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Verfahren zur Herstellung von Acrylsäurenitril aus Athylen und Cyanwasserstoff
Bei der Herstellung von künstlichem Kautschuk, der gegenüber Ölen und Treibstoffen,
besonders gegenüber Benzin, widerstandsfähig ist, hat sich Acrylsäurenitril als
technisch wertvoll erwiesen. Acrylsäurenitril hat auch bei d;er Herstellung von
Kunststoffen eine besondere Bedeutung erlangt. So besteht eine Reihe der modernen
Kunstfasern ganz oder teilweise aus Acrylsäurenitrilpolymeren.
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Acrylsäurenitril ist eine sehr reaktionsfähige Verbindung. Sie wurde
bisher z. B. durch Abspalten von Wasser mit Phosphorpentoxyd oder mit anderen wasserentziehenden
Mitteln aus itthylencyanhydrin bzw. aus Acrylsäureamid hergestellt. Nach einem anderen
Verfahren wird Cyanwaisserstoff an Acetylen in flüssigem oder gasförmigem Zustand
angelagert.
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Acetylen läßt sich nur durch Anwendung hoher Energien herstellen,
weshalb man bestrebt ist, nach einem anderen Grundstoff zu suchen. Weiterhin ist
es bekannt, Acrylsäurenitril aus Äthylenoxyd herzustellen.
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Hierzu wird das Athylenoxyd mit Cyanwasserstoff in das Äthylencyanhydrin
übergeführt und aus diesem durch Wasserabspaltung das AcryIsäurenitril gewonnen.
Die Ausbeute dieses Verfahrens beträgt 80°/o der Theorie. Die Herstellung des Äthylenoxydes
erfolgt durch eine teilweise Verbrennung von Äthylen mit Sauerstoff. Die hierbei
erzielbaren Ausbeuten betragen etwa 50°/o der Theorie. Für Acrylsäurenitril ergibt
sich nach diesem Dreistufenverfahren eine höchste Ausbeute von 37 eo bezogen auf
den Ausgangsstoff. Die wirtschaftliche Ausbeute dieses Verfahrens ist daher unbefriedigend.
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Es ist auch bekannt, Acrylsäurenitril aus 1,2-Dicyanäthan durch Spaltung
zu gewinnen, dieses kann aber nur über mehrere Reaktionsstufen gewonnen werden.
Nach einem anderen bekannten Verfahren kann Acrylsäurenitril direkt aus Äthylen
und Cyanwasserstoff gewonnen werden. Jedoch erfordert diese Umsetzung Temperaturen
von 800 bis 10000 C, so daß Nebenreaktionen unvermeidlich sind und die Ausbeuten
an Acrylsäurenitril sehr beeinträchtigen. In guter Ausbeute kann Acrylsäurenitril
aus Milchsäurenitrilen gewonnen werden. Indessen sind die diesbezüglichen bisher
bekannten Verfahren umständlicll und erfolgen über mehrere Stufen ebenso wie die
Herstellung aus ungesättigten Aldehyden.
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Es ist nun gelungen, unter Vermeidung der vorstehend geschilderten
Nachteile, Äthylen in einer einzigen Arbeitsstufe zum Acrylsäurenitril umzusetzen.
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Dieses Verfahren ist auch großtechnisch einfach durchzuführen und
verwendet in beliebigen Menge und wohlfeil zur Verfügung stehende Ausgangsstoffe.
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Ein weiterer Vorteil dieses Verfahrens ist, daß man bei verhältnismäßig
niedrigen Reaktionstemperaturen gute Ausbeuten erzielt. Dieses Einstufenverfahren
beruht
auf der Umsetzung des Äthylens mit einer Cyanverbindung nach dem Reaktionsschema:
X bedeutet die Gruppe N C, Cl oder Br.
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Es hat sich gezeigt, daß bei erhöhten Temperaturen das Reaktionsgleichgewicht
weitgehend nach rechts verschoben ist, so daß bevorzugt ein Wasserstoffatom durch
die Cyangruppe ersetzt wird. Bekanntlich lagert Äthylen weder Dicyan noch Halogencyane
an. Um so überraschender war es. daß bei höheren Temperaturen der Ersatz eines Wasserstoffatomes
durch die Cyangruppe gelingt.
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Die Umsetzung des Äthylens mit einer der genannten reaktionsfähigen
Cyanverbindung erfolgt hei Temperaturen zwischen 300 und 7000 C. wobei man das Molverhältnis
des Äthylens und der reaktionsfähigen Cyanverhindung in den Grenzen von 1 :1 bis
10 :1 wählt. Man kann das überschüssige Äthylen im Kreislauf in das Reaktionsgefäß
zuriickführen. Außerdem ist es zweckmäßig. wenn man dem Gasgemisch aus Äthylen und
der Cyanverbindung ein inertes Gas, z. B. Stickstoff. zumischt.
