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Verfahren zum Vulkanisieren von Gemischen aus natürlichem oder synthetischem
Kautschuk mit hellen Verstärkerfüllstoffen Es ist bekannt, daß helle Verstärkerfüllstoffe
wegen ihrer hohen Kautschukaktivität für viele Zwecke mit Vorteil an Stelle von
Ruß bei der Herstellung von Kautschukvulkanisaten verwendet werden können.
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Es hat sich aber gezeigt, daß bei der Verarbeitung solcher Füllstoffe
unter Umständen Schwierigkeiten auftreten, da sie, wie sich vor allem in den hohen
Deformationshärten zeigt, zu einer starken Verstrammung der Mischungen Anlaß geben,
die die Einarbeitung der anderen Mischungsbestandteile erschwert. Dies kann sich
unter Umständen auf die Eigenschaften des späteren Vulkanisats in unerwünschter
Weise auswirken. Man kann dieser Erscheinung bis zu einem gewissen Grad durch die
Verwendung von Weichmachern begegnen, muß aber dann auch einen Abfall der kautschuktechnischen
Werte und damit der Gebrauchseigenschaften des Vulkanisats in Kauf nehmen.
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Es ist auch bekannt, Epoxyde in Mengen von mehr als 25 Teilen, bezogen
auf 100 Teile Kautschuk, in Kautschuk oder kautschukartige Polymerisate mit reaktiven
Gruppen, z. B. mit Nitrilgruppen oder Carboxylgruppen, einzuarbeiten und auf diese
Weise die kautschuktechnischen Eigenschaften zu verbessern.
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Nach einem anderen bekannten Verfahren werden durch Oxydation ein
Teil der restlichen Doppelbindungen in einem Homopolymerisat oder Copolymerisat
von 1,3-Dienen mit Wasserstoffperoxyd in Gegenwart von Ameisensäure in Epoxygruppen
verwandelt, um den Vulkanisationsvorgang zu erleichtern und zu Produkten mit. verbesserten
chemischen und physikalischen Eigenschaften, wie z. B. Öl- und Lösungsmittelbeständigkeit,
zu gelangen. Außerdem wurden epoxydierte Fettsäureester in kleinen Mengen auch bereits
als Stabilisatoren für bromierte Mischpolymerisate von Isoolefinen und Polyolefinen
benutzt.
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Es wurde jedoch hierdurch dem Fachmann keine Lehre darüber vermittelt,
wie die erwähnten und nachstehend im einzelnen erörterten Schwierigkeiten bei der
Verwendung von hellen, hochaktiven Verstärkerfüllstoffen in weniger polaren Kautschuks
orten, die nur Kohlenstoff-Kohlenstoff-Doppelbindungen enthalten, behoben werden
können.
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Zwischen weißen aktiven Füllstoffen und Ruß vergleichbarer Aktivität
bestehen im Hinblick auf die Einarbeitbarkeit erhebliche Unterschiede, welche sich
in manchen Fällen in der Praxis nachteilig auswirken.
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Diese Unterschiede ergeben sich augenfällig aus einem Vergleich der
Abb. 1 und 2. In diesen Abbildungen sind Viskositätskurven aufgenommen, die sich
bei Einmischen von Ruß (A b b. 1) bzw. eines hochaktiven weißen Silikatfüllstoffes
(Ab b. 2) in Kautschuk im Brabenderplastographen ergeben. A b b. 1 zeigt den
Verlauf
der Viskosität der Kautschukmischung in Abhängigkeit von der Zeit und läßt erkennen,
daß auf die Zugabe des Rußes hin die Viskosität für eine kurze Zeit stark ansteigt,
um dann sehr schnell wieder abzusinken und im Laufe des weiteren Mischvorganges
mehr und mehr abzunehmen. Aus der A b b. 2 geht dagegen hervor, daß beim Zusetzen
des weißen Füllstoffes ebenfalls zunächst ein starker Anstieg der Viskosität eintritt,
der aber nicht in dem gleichen Maße zurückgeht, wie dies gemäß A b b. 1 bei Ruß
der Fall ist.
