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Grundierungsmittel für die Zurichtung von Leder Nach der deutschen
Patentschrift 928 361 werden mit Wasser verdünnbare Lösungen oder Dispersionen von
kationaktiven Fettstoffen als Grundierungsmittel für die Oberlederzurichtung vor
dem Aufbringen von Deckfarben oder Appreturmitteln verwendet. Die Vorteile dieser
Grundierung des Leders gegenüber anionaktiven Grundierungsmitteln, wie anionaktiven
Wachsseifen oder Ölemulsionen, sind besseres Haften der auf die Grundierung aufgetragenen
Appreturen und Deckfarben, Geschmeidigbleiben der Deckschichten, erhöhte Widerstandsfähigkeit
des Leders gegen mechanische Beanspruchung im Gebrauch und gegen Nässe und sonstige
Witterungseinflüsse sowie erhöhte Deckkraft der aufgetragenen Pigmentschichten.
Voll zur Geltung kommen diese Vorteile auf Leder mit dicht geschlossener Oberfläche,
wie sie das naturgewachsene feine Fasergefüge der Narbenschicht bildet, sowie auf
einer nur leicht abgeschliffenen Narbenoberfläche.
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Die gesteigerten Ansprüche der Verbraucher machen es erforderlich,
auch Leder mit stark saugfähiger Oberfläche so zuzurichten, daß das Warenbild dem
eines zugerichteten Leders mit dicht geschlossener Oberfläche gleicht oder nahekommt.
Der mit den erwähnten kationaktiven Fettstoffen als Grundierungsmittel erzielte
Abschluß stark saugfähiger und rauher Lederoberflächen befriedigt die Ansprüche
nicht. Denn die mit diesen Grundierungen und mit den üblichen Deckfarben- und Appreturaufträgen
fertig zugerichteten Leder haben keine genügend glatte und ausreichend gefüllte
Oberfläche. Lichtreflexion und infolgedessen Glanzwirkung sind unterschiedlich.
Das Warenbild ist unruhig. Das Leder ist zwar mit einer gut haftenden, widerstandsfähigen
und geschmeidig bleibenden Deckschicht versehen, erscheint jedoch nicht elegant
genug.
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Es wurde nun gefunden, daß mit kationaktiven Dispergiermitteln hergestellte,
mit Wasser verdünnbare Dispersionen von filmbildenden Polymerisaten Grundierungsmittel
ergeben, die auch einer stark saugfähigen Lederoberfläche einen gut füllenden und
gleichmäßig glänzenden Abschluß verleihen. Die Grundierungsmittel vereinigen die
Vorzüge der bekannten kationaktiven Fettgrundierungsmittel mit ausgezeichneter füllender
und glättender Wirkung auf die Oberfläche.
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Als Polymerisate können die für die Lederzurichtung bekannten Homo-
oder Mischpolymerisate verwendet werden, deren Dispersionen bei Raumtemperatur filmbildend
sind. Als monomeres Ausgangsmaterial für die Herstellung der Polymerisate und Mischpolymerisate
eignen sich Acrylsäureester, wie Methyl-, Äthyl-, Isopropylester, für sich oder
gemischt, und z. B. der Butylester und Äthylhexylester für Mischpolynnerisate mit
Vinylchlorid, Acrylnitril, Methacrylsäuremethylester oder Styrol. Auch Vinylacetat
und -propionat, für sich oder in Mischung mit z. B. Acrylsäurebutylester, können
verwendet werden. Mischpolymerisate mit geringen Mengen, bis etwa 5 °; o, Acrylsäure-
und Methacrylsäureamid sind vorteilhaft.
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Als kationaktive Dispergiermittel kommen quaternäre Ammoniumverbindungen
mit einer zur Erzielung stabiler Polymerisatdispersionen ausreichend langen Molekülkette
in Frage, z. B. mit Dimethylsulfat quaterniertes N-Methyl-oder N-Octadecyl-hexamethylenimin,
N-Lauryl- oder N-Octadecylmorpholin, Palmkernfett-dimethylamin, mit Dimethylsulfat
quaternierter Stearinsäuretriäthanolaminester oder das mit Dimethylsulfat quaternierte
Umsetzungsprodukt von ß,ß'-Dichlordiäthylester mit Palmkernfett-methylamin. Auch
N-Octadecylpyridiniumsulfat ist geeignet. Als Dispergens wird Wasser verwendet.
