-
Beschreibung des technischen Problems
-
Im Schienenverkehr müssen Züge aus Einzelfahrzeugen gebildet und aufgelöst werden. Dabei müssen insbesondere bei nicht-automatisierten Fahrzeugen Handlungen wie Kuppeln, Einstellen der Bremse, Herstellen und Lösen von pneumatischen, mechanischen und elektrischen Verbindungen manuell durchgeführt werden.
-
Im Güterverkehr werden z.B. in Rangierbahnhöfen Züge über einen Ablaufberg geschoben, an dessen Kuppe die Wagen während der Fahrt entkuppelt werden müssen, so dass sie einzeln in ihr entsprechendes Richtungsgleis rollen können.
-
Typischerweise werden dabei Handbedienelemente wie z.B. Hebel oder Züge, an denen Griffe befestigt sind, an den Wagenlängsseiten angeordnet, um diese von einem neben dem Gleis stehenden Mitarbeiter leicht bedienbar zu machen.
-
Diese Anordnung hat den Nachteil, dass die Handbedienelemente an den Wagenlängsseiten leicht durch Unbefugte oder durch Fremdkörper (z.B. Äste, Schnee) ungewollt bedient werden können.
-
Um diesen Nachteil zu beheben, werden die Bedienelemente für besonders sicherheitskritische Funktionen wie z.B. das Entkuppeln und Absperren der Hauptbremsluftleitung bevorzugt statt an den Wagenlängsseiten in der Mitte der Wagenstirnseiten angeordnet. Diese können dann mittels eines langen Hakens von einem Mitarbeiter der neben dem Gleis steht bedient werden.
-
Diese Anordnung hat den Nachteil, dass der Mitarbeiter bei sich bewegenden Wagen seine Hände oder seinen Haken auf die Geschwindigkeit der vorbeirollenden Fahrzeuge bringen muss, um eine Bedienhandlung vom Boden aus während der Vorbeifahrt vornehmen zu können, was die zulässige Höchstgeschwindigkeit für Wagen, an denen Bedienhandlungen vorgenommen werden stark begrenzt. Besonders beim Ein- und Aushaken des Hakens muss der Mitarbeiter während er auf das Hakenende blickt mit dem Wagen mitlaufen, wodurch er nicht in die Richtung schauen kann, in die er gerade läuft, wodurch eine erhöhte Stolper- und Unfallgefahr besteht. Wenn das Aushaken nicht gelingt, muss der Haken losgelassen werden, wodurch der aus dem Lichtraumprofil des Wagens herausragende Haken sich selbst, den Wagen und neben dem Gleis befindliche Gegenstände und Personen beschädigen/verletzen kann.
-
Nachts ist es zudem schwierig, die Wagenstirnseite gekuppelter Wagen ausreichend durch Bahnhofsbeleuchtung auszuleuchten.
-
Ein weiterer Nachteil ist, dass diese Bedienhandlungen durch ihre Komplexität sehr schwer durch Roboter oder ortsfeste Einrichtungen automatisiert werden können.
-
Beschreibung der zu lösenden Aufgabe
-
Um zumindest eines oder vorzugsweise alle diese Probleme zu lösen, muss ein Bedienelement erfunden werden, welches
- • schwer von Unbefugten bedient werden kann und/oder
- • schwer von Fremdkörpern bedient werden kann und/oder
- • bei sich bewegenden Fahrzeugen kein Mitlaufen des bedienenden Mitarbeiters erfordert und/oder
- • einfach durch Roboter oder ortsfeste Einrichtungen automatisierbar ist.
-
Beschreibung der Lösung
-
Die Aufgabe wird gelöst durch eine Vorrichtung gemäß dem unabhängigen Vorrichtungsanspruch. Ebenso gelöst wird die Erfindung durch ein Verfahren gemäß dem unabhängigen Verfahrensanspruch. Vorteilhafte Ausführungsformen ergeben sich aus den abhängigen Ansprüchen sowie aus der folgenden Beschreibung und den Figuren.
-
Demgemäß wird eine Bedienvorrichtung für ein Schienenfahrzeug vorgeschlagen, die ein Bedienelement für mindestens ein zu bedienendes Element des Fahrzeugs umfasst. Das Bedienelement ist an einer Fahrzeuglängsseite des Fahrzeugs angeordnet. Das Bedienelement weist ein Koppelelement auf, welches mindestens in Fahrzeuglängsrichtung beweglich ist und welches mit dem mindestens einen zu bedienenden Element derart wirkverbunden ist, dass die Bewegung des Koppelelements in Fahrzeuglängsrichtung eine Betätigung des zu bedienenden Elements auslöst.
