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Die Erfindung betrifft einen Experimentiersatz für chemische Experimente von Kindern, Schülern oder interessierten Laien.
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Physikalische und chemische Experimente sind seit vielen Jahrzehnten beliebt und es gibt viele Versuche, die vorwiegend Schüler und interessierte Laien durchführen. Hierfür bietet der Fachhandel zum einen eine große Vielfalt an Anleitungen in Buchform an und zum anderen Experimentiersätze oder Experimentierkästen, die alle benötigten Materialien, Hilfsmittel und Anleitungen enthalten. Ziel der Experimente ist es, naturwissenschaftliche Inhalte anschaulich darzustellen und begreifbar zu machen.
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Die Experimente haben sich über die Jahrzehnte wohl verändert und es sind neue Versuche hinzugekommen, im Allgemeinen werden aber seit langem bekannte Versuche neu dargestellt und veranschaulicht. Neuerungen kommen deshalb eher selten vor und betreffen dann vor allem neue Gebiete für Experimente und Beobachtungen.
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Die
DE 80 22 228 beschreibt so einen Experimentierkasten für Untersuchungen zur Radioaktivität der ein Strahlungsmessgerät, Probenhalter, diverse radioaktive Präparate sowie verschiedene Filter enthält. Mit diesem Instrumentarium kann das Phänomen Radioaktivität untersucht werden, das mit den bisher verwendeten Gerätschaften nicht erfassbar war.
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Die
DE 200 03 115 beschreibt Aufbauten zur Demonstration der Kraft des Windes durch Pusten. Kindern soll damit anschaulich erklärt werden, dass aus der Windenergie elektrische Energie gewonnen werden kann. Hierfür werden verschiedene Anregungen gegeben, wie Messgerät, Leuchtdiode oder Modellfahrzeug.
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Große Verbreitung haben in den letzten Jahren Mikroskopiersets erfahren, die aber nichts grundlegend Neues enthielten. Allein die Möglichkeit, Mikroskope mit modernen Fertigungsverfahren sehr billig herzustellen, gleiches gilt für die mitgelieferten Dauerpräparate, hat die Herstellung dieser Komplettpackungen in hoher Stückzahl ermöglicht. Analog gilt das für Astronomiesets mit einfachen Teleskopen bzw. Fernrohren.
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Die chemischen Versuche haben sich in den letzten Jahrzehnten ebenfalls verändert. Während die Experimente vor fünfzig Jahren üblicherweise noch gefährliche Chemikalien enthielten, ist man davon zunehmend abgekommen. Gleiches gilt für Kästen zur Kristallzucht. Hier wurden die früher üblichen Schwermetallsalze Kupfersulfat, Kaliumpermanganat oder rotes Blutlaugensalz zunehmend ersetzt. Der Experimentierkasten ”Kristalle züchten” (Kosmos 643416) ist frei von Schwermetallsalzen und enthält Kaliumsulfat, Aluminiumsulfat, Natriumsulfat sowie Natriumacetat, die mit Lebensmittelfarben gefärbt werden.
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Als chemische Schauversuche beliebt sind Experimente zum sog. Chemischen Garten. Versuche hierzu werden ausschließlich mit Schwermetallsalzen durchgeführt, die häufig giftig und umweltgefährdend sind. In Experimentierkästen sind diese Versuche deshalb kaum noch enthalten. Eine beispielhafte Übersicht über die verwendeten Salze gibt die nachfolgende Tabelle, sie entstammt ”Prof. Blumes Bildungsserver für Chemie. Letzte Überarbeitung: 27. Oktober 2009, Dagmar Wiechoczek”:
Salze | Gefahrensymbole | Farbe der ”Pflanze” |
Kupfer(II)-sulfat oder Kupfer(II)-chlorid | Xn N | hellblaugrün |
Calciumchlorid | Xi | weiß |
Kalium-Aluminiumalaun | | weiß |
Nickel(II)-sulfat | Xn | grasgrün |
Eisen(III)-chlorid oder Ammonium-Eisenalaun | Xi | gelbbraun |
Eisen(II)-sulfat | Xn | hellgrün |
Cobalt(II)-chlorid | Xn | rosa |
Mangan(II)-sulfat | Xn N | rosa bis braun |
Kalium-Chromalaun | | violett bis grün |
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, Experimente zum Phänomen ”chemischer Garten” unter Verzicht auf Schwermetallsalze zu ermöglichen und einen Experimentiersatz dafür bereitzustellen.
