CH659084A5 - Artifiziell erzeugter tollwutvirus-stamm und verfahren zu seiner gewinnung. - Google Patents

Artifiziell erzeugter tollwutvirus-stamm und verfahren zu seiner gewinnung. Download PDF

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CH659084A5 CH1456/86A CH145686A CH659084A5 CH 659084 A5 CH659084 A5 CH 659084A5 CH 1456/86 A CH1456/86 A CH 1456/86A CH 145686 A CH145686 A CH 145686A CH 659084 A5 CH659084 A5 CH 659084A5
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Description

Die Erfindung betrifft einen artifiziell erzeugten Tollwut-virus-Stamm und ein Verfahren zu seiner Gewinnung. Dieser Tollwutvirus-Stamm kann in einem neuen Tollwut-Impfstoff, der in Zellkulturen hergestellt und inaktiviert oder vermehrungsfähig verwendet wird, eingesetzt werden. Der so erhaltene vermehrungsfähige oder inaktivierte Tollwut-Impfstoff kann postinfektionell oder prophylaktisch an Haustiere, wildlebende Tiere und den Menschen auf verschiedene Arten verabreicht werden. Der vermehrungsfähige Impfstoff eignet sich besonders gut für die orale Verabreichung. Eine orale Verabreichung, nachstehend als orale Impfung bezeichnet, ist besonders bei der Immunisierung von wildlebenden Tieren, wie Füchsen, erwünscht. Die orale und andere, nicht-parenterale Applikationsformen, z.B. die intestinale oder intranasale Verabreichung, z.B. durch Köder oder Spray, können auch bei anderen, epidemiologisch wichtigen, wildlebenden Tieren, bei Haustieren und beim Menschen eingesetzt werden.
Es ist bekannt, dass die Tollwutvirusinfektion in Warmblütern durch die prophylaktische parenterale Verabreichung von Impfstoffen, z.B. LEP-Flury-Impfstoff oder HEP-Flury-Impfstoff, bekämpft werden kann. LEP bedeutet niedrige Eipasage, HEP hohe Eipassage. Die Gewinnung dieser Impfstoffe wird nachstehend beschrieben.
Am 29. Januar 1939 starb im Bundesstaat Georgia in den USA ein Mädchen mit dem Namen «Flury». Als Todesursache wurde Tollwut als Folge einer Infektion durch einen tollwütigen Hund festgestellt. Tollwutvirus wurde aus dem Gehirn, aus den Tränendrüsen und aus den Speicheldrüsen des Mädchens über intracerebrale Mauspassagen isoliert; vgl. C.N. Leach und H.N. Johnson, Amer. J. Trop. Med., Bd. 20 (1940), S. 335.
Das Gehirn der infizierten Mäuse wurde später intracerebral auf Eintagsküken verimpft und im Gehirn von Eintagsküken insgesamt 136mal pasagiert; vgl. H. Koprowski und H.R. Cox, J. Immunol., Bd. 60 (1943), S. 533. Nach zwei weiteren intracerebralen Passagen wurde dieses Tollwutvirus auf den Dottersack von Hühnerembryonen adaptiert. Nach 60 Dottersack-Passagen war dieser Virusstamm für eine Reihe von Säugetieren praktisch apathogen. Er wird unter der Bezeichnung «LEP-Flury-Impfstoff» als Tollwutimpfstoff für Hunde verwendet. Nach weiteren 170-174 Passagen im bebrüteten Hühnerei verlor das Virus weiter an Pathogenität. Zwei Wochen alte Mäuse überleben die intracerebrale Infektion mit diesem Stamm, während neugeborene Mäuse tödlich erkranken. Dieser attenuierte Virusstamm wird unter der Bezeichnung «HEP Flury» als Impfstoff verwendet.
Die LEP- und' HEP-Impfstoffe vermitteln einen wirksamen Schutz gegen die Tollwut, wenn sie prophylaktisch eingesetzt werden. Trotzdem besteht ein Bedarf nach anderen Tollwut-Impfstoffen, wie kürzlich durch Kontrolluntersu-5 chungen auf nationaler und internationaler Ebene festgestellt wurde. So ist z.B. die Kontrolle der sylvatischen Tollwut in den Industrieländern, in denen die Tollwut seit längerer Zeit endemisch ist oder wo sie erst seit kurzem eingeschleppt wurde, eines der kompliziertesten und aus ökologischen ,0 Gründen schwierigsten Probleme. In der gegenwärtigen Situation gibt es noch keine voll befriedigende ökonomisch vertretbare Bekämpfungsmassnahme.
