Verfahren zur Ausführung von chemischen Reaktionen im Innern von Kolbenmaschinen.
Die Ausf hrung von chemischen Reak ti. onen im Innern von Kolbenmaschinen, z. B. von Verbrennungsmotoren, ist beka. nnt. Dabei aber wurde nur an die Erwärmung der Stoffe durch Kompression und Umwandlung der W irme in Arbeit bei der Expansion ge dacht.
Bei dem vorliegenden Verfahren werden nttn chemische Reaktionen im Innern von
Kolbenmaschinen zwecks Gewinnung der
Endstoffe ausgeführt, und zwar beruht clas Verfahren darauf, dass man im Innern der Kolbenmasohine die einen eindeutigen Verlauf der Rea-ktion begünstigenden Zustands- bedingungen herstellt und bis zum Schlusse aufrecht erhält.
Befindet sich ein System von chemischen Körpern, die aufeinander chemisch einwirken können, im Gleichgewiclit, so finden bei Än derung der Zustandsbedingungen, d. h.
Druck und Temperatur, wie bekannt, zwischen den chemischen Körpern solche Reaktionen statt, die den entspreehenden Ände- rungen entgegenwirken. Haben wir zum Bei spiel ein System von N, H und NE3 bei be stimmtem Drucke und bei bestimmter
Temperatur im Gleichgewicht, so wird sich bei Vergrösserung des Druckes bei gleichbleibender Temperatur aus den Gasen
Ammoniak bilden ; umgekehrt wird bei Ver kleinerung des Druckes bei gleichbleibender Temperatur Ammoniak in die Gase zerfallen.
Lassen wir den Druck konstant und erhöhen wir die Temperatur, so wird Ammoniak zerfallen ; umgekehrt, erniedrigen wir die Temperatur, so wird sich Ammoniak bilden. Daraus kann die Folgerung gezogen werden, dass in einem System von N, H und N1I3 sich Ammoniak bildet, wenn wir den Druck in kon tinuierlichem Steigen und-gleichzeitig die Temperatur in kontinuierlichem Fallen hal ten. In der gleichzeitigen Änderung des Druckes und der Temperatur in bestimmten Richtungen haben wir ein Mittel in der Hand, chemische Reaktionen in bestimmter Rich- tung mit nötiger Geschwindigkeit zu leiten.
F r den Gang einer chemischen Reaktion ist nicht allein die Hoche des Druckes und der Temperatur massgebend, sondern auch deren VerÏnderlichkeit wÏhrend der Reaktion.
Die für den eindeutigen Verlauf einer Reaktion günstigen Bedingungen lassen sich nun bei deren Durchführung im Innern von Kolbenmaschinen leicht herstellen und auf- recht erhalten. Ist die Reaktion eingeleitet, so mu¯ sich der Kolben in solcher Richtung bewegen, da¯ bei Reaktionen mit Vergrösserung der Zahl der Moleküle der Druck in l. ontinuierliehem Fallen, bei Reaktionen mit Verminderung der Zahl der ZIoleküle der Druck in kontinuierlichem Steigen sich befindet und gleichzeitig, wenn die Reaktion exothermisch ist, die Temperatur sich in kontinuierlichem Fallen, wenn sie endother- misch ist, die Temperatur sich in kontinuier- lichem Steigen befindet.
Zur Erreichung des erforderlichen Verlaufes der Zustandsbedingungen kann eine entsprechende, allmähliche Einfuhrung eines oder einiger noch fehlender reagierender Stoffe viel beitragen.
Die Erwärmung und Abkühlung müssen, wenn sie nicht durch gleichzeitige Kompression resp. Expansion erzeugt werden oder nieh't geniigend erzeugt werden, durch besondere Mittel bewerkstelligt werden. Es können dazu folgende Mittel angewandt werden : Einf hrung erwärmender, resp. abk hlender Gase, Dämpfe oder Flüssigkeiten in den Zylinder ; K hlung resp. Erwärmung durch Flächen, die von au¯en direkt geheizt oder gekühlt werden, oder durch Schlangenrohren, die im Kompressionsraume unterge- bracht sind. Das reagierende Gemisch kann auch durch elektrische Flammenbogen und durch elektrische Heizkörper erhitzt werden.
