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Verfahren zur Herstellung stabiler, wäßriger, weichmacherfreier Polyvinylacetaldispersionen
Bei der vielseitigen technischen Anwendung der Polyvinylacetale war bisher fast
ausschließlich der Gebrauch organischer Lösungsmittel erforderlich. Für viele Verwendungszwecke
wäre jedoch sowohl aus wirtschaftlichen wie auch aus verfahrensmäßigen Gründen eine
filmbildende, wäßrige, weichmacherfreie Dispersion der Polyvinylacetale vorteilhaft.
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Es ist bereits eine Reihe von Verfahren zur Herstellung von wäßrigen
Polyvinylacetaldispersionen bekannt. Überwiegend werden dazu Polyvinylbutyracetale
eingesetzt, die zusammen mit Weichmachern und Emulgatoren verarbeitet werden. Das
Butyralharz kann dabei in wasserfeuchter Form angewendet werden. Die Emulgatoren
können, sofern es sich um Salze langkettiger Fettsäuren handelt, nicht als solche
zugegeben werden, sondern sie müssen in die saure und basische Salzkomponente aufgeteilt
und getrennt zugesetzt werden, so daß die Salzbildung durch Neutralisation erst
in situ erfolgt. Die so erhältlichen weichmacherhaltigen Dispersionen sind sehr
stabil und im allgemeinen gut lagerfähig, ihre Herstellung ist jedoch sehr langwierig.
Darüber hinaus sind weichmacherhaltige Dispersionen für verschiedene Anwendungsgebiete
ungeeignet. Dies gilt insbesondere für weichmacherempfindliche Kaschierungen von
Papieren und Geweben, für das Vermischen mit anderen weichmacherfreien wäßrigen
Kunstharzemulsionen, beispielsweise von Phenolharzen, ferner für Überzüge und Versteifungen
von Werkstoffen, die gegenüber der Einwirkung von Weichmachern empfindlich sind.
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Versuche, nach bekannten Verfahren weichmacher-und lösungsmittelfreie
Polyvinylbutyraldispersionen zu erhalten, waren erfolglos. Es ließen sich lediglich
grobdisperse Suspensionen erzielen, die aber keine filmbildenden Eigenschaften aufwiesen.
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Es wurde nun gefunden, daß man ohne Verwendung von Weichmachern und
Lösungsmitteln feindisperse, wäßrige Polyvinylacetaldispersionen erhält, wenn man
Polyvinylacetale mit verzweigten und unverzweigten Aldehydkomponenten von 8 Kohlenstoffatomen
an aufwärts und/oder Polyvinylacetale aus Mischpolymerisaten von Vinylestern und
ungesättigten aliphatischen Mono-und Dicarbonsäuren, wie Acrylsäure, Crotonsäure,
Fumarsäure, Maleinsäure und Itakonsäure, in wasserfeuchtem Zustand bei Temperaturen
von 100 bis 140°C plastifiziert, nach Verdampfen des überschüssigen Wassers abkühlt,
einen anionenaktiven Emulgator und gegebenenfalls ein Schutzkolloid einträgt und
anschließend diese Masse durch langsame Wasserzugabe unter fortgesetztem Kneten
dispergiert.
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Ein weiterer Vorteil des erfindungsgemäßen Verfahrens besteht darin,
daß dabei die Emulgatoren nicht in saure und basische Salzkomponenten getrennt,
sondern als fertige Salze eingesetzt werden können. Dadurch läßt sich
das erfindungsgemäße
Verfahren wesentlich rascher und leichter durchführen als die vorbekannten, bei
denen die Zugabe der neutralisierenden Komponente erfahrungsgemäß nur sehr langsam
vorgenommen werden darf, um das Brechen der Dispersion zu vermeiden. Außerdem ist
die vollständige Phasenumkehr einer Wasser-in-Karz-Dispersion in eine Harz-in-Wasser-Dispersion
überraschenderweise nur mit den erfindungsgemäß hergestellten Dispersionen möglich.
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Die erfindungsgemäß verwendbaren anionenaktiven Emulgatoren sind
handelsübliche Produkte, wie z. B.
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Alkali- und Ammoniumsalze von langkettigen gesättigten oder ungesättigten
Fettsäuren, Alkylarylsulfonate, Polyglykoläthersulfonate.
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Die so hergestellten Dispersionen sind beliebig mit Wasser verdünnbar
und zeichnen sich durch besonders geringe Teilchengröße aus. Sie zeigen auch nach
längerem Stehen keine Neigung zum Absitzen. Trotz Abwesenheit von Weichmachern liefern
die Dispersionen glasklare, zähe elastische Filme hoher Reißfestigkeit, die als
Zwischenschichtmaterial z. B. im Baugewerbe und bei der Herstellung von Sicherheitsglas
verwendet werden können. Beim Versprühen binden die Dispersionen sehr rasch ab,
wobei sich die dünnen Überzüge ohne Schwierigkeit von den besprühten Oberflächen
abziehen lassen.
