-
Verfahren zur Ausführung von chemischen Reaktionen in Kompressoren.
-
Die Ausführung von chemischen Reaktionen im Innern von Kolbenmaschinen,
z. B. von Verbrennungsmotoren, ist bekannt. Dabei aber wurde nur an die Erwärmung
der Stoffe -durch Kompression und Umwandlung der Wärme in Arbeit bei der Expansion
gedacht Die. Verwendung von Kompressoren bei der Ausführung chemischer Reaktionen
ist aber vom Standpunkt der Gleichgewichtsgesetze noch bedutend wichtiger.
-
Wie bekannt, nimmt die-theoretische Chemie an, daß jede chemische
Reaktion in beiden entgegengesetzten Richtungen verläuft.
-
Haben wir z. B. ein System von Gasen N, H und H H3, so bildet sich
N H3 and N und H, und gleichzaeitig zerfällt N H3 in N und H.
-
Das Endresultat hängt von der Differenz dieser beiden entgegengestetztein
Geschwindigkeiten ab. Wollen wir, daß im angeführten Beispiel sich ammoniak bildt,
so müssen wir solche Bedingungen schaffen, daß die Geschwindigkeit der Bildung vergrößert,
die des Zerfalles vermindert wird.
-
Aus dem Massenwirkungsgesetz läßt sich ableiten, daß eine Erhöhung
des Gesamtdruckes eine Reaktion, die mit einer Molekülzahlverminderung verbunden
ist, beschleunigt, und eine Reaktion, die mit einer Molekülzahlvergroßergung vergunden
ist, hemmt. Umgekehrt hemint eine Herabsetzung des Gesamtdruckes eine Reaktion,
die mit einer Molkülzahlverminderugn verbunden ist, und beschleunigt eine Reaktion,
die mit einer Molekülzahlvergrößerung verbunden ist. Aus der zwiten
Zu
diesem Zweck können in dem Kompressor warme oder kalte Gase bzw. Dämpfe oder auch
Flüssigkeiten eingeführt werden; auch kann die Mantlkühlung oder -erwärmung durch
Flächen, welche von außen direkt geheizt oder gekühlt werden, durchgeführt werden;
endlich können auch Schlangenrohre, welche im Kompressionsraum untergebracht sind,
in Anwendung kommen. Die Erwärmung kann auch durch elektrische Lichtbogen oder durch
elektrische Heizkörper bewirkt werden 4 Sollten für gewisse Reaktionen dennoch Katalyten
angewendet werden, so können sie, wie unten beschrieben ist, im Endkompressionsraum
untergebracht werden, und zwar derart, daß sie durch elektrische Heizkörper bz.
durch Schlangenrohre o. dgl. erwärmt bzw. gekühlt werden, damit sie bei derjenigen
Temperatur arbeiten, welche für ihre Wirkung am geeignetsten ist.
-
Ist der Kolben am Ende des entsprechenden Hubes angelangt, so werden
die Gase bzw.
-
Dämpfe aus dem Kompressor entfernt und der letztere mit einer neuen
Beschickung versehen.
-
Als Grenzfall kann derjenige angesehen werden, bei welchem die durch
die angewandten mechanischen iNlittel hervorgebrachte Änderung der Zustandsbedingungen
gerade durch die Änderung, welche durch die Reaktion hervorgerufen wird, kompensiert
wird.
-
In diesem jedoch kaum zu erreichenden Grenz--falle wird die Reaktion
bei gleichbleibendem Druck und gleichbleibender Temperatur. erfolgen. ~ - Alle chemischen
Reaktionen können mit Bezug auf die Veränderung der' Wärme und der Molekülzahl in
sechs Gruppen eingeteilt werden. Für jede Gruppe wird sich das Verfahren wie folgt
gestalten.
-
I. Gruppe: Exothermische Reaktionen mit Vermehrung der Molekülzahl.
Diese Reaktionen müssen bei kontinuierlich. fallendem Druck und gleichzeitig bei
kontinuierlich sinkender. Temperatur ausgeführt werden. Sie sind am vorteishaftesten.
im Expansionshub auszuführen.
-
II. Groupppe: Exothermische Reaktion mit gleichbleibender Molekül
zahl.
-
Für diese Reaktion ist die Veränderung des Druckes belanglos.. Die
Temperatur aber muß im kontinuierlichen Fallen gehalten werden.
-
Diese Reaktionen werden daher zweckmäßig im Expaäsionshub auszuführen
sein.