Die für manche Reaktion notigen Rata- lyten können im Rompressionsraum unterge- bracht werden. Dabei können diese Katalyten zum Beispiel durch elektrische Heizkörper geheizt resp. durch naheliegende Röhren gekühlt werden, damit sie mit einer f r ihre Wirkung geeigneten Temperatur arbeiten.
Als Grenzfall können wir den Fall bye- trachten, bei welchem die durch die ange wandten, mechanischen Mittel hervorge braclite Änderung der Zustandsbedingungen durch die Änderungen, die durch die Reak- tion hervorgebraclit werden, gerade kompensiert werden.
Ist der Kolben am Ende des entsprechen- den Hubes angelangt, so werden die Gase resp. DÏmpfe aus dem Zylinder herausgelas- sen und neue zu bearbeitende Mengen eingeführt.
Alle chemischen Reaktionen können in Hinsicht auf Veränderliehlieit in der Wärme und der Molekülzahl in sechs Gruppen eingeteilt werden. F r jede dieser Gruppen wird sich das Verfahren folgendermassen gestalten : I. Gruppe : Exothermische Reaktionen mit Vergrösserung der Zahl der Moleküle.
Diese Reaktionen müssen bei kontinuierlich fallendem Druek und kontinuierlich fallender Temperatur ausgeführt werden. Sie müssen daher im Expansionshube ausgeführt werden.
II. Gruppe : Exothermische Reaktionen mit gleichbleibender Zahl der Moleküle.
F r solche Reaktionen ist die Veränderlichkeit des Druckes belanglos. Die Temperatur aber muss in kontinuierlichem Fallen gehalten werden. Diese Reaktion ist im Expansionshube auszuführen.
III. Gruppe : Exothermische Reaktionen mit Verkleinerung der Zahl der Moleküle.
Diese Reaktionen müssen bei kontinuier- lich steigendem Drueke und kontinuierlich fallender Temperatur ausgeführt werden. Es ist diese Reaktion im Kompressionshube aus- zuführen. Das Fallen der Temperatur, unge- achtet der freiwerdenden WÏrme und der Kompressionswärme muss durch energische Kühlung erzielt werden.
IV. Gruppe : Endo'thermisehe Reaktionen mit Vergr¯¯erung der Zahl der Moleküle.
Diese Peaktionen sind bei kontinuierlich fallendem Drucke, aber gleichzeitig steigender Temperatur auszuführen. Sie sind im Ex pansionshube auszuführen. Das Steigen der Temperatur, ungeachtet der Expansion und der Bindung der WÏrme, ist durch Heizung zu bewerkstelligen.
V. Gruppe : Endothermische Reaktionen mit gleichbleibender Zahl der Molekiil. e.
Für diese Reaktionen ist die Veränderlich- keit des Druckes belanglos. Die Temperatur aber mué in kontinuierlichem Steigen gelialten werden. Diese Reaktionen sind im Kom pressionshube auszufiihren.
VI. Gruppe : Endothermische Reaktionen mit Verkleinerung der Zahl der Moleküle.
Diese Reaktionen müssen bei kontinuier- lich steigendem Drucke und gleichze¯tig kon tinuierlich steigender Temperatur ausgeführt werden. Diese Reaktionen sind im Kompres- sionshube auszuführen.
1. Anlagerungs und Synthesereaktionen.
Diese Reaktionen, wie z. B. verschiedene Anlagerungen von Wasserdampf, Stickstoff oder Ammoniak an Azethylen, Anlagerungen von Wasserdampf ocler Wasserstoff an Koh- lenoxyd und Kohlensäure, die Synthese von ameisensaurem Natron aus CO und Ätznatron, die Synthese von Ammoniak aus den Gasen Stickstoff und Wasserstoff und an dere ähnliche Reaktionen, sind exothermische Reaktionen mit Verkleinerung der Zahl der Moleküle, sie gehoren der Gruppe III an, sie müssen daher im Kompressionshube mit gleichzeitiger energischer Kühlung ausge- führt werden, damit der Druck im Steigen,
die Temperatur aber ungeachtet der Kom- pression und dem Freiwerden von Wärme sich im Fallen befindet.
Diese Reaktionen erfolgen meistens durch Einwirkung von Eatalyten oder physikali- schen Agenzien, die im Endkompressions- raum untergebracht werden können.
Soll Ammoniak aus den Gasen N und H hergestellt werden, so muR der Wompressor das Gemiseh der Gase ansaugen, die zuerst bei einer gewissen Temperatur und bei einem gewissen Druck vorkomprimieren.