Die postinfektionelle Impfung des Menschen hat in den tollwutverseuchten Ländern in der ganzen Welt zahlreiche ,5 Probleme aufgeworfen. Aus diesen Gründen richtet sich das Augenmerk der Forschung auf die Möglichkeit der prophylaktischen wie postinfektionellen Immunisierung durch eine nicht-parenterale, bevorzugt die orale Applikation.
Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, einen Tollwut-2o virus-Stamm zu entwickeln, der in einem vermehrungsfähigen oder inaktivierten Tollwut-Impfstoff eingesetzt und auf verschiedene Weise, z.B. parenteral oder nicht-parenteral, insbesondere oral, appliziert werden kann und der einen voll wirksamen Impfschutz vermittelt, wenn er vor oder nach einer 25 stattgefundenen Tollwutinfektion gegeben wird.
Die gestellte Aufgabe wird durch den im Patentanspruch 1 definierten Tollwutvirus-(nov. spec.)-Stamm 675, einschliesslich dessen Mutanten und Varianten mit dem gleichen reproduzierbaren signifikanten cytopathischen Effekt sowie 30 anderen spezifischen Charakteristika des Stammes 675, und das im Patentanspruch 2 beschriebene Verfahren zu seiner Gewinnung gelöst.
Die Möglichkeit der oralen Applikation bei wildlebenden Tieren, die ja die wichtigsten Träger und zugleich ein ständi-35 ges Reservoir für die Tollwut sind, durch die ein wirksamer Immunschutz aufgebaut wird, ist einer der wichtigsten Fortschritte, den die vorliegende Erfindung bringt.
Der erfindungsgemässe Tollwutvirus-Stamm ist, wenn er in vermehrungsfähigem Zustand in einem Impfstoff einge-40 setzt wird, soweit gegenwärtig bekannt, von alle existierenden Tollwutvirus-Stämmen der am meisten apathogene. Dies ermöglicht den Schutz gegen das Strassenvirus auch nach stattgefundener Infektion bereits durch eine einzige Applikation einer geeigneten Dosis. Liegt er hingegen im Impfstoff in 45 inaktivierter Form vor, so gestattet auch der damit hergestellte Impfstoff eine postinfektionelle Anwendung. Der dabei erzielte Schutz ist allerdings nicht ganz so gut. Sowohl Impfstoffe, die den Stamm 675 in vermehrungsfähigem Zustand enthalten, als auch Impfstoffe, die den Stamm in so inaktivierter Form enthalten, besitzen eine sehr gute Antigeni-tät, die fast gleich ist. Beide Impfstoff-Typen werden in Zellkulturen hergestellt und sind fast völlig frei von Fremd-eiweiss, wodurch der Grad und die Häufigkeit von unerwünschten Nebenwirkungen praktisch vollständig beseitigt 55 werden.
Die Gewinnung des erfindungsgemässen Tollwutvirus-Stammes erfolgt mit Hilfe des in Patentanspruch 2 beschriebenen Verfahrens. Wird dabei die Vermehrung in primären oder sekundären spf-Hühnerembryofibroblasten vorgenom-60 men, so wird der Stamm vorteilhafterweise durch fluoreszenzserologische Untersuchungen in diesen Fibroblastenkulturen, durch den Mäuseschutztest - intraperitoneale Impfung und nachfolgende Belastungsinfektion mit einem standardisierten Challenge-Tollwutstamm (CVS) - sowie durch die In-vitro-65 Neutralisation mit bekannt positiven Seren - International Rabies Reference Serum - auf seine Spezifität überprüft. Diese Überprüfung kann in entsprechender Weise vorgenommen werden, wenn die Vermehrung in Tollwutvirus-empfind-
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liehen Zellinien oder diploiden Zellstämmen erfolgt.
Die Isolierung einer Plaque, die sich vom Ausgangsvirus durch ihren cytopathischen Effekt im Plaquetest unterscheidet, wird insbesondere durch Anwendung des PIaquetestes nach der Methode von K. Yoshina u. Mitarb., Arch. ges. Virusforsch., Bd. 18 (1966), S. 370, und die Plaque-Zell-suspensionsmethode nach G. Bijlenga und L. Joubert, Bull. Soc. Sci. Vét. et Méd. Comparée Lyon, Bd. 76 (1974), S. 429, ermöglicht. Durch die Klonierung der isolierten Plaque über 3 Plaquepassagen gelingt es, eine Viruspopulation zu gewinnen, die rein und homogen ist.