-
III. Gruppe: Exothermische Reaktion mit Verminderung der Molekülzahl.
-
Derartige Reaktionen müssen bei kontinuierlich steigendem Druck und
kontinuierlich fallender Temperatur ausgeführt werden, weshalb es am zweckmäßigsten
ist; dieselben im Kompressionshub des Kompressors auszuführen. Die Erniederung der
Temperatur muß alsdann, ungeachtet der frei werdenden Wärme und der Kompressionswärme,
durch kräftige künstliche Kühlung bewirkt werden.
-
IV. Grupre: Endothermische Reaktionen mit Vermehrung der Molekülzahl.
-
Diese Reaktionen müssen bei kontinuierlich fallendem Druck und gleichzeitig
bei kontinuierlich steigender Temperatur ausgeführt werden. Es ist daher angezeigt,
derartige Reaktionen im Expansionshub des Kompressors auszuführen, das Ansteigen
der Temperatur aber entgegen der Expansion und der Bindung der Wärme durch die Reaktion
durch kräftiges Heizen zu bewirken.
-
V. Gruppe: Endothermische Reaktionen mit gleichblei. ender Molekülzahl.
-
Für diese Reaktionen ist die. Veränderung des Druckes belanglos.
Die Temperatur aber muß im kontinuier/icheh steigen erhalten werden, weshalb derartige
Reaktionen zweckmäßig im Kompressionshub des Kompressors ausgeführt werden.
-
VI. Gruppe: Endothermische Reaktionen mit Verminderung der Molekülzahl.
-
Diese Reaktionen müssen bei kontinuierlich steige«dem -Druck und
g;eichzeitig kontinuierjich steigender Temperatur ausgeführt werden. Sie sind daher
zweckmäßig im Kornpressionshub des Kompressors auszuführen.
-
Es ist demnach ersichtlich, daß das Verfahren verschieden auszuführen
ist, je nach dem die vorliegende Reaktion nach ihrem Verlauf der einen oder anderen
der oben auf-. gezählten Gruppen entspricht. Im- folgenden sollen die Ausführungen
des Verfahrens für die technologisch wichtigsten Reaktionen erläutert werden.
-
1. A n l a g e r u n g s - u n d S y n t h e s e--r e a k t ro n
en.
-
Derartige Reaktionen, wie beispielsweise die verschiedent Analgerungen
von Wasserdampf, .von Stickstoff, von Ammoniak an Acetylen, ferner die Analgerungen
von Wasserdampf oder Wasserstoff an Kohlenoxyd und Koh. ensäure, die Synsthese von
ameisensaurem Natron aus Kohenoxyd und Ätznatron, die Synthese von Ammoniak aus,
den Elementen und ähnliche Anlagerungen und Verbindungen, sind alle exothermische
Reaktionen- mit Verminderung der Zahl der Moleküle. und sind daher in die dritte
der oben genannten Gruppen einzureihen, sie sollen infolgedessen alle im Kompressionshub
unter gleichzeitiger energischer Kühlung ausgeführt werden, damit der Druck kontinuierlich
steigt, die Temperatur aber, ungeachtet der Kompressionswärme und der durch den
Vorgang frei werdenden Wärme, kontinuerlich fällt.
-
Sollen bei diesen Reaktionen Katalyten oder physikalische Einwirkungen
zur Anwendung
kommen; so können sie, wie bereits eingangs erwähnt
wurde, im Kompressionsraum untergebracht werden.
-
Im folgenden soll als Beispiel die Synthese von Ammoniak aus den
Elementen näher beschrieben und an Hand von Skizzen, Abb. I, 2, 3, 4, erläutert
werden.
-
Der Kompressor 1 (Abb.r) ist ganz wie ein Dieselmotor konstruiert;
er hat eine Luftpumpe, die auf der Zeichnung nicht gezeigt ist, ein Einlaßventil
2, Auslaßventil 3 und ein Einspritzventil 4, die durch eine Steuerung wie beim Zweitakt-Dieselmotor
betätigt sind.
-
Der Kompressor wird durch die Riemenscheibe 5 von außen angetrieben.
Er saugt beim Aufwärtsgehen des Kolbens 7 aus dem Reservoir 6 ein stöchiometrisches
Gemisch von Stickstoff und W asserstoff an und komprimiert es etwa bis zu 213 des
Hubes; in diesem Augenblick muß der Druck etwa 50 Atmosphären, die Temperatur etwa
9000 C betragen, was durch einen entsprechenden Anfangzustand erreicht werden kann.
Bei weiterem Gang des Kolbens wird der Druck dank der Verminderung des Volumens
steigen.. Die Temperatur aber muß von nun an kontinuierlich im Fallen gehalten werden.