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Beispiel 1 170 Gewichtsteile Polyvinylcaprylacetal mit einem Wassergehalt
von 42°/o werden in einem Gummikneter etwa 10 bis 15 Minuten bei 120 bis 130"C geknetet,
bis der Hauptanteil des ausgepreßten Wassers abgelaufen bzw. verdampft ist und die
Masse völlig durchplastifiziert und farblos ist. Es wird nun auf etwa 50"C abgekühlt,
anschließend
werden 7 Gewichtsteile Natriumoleat in größeren Portionen eingetragen und 15 bis
30 Minuten weitergeknetet, bis die Masse wieder vollkommen homogen geworden ist.
Anschließend wird langsam Wasser zugegeben. Die mehr und mehr teigig werdende Acetalmasse
erreicht dabei allmählich die feindisperse Phase. Die reinweiße Dispersion läßt
sich einwandfrei vergießen sowie versprühen und liefert farblose, steife Filme mit
guter Biegsamkeit. 380 u starke Folien weisen bei 7 bis 801o Dehnung eine durchschnittliche
Reißfestigkeit von 265 kglcm2 auf.
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Die Filme der Caprylacetaldispersionen zeichnen sich darüber hinaus
noch durch besonders hohe Wasserfestigkeit aus. Selbst nach 24stündigem Wässern
bei 200 C sind sie noch durchscheinend und zeigen keinerlei Auflösungsmerkmale.
Nach kurzem Trocknen werden die Filme wieder völlig klar, und die Prüfung der mechanischen
Werte läßt keine Verschlechterung erkennen.
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Beispiel 2 150 Gewichtsteile eines 500/, Wasser enthaltenden Polyvinylbutyrals,
hergestellt aus einem Mischpolymerisat von Vinylacetat mit 40/o Crotonsäure durch
saure Verseifung und Kondensation mit Butyraldehyd, werden, wie im Beispiel 1 beschrieben,
plastifiziert und portionsweise mit 7 Gewichtsteilen Natriumstearat versetzt. Zu
der nach etwa 20 bis 30 Minuten durch weiteres Kneten wieder einheitlich gewordenen
Masse läßt man anfangs sehr langsam, später bei zunehmender Erweichung rascher Wasser
hinzutropfen, bis die entstehende feine Dispersion auf den gewünschten Feststoffgehalt
gebracht ist.
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In stärkerer Verdünnung ist die Dispersion gut versprühbar; die dabei
sehr schnell trocknenden klaren Überzüge lassen sich wieder leicht ablösen.
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Diese Dispersion ist auch nach starker Verdünnung für Kaschierungen
empfindlicher Papiere und Gewebe besonders geeignet.
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Beispiel 3 200 Gewichtsteile Polyvinylbutyral mit einem Wassergehalt
von 47010, aus Mischpolymerisat von Vinylacetat mit 301o Maleinsäure nach üblichen
Verfahren hergestellt, werden unter gleichen Bedingungen, wie im Beispiel 1 beschrieben,
plastifiziert. In die hellgelbe Masse werden
16,5 Gewichtsteile 550/0ges (unter dem
Warenzeichen »Genapol IRO« bekanntes) Polyäthylenglykoläthersulfonat in kleinen
Anteilen langsam eingetragen. Sobald die Masse wieder in homogener Form vorliegt,
wird sie durch allmählich schneller werdende Wasserzugabe dispergiert.
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Die reinweiße beständige Dispersion besitzt - neben gutem Kaschiervermögen
- ausgezeichnete filmbildende Eigenschaften, und es lassen sich damit gut brauchbare
Zwischenschichtgläser herstellen.
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Beispiel 4 180 Gewichtsteile Polyvinylcaprylacetal mit einem Wassergehalt
von 3801, werden, wie im Beispiel 1 beschrieben, plastifiziert. Nach weitgehendem
Verdampfen des Wassers trägt man portionsweise 9 Gewichtsteile Natriumoleat und
0,6 Gewichtsteile Hydroxyäthylcellulose in die hellbraune Acetalmasse ein und homogenisiert
durch halbstündiges Kneten. Anschließend gibt man langsam Wasser zu und erreicht
nach etwa 2 bis 3 Stunden eine vollständige Dispergierung des Acetals.
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Die unbegrenzt verdünnbare Dispersion zeichnet sich durch besonders
gute Lagerbeständigkeit aus und erfährt auch nach mehrmonatigem Stehen praktisch
keine Viskositätsänderung.
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Durch Versprühen oder Vergießen lassen sich farblose, elastische
Überzüge und Filme erzielen, die eine sehr gute Wasserfestigkeit aufweisen.