid, Luminal, Magnesiumstearat,
Guar-Gummi, Mazein und Glycerinmonostearat bestehendes Granulat hergestellt. Dieses
Granulat wurde mit folgenden Verbindungen gemischt und das Gemisch tablettiert.
I. 91,9 Gewichtsteile Granulat und 5 Gewichtsteile dreibasisches Natriumphosphat
und 3,1 Gewichtsteile Calciumstearat; Il. 95 Gewichtsteile Granulat und 5 Gewichtsteile
Calciumstearat ; 11I. 90 Gewichtsteile Granulat und 10 Gewichtsteile Calciumstearat.
-
Die auf die vorstehend angegebene Weise erhaltenen Tabletten wurden
unter praktisch gleichen Bedingungen und in Zwischenräumen in einem U.S.P. XV.-Disintegrating-Apparat
der Wirkung eines U.S.P. Intestinal Fluids unterworfen. Das Maß des Zerfalles der
zu prüfenden Tablette wurde durch eine analytische Bestimmung der Menge der freigegebenen,
in der Flüssigkeit gelösten Menge Luminal ermittelt.
Die Versuchsergebnisse
sind in der folgenden Tabelle zusammengefaßt.
Zeit Zerfall |
in Stunden in Prozenten der Tabletten |
der Einwirkung I [ II i III |
4 48,8 52,5 55,2 |
8 84,0 75,4 76,2 |
Trägt man die Versuchsergebnisse in Form von Kurven in ein Koordinatensystem ein,
dann ergibt sich, daß die Kurve, welche die Zerfallsgeschwindigkeit der Tabletten
I wiedergibt, eindeutig weniger konvex als die entsprechenden Kurven für die Tabletten
II und III ist, woraus folgt, daß von den Tabletten, die gemäß dem Verfahren der
Erfindung hergestellt sind, das Arzneimittel gleichmäßiger freigegeben wird als
von den Tabletten II und III.