Die mit kationaktiven Dispergiermitteln hergestellten Polymerisatdispersionen können
für sich allein als Grundierungsmittel verwendet werden, sie können auch in beliebigem
Verhältnis mit kationaktiven Fettstoffen gemischt werden. Geeignete Fettstoffe sind
beispielsweise die in der erwähnten Patentschrift 928 361 genannten.
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Die neuen Grundierungsmittel kommen z. B. für folgende Ledersorten
in Betracht: Offenporiges, mit vegetabilischen oder synthetischen Gerbstoffen gegerbtes
Futterleder, grobnarbiges chromgares oder kombiniert gegerbtes Bekleidungsleder
aus Rindshäuten, Polsterleder aus dem Narbenspalt von Bullenhäuten oder geschliffenes
Koffer- und Täschnerleder. Besonders wertvoll sind die den erhöhten Ansprüchen gerecht
werdenden Grundierungsmittel deswegen, weil in immer größeren Mengen Leder verarbeitet
wird, dessen Narbenschicht weitgehend tief abgeschliffen ist und das daher eine
sehr saugfähige Oberfläche erhalten hat. Doch ist die Verwendbarkeit der Grundierungsmittel
nicht auf die erwähnten Ledersorten mit offener bzw. rauher Oberfläche beschränkt.
Die Grundierungsmittel leisten auch bei Ledern mit glatter Oberfläche vorzügliche
Dienste, wenn
eine stärker abschließende und füllende Grundierung
erwünscht ist.
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Die nach dieser Erfindung verwendeten Grundierungsmittel sind wegen
ihres Gehalts an kationaktiven Dispergiermitteln mit den für die Lederzurichtung
üblichen anionaktiven Hilfmitteln, wie Caseindeckfarben, Schönungsfarbstoffen, Wachsemulsionen,
Casein- oder Harzlösungen und Weichmacherölen, in Lösung im allgemeinen nicht verträglich.
Sie haben dagegen den großen Vorzug, daß sie mit basischen Farbstoffen gefärbt werden
können. Ein besonderer Vorteil der Grundierungsmittel liegt darin, daß sie, gefärbt
oder ungefärbt, einen guten Schutz bieten gegen das Abwandern anionischer Weichmacher
aus der Deckfarben- oder Appreturschicht in das Leder. Sie schließen daher eine
empfindliche Lücke im Sortiment der bekannten Grundierungsmittel.
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Die Grundierungsmittel können für alle nach den üblichen Gerbverfahren
hergestellten Leder verwendet werden. Das Leder kann vor dem Grundieren gefettet
sein, z. B. mit sulfonierten oder sulfatierten Ölen, Seifen oder Emulsionen beliebiger
Art. Es kann auch ungefettet grundiert werden. Das Leder kann vor dem Grundieren
mit üblichen Farbstoffen, z. B. sauren oder substantiven Farbstoffen, mit Metallkomplexfarbstoffen
oder auch mit basischen Farbstoffen, gefärbt sein. Für die Deckfarben-und Appreturaufträge
kommen z. B. in Frage polymerisatgebundene Farben, sogenannte Plastikdeckfarben,
Caseindeckfarben, Collodiumdeckfarben, farblose oder angefärbte Appreturen auf Polymerisat-,
Eiweiß- oder Collodiumbasis.
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Die in den Ausführungsbeispielen genannten Teile sind Gewichtsteile.
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Beispiel 1 Chromgares, gefärbtes und gefettetes Bekleidungsleder aus
Rindshäuten wird im trockenen Zustand mit einer 3- bis 5°/oigen wäßrigen Dispersion
eines Mischpolymerisats aus 60 Teilen Acrylsäuremethylester und 40 Teilen Acrylsäurebutylester,
das mit 4 Teilen N-Octadecyl-N-methyl-hexamethylenimonium-methylsulfat dispergiert
ist, durch Plüschbrettauftrag grundiert. Es erhält nach gründlichem Trocknen der
Grundierung eine Zurichtung mit Collodiumdeckfarben.
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Das fertig zugerichtete Leder zeichnet sich durch eine dicht geschlossene
Narbenoberfläche, durch glatten Griff, hohe Elastizität und Alterungsbeständigkeit
der Deckschicht und durch einwandfreies Haften des Deckfarbenfilms aus. Wenn man
die beschriebene Grundierung nicht anwendet, findet man stellen-,\-eise stärkeres
Einziehen der Deckfarbe, ein offenporiges Narbenbild und rauhenGriff. Außerdem altert
und versprödet die Deckschicht.
