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Verfahren zur Vulkanisation von Carboxylgruppen enthaltendem synthetischem
Kautschuk Es ist bekannt, Carboxylgruppen enthaltenden synthetischen Kautschuk,
z. B. Mischpolymerisate aus Butadien, Acryl- oder Methacrylsäure und gegebenenfalls
Acrylsäurenitril, mittels aliphatischer oder heterocyclischer Diamine zu vulkanisieren.
Ferner wurden Oxyde, Hydroxyde oder Salze mehrwertiger Metalle z. B. des Zinks,
Calciums, Magnesiums als Vulkanisationsmittel vorgeschlagen, welche durch Neutralisation
der Carboxylgruppen vernetzend wirken. Ein Vulkanisationsoptimum soll jedoch nur
dann erreicht werden, wenn neben dem Metalloxyd noch Schwefel und Beschleuniger
zugesetzt werden.
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Bekanntlich wird in der Kautschukindustrie seit längerer Zeit darauf
hingearbeitet, schwefelfreie Vulkanisate herzustellen, da der Schwefel in den Kantschukerzeugnissen
verschiedene unerwünschte Eigenschaften bzw. Folgeerscheinungen verursacht. Beispielsweise
sei die ungünstige Beeinflussung der Alterung erwähnt. Ferner erfüllen Schwefelvulkanisate
nicht die Anforderungen, die in hygienischer Hinsicht, z. B. an Kautschükwaren für
medizinische Zwecke oder an solche, die mit Nahrungs- oder Genußmitteln in Berührung
kommen, zu stellen sind. Ein weiterer Nachteil der Schwefelvulkanisation ist der
kompli zierte Aufbau der Mischungen aus einer Vielzahl von Komponenten, die genau
aufeinander abgestimmt sein müssen.
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Es hat nicht an Versuchen gefehlt, durch Kom bination von Kautschuk
mit Kunststoffen die vorteilhaften Eigenschaften der letzteren in Kautschukerzeugnissen
zur Geltung zu bringen und so unter anderem deren Beständigkeit gegen Alterung,
Licht, organische Lösungsmittel, Benzin oder Ö1 zu erhöhen sowie deren elektrische
und gewisse mechanische Eigenschaften zu verbessern.
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Bisher wurden jedoch, insbesondere auf dem Gebiet hochelastischer
Kautschukwaren, keine Erfolge von technischer Bedeutung erzielt. Die bekannten,
z. B. unter Verwendung von Formaldehydkondensationsharzen hergestellten Kautschukkunstharzerzeugnisse
haben im allgemeinen eine verhältnismäßig niedrige Bruchdehnung und sind mehr oder
weniger hartkautschukähnlich. Es konnten im wesentlichen keine Verbesserungen gegenüber
den mit Schwefel, Beschleunigern und Füllstoffen erzielbaren Eigenschaften erreicht
werden.
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Es wurde nun gefunden, daß Mischungen von Carboxylgruppen enthaltendem
Kautschuk mit Polyepoxyden der allgemeinen Formel
durch Wärmebehandlung ohne weitere Zusätze in hochelastische Vulkanisate übergeführt
werden können.
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Bei der Herstellung von gehärteten Kunststoffen aus Polyepoxyden
wurden bereits mehrbasische Carbonsäuren verwendet. Letztere spielen hierbei die
Rolle der Härtungskomponente und führen nur zu guten Erfolgen, wenn sie in Form
ihrer Anhydride angewendet werden.
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Zur Herstellung von Vulkanisaten kann das Polyepoxyd dem Kautschuk
in Gewichtsmengen von 5 bis 400/0 (bezogen auf Trockengewicht von Polyepoxyd und
Kautschuk) beigemischt werden.
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Die Menge des beizumischenden Polvepoxyds ist nach der Kettenlänge
des verwendeten Polyepoxyds
undfnach dem Carboxylgchalt des Kautschuks zu bemessen.
Erhöht man den Polyepoxydgehalt über die zur eigentlichen Vulkanisation, d. h. zur
Vernetzungsreaktion erforderlichen Menge hinaus, so übt das Polyepoxyd füllstoffartige
Wirkungen aus. Falls dies erwünscht ist, kann der Polyepoxydgehalt gegebenenfalls
auch höher als 40 Gewichtsprozent sein. Bei dem Fertigerzeugnis treten dann die
Harzeigenschaften mehr in den Vordergrund.
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Bei Verwendung eines Polyepoxyds mit einem Epoxydäquivalentgewicht
von etwa 400 und eines Kautschuks mit etwa 40/o Carboxylgehalt wird die optimale
Vulkanisation bei einem Polyepoxydgehalt zwischen 10 und 20 Gewichtsprozent erreicht.
Die
Vulkanisationstemperatur kann zwischen 100 und 2000 C gewählt
werden.