Das letztere kann dadurch erreicht werden, daß das Gemisch von N und H in der Luftpumpe
des Kompressors stark vorkomprimiert wird und vollständig abgekühlt - durch das
Einspritzventil 4 durch seinen starken Überdruck im Zylinder allmählich eintritt
und so dessen Inhalt genügend abkühlt. Zu demselben Zwecke kann das Gemisch oder
eines der Gase durch das Einspritzventil in Form von Flüssigkeit eingeführt werden.
Es kann zur Kühlung auch eine andere Flüssigkeit, z. B. Wasser, durch Überdruck
im Zylinder durch das Einspritzve-ntil eingeführt werden.
-
Erreicht der Kolben seine innerste Stellung, so öffnet sich das Auslaßventil
3, und die komprimierten Gase treten mittels der Rohrleitung 12 in den Behälters,
wo sie mit Wasser berieselt werden, welches sie abkühlt und das gebildete Ammoniak
auswäscht. Das Wasser, welches das gebildete Ammoniak ausgewaschen und aufgelöst
hat, entweicht aus dem Behälter 8 durch das Ableitungsrohr 9.
-
Die nicht umgesetzten Gase passieren durch ihren Überdruck das NVasser
und die Hohlräume zwischen den Steinen und treten unter der Scheidewand 10 des Behälters
8 hindurch, um, gut ausgewaschen, durch die Rohre ii das Reservoir 6 wieder zu füllen.
Schließt man die Klappe 13 und öffnet die Klappe í, so kann man die Gase aus dem
Kompressor direkt in den Behälter 6 überführen. Durch die Einstellung der Klappen
13 und 14 kann man die Abkühlung der Gase regeln und somit im Behälter (i eine bestimmte.
nötige Antangstemperatur and ebensolchen Anfangsdruck erreichen. Selbstverständlich
muß der Behälter 6 ständig mit frischem Gemisch entsprechend nachgefüllt werden.
-
Wendet man Katalyten an, so kann man mit der Endtemperatur viel niedriger
gehen.
-
Bei demselben Enddruck von 50 Atmosphären würde schon eine Endtemperatur
von etwa 5000 C genügen. Das Einbringen des Katalyten im Kompressor zeigen Abb.
2, 3 und 4.
-
Abb. 2 zeigt einen Querschnitt des Kompressionszylinders. Die Katalyten
sind in den Gefäßen I und 2 untergebracht. Das Gefäß I ist im Zylinder eingehängt.
Das Gefäß 2 ist an der inneren Seite des Kolbens befestigt.
-
Damit die Katalyten nicht herausfallen, sind die Gefäße mit Drahtsieben
3 zugedeckt.
-
Abb. 3 zeigt ein Stück des Gefäßes 1 in Ansicht, Abb. 4 zeigt die
Hälfte des Gefäßes 2 im Grundriß.
-
2. K o n d e n s a t i o n s r e a k t i o n e n.
-
Diese Reaktionen, wie z. B. die Kondensationen von Acetylen, sind
exothermisch und gleichzeitig mit einer Venninderung der Molekülzahl verbunden,
so daß sie in die obengenannte Gruppe III einzureihen sind. Die Ausführung dieser
Reaktionen kann daher in derselben Weise wie die soeben beschriebene Synthese des
Ammoniaks erfolgen.
-
3. S p a l t u n g s r e ak t i o n e n.
-
Die wichtigsten technologischen Spaltungen sind diejenigen der Erd-
und Teeröle. Die Spaltungen sind mit einer Vermehrung der 3Iolekülzahl verbunden
; es gibt aber sowohl exothermische als auch endothermische Spaltungen. Die exothermischen
gehören somit in die Gruppe 1, die endothermischen dagegen in Gruppe IV, beide können
daher im Expansionshub vorgenommen werden.
-
Der Kompressor, der einem von außen allgetriebenen Dieselmotor gleicht,
saugt ein Gas bzw. Dampf an und komprimiert den angesaugten Stoff bis zu einem gewissen
Druck, wobei die Temperatur ebenfalls bis zu einer bestimmten Höhe ansteigt. Beim
Rückgang des Kolbens wird der zu spaltende Stoff vermittels Überdruckes fein verteilt
in den Kompressor eingeführt. Infolge der hohen Temperatur des komprimierten Dampfes
und des fallenden Druckes wird der Stoff sich leicht spalten.
-
Ist der Vorgang ein exothermischer, so wird in allgemeinen die Expansion
genügen, um die Temperatur im Fallen zu erhalten. Ist dagegen der Vorgang ein endothermischer,
so müssen die Gase oder Dämpfe entsprechend angewärmt werden, was z. B. durch glühende
Flächen, die von außen geheizt werden, geschehen kann.