-
Das Verfahren zum Bedienen von Schienenfahrzeugen umfasst ein Bereitstellen eines Bedienelements für mindestens ein zu bedienendes Element eines Schienenfahrzeugs, wobei das Bedienelement an einer Fahrzeuglängsseite des Fahrzeugs angeordnet ist, und wobei das Bedienelement ein Koppelelement aufweist, welches mindestens in Fahrzeuglängsrichtung beweglich ist und welches mit dem mindestens einen zu bedienenden Element wirkverbunden ist. Bei dem Verfahren wird zum Betätigen des zu bedienenden Elements das Koppelelements in Längsrichtung bewegt, insbesondere während eines Vorbeifahrens des Fahrzeugs. Beispielsweise mittels eines zu dem Koppelelement komplementären Gegenkoppelements.
-
Das Verfahren kann dabei insbesondere mit der anmeldungsgemäßen Bedienvorrichtung und dem dort enthaltenen Bedienelement durchgeführt werden. Es sei betont, dass sämtliche Merkmale, die hierin im Zusammenhang mit der Vorrichtung beschrieben sind, auch für das Verfahren beansprucht werden können und umgekehrt.
-
Durch die Erfindung ist es möglich, ein zu bedienendes Element auf einem vorbeifahrenden Fahrzeug zu bedienen, ohne dass eine beispielsweise zum Bedienen verwendete Hand, ein Roboterarm oder eine ortsfeste Einrichtung auf Fahrzeuggeschwindigkeit gebracht werden muss. Die Lösung ist damit besonders einfach, kostengünstig und bequem zu bedienen. Die Fahrzeuggeschwindigkeit kann dadurch vorteilhaft gesteigert werden. Die Sicherheit von Mitarbeitern wird vorteilhaft gesteigert, weil sie nicht mehr gehen müssen, wodurch die Stolper- und Unfallgefahr vorteilhaft sinkt und die Produktivität steigt.
-
Beispielsweise sind die folgenden möglichen Ausführungsformen von der Anmeldung umfasst:
- Das Koppelelement kann zum Beispiel einen Klotz, einen Doppelhaken oder einen Nippel aufweisen.
-
Das Koppelelement kann mit dem zu bedienenden Element beispielsweise über einen Bowdenzug wirkverbunden sein.
-
Bei der Bedienvorrichtung ist es möglich, dass ein zu dem Koppelelement komplementäres Gegenkoppelelement bereitgestellt ist, das mit dem Koppelelement koppelbar ist. Mit Hilfe des Gegenkoppelelements kann das Koppelelements in die Fahrzeuglängsrichtung bewegt werden. Beispielsweise kann das Gegenkoppelelement in das Koppelelement eingreifen oder es kann daran anschlagen.
-
Das Gegenkoppelement kann beispielsweise einen Gegendoppelhaken aufweisen, wenn das Koppelelement einen Nippel aufweist, oder es kann eine Zugstange aufweisen, wenn das Koppelelement einen Doppelhaken aufweist, oder es kann ein T-Stück aufweisen, wenn das Koppelelement einen Klotz aufweist.
-
Das Gegenkoppelelement kann zum Beispiel an einem Handwerkzeug, oder an einem Roboterarm oder an einer ortsfesten Einrichtung angeordnet sein.
-
Das Koppelelement und/oder das Gegenkoppelelement können beispielswiese derart elastisch ausgestaltet sein, dass ab einer bestimmten Zugkraft eine Kopplung zwischen Koppelelement und Gegenkoppelelement getrennt wird. Alternativ kann für das Koppelelement ein Führungsprofil vorgegeben sein.
-
Das Koppelelement kann beispielsweise als Nippel ausgestaltet sein, wobei das Gegenkoppelelement beispielsweise als Gegendoppelhaken ausgeführt werden kann. Dabei kann in einem Beispiel eine Elastizität zwischen den zwei Haken des Gegendoppelhakens bereitgestellt werden, so dass beispielsweise der Gegendoppelhaken mit einer sich verjüngenden Form des Nippels derart zusammenwirkt, dass ab einer bestimmten Zugkraft die Haken des Gegendoppelhakens gespreizt werden und das Koppelelement zwischen den Haken des Gegendoppelhakens hindurchrutscht.