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Vielmehr bleibt die erhöhte Viskosität für eine lange Zeitdauer von
20 bis 30 Minuten erhalten, und erst dann erreicht die Mischung die erwünschten
niedrigen Viskositäten, die eine gute Durcharbeitung der Komponenten ermöglichen.
Offensichtlich tritt, wie sich auch durch Quellungsmessungen beweisen läßt, hier
bereits eine frühzeitige Vernetzung des Kautschuks unter dem Einfluß des Füllstoffes
ein, die bei Ruß nicht erfolgt und zum Teil für die Schwierigkeiten bei der Einarbeitung
des Füllstoffes auf Silikat- oder Kieselsäurebasis verantwortlich ist.
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Aufgabe der Erfindung war es; ein Verfahren zum Vulkanisieren von
Gemischen aus natürlichem oder synthetischem Kautschuk mit hellen Verstärkerfüllstoffen
unter Verwendung von Epoxydverbindungen, die mindestens zwei Oxiranringe enthalten,
zu entwickeln, bei dem die durch die weißen Füllstoffe bewirkte Verstrammung herabgesetzt
und durch Senkung der Defohärten die Einarbeitbarkeit der Füllstoffe und die Verarbeitbarkeit
der Mischungen verbessert wird, ferner Zugfestigkeit, Modul bei 3000/o Dehnung,
Kerbzähigkeit und Shore-Härte erhöht werden und wobei die für weiße Füllstoffe bisher
notwendige Überdosierung der Vulkanisiermittel entfällt.
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Gegenstand der Erfindung ist daher ein Verfahren zum Vulkanisieren
von Gemischen aus natürlichem oder synthetischem Kautschuk mit hellen Verstärkerfüllstoffen
unter Verwendung von Epoxydverbindungen, die mindestens zwei Oxiranringe enthalten,
das dadurch gekennzeichnet ist, daß solche Kautschukarten verwendet werden, die
keine funktionellen Gruppen im Molekül enthalten.
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Dabei werden unter hellen Verstärkerfüllstoffen Siliciumdioxyd, Aluminiumoxyd
oder Silikate unabhängig von der Art ihrer Herstellung verstanden.
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Abt. 3 stellt eine Plastographenkurve dar, die nach dem beanspruchten
Verfahren aus einem Gemisch aus Naturkautschuk und einem hochaktiven weißen Kieselsäurefüllstoff
unter gleichzeitigem Zusatz von 5 Gewichtsteilen eines Epoxydharzes erhalten wurde.
Auch hier läßt sich wiederum der sofortige Anstieg der Viskosität bei Zusatz des
Füllstoffes erkennen. Es läßt sich aber weiter ersehen, daß unmittelbar danach ein
stetiger Abfall der Viskosität eintritt, wie er der Rußkurve gemäß A b b. 1 entspricht.
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Durch die Zugabe von polyfunktionellen Epoxydverbindungen nach dem
beanspruchten Verfahren wird also nicht nur die Defohärte in der Mischung und im
Vulkanisat wesentlich herabgesetzt, sondern auch das Einmischverhalten insofern
günstig beeinflußt, als der Viskositätsabfall unter Unterdrückung langdauernder
Perioden hoher Viskositäten früher eintritt und damit die Mischungen zu einem erheblich
früheren Zeitpunkt gut verarbeitbar werden. Im Gegensatz zu der Verwendung üblicher
Weichmacher für Kautschuk ist aber das Verfahren gemäß der Erfindung, wie an Hand
der Beispiele noch gezeigt werden wird, nicht mit einem Abfall der mechanischen
Werte des Vulkanisats verbunden. Vielmehr wird, offenbar durch die während der Vulkanisation
zusätzlich ablaufende Vernetzung des Epoxydharzes, der Modul erhöht, der normalerweise
bei Mischungen, die helle Verstärkerfüllstoffe enthalten, unerwünscht niedrig ist.
Gleichzeitig werden auch Zerreißfestigkeit und Weiterreißfestigkeit beachtlich erhöht.
Zudem wird bei Verwendung eines Umsetzungsproduktes von Epichlorhydrin mit Diphenylolpropan
(Epoxydäquivalentgewicht 450 bis 500) die Quellung von 465 auf 405°/0 herabgesetzt.
