-
Verfahren zur elektrolytischen Gewinnung von Bor Bor wird durch Reduktion
von Bortrioxyd mit reduzierenden Metallen, wie Magnesium, dargestellt. Dieses Verfahren
arbeitet jedoch. absatzweise und liefert Bor, welches mit erheblichen Mengen an
Oxyd und reduzierendem Metall verunreinigt ist, so daß eine weitere umfangreiche
Reinigung erforderlich ist, um Bor mit einer Reinheit von mehr als 92,0% zu gewinnen.
Trotzdem wird das meiste Bor nach dieseln Verfahren hergestellt.
-
Es sind auch elektrolytische Verfahren bekannt, bei denen in geschmolzenen
Bädern gelöstes Bortrioxyd derart reduziert wird, daß sich elementares Bor auf der
Kathode abscheidet. Auch die elektrolytische Reduktion von Bortrioxyd liefert Bor,
welches mit erheblichen Mengen an Oxyd und Metallen verunreinigt ist. Durch Elektrolyse
eines Fluoriddoppelsalzes des Bors, wie Kaliumfluoborat K B F4, gelöst in. Kaliumchlorid,
erhält man praktisch reines elementares Bor; hier handelt es sich jedoch um ein
im wesentlichen. absatzweise geführtes Verfahren. Dabei bildet sich Kaliumfluorid
als Nebenprodukt, und mit steigender Konzentration an diesem Salz sinkt die Stromausbeute.
Wenn man daher die Elektrolyse des Systems KC1-KBFA längere Zeit fortsetzen will,
ist es nötig, das Kaliumfluorid von Zeit zu Zeit zu entfernen. Außerdem bildet sich
an der Anode gasförmiges Chlor, und der Umgang mit diesem korrosiven Gas bei höheren
Temperaturen führt zu weiteren Schwierigkeiten.
-
Weiterhin ist es bekannt, elementares Bor durch Elektrolyse von Bortrioxyd
in einer aus Kaliumfluoborat und Kaliumchlorid oder -fluorid bestehenden Schmelze
sowie durch Elektrolyse von Bortrioxyd in einer aus Kaliumchlorid und -fluorid bestehenden
Schmelze zu gewinnen.
-
Es wurde nun gefunden, daß bei Verwendung einer Anode aus Borcarbid,
die in ein geschmolzenes Salzhad eintaucht, welches ein oder mehrere Alkalichloride
und ein oder mehrere Alkalifluoborate enthält, das in der Borcarbidstruktur enthaltene
Bor in das Bad übergeht und ein Kohlenstoffskelett als Rückstand hinterläßt. Unter
der Wirkung eines Gleichstromes, wird das gelöste Bor zur Kathode übergeführt, wo
es sich als elementares Bor niederschlägt. Im Ergebnis wird hierbei also das Bor
aus dem in Form einer sich verbrauchenden Anode eingesetzten Borcarbid durch
anodische Übertragung gewonnen, ohne daß eine merkliche Elektrolyse des Fluoborats
oder des Alkalichlorid.s stattfindet.
-
Das erfindungsgemäße Verfahren zur elektrolytischen Gewinnung von
Bor unter Verwendung eines aus einem oder mehreren Alkali- oder Erdalkaiichloriden
bestehenden Elektrolyten, in welchem ein oder mehrere Alkalifluoborate gelöst sind,
ist dadurch gekennzeichnet, daß als Anode eine Borcarbidanode verwendet und die
Elektrolyse bei einer Potentialdifferenz von weniger als 3 Volt durchgeführt wird.
-
Vorzugsweise beträgt der Gehalt des Bades an Fluoborat 3 bis 50%.
-
Bei einer Potentialdifferenz von weniger als 3 Volt wird die Reduktion
des Alkalifluoborats in dem Bad unter Lösung von Chlor an der Anode verhindert.
Das Arbeiten mit so niedrigen Spannungen (die erheblich niedriger sind als die bei
elektrolytischen Verfahren üblichen Spannungen) bietet den weiteren Vorteil, daß
man zur Gewinnung einer bestimmten Bormenge nur eine verhältnismäßig geringe Energie
benötigt.
-
Das erfindungsgemäße Verfahren kann bei verhältnismäßig niedrigen
Temperaturen, insbesondere bei Temperaturen zwischen 375 und 1000° C, durchgeführt
werden, wobei man bei Temperaturen von 750 bis 850° C im allgemeinen die besten
Ergebnisse erhält.
-
Die Erfindung ist zwar an keine bestimmte Theorie gebunden; es wird
jedoch angenommen, daß das. BF4 Ion aus. dem Fluoborat eine Oxydations-Reduktions-Reaktion
mit dem Borcarbid unter Bildung einer neuen Ionenart eingeht, die anschließend an
der Kathode zu elementarem Bor reduziert wird. Das B F4 Ion wird durch Oxydation,
wahrscheinlich an der Anode, regeneriert und steht dann wieder für die Umsetzung
mit dem Borcarbid zur Verfügung. Da die Konzentration des Bades an Fluoborat bei
Durchführung der Elektrolyse unter den oben angegebenen Bedingungen nicht wesentlich
verringert wird, scheint
das Fluoborat im Endergebnis als »Träger«
für das Bor zu wirken, welches von der Borcarbidanode geliefert wird. Das Borcarbid
kann in massiver Form, z. B. in Form von Stäben; oder-in körniger Form vorliegen.