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Beispiel 1 Ein Gasgemisch, bestehend aus 2 Teilen Äthylen und 1 Teil
Dicyan, wird mit einer Strömungsgeschwindigkeit von 900ccm je Minute in ein s.enkrecht
stehendes Reaktionsrohr aus Porzellan mit einem Durchmesser von 2 cm, das mit einem
1 m langen Reaktionsgefäß mit einem gleichbleibenden Temperaturbereich von 50 cm
auf 6100 C elektrisch geheizt ist, von oben eingeführt während die Abgase durch
zwei Kältefallen (Eis-Kochsalz und Aceton-Trockeneis
-Füllung) und
eine Waschflasche mit verdünnter Natronlauge in den Abzug geleitet werden. Nach
dem Durchsatz von 100 g Dicyan wurden die abgeschiedenen Flüssigkeiten zusammen
in einer Drehbandkolonne fraktioniert. Dabei wurden folgende drei Fraktionen abgenommen:
bei einer Temperatur von -20 bis 100C 8g Dicyan, von 25 bis 270 C 42g Blausäure
und von 75 bis 780 C 79 g Acrylsäurenitril, das sind etwa 78°/o der theoretischen
Ausbeute. Die Zwischenfraktionen waren bei der Trennschärfe der Kolonne gering.
Als Kolben rückstand verblieben 10,5 g teeriges Produkt.
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Beispiel 2 Äthylen und Dicyan werden im Verhältnis 4 :1 vor der Vermischung
in einem Vorschaltgefäß auf 5800 C erhitzt und erst in der Reaktionszone des auf
6250 C erhitzten Reaktionsgefäßes zusammengeführt, und zwar mit einer Strömungsgeschwindigkeit
von etwa 1500 ccm je Minute. Die Aufarbeitung der durch Kühlung entstandenen Flüssigkeiten
ergab neben wenigen Prozent nicht umgesetztem Dicyan und Blausäure 84°/o Acrylsäurenitril,
Kp. = 76 bis 78,50 C, = = 1,3929.
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Beispiel 3 Äthylen und Chlorcyan werden im Molverhältnis von 4:1
durch ein auf 5800 C geheiztes Quarzrohr von 40 mm Durchmesser mit einer solchen
Strömungsgeschwindigkeit geleitet, daß die Verweilzeit etwa 4 Sekunden beträgt.
Nachdem etwa 1 Mol Chlorcyan durchgeleitet worden ist, wird der Versuch abgestellt
und die durch Abkühlung erhaltenen Flüssigkeiten aufgearbeitet. In der nachgeschalteten
Natronlauge sind 26,5 g H Cl aufgenommen worden. In dem nicht umgesetzten Chlorcyan
werden durch Infrarotspektrographie etwa 80/o Vinylchlorid festgestellt. Als Hauptprodukt
werden 31,5 g Acrylsäurenitril erhalten, Kr.,60 = 76.5 bis 790 C, neben einigen
g höhersieden-
den und teerigen Produkten, die nicht näher unter sucht wurden.
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Beispiel 4 Die verwendete Vorrichtung ist die gleiche wie im Beispiel
2, wobei das Vorschaltgefäß unter einer Temperatur von 2000 C gehalten und in diesem
das Chlorgas mit der Blausäure umgesetzt wird. Durch das nachgeschaltete Reaktionsgefäß,
das auf einer Temperatur von 4800 C gehalten wird, leitet man äthylen im Verhältnis
von 6 :1, berechnet auf entstandenes Chlorcyan. Nach dem Durchsatz von 2 Mol Cyanwasserstoff
werden 78,5 g Acrylsäurenitril neben etwa 6 g Vinylchlorid und anderen, mengenmäßig
nicht bestimmten chlorierten Kohlenwasserstoffen und teerigen Produkten erhalten.
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PATENTANSPRtJCHE 1. Verfahren zur Herstellung von Acrylsäurenitril
aus Äthylen und Cyanwasserstoff, dadurch gekennzeichnet, daß man Äthylen mit einer
reaktionsfähigen Cyanverbindung der allgemeinen Formel N CX, in welcher X die N
C -Gruppe oder Chlor oder Brom bedeutet, zweckmäßig im Molverhältnis 1:1 bis 10
:1, bei erhöhten Temperaturen von 300 bis 7000 C und bei Normaldruck in einer einzigen
Stufe umsetzt.