-
4. Hydrierungen.
-
Die Hydrierungen sind exothermische Vorgänge mit Verminderung der
Molekülzahl, und daher gehören diese Reaktionen der Gruppe III an. Aus diesem Grunde
müssen sie im Kompressionshub mit Abführung der Wärme vor-, genommen werden. Die
technologisch wichtigste Hydrierung ist die der ungesättigten Fettsäuren zu gesättigten,
die wie folgt ausgeführt werden kann.
-
Der Kolben saugt Wasserstoff an und komprimiert ihn bis auf einen
gewissen Druck-und Temperaturzustand. Die ungesättigte Fettsäure wird dann in verteiltem
Zustande unter Überdruck im Kompressionshub eingeführt und weiter verdichtet. Das
Fallen der Temperatur kann dadurch bewirkt werden, daß das Gas, vermittels dessen
die Fettsäure mit -Uberdruck eingeführt wird, stark vorverdichtet ist und daher
im Kompressor stark expandiert. Es kann der Vorgang bei derartigen Temperaturen
ausgeführt werden, daß das Öl flüssig bleibt.
-
5. V e r s e i f u n g e n.
-
Diese Vorgänge verlaufen meistens bei gleichbleibender Zahl der Moleküle;
sofern sie exothermisch sind, würden sie in die Gruppe II einzureihen sein, falls
sie endothermisch verlaufen, der Gruppe V angehören. Im ersten Falle müssen diese
Reaktionen im Expansionshub, im zweiten Falle im Kompressionshub ausgeführt werden.
Der Kolben saugt das Verseifungsmfttel in Dampfform an und verdichtet es auf einen
gewissen Druck und Temperaturzustand. Der zu verseifende Stoff wird im ersten Falle
beim Beginn des Expansionshubes, im zweiten aber noch im Kompressionshube fein verteilt
in den vorverdichteten Dampf eingeführt.
-
6. O x y d a t i o n s v o r g ä n g e.
-
Diese Vorgänge sind fast ausschließlich exothermisch und meistens
mit einer Verminderung der Molekülzahl verbunden; in diesen Fällen sind sie zu der
obigen Gruppe III zu rechnen. Sie müssen alsdann im Kompressionshub unter starker
innerer Kühlung ausgeführt werden. Zu dieser Gruppe gehört die Übeyführung von schwefliger
Säure (SO) -zu Schwefelsäureanhydrid (SO3) sowie die Oxydation von Chlorwasserstoffsäure
zur Gewinnung von Chlor. Beide Vorgänge müssen' daher im Kompressionshub mit starker
innerer Kühlung ausgeführt werden, in welchem Falle die Oxydation auch ohne Anwendung
eines Katalyten erfolgen kann.
-
Hierher gehört auch die Ozonbildung, ein stark endothermischer Vorgang
mit Verminderung der AIolebülzahl. Der Vorgang gehört also der Gruppe VI an. Er
muß daher im Kompressionshub ausgeführt werden. Die Einwirkung der physikalischen
Alittel kann im Endkompressionsraum stattfinden.
-
In einem Kompressor zur Herstellung von Ozon können gleichzeitig
sehr schwierige Oxydationsvorgänge, wie z. B. die Oxydation von Wasserdampf zu AN~asserstoffsuperoxyd,
ferner von Stickstoff zu Stickstoffoxyd, vorgenommen werden.
-
7. S u b s t 9i t u t i o n s r e a k t i o n e n.
-
Diese Reaktionen können sehr verschiedener Art sein. Als Beispiel
soll hier die Herstellung von Soda beschrieben werden.
-
Die Herstellung von Soda ist ein exothermischer Vorgang mit Verminderung
der Molekülzahl und gehört daher der Gruppe III an; die Substitution muß infolgedessen
im Kompressionshub und mit innerer Kühlung ausgeführt werden. Der Kolben saugt Kohlensäure
an und verdichtet sie bis zu einer erforderlichen Druck- und Temperaturstufe. Nun
wird in den Kompressor, und zwar noch im Kompressionshub, eine fein verteilte, ammoniakalische
Kochsalzlösung eingeführt. Die Menge der eingeführten Flüssigkeit muß derart bemessen
werden, daß im Innern des IÇompressors die Temperatur im kontinuierlichen Fallen
sich befindet. Die gewonnenen Produkte können am Ende des Kompressionshubes ausgeführt
werden.
-
Wie aus den oben angegebenen Beispielen herrorgeht, kann das vorgeschlagene
Verfahren jeder chemischen Reaktion angepaßt werden, bei welcher Gase und Dämpfe
entweder allein oder mit Flüssigkeiten zusammen wirken.