-
Bei dem beschriebenen Verfahren kann es sein, dass es vorgesehen ist, dass das Koppelelement mittels eines zu dem Koppelelement komplementären Gegenkoppelement in die Längsrichtung bewegt wird, um das zu bedienende Element zu betätigen.
-
Spezielle beispielshafte Ausführungsformen sind den Figuren zu entnehmen. Darin zeigen:
- 1 eine Bedienvorrichtung für ein Schienenfahrzeug in einer ersten Ausführungsform,
- 2 die Bedienvorrichtung in einer zweiten Ausführungsform und
- 3 die Bedienvorrichtung in einer dritten Ausführungsform.
-
1 zeigt im mittleren, linken Bereich a) zwei Schienenfahrzeuge, an denen eine erfindungsgemäße Bedienvorrichtung in einer ersten Ausführungsform angebracht ist. Im Bereich b) darüber ist eine Vergrößerung des Bereiches um diese Bedienvorrichtung dargestellt, im Bereich c) rechts davon ist ein waagerechter Schnitt durch diese Bedienvorrichtung dargestellt.
-
1. zeigt ein Koppelelement 1, welches mit mindestens einem zu bedienenden Element 2 in einem Fahrzeug 3 wirkverbunden ist. Dieses wird an der Fahrzeuglängsseite des Fahrzeugs mindestens in Fahrzeuglängsrichtung 4 beweglich angeordnet. Das Koppelelement wird dabei durch das zu bedienende Element oder durch eine zusätzliche Feder 5 so ausgeführt, dass es in einer Grundstellung verbleibt und nicht ohne Werkzeug von Hand bewegt werden kann.
-
Ein zum Koppelelement 1 passendes Gegenkoppelelement 6 wird an einem Handwerkzeug 7, an einem Roboterarm 8 oder einer ortsfesten Einrichtung 9 befestigt. Wird dieses Gegenkoppelelement 6 in eine entsprechende Stellung innerhalb des Lichtraumprofils des Fahrzeugs 3 gehalten, während das Fahrzeug vorbeifährt, greift dieses in das Koppelelement ein, wodurch das Koppelelement relativ zum Fahrzeug eine im Wesentlichen in Fahrzeuglängsrichtung gerichtete Bewegung ausführt. Das mit dem Koppelelement wirkverbundene, zu bedienende Element 2 wird dabei bedient.
-
Danach muss das Gegenkoppelelement 6 vom Koppelelement 1 getrennt werden, damit das Handwerkzeug 7, der Roboterarm 8 oder die ortsfeste Einrichtung 9 nicht vom Fahrzeug mitgerissen wird. Das kann durch vier verschiedene Prinzipien erfolgen:
- 1. Ausführungsprinzip (1):
- Im ersten Prinzip findet eine kraftgesteuerte Entkopplung statt: Die Verbindung zwischen Koppelelement 1 und Gegenkoppelelement 6 so ausgeführt, dass beim Überschreiten einer bestimmten Kraft die Verbindung gelöst wird.
- Eine bevorzugten Ausführungsform nach diesem ersten Prinzip wird in 1 dargestellt: Das Koppelelement 1 wird als Nippel 17 mit mindestens einer kegelähnlichen Fläche 13 ausgeführt, welches über einen Bowdenzug 30 mit dem zu bedienenden Element 2 im Fahrzeug 3 wirkverbunden ist. Der Nippel 17 wird in Ruhelage durch zwei Führungsrollen 11, 12 zentriert, so dass er in Fahrzeugquerrichtung zwischen den Führungsrollen herausschaut. Durch die Führungsrollen wird der Bowdenzug besonders reibungsarm geführt, so dass der Nippel in beide Fahrtrichtungen gezogen werden kann (Endpositionen des Nippels 14, 15). Das Gegenkoppelelement 6 wird als Doppelter Haken, bezeichnet als Gegendoppelhaken 16 ausgeführt wobei die Elastizität zwischen den Gegendoppelhaken zusammen mit der kegelähnlichen Fläche13 dafür sorgt, dass ab einer bestimmten Zugkraft die Gegendoppelhaken 20 gespreizt werden und der das Koppelelement 1 in Gestalt des Nippels 17 hindurchrutscht. Um ein Einfangen des Nippels zu erleichtern kann der Gegendoppelhaken 16 mit einem Fangtrichter aus zwei Schrägen 20 versehen werden.