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Die Einmischung des Polyepoxyds kann bei Verwendung von Trockenkautschuk
wie üblich auf der Walze durchgeführt werden. Liegt der Kautschuk als wäßrige Dispersion
vor, so kann er durch Zusetzen des in einem organischen Lösungsmittel, z. B. Aceton,
gelösten Polyepoxyds koaguliert werden. Hierbei läßt sich mit einfachen Mitteln
eine besonders intensive Durchmischung erzielen. Es ist von Vorteil, die Polyepoxydlösung
tropfenreise oder in dünnem Strahl, bei größeren Ansätzen etwa mittels einer Brausevorrichtung,
unter kräftigem Rühren zuzusetzen. Das entstehende Koagulat wird vorzugsweise unter
Kneten bei gelinden Temperaturen (bis etwa 1000 C) getrocknet und dann wie üblich
weiterverarbeitet. Für die Verarbeitung der wäßrigen Dispersion im Tauchverfahren
wird nach den bekannten Methoden der Emulgiertechnik eine Emulsion des Polyepoxyds
hergestellt und in die Kautschukdispersion eingerührt.
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Durch Angleichung der pE-Werte beider Mischungskomponenten und gegebenenfalls
Zusätze bekannter Emulgiermittel kann eine Koagulation verhindert werden.
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Im Laufe der Vulkanisationsreaktion werden keinerlei Nebenprodukte
abgespalten. Dies ist ein Vorteil gegenüber den eingangs erwähnten Vulkanisationsverfahren.
Denn jene beruhen auf einer Neutralisation der Carboxylgruppen durch Amine, Oxyde
oder Salze, wobei zwangläufig Wasser oder Säuren entstehen, was bekanntlich zu Störungen
führen kann.
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Da die Polyepoxyde nicht mit sich selbst reagieren und die Reaktion
mit dem Kautschuk erst bei erhöhter Temperatur eintritt, sind die Rohmischungen
im Gegensatz zu manchen Kautschukmischungen mit Schwefel und Beschleunigern bei
Raumtemperatur lagerfähig.
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Polyepoxyde sind chemisch widerstandsfähig, alterungsbeständig, geruchlos,
geschmacksfrei und un giftig. Alle diese Eigenschaften sind auch für Kautschukwaren
wertvoll.
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Ein weiterer Vorteil ist das niedrige, bei etwa 50 bis 600 C beginnende
Schmelzintervall. Dieses erleichtert die Mischarbeit auf der Walze, da sich ein
weiches bis zähflüssiges Material besser in den Kautschuk einarbeiten läßt. Auch
der Vulkanisationsvorgang wird gefördert, da infolge der flüssigen Konsistenz während
der zur Vulkanisation führenden Wärmebehandlung Diffusionsvorgänge und damit die
Ausschöpfung der vorhandenen Reaktionsmöglichkeiten begünstigt werden.
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Da Polyepoxyde in beliebiger definierter Molekülgröße und unter Einbau
der verschiedensten Komponenten hergestellt werden können, besteht die Möglichkeit,
allein durch das Vulkanisiermittel die Eigenschaften von Kautschukerzeugnissen weitgehend
variieren bzw. verbessern zu können. Dies war bisher nur durch das Einmischen einer
Vielzahl von Komponenten, wie Beschleuniger, Alterungsschutzmittel, Weichmacher,
Dispergatoren und Füllstoffen, möglich, die, um Störungen zu vermeiden, genau aufeinander
abgestimmt sein mußten. Ein Fortschritt kann auch dadurch erreicht werden, daß Hilfsstoffe,
die bisher der Kautschukmischung als selbständige Mischungskomponenten zugesetzt
wurden, in das Molekül des Polyepexyds eingebaut werden. Sie sind dann chemisch
gebunden und können im Vulkanisat nicht wandern, wodurch das unerwünschte Ausschwitzen
oder Ausblühen unmöglich wird.
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Besonders geeignet ist die Polyepoxyd-Vulkanisation zur Herstellung
hochelastischer Kautschukwaren. Zur Erreichung von Hochelastizität ist neben dem
günstigen Vernetzungsgrad auch eine gewisse Länge und Elastizität des die Brückenbindung
herstellenden Vulkanisierstoffes erforderlich. Diese Erfordernisse werden durch
die Polyepoxyde in bisher nicht bekanntem Grade erfüllt. Der Vernetzungsgrad läßt
sich durch die Wahl des Verhältnisses von Epoxyd zu Carboxylgruppen weitgehend steuern.
Länge und Elastizität der die Kautschukketten vernetzenden Brücken lassen sich durch
die Auswahl eines Polyepoxyds von entsprechender Kettenlänge bzw. entsprechendem
sonstigem Aufbau bestimmen. Auch hier ist es von Bedeutung, daß die Polyepoxyde
nicht mit sich selbst reagieren und somit die Vernetzungsbrücken im Vulkanisat dieselbe
Kettenlänge wie das ursprüngliche Polyepoxyd aufwei-sen. Die elastischen Eigenschaften
von Vulkanisaten können daher durch Verwendung entsprechender Polyepoxyde weitestgehend
variiert werden. Gegebenenfalls können auch Mischungen verschiedener Polyepoxyde
verwendet werden.
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PATENTANSPROCHE: 1. Verfahren zur Vulkanisation von Carboxylgruppen
enthaltendem synthetischem Kautschuk durch chemische Umsetzung der Carboxylgruppen,
dadurch gekennzeichnet, daß der Kautschuk in Mischung mit einem Polyepoxyd der allgemeinen
Formel
einer Wärmebehandlung unterworfen wird.