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Erfindungsgemäß wird diese Aufgabe gelöst, indem ein Experimentiersatz bereitgestellt wird, der feste organische Säuren enthält, die in Kontakt mit dem ebenfalls enthaltenen Wasserglas gebracht werden können und für das Wachstum der ”Pflanzen” sorgen. Es liegt im Rahmen der Erfindung, den organischen Säuren Farbstoffe beizugeben, die verschiedene ”Pflanzenfarben” bewirken. Die färbenden Bestandteile sind dabei in die Kristalle der fasten organischen Säuren bereits eingeschlossen oder werden diesen im Rahmen der durchzuführenden Experimente zugesetzt. Dar vollständige Experimentiersatz enthält demzufolge Wasserglas, organische Säuren sowie Farbstoffe zur Färbung der letzteren. Dieser Experimentiersatz kann als Experimentierkasten ausgeführt sein oder Bestandteil eines solchen bilden.
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Der Ersatz der Schwermetallsalze durch organische Säuren beim Experiment ”chemischer Garten” erlaubt die Durchführung der Experimente auch von kleineren Kindern, generell ist auch die Gefährlichkeit der Abfälle reduziert. Der zunächst existierende Nachteil, dass die Reaktion visuell schwierig zu erkennen ist, wird durch vorheriges Färben der Säurekristalle behoben. Die dargestellten, vielfältigen Möglichkeiten zur Farbgebung erhöhen sogar noch den experimentellen Reiz für Kinder. Die für die Versuche benötigten relativ großen Kristalle müssen darüber hinaus in speziellen Vorversuchen erzeugt werden, hieraus resultiert sogar eine Steigerung des Lerninhaltes der vorgefertigten Experimentiersätze.
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Es hat sich in den Versuchen erwiesen, dass mehrere organische Säuren im Kontakt mit Wasserglas das Phänomen ”chemischer Garten” zeigen. Das Wachstum lässt sich gut anhand der Membranbildung beobachten. Diese findet an einzelnen Stellen des Kristalls statt und setzt sich an den entstehenden ”Sprossen” fort. Nach einiger Zeit zerplatzt allerdings die Blase aus Polykieselsäure, ohne dass sich eine weitere bildet. Es kann sein, dass der ”Spross” nach Bildung einer neuen Blase in eine andere Richtung wächst, wodurch das bizarre Aussehen entsteht.
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Eine ganze Reihe fester organischer Säuren zeigt dieses Phänomen, z. B. Ascorbinsäure, Malonsäure, Oxalsäure, Weinsäure und Zitronensäure.
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Es hat sich bei den Versuchen herausgestellt, dass insbesondere Zitronensäure gut entwickelte ”Pflanzen” ausbildet. Es zeigte sich, dass einige Millimeter große, deutlich dreidimensionale Kristalle die besten Resultate ergaben. Kleinere Kristalle ließen nur ganz kleine ”Sprosse” wachsen, große Kristalle zeigten kaum bessere Ergebnisse als die millimetergroßen. Vorzugsweise werden deshalb 3 bis 12 mm große Kristalle bzw. Agglomerate verwendet. Besonders bevorzugt werden Kristalle bzw. Agglomerate davon, die eine Größe von 5 bis 8 mm aufweisen.
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Auch die Konzentration der Wasserglaslösung ist für die Reaktion von Bedeutung. Während für die Versuche mit den Metallsalzen meist eine halbkonzentrierte Lösung verwendet wird, sollten die organischen Säuren möglichst in eine handelsüblich konzentrierte Lösung von zum Beispiel Natron-Wasserglas überführt werden. Handelsüblich sind Lösungen mit einem Feststoffgehalt von 28–45 M-%, sie besitzen eine Dichte von 1,25–1,54 g/cm3. Die Dichten spezieller Wasserglaslösungen wie zum Beispiel Kaliummetasilikat-Lösungen sind höher und liegen bei einem Feststoffgehalt von 40,5–52,0 M-% zwischen 1,46 und 1,64 g/cm3.
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Weil die Reaktion einer organischen Säure mit Natronwasserglas im Verhältnis zur Reaktion eines Schwermetallsalzes mit Wasserglas weniger Polykieselsäure freisetzt, sind die entstehenden ”Pflänzchen” etwas kleiner. Dies kann durch die Verwendung von wenigstens 5 mm großen, deutlich dreidimensionalen Säurekristallen zumindest teilweise ausgeglichen werden. Darüber hinaus unterstützt die höhere Konzentration der Wasserglaslösung den ”Pflanzenwuchs.