- 2. Ausführungsprinzip (2):
- Im zweiten Prinzip findet eine Weggesteuerte Entkopplung statt: Das Koppelelement 1 verändert weggesteuert seine Gestalt oder Orientierung relativ zum Gegenkoppelelement, so dass dadurch eine Entkopplung stattfindet. Eine bevorzugte Ausführungsform nach diesem zweiten Prinzip wird in 2 dargestellt: Das Koppelelement wird 1 als Doppelhaken 18 ausgeführt und in einer Führungsschiene 19 angebracht, welche so geformt ist, dass der Doppelhaken 18 im Wesentlichen eine translatorische Bewegung ausführt, an den Enden der Führungsschiene 19 jedoch um die Vertikalachse gedreht wird. Das Gegenkoppelelement 6 wird mit einer festen Zugstange 21 mit Führungstrichter 20 ausgeführt. Wird die Zugstange 21 in den Doppelhaken 18 eingehakt und bis zum Ende der Führungsschiene gezogen, dreht sich der Doppelhaken 18 und gibt damit die Zugstange 21 frei. Der Rest der Kraftübertragung 31 bis zum zu bedienenden Element 2 entspricht jener der Ausführungsform nach dem ersten Prinzip.
- 3. Ausführungsprinzip (3):
- Im dritten Prinzip werden Koppelelement 1 und Gegenkoppelelement 6 derart ausgeführt, dass sie nicht beide nebeneinander in oder an ein gemeinsames Führungsprofil passen, sondern das Gegenkoppelelement 6 durch das Führungsprofil so von hinten an das Koppelelement 1 geführt wird, dass es daran anschlägt und es bewegen kann. Das gemeinsame Führungsprofil ist derart gestaltet, dass die Führung an beiden Enden des Profils für das Gegenkoppelelement 6 früher endet als die Führung für das Koppelelement 1. Dadurch wird das Gegenkoppelelement 6 dann freigegeben. Eine bevorzugte Ausführungsform nach diesem ersten Prinzip wird in 3 dargestellt:
- Das gemeinsame Führungsprofil 22 ist am Fahrzeug in Fahrzeuglängsrichtung angebracht. Es besitzt an den Enden Ausschnitte 23, 24, 25, 26, welche an den Enden ein hindurchführen des Gegenkoppelelements 6 in Gestalt eines T-stücks 28 erlauben. Das Koppelelement 1 wird als Klotz 29 ausgeführt. Der Rest der Kraftübertragung bis zum zu bedienenden Element 2 entspricht jener der Ausführungsform nach dem ersten Prinzip. Wird das T-Stück 28 durch das Führungsprofil hindurchgeführt, treibt es das Koppelelement 1 in Gestalt des Klotzes 29 vor sich her, bis es durch die Ausschnitte 23, 24, 25, 26 herausgezogen werden kann. Um das T-Stück 28 besser in das Führungsprofil 22 einführen zu können, werden an den Enden Führungstrichter 32,33 an die Enden montiert. Der Rest der Kraftübertragung 31 bis zum zu bedienenden Element 2 entspricht jener der Ausführungsform nach dem ersten Prinzip.
-
Vorteile
-
Durch jede der oben beschriebenen Ausführungsformen ist es möglich, ein zu bedienendes Element auf dem vorbeifahrenden Fahrzeug zu bedienen, ohne dass die dafür verwendete Hand, der Roboterarm oder die ortsfeste Einrichtung auf Fahrzeuggeschwindigkeit gebracht werden muss. Die Lösung ist damit besonders einfach, kostengünstig und bequem zu bedienen. Die Fahrzeuggeschwindigkeit kann dadurch vorteilhaft gesteigert werden. Die Sicherheit von Mitarbeitern wird vorteilhaft gesteigert, weil sie nicht mehr gehen müssen, wodurch die Stolper- und Unfallgefahr vorteilhaft sinkt und die Produktivität steigt.
-
Ebenfalls ist im Vergleich zu Griffen oder Hebeln, welche an der Fahrzeuglängsseite montiert sind die Gefahr, dass ein Fremdkörper, also beispielsweise Schnee oder ein Ast, in das Koppelelement eingreift und bedient gesenkt. Die Betriebssicherheit wird so vorteilhaft erhöht.
-
Außerdem ist die Möglichkeit für Unbefugte, das bedienbare Element zu bedienen wesentlich gesenkt, weil ein passendes Gegenstück oder anderes Werkzeug dafür vonnöten ist. Die Betriebssicherheit wird so vorteilhaft erhöht.