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Monofunktionelle Epoxydverbindungen sind für die Zwecke der Erfindung
nicht geeignet.
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Zu den hier verwendbaren Epoxydverbindungen mit mindestens zwei Oxiranringen
gehören beispielsweise ganz oder teilweise epoxydierte natürliche oder synthetische
Kautschuke oder epoxydierte Abbauprodukte von natürlichen oder synthetischen Kautschuken,
die wegen ihrer Verträglichkeit mit Kautschuk bevorzugt verwendet werden. Wegen
ihrer guten Handhabung und Zugänglichkeit können mit Vorteil auch Epoxydharze benutzt
werden.
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Die Menge der zugesetzten Epoxydverbindungen kann in weiten Grenzen
schwanken. Im allgemeinen liegen die anzuwendenden Mengen zwischen 0,1 und 20 Teilen
auf 100 Teile Kautschuk, bevorzugt bei 0,5 bis 10 Teilen auf 100 Teile Kautschuk.
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Je nach der Art des Kautschuks oder des kautschukähnlichen Stoffes,
auf den das Verfahren der Erfindung angewendet wird, kann der Kautschuk selbst die
Vernetzung der Epoxydverbindungen einleiten oder befördern. In vielen Fällen empfiehlt
es sich jedoch, bekannte Vernetzer für Epoxydverbindungen dem Gemisch zuzusetzen.
Hierzu gehören Aminoverbindungen, Carbonsäurederivate, Amide oder Alkohole, z. B.
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Harnstoff, Komplexverbindungen von Bortriiluorid mit Aminoverbindungen,
Aminaldehydkondensationsprodukte oder Iminobispropylamin, die einzeln oder in Gemischen
zur Anwendung gelangen können.
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Das Verfahren der Erfindung kann nicht nur auf Vermischungen, die
auf trockenem Wege hergestellt worden sind, angewendet werden, sondern auch auf
solche Mischungen, die durch gemeinsame Ausfällung des Latex mit dem Füllstoff hergestellt
worden sind.
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In diesem Falle empfiehlt es sich, die Epoxydverbindungen dem Polymerisat
bzw. dem Latex vor dem Füllstoff zuzusetzen oder die Epoxydverbindungen in dem Latex
vor dem Einbringen des Füllstoffes zu emulgieren.
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Die Wirkung des Verfahrens gemäß der Erfindung auf die kautschuktechnischen
Eigenschaften von Mischungen mit gefälltem Siliciumdioxyd als verstärkenden Füllstoff
ist in den nachstehenden Beispielen erläutert.
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Beispiel 1
1 2 3 4 5 |
Mischungsaufbau |
Smoked Sheets .......................... 100 100 100 100 100 |
Gefällte Kieselsäure ...................... 50 50 50 50 50 |
Stearinsäure ............................ 2 2 2 2 2 |
Zinkoxyd .............................. 5 5 5 5 5 |
Epoxydharz ............................. - 3,0* 3,0* 3,0* 2,0** |
Harnstoff ............................... - - 0,7 - - |
Iminobispropylamin ..................... - - - 0,5 0,5 |
Schwefel ............................... 4,5 |
N-Cyclohexyl-benzthiazyl-2-sulfenamid ........ 3,1 |
Vulkanisationstemperatur 134°C |
Rohmischung |
Defohärte ............................... 2700 1500 1850 1450
1600 |
Vulkanisate |
Heizzeit, Minuten .................... 80 80 40 40 40 |
* Umsetzungsprodukt von Epichlorhydrin und Diphenylolpropan QElpoxydäquivalentgewicht
225 bis 280).
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** Umsetzungsprodukt von Epichlorhydrin und Diphenylolpropan (Epoxydäquivalentgewicht
450 bis 300).