Beim weiteren Gang des Rolbens soll der Druck weiter steigen, die Temperatur aber im Fallen erhalten werden, was durch die Einführung von vorkomprimiertem Gemisch der beiden Gase oder auch durch Einführung einer Fl ssigkeit erreicht werden kann. Es wird sich Ammoniak auf diese Weise auch ohne Katalyten bilden.
2. Kondensationsreaktionen.
Diese Raktionen, wie z. B. die Kondensa tionen von Aze'thylen, sind exothermische Reaktionen mit Verkleinerung der Zahl der Moleküle, sie gehören folglich der Gruppe III an. Sie kÏnnen daher auf dieselbe Weise ausgeführt werden wie die oben beschriebenen Synthesereaktionen.
3. Spaltungsreaktionen.
Die wichtigsten technologischen Spal tungsreaktionen sind die Spaltungen von Erdund Teerölen. Spaltungen sind mit Vergro- sserungen der Zahl der Moleküle verbunden, es gibt wie exothermische so auch endother- mische Spaltungen. Die ersteren gehören der Gruppe I, die letzteren der Gruppe IV an.
Sie können alle daher im Expansionshube vorgenommen werden.
4. Hydrierungen.
Dieselben sind exothermische Vorgange mit Verkleinerung der Zahl der Moleküle, sie gehören folglich der Gruppe III an. Sie m ssen daher im Kompressionshube mit Arme- abführung vorgenommen werden. Die technologisch wichtigste dieser Reaktionen ist die Hydrierung der ungesättigten Fettsäuren zu gesättigten, die zum Beispiel wie folgt ausgeführt werden kann :
Der Kolben saugt Wasserstoff an und komprimiert denselben bis zu einem gewissen Druck-und Temperaturzustand. Dann wird noch im Eompressionshube durch Uberdruck die ungesättigte, fein ver'teilte Fettsäure all mählich eingeführtundweiterkomprimiert.
Das Fallen der Temperatur kann dadurch bewerkstelligt werden, dass das Öl in Flüssig- keitsform verbleibt.
5. Verseif2tngen.
Diese VorgÏnge verlaufen meistens mit gleichbleibender Zahl der Moleküle. Sie gehören der Gruppe II an, wenn sie exothermisch sind, und der Gruppe V, wenn sie endo 'thermisch sind. Im ersten Falle müssen sie nach dem Vorhergehenden im Expansionshube ; im zweiten Falle im Kompressionshube ausgeführt werden. Der Kolben saugt das Yerseifungsmittel in Dampfform an und kom- primiert es bis zu einem gewissen Druck-und Temperaturzustand. Das Verseifungsmaterial wird im ersten Falle am Anfang des Expan sionshubes, im zweiten Falle noch im Kompressionshube, fein verteilt, in den vorkom- primierten Dampf eingef hrt.
6. Oxydationsreaktionen.
Diese Reaktionen sind fast ausschliesslich exothermische Reaktionen, meistens mit Ver kleinerung der Zahl der Moleküle. Sie gehören dann der Gruppe III an und müssen dann im Kompressionshube mit stark innerer Kühlung ausgeführt werden. Zu dieser Gruppe gehören die Oxydation der Kohlenwasserstoffe zu Alkoholen, die Uberführung von SO2 in SO und die Oxydation von Chlorwasserstoff zur Gewinnung von Chlor. Diese beiden Reaktionen sind im Kompressionshube mit starker innerer Kühlung auszuführen.
7. Substitutionsreaktionen.
Diese Reaktionen können sehr verschiedener Art sein. Als Beispiel soll hier die Herstellung von Soda beschrieben werden.
Die Herstellung von Soda ist ein exother- mischer Vorgang mit Verkleinerung der Zahl der Moleküle. Sie gehört der Gruppe III an.
Die P. eaktion muss daher im Kompressions- hube mit innerer K hlung ausgef hrt werden.
Der Kolben saugt Kohlensäure an und komprimiert sie bis zum neitigen Druek-und Temperaturzustand. Nun wird im Zylinder, noch im Kompressionshube eine fein verteilte, ammoniakalische Koclsalzlösung eingefiihrt.
Die Menge der eingeführten Flüssigkeit muB so bemessen werden, dass der nötige Verlauf der Temperatur zustande kommt. Die gewon nenen Produkte können am Ende des Kom pressionshubes herausgeführt werden.