Die Original-Plaque wurde als Nummer 675 und der nach der Reinigung gewonnene Tollwut-Virusstamm als Stamm 675 bezeichnet. Eine Probe dieses Stammes wurde in der Tschechoslowakischen Nationalen Kultursammlung, Institut für Hygiene und Epidemiologie, Prag, am 13. Januar 1977 hinterlegt. Sie wurde dort unter der Bezeichnung CNCTC Nr. AO 4/77 registriert.
Der Stamm kann vom Original-Stamm HEP Flury anhand folgender Charaktristika unterschieden werden:
a) durch einen sehr ausgeprägten cytopathischen Effekt (cpE) in Zellkulturen (in vitro), der sich deutlich von dem durch den HEP-Flury-Stamm verursachten cpE unterscheidet;
b) durch einen verkürzten primären Viruszkylus, der zwischen 9 und 11 Stunden beträgt, wodurch schnellere Plaques ausgebildet werden;
c) sehr klare Plaques, die im Durchschnitt etwas grösser als die durch den HEP-Flury-Stamm gebildeten sind (1 mm grösser);
d) verstärkte Adsorption des Virus an die Zelloberfläche in vitro, was vor allem für die Wirksamkeit einer oralen Impfung notwendig ist;
e) eine schnellere Induktion der Interferonproduktion in vivo nach der Impfung aufgrund der zuvor beschriebenen Eigenschaften des Stammes. Diese Eigenschaft spielt vor allem bei der postinfektionellen Impfung eine grosse Rolle;
f) höhere Infektiositätstiter in Zellkulturen;
g) durch die Klonselektion und -reinigung ist das Risiko einer möglichen Reversion des Virus zur Ausgangsvirulenz praktisch ausgeschlossen, da eine homogene Viruspopulation erhalten wird;
h) der Stamm besitzt von allen zurzeit verfügbaren Tollwut-Stämmen die geringste Pathogenität.
Die unter (a) bis (h) genannten Eigenschaften gestatten eine eindeutige Differenzierung des Stammes vom Stamm HEP Flury.
Die vorliegende Erfindung schliesst auch artifiziell vom Stamm 675 gewonnene Mutanten (und Varianten) ein, die die gleichen Eigenschaften haben wie dieser Stamm.
Aufgrund der vorstehend beschriebenen Eigenschaften, vor allem durch die Klonselektion (g), ist gewährleistet, dass mit dem erfindungsgemässen Stamm 675 ImpfstoffChargen gleichbleibender Qualität hergestellt werden können.
Der unter Verwendung des Stammes 675 erhältliche Impfstoff hat folgende Vorteile :
1. Der neue Lebendimpfstoff vermehrt sich im Gegensatz zu dem HEP-Flury-Impfstoff nicht mehr im Impfling; Restvirus wird nicht nachgewiesen und ausgeschieden ;
2. Der Impfstoff induziert eine sehr rasche Interferonproduktion und -ausschüttung sowie die Aktivierung von anderen, noch nicht genau bekannten bzw. definierten interferierenden Mechanismen, wie z.B. der zellulären Immunität. Eine einzige Applikation des Impstoffes verleiht deshalb einen ausreichenden Immunschutz gegen die Infektion mit einem natürlich vorkommenden Virus (Strassenvirus). Im Hinblick auf die schnelle Interferonproduktion und die Aktivierung der zellulären Immunität ist die Verwendung des neuen Impfstoffes für die postinfektionelle Impfung für kurz zuvor infizierte Tiere bei einem Tollwut-Ausbruch nun möglich. Es wurde vor allem auch die Möglichkeit der postinfektionellen Impfung des Menschen durch diesen Impfstoff sehr stark verbessert, da nachgewiesen werden konnte, dass der Impfstoff auch nach einer stattgefundenen Infektion im Tier ausserordentlich wirksam ist und sogar in einem relativ weit fortgeschrittenen Stadium der Infektion noch die Genesung einleiten kann.
3. Nicht-parenterale Applikationsformen, wie z.B. die orale Impfung mit dem Lebendimpfstoff, erlauben organisierte grosse Impfkampagnen.