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(Fortsetzung von Beispiel 1)
1 2 3 4 5 |
Zerreißfestigkeit, kg/cm² ..... ............ 208 249 246 262
268 |
Modul (300%), kg/cm² .................. 68 78 75 87 74 |
Shorehärte A ........................... 65 71 73 72 69 |
Elastizität, % ........................... 42 34 41 42 43 |
Kerbzähigkeit, kg/cm ..................... 32 40 37 42 40 |
Aus der vorhergehenden Zusammenstellung der Werte ergibt sich deutlich, daß der
Zusatz des Epoxydharzes auch ohne Verwendung eines besonderen Vernetzers zu einem
erheblichen Abfall der Defohärte und damit zu einer wesentlichen Verbesserung der
Einarbeitbarkeit führt. Außerdem zeigt sich eine beträchtliche Erhöhung der Zugfestigkeit,
des Moduls bei 300 0/o Dehnung und der Kerbzähigkeit sowie der Shorehärte. Fahrzeugreifen,
die nach dem beanspruchten Verfahren hergestellt wurden, wiesen eine erheblich höhere
Lebensdauer und Gebrauchstüchtigkeit auf als solche, die unter vergleichbaren Bedingungen
nach bekannten Verfahren hergestellt worden sind.
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Beispiel 2 In der nachstehenden Aufstellung der kautschuktechnischen
Werte, die in der gleichen Art gehalten ist wie im Beispiel 1, sind in Spalte 1
die Vulkanisatwerte mit der für weiße Füllstoffe üblichen überhöhten Dosierung an
Beschleuniger und Schwefel aufgeführt, während in Spalte 2 der Beschleunigeranteil
und in Spalte 3 der Schwefelanteil zugleich mit der Zugabe von Epoxydharz und einem
Vernetzer herabgesetzt sind. Entsprechendes zeigen die Spalten 4 bis 6 für einen
anderen Beschleunigertyp.
1 2 3 4 5 6 |
Mischungsaufbau |
Smoked Sheets ............................... 100 100 100 100
100 100 |
gefällte Kieselsäure ........................... 50 50 50 50
50 50 |
Stearinsäure .................................. 2 2 2 2 2 2 |
Zinkoxyd RS ................................. 5 5 5 5 5 5 |
Epoxydharz* ................................. - 3,0 3,0 - 3,0
3,0 |
Iminobispropylamin ........................... - 0,75 0,75
- 0,75 0,75 |
N-Cyclohexyl-benzthiazyl-2-sulfenamid .......... 3,1 2,8 2,8
- - - |
Dibenzothiazyldisulfid ......................... - - - 4,0
3,2 3,2 |
Schwefel ..................................... 4,5 4,5 3,5
4,5 4,5 3,5 |
Vulkanisationstemperatur 134°C |
Rohmischung |
Defohärte ................................... 2950 1700 1600
3350 2000 2000 |
Vulkanisate |
Heizzeit, Minuten ............................. 80 40 40 60
20 20 |
Zerreißfestigkeit, kg/cm³ ........................ 206 302
3004 258 295 303 |
Modul (300%), kg/cm², ......................... 63 106 97 76
114 106 |
Shorehärte A .................................. 66 66 64 66
63 66 |
Elastizität, % .................................38 43 39 37
46 40 |
Kerbzähigkeit, kg/cm ......................... 33 37 38 29
27 36 |
* Epoxydharz aus Epichlorhydrin und Diphenylolpropan Epoxydäquivalentgewicht 450
bis 500).
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Beispiel 3
112 1112 |
Mischungsaufbau | | Vulkanisationstemperatur 150°C |
Butadien-Styrol-Kautschuk ..... 100 100 60 Rohmischung |
Pyrogene Kieselsäure .......... 40 40 Defohärte ..........
3400 2450 |
Stearinsäure ................... | 2,5 | 2,5 |
Zinkoxyd .................... 5 5 Physikalische Eigenschaften |
Epoxydiertes Polybutadien - - 10 Heizzeit, Minuten .............
80 40 |
Schwefel .......... 3 2,5 65 Zerreißfestigkeit, kg/cma 193
176 |
Modul (200%), kg/cm² ......... 39 93 |
Dibenzothiazyldisulfid .......... 4 4 |
Shorehärte A .................. 71 80 |
Rückprallelastizität, % ......... 33 32 |
Der Einsatz von epoxydiertem Polybutadien hat folgende Vorteile:
Einsparung von Schwefel, Erniedrigung der Defohärte, rasche Vulkanisation, bemerkenswerte
Erhöhung des Moduls, desgleichen der Shorehärte bei praktisch gleichbleibender Elastizität.