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Beispie12 Mit pflanzlichen Gerbstoffen oder mit Mischungen pflanzlicher
und synthetischer Gerbstoffe gegerbtes Kofferleder aus leicht angeschliffenem Narbenspalt
von Bullenhäuten, das gefettet und mit sauren Farbstoffen gefärbt worden ist, wird
im trockenen Zustand mit einer 6- bis 8°/oigen wäßrigen Emulsion im Bürstauftrag
grundiert, die aus 25 Teilen des Hydrochlorids eines Kondensationsproduktes von
Ölsäure mit Diäthanoläthylendiamin und 35 Teilen Olivenöl sowie 40 Teilen eines
mit N-Lauryl-N-methyl-morpholin-methylsulfat dispergierten Polyacrylsäureäthylesters
hergestellt und mit 1,5 °/o eines basischen Farbstoffs gefärbt worden ist. Nach
dem Trocknen der Grundierung wird unter der hydraulischen Presse ein künstliches
Narbenbild auf das Leder aufgepreßt. Danach wird eine schwach pigmentierte, mit
geeigneten Schönungsfarbstoffen, wie wasserlöslichen Metallkomplexfarbstoffen, gefärbte
Deckschicht aus Caseindeckfarbe, Polymerisatbindemittel und Wasser aufgetragen und
schließlich ein Collodiumschutzlack aufgespritzt. Die Caseindeckfarbe kann z. B.
aus Eisenoxyd oder Gasruß, ammoniakalisch aufgeschlossenem Säurecasein und mit Ammoniak
neutralisiertem, mittelstark sulfatiertem Ricinusöl bestehen, das Polymerisatbindemittel
aus einem Mischpolymerisat von Acrylsäurebutyl-und -methylester in wäßriger Dispersion.
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Das fertig zugerichtete Leder zeichnet sich durch sehr feine, natürlich
aussehende Narbenoberfläche, brillante Färbung von sehr gleichmäßiger Nuance, einwandfrei
glatten Abschluß der Narbenschicht, weichen und milden Griff, hohe Bruchfestigkeit
der Deckschicht, gute Reibechtheit und Alterungsbeständigkeit aus. Die gleiche Zurichtwirkung
läßt sich ohne die beschriebene Vorgrundierung nicht erreichen.
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Beispiel 3 Chromgares, mit pflanzlichen und synthetischen Gerbstoffen
nachgegerbtes Oberleder aus getrockneten südamerikanischen Rindshäuten, das gefettet,
aber ungefärbt aufgetrocknet und von der Narbenoberfläche stark abgeschliffen worden
ist, wird im trockenen Zustand durch Plüschbrettauftrag grundiert, mit einer 5-
bis 7°/jgen wäßrigen Emulsion aus 40 Teilen des Einwirkungsproduktes von Kokosfettsäure
und Glykolsäure auf Diäthylentriamin und 40 Teilen Erdnußöl suvze aus 20 Teilen
eines mit N-Octadecyl-pyridiniumsulfat dispergierten Mischpolymerisats von 20 Teilen
Acrylsäuremethylester und 80 Teilen Acrylsäureäthylester, das Ganze angefärbt mit
10/, eines basischen Farbstoffs. Das nach dem Trocknen auf der Bügelpresse gebügelte
Leder erhält den Auftrag einer Deckschicht aus mit Wasser verdünnter Caseindeckfarbe,
Mischpolymerisatdispersion und Wachsemulsion sowie anschließend den Auftrag einer
mit Formaldehyd fixierbaren farblosen Appretur aus Eiweißprodukten und sulfatiertem
Ricinusöl.
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Das fertig zugerichtete Leder zeichnet sich durch sehr glatten, dichten
Abschluß der geschliffenen Oberfläche aus. Die angeschliffenen Fasern sind unsichtbar
in die Deckschicht eingebettet, so daß vollkommen glatter Griff und hoher Glanz
wie bei einem ungeschliffenen Leder erzielt werden. Die Deckschicht ist fest auf
dem Leder verankert. Sie läßt sich weder trocknen noch feucht durchreiben, ist beim
scharfen Falten und Knicken bruchfest und versprödet auch bei längerer Lagerung
nicht. Die Vorteile dieser Zurichtart können ohne Anwendung der beschriebenen Grundierung
nicht in annähernd gleichem Umfang erreicht werden.