Ein Lebendimpfstoff, der mit dem erfindungsgemässen Stamm 675 hergestellt wird, hat für die prophylaktische Impfung folgende Vorteile:
A. In Tieren:
1. die Immunisierung von Füchsen und anderen epidemiologisch wichtigen, wildlebenden Tieren mit Hilfe von Ködern, die Impfstoff enthalten;
2. die orale Impfung von Haustieren, z.B. von streunenden Hunden, in denjenigen Ländern, in denen aus religiösen und/oder gesetzlichen Gründen die Tötung nicht erlaubt ist;
3. eine starke Vereinfachung von Impfkampagnen durch die Möglichkeit, gleichzeitig eine grosse Zahl von Individuen zu impfen, wie z.B. durch die Verteilung von gegebenenfalls gefrorenen Fleischbällen, in denen Impfstoff enthalten ist, durch Flugzeuge;
4. der wirksame Schutz von Hausieren nach einer stattgefundenen Infektion in Ländern, in denen eine derartige Impfprozedur gestattet ist, und in Ländern, in denen Tiere, die vor der Infektion bereits einmal immunisiert worden sind, nicht getötet werden müssen.
B. Im Menschen:
1. Furcht vor der oralen Impfung gibt es so gut wie nicht. Die Furcht vor der Injektion ist in vielen Ländern ein entscheidender Fakor für die Ablehnung der Impfung durch den Patienten ;
2. die orale Verabreichung verursacht keine lokalen Reaktionen oder Irritationen, ein entscheidender Nachteil der zurzeit im Handel befindlichen Impfstoffe;
3. die einfache Verabreichung gestattet die gleichzeitige Impfung grosser Populationen durch medizinisch nicht (besonders) geschultes Personal (wie z.B. bei der Polio-Impfung).
In diesem Zusammenhang ist auch sehr wichtig, dass nachweislich eine einzige Applikation ausreicht, um einen wirksamen Impfschutz zu induzieren.
Der unter Verwendung des Stammes 675 erhältliche Impfstoff kann mit den gebräuchlichen Methoden hergestellt werden, wie z.B. in Zellkulturen, Einschaltung der üblichen und vorgeschriebenen Kontrolle auf bakterielle und virale Kontaminationen und Beachtung der bekannten Grundsätze und der internationalen Standard-Anforderungen.
Der erfindungsgemässe Tollwutvirus-Stamm-675 wird bevorzugt in primären oder sekundären Hühnerembryofibro-blasten-Kulturen von lOtägigen spf-Hühnerembryonen hergestellt. Es können allerdings auch andere Zellsysteme, die für das Tollwutvirus empfänglich sind, verwendet werden, wie Zellen von verschiedenen Vögeln oder Säugetieren, vorzugsweise der Babyhamsternieren-Zellstamm BHK-21 (21 Passagen als Monolayerkultur) bzw. BHK-21 13S (13 Passagen als Suspensionskultur). In BHK-Kulturen hergestelltes Virus eignet sich allerdings nur für Impfstoffe, die in der Veterinärmedizin eingesetzt werden. Suspensionskulturen haben den grossen Vorteil, dass für die Herstellung des Virusmaterials Fermenter mit einer grossen Kapazität verwendet werden können, was die Produktion erleichtert.
Der Impfstoff kann aber auch in Zellen, die auf Mikroträ5
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gern zur Vermehrung gebracht wurden, hergestellt werden (Tropfen-Zellkultur-System). So haben z.B. Dextran-Tropfen bzw. -Perlen, die vor und/oder während der Zellvermehrung mit makromolekularen Anionen behandelt werden, eine positive Ladungsdichte, die günstig für die Vermehrung von Zellen an ihrer Oberfläche ist. Auf diese Art und Weise werden Suspensionen mit Zellen und Perlen, die gerührt werden, mit dem Virusmaterial beimpft. Nach der Virusvermehrung wird der Rührvorgang beendet, wodurch die Perlen sich am Boden absetzen und die Virusernte von der Suspension abgetrennt werden kann.