-
Als Alkaliehloride werden die Chloride von Natrium, Kalium oder Lithium
bevorzugt; man kann je-
doch beispielsweise auch: mit Calciumchlorid arbeiten.
Durch Anwendung geeigneter Gemische ist es möglich, im unteren Teil des--angegebenen
Temperaturbereiches zu arbeiten. So ermöglicht die Anwendung eines Gemisches von
Kalium- und Lithiumchlorid eine Arbeitstemperatur von 375- bis 650° C; allerdings
arbeitet man auch in diesem Falle vorzugsweise bei Temperaturen von 750 bis 850°
C. Andererseits sind im Falle von Gemischen von Kalium- und Natriumchlorid (z. B.
im Gewichtsverhältnis von etwa 6:4) Temperaturen oberhalb 500° C erforderlich.
-
Als Alkalifluoborate kamt man ebenfalls die Salze von Natrium, Kalium
und Lithium verwenden; Kaliumfluoborat wird bevorzugt. Wie bereits erwähnt, wird
vorzugsweise mit Schmelzen gearbeitet, deren Fluoboratgehalt 50% nicht überschreitet.
Enthält die Schmelze wesentlich größere Mengen Fluoborat, so wird die praktisch
anwendbare Arbeitstemperatur durch die Neigung des Fluoborats zur thermischen Zersetzung
beschränkt. eines Kaliumfluoborat zersetzt sich z. B. bei etwa--500' C. Außerdem
ist es., wenn die Schmelze vollständig oder nahezu vollständig ausFluoborat besteht,
äußerst schwierig, eine genügend hohe Kathodenstromclichte zu erreichen, um die
Reaktion zwischen dem sich auf der Kathode abscheidenden Bor und den BFCIonen der
Schmelze zu verhindern. Die Aufgabe der Chloridkomponente besteht daher mindestens
teilweise darin, mit Kathodenstromdichten. zu arbeiten, bei denen die Geschwindigkeit
der Abscheidung des Bors viel größer ist als diejenige seiner Wiederauflösung.
-
Das Verfahren wird natizrlich in einer nichtoxydierenden Atmosphäre
durchgeführt. Argon ist für diesen Zweck sehr geeignet.
-
Eine zur Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens geeignete elektrolytische
Zelle ist in der Zeichnung im Schnitt dargestellt.
-
Die Zelle enthält einen aus Graphit oder anderem Kohlenstoff bestehenden
Tiegel 6, der sich in einem wärmebeständigen Metallgefäß oder -mantel7 befindet.
Das Gefäß 7 ist mit einem Deckel 8 und einem Asbestdichtungsring 9 versehen, damit
die Salzschmelze während der Elektrolyse unter einer inerten Atmosphäre gehalten
werden kann. Die Zelle kann von außen oder aber auch von innen durch in der Schmelze
befindliche Widerstandsheizkörper elektrisch beheizt werden. Der Graphittiegel ist
durch Verbindung des Metallgefäßes mit dem positiven Pol einer Gleichstromquelle
als Anode geschaltet. Das Borcarbid wird als Anode geschaltet, indem es, wie in
der Zeichnung bei 11 dargestellt, in granulierter Form zwischen den Tiegel 6 und
einen durchlochten Zylinder 12 aus Graphit oder anderem. Kohlenstoff eingefüllt
ist, der als mechanische Stütze für die Körner dient. Der Tiegel ist natürlich so
ausgebildet, daß der nach der Elektrolyse als Rückstand hinterbleibende Kohlenstoff
entfernt und durch frisches Borcarbid ersetzt werden kann. Die Kathode 14, die ein
Eisen- oder Flußstahlstab sein kann, ist senkrecht durch den Deckel 8 hindurch in
die Schmelze innerhalb des durchlochten Kohlezylinders 12 eingehängt.
-
Das folgende Beispiel, in welchem die in der Zeichnung dargestellte
Zelle verwendet wurde, dient zur weiteren Erläuterung der Erfindung. Alle Mengenangaben
beziehen sich auf Gewichtsmengen.
-
Beispiel Ein Gemisch von Natriumchlorid und Kaliumchlorid vom Gütegrad
chemischer Reagenzien, bestehend aus 61% Kaliumchlorid und 39°/o Natriumchlorid,
wurde in den Graphitti-egel gegeben und der Raum zwischen der Tiegelwandung und
dem durchlochten Graphitzylinder mit technischem granuliertem Borcarbid gefüllt.
Der so beschickte Tiegel wurde in das Gefäß 7 eingesetzt, letzteres mit dem Deckel
verschlossen. Die ganze Vorrichtung wurde in einen Ofen eingesetzt und auf etwa
800° C erhitzt, um die Alkalichloride in einem inerten Gasstrom (Argon) zu schmelzen.