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Im Gegensatz zu den sonst üblichen Metallsalzen sind die organischen Säuren nicht gefärbt. Um farbige ”Pflanzen” zu erhalten, müssen die Kristalle daher gefärbt werden. Der Schwerpunkt der Suche nach einer geeigneten Farbe wurde auf Ungefährlichkeit gelegt. Es zeigte sich, dass verschiedene Farben für die Färbung der Kristalle verwendet werden können, die Palette reicht von Tinte über Lebensmittelfarben bis hin zu handelsüblichen Ostereierfarben. Zuerst musste eine gefärbte, konzentrierte Säurelösung hergestellt werden, die dann langsam eintrocknete, dabei auskristallisierte und gefärbte Kristalle bildete.
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Die Erfindung beruht auf der Reaktion von organischen Säuren mit Wasserglas und der dabei stattfindenden Freisetzung von Polykieselsäure. Diese Reaktion wird an Hand der nachfolgenden Ausführungsbeispiele erläutert:
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Ausführungsbeispiel 1
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Hier wurde zuerst ein Zitronensäurekristall von 5 mm Größe, mittels grüner Ostereierfarbe (Brauns Heitmann Brillant Ostereierfarbe) gefärbt. Hierfür wurden 8 ml Farblösung hergestellt und anschließend so lange Zitronensäure zugegeben. und aufgelöst, bis nach mehreren Minuten noch ein Bodensatz erhalten blieb. Die Lösung wurde abdekantiert und danach in einer kleinen Schale durch Verdunstung unter normalen Bedingungen teilweise eingetrocknet. Die Füllhöhe der Schale betrug dabei 6 mm. Aus dem ausgeschiedenen Bodensatz wurde dann der tiefgrün gefärbte Zitronensäurekristall entnommen. Nach dem Abtrocknen wurde er in eine handelsüblich konzentrierte Natronwasserglaslösung (31,5 M-% Feststoffanteil) überführt. In wenigen Minuten war dann ein 55 mm hoher, lichtgrüner ”Spross” gewachsen.
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Ausführungsbeispiel 2
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Für dieses Beispiel wurde rote Lebensmittelfarbe der Fa. Städter verwendet. Analog Ausführungsbeispiel 1 wurden wieder 8 ml Farblösung hergestellt und anschließend so lange Zitronensäure zugegeben und aufgelöst, bis nach mehreren Minuten noch ein Bodensatz erhalten blieb. Die Lösung wurde wieder abdekantiert und anschließend in einer kleinen Schale durch Verdunstung unter normalen Bedingungen eingetrocknet. Die Füllhöhe der Schale betrug wieder 6 mm. Aus dem ausgeschiedenen Bodensatz wurde jetzt ein Aggregat bestehend aus mehreren Einzelkristallen herausgebrochen, seine Gesamtgröße betrug 11 mm. Nachdem dieses Aggregat in die handelsüblich konzentrierte Wasserglaslösung (31,5 M-% Feststoffanteil) überführt wurde, bildeten sich ausgehend von den verschiedenen Einkristallen mehrere, rötlich gefärbte ”Sprosse”. Ihre Länge betrug etwa 15 bis 40 mm.
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Ausführungsbeispiel 3
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Hier wurde ein Weinsäurekristall von 4 mm Größe, mittels blauer Tinte gefärbt. Hierfür wurden 5 ml Farblösung, 3 Tropfen Tinte beinhaltend, hergestellt und anschließend so lange Weinsäure zugegeben und aufgelöst, bis nach mehreren Minuten noch ein Bodensatz erhalten blieb. Die Lösung wurde abdekantiert und dann in einer kleinen Schale durch Verdunstung unter normalen Bedingungen eingetrocknet. Die Füllhöhe der Schale betrug dabei 4 mm. Aus dem ausgeschiedenen Bodensatz wurde dann ein dünner, blau gefärbter Weinsäurekristall entnommen. Dieser wurde in eine 1:1 verdünnte Natronwasserglaslösung (Feststoffanteil 25 M-%) überführt. In wenigen Minuten war dann ein 12 mm langer ”Spross” gewachsen.