In einer bevorzugten Methode werden für die Herstellung des Impfstoffes die Hühnerembryofibroblasten-Kulturen mit dem Tollwutvirus-Stamm-675 mit einer Multiplizität der Infektion von 0,02 bis 1 PBE/Zelle infiziert, wobei eine Adsorptionszeit von mindestens 1 Stunde bevorzugt wird (Adsorptionsmethode). Nach der Entfernung des nicht adsorbierten Virusmaterials wird den Zellkulturen Erhaltungsmedium zugesetzt. Dieses besteht bevorzugt aus Eagle's Basal-medium (BME) in Earlescher Salzlösung mit einem Zusatz von Antibiotika (z.B. 100 I.E. Penicillin und 100 y Streptomy-cin) sowie 0,2 bis 0,5% Albumin. Es muss unbedingt darauf geachet werden, dass der pH-Wert des Erhaltungsmediums bei 8,0 bis 8,2 liegt. Die virusinfizierten Zellen werden 3 bis 10 Tage bei 32 bis 39 °C bebrütet. Anschliessend wird das virushaltige Medium bei - 70 °C oder bei tieferen Temperaturen eingefroren, um die Zellen zu zerstören und damit zellgebundenes Virus freizusetzen; dies erhöht den Titer. Unter sterilen Bedingungen werden danach die Zellen und der Zelldetritus mittels Filtration oder Zentrifugation entfernt. Das Filtrat bzw. der Überstand wird anschliessend bei — 70 °C gelagert. Entsprechende Proben werden zuvor für die Titration mit Hilfe der Plaquemethode entnommen. Es können natürlich auch andere Methoden zum Aufschluss der Zellen verwendet werden, z.B. eine Ultraschallbehandlung.
Eine Alternativmethode ist die Vermehrung des Virus in BHK-21-13S-Suspensionskulturen. Hierfür werden die Zellen in Suspension, z.B. in Spinner-Flaschen mit entsprechenden Rühreinrichtungen, gezüchtet. Das Anzuchtmedium enthält geringe Mengen (7 bis 15%) Tryptosephosphat-Bouillon, inaktiviertes Kälberserum (7 bis 15%) und Antibiotika (z.B. 100 I.E. Penicillin und 100 y Streptomycin). Es wird so lange gezüchtet, bis eine Zelldichte von etwa 2 x 106 Zellen/ml erreicht ist. Um ein Absinken oder Klumpen der Zellen zu vermeiden, wird die Suspension ständig bewegt. Sodann werden die Zellen abzentrifugiert und unter Bewegen mit dem Tollwutvirus-Stamm-675 mit einer Multiplizität der Infektion von 0,01 bis 1 PBE/Zelle 30 bis 60 Minuten infiziert.
Nach der Infektion werden die Zellen wieder z.B. in Spin-ner-Flaschen gegeben. BHK-21-Erhaltungsmedium wird zugefügt. Dieses enthält eine kleine Menge Rinderserumalbu-min-Fraktion V, z.B. 0,1 bis 0,4 Gew.-%, und Antibiotika (z.B. Kanamycin oder Neomycin in einer Menge von 50 bis 300 y). Der pH-Wert wird auf 7,5 bis 8,0 eingestellt. Während der Bebrütung wird die Temperatur auf 32 bis 35 °C, bevorzugt auf 33 °C, eingestellt. Jeden Tag werden kleine Proben entnommen und mit Hilfe der Immunfluoreszenz untersucht. Zwischen dem 2. und 3. Tag p. inf. sind zwischen 80% und 100% der Zellen infiziert und zeigen eine für das Tollwutvirus typische Fluoreszenz im Cytoplasma. Dies ergibt am 4. bis 6. Tag p. inf. eine Virusernte mit einem Infektiositätstiter von IO8 bis 109 PBE/ml. Für die Virusernte wird die Flüssigkeit gesammelt und bei — 70 °C eingefroren. Nach Entfernung der Zellen und des Zelldetritus wird eine kleine Probe mit Hilfe der Plaquemethode titriert. Wenn ein ausreichender Titer erreicht wurde ( 107-5 bis 108-5 PBE/ml oder höher), werden die Zellen und der Zelldetritus von der Virusernte mittels Filtration oder Zentrifugation unter sterilen Bedingungen entfernt.
Nach der Zugabe eines geeigneten Stabilisators kann die Flüssigkeit in Ampullen abgefüllt und gefriergetrocknet werden.