Hierauf wurde der Chloridschmelze Kahumfluoborat in solchen Mengen zugesetzt, daß
eine Konzentration von 20'% Fluoborat erhalten wurde. (Man kann auch mit anderen
Fluoriddoppelsalzen, wie NaBF4oderLiBF4, arbeiten.) Nun wurde die Temperatur der
Schmelze auf etwa 750° C eingestellt. In die Schmelze wurde durch eine Öffnung im
Manteldeckel ein Flußstahlstab als Kathode eingesetzt und die Elektrolyse in einer
Argonatmosphäre durchgeführt. Das Argon wurde bei 16 zu- und bei 17 abgeführt.
-
Die Spannung wurde zwischen 2 und 3 Volt gehalten; weder am Borca.rbid
noch an der Oberfläche der Graphitanode fand eine Chlorentwicklung statt. Während
des Versuchs blieb die Stromstärke im wesentlichen konstant oder neigte im Laufe
der Zeit zu einem geringen Anstieg. Eine Erhöhung der Spannung mit steigender Menge
des an der Kathode abgeschiedenen Bors war nicht erforderlich, was bei anderen elektrolytischen
Verfahren zur Herstellung von Bor erforderlich ist.
-
Am Ende des Versuchs wurde der Strom abgeschaltet und die Kathode
aus der Schmelze herausgezogen., jedoch innerhalb der Zelle gehalten, damit sie
in der Argonatmosphäre erkaltete. (Es ist jedoch durchaus möglich, die Kathode,
selbst wenn sie noch verhältnismäßig heiß ist, der Luft auszusetzen, da der die
Borabscheidung bedeckende Elektrolyt als Schutzüberzug gegen Oxydation wirkt.) Nach
dem Erkalten ließ sich der mit eingeschlossenem Salz bedeckte Bonniederschlag leicht
von der Kathode abbrechen. Er wurde gründlich mit Wasser und dann mit konzentrierter
Salzsäure gewaschen. Schließlich wurde er nochmals mit Wasser und dann mit Aceton
gewaschen und im Vakuumofen bei 35 bis 45° C getrocknet.
-
Das Produkt bestand aus kleinen kristallinen Teilchen, die in Form
schwammig aussehender Aggregate zusammenhingen. Das gewaschene Endprodukt wies folgende
Zusammensetzung auf
Bor . . . . . . . . . . . . . . . 96,30/0 |
Unlöslich in H N 03 0,1% (Borcarbid und |
freier Kohlenstoff) |
Natrium .......... 0,62% |
Eisen ............. 0,060/0 |
Nicht bestimmt .... 2,9% |
Die bei verschiedenen Versuchen und unter verschiedenen Bedingungen erhaltenen Teilchen
schwankten in ihrer Größe zwischen etwa 1 und 10 i,, und es ist als weiterer Vorteil
des erfindungsgemäßen Verfahrens gegenüber anderen elektrolytischen Verfahren anzusehen,
daß man durch richtige Einstellung der Elektrolysebedingungen das Bor in Form sehr
kleiner Teilchen erhält, was für viele metallurgische und chemische Verfahren von
größter Bedeutung ist. Insbesondere erhält man nach dem erfindungsgemäßen Verfahren
Bor
im Korngrößenbereich von einigen [, ohne jedes weitere Vermahlen.
-
Sobald ein Arbeitsgang beendet und die Kathode herausgenommen ist,
kann man sofort eine andere Kathode einsetzen und den nächsten Arbeitsgang beginnen.
Diese Arbeitsperioden können wiederholt werden, bis der Gehalt an verfügbarem Bor
im Borcarbid auf etwa 20% seines ursprünglichen Wertes gesunken ist, was sich an
einer verminderten Stromstärke bei gleichbleibender Spannung bemerkbar macht. Dann
kann der Rückstand entfernt und frisches granuliertes Borcarbid eingefüllt werden.
Bei großtechnischem Betrieb verwendet man den Rückstand zur Herstellung einer neuen
Borcarbidbeschickung. Analytische Ergebnisse und Stoffbilanzwerte haben gezeigt,
daß praktisch kein Bor unmittelbar aus dem Fluoborat stammt. Dies ergibt sich aus
folgenden Werten:
Gesamtmenge an in Form von KBF4 |
eingeführtem Bor . . . . . . . . . . . . . . . . 10,3 g |
Gesamtmenge an gewonnenem Bor .. 15,1 g |
Bor im Elektrolytrückstand ......... 0,87°/o |
Gesamtmenge an Bor im Elektrolyt- |
rückstand ....................... 6,9 g |
Borverlust beim Ablösen von der |
Kathode ......................... 2,1 g |
In der Bilanz nicht berücksichtigtes |
Bor (die Menge von in Form von |
flüchtigem B F, verlorenem Bor |
wurde nicht festgestellt) . . . . . . . . . . 1,3 g |