Mit dem erfindungsgemässen Tollwutvirus-Stamm 675 hergestellter, inaktivierter Tollwut-Impfstoff eignet sich vor allem zum Gebrauch in der Humanmedizin. Für den inaktivierten Impfstoff wid die erhaltene Flüssigkeit des Lebendimpfstoffs nach bekannten Methoden bzw. modifizierten Methoden inaktiviert, z.B. durch Zugabe von ß-Propriolacton, wässriger Formaldehydlösung oder Acetylethylenimin oder durch Bestrahlung mit ultraviolettem Licht.
Ein unter Verwendung des Virusstammes der Erfindung hergestellter Tollwut-Impfstoff kann ein oder mehrere übliche Stabilisatoren, Konservierungsmittel, Puffer und/oder Adjuvantien enthalten.
Die Beispiele erläutern die Erfindung.
Beispiel 1
Monolayer von primären oder sekundären Hühnerem-bryofibroblastenkulturen, hergestellt von spf-Hühnerem-bryos, werden als stationäre oder Rollerkulturen mit dem Tollwut-Saatvirus-Stamm-675, das eine Multiplizität der Infektion von 0,02 bis 1 PBE/Zelle besitzt, beimpft. Wenn geringere Virusmengen für die Beimpfung verwendet werden, verlängert sich die Adsorptionszeit. Das Saatvirus muss mindestens 1 Stunde adsorbiert werden. Nach Beendigung der Adsorptionszeit wird das nicht adsorbierte Virusmaterial entfernt und die Zellkultur mit Erhaltungsmedium beschickt. Dieses besteht aus Eagle's Basalmedium (BME) in Earlescher Salzlösung mit einem entsprechenden Antibiotikazusatz und 0,2% Albumin der Species, für die der Impfstoff verwendet werden soll. Der pH-Wert des Erhaltungsmediums wird auf 8,2 eingestellt.
Bei einer Bebrütung bei 33 bis 35 °C über 4 bis 8 Tage entsteht ein ausgeprägter cpE (cytopathischer Effekt). Das virushaltige Medium wird danach bei — 70 °C eingefroren. Nach dem Auftauen werden die Zellen und der Zelldetritus mittels Zentrifugation mit 1000 g oder durch Filtration durch ein Membranfilter (Porengrösse: 5 Mikron) unter sterilen Kaute-len entfernt. Die Flüssigkeit (Überstand bzw. Filtrat) wird bei — 70 °C gelagert. Für die Titration im Plaquetest nach Bijlenga und Joubert, a.a.O., werden entsprechende Proben entnommen.
Für Impfstoffe, die für postinfektionelle Impfungen verwendet werden sollen, muss der Virustiter 108 PBE/ml betragen. Für prophylaktisch verwendete Impfstoffe genügen auch Virustiter von bis zu 107 PBE/ml.
Die Herstellung der Impfstoffchargen wird durch die üblichen Wirksamkeitsteste (NIH- und Habel-Test) kontrolliert. Chargen, die für postinfektionelle Impfungen verwendet werden sollen, werden einem zusätzlichen Wirksamkeitstest nach der Methode von G. Bijlenga, Symposium on Advances in Rabies Research, Atlanta, Georgia, USA, 7. bis 9. September 1976, S. 14, unterzogen.
In diesem neuen Wirksamkeitstest wird lokales Strassen-virus 4 Wochen alten Mäusen intramuskulär appliziert. Innerhalb von 24 Stunden erhalten die infizierten Tiere einmal 0,5 ml Impfstoff intraperitoneal. Alle geimpften Mäuse sollten überleben, während von den infizierten Kontrollmäusen innerhalb der Testperiode von 3 Wochen ungefähr 50% sterben sollten.
Entsprechend den international anerkannten Mindestanforderungen werden die entsprechenden Kontrollen auf die Abwesenheit von bakteriellen und viralen Kontaminationen sowie die bei der Impfstoffproduktion üblichen Kontrollen für primäre oder sekundäre Zellen bzw. Zellinien durchgeführt.
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Beispiel 2
BHK-21- 13S-Zellen werden als Suspensionskultur in Spinner-Flaschen gezüchtet. Als Medium dient das übliche BHK-21-Medium mit einem Zusatz von 10% Tryptose-phosphat-Bouillon, 10% inaktiviertem Kälberserum und Antibiotika (100 I.E. Penicillin, 100 y Streptomycin). Die Zellen werden unter ständigem Rühren, um sie in der Suspension zu halten und um ein Verklumpen zu vermeiden, so lange bebrütet, bis eine Zelldichte von 2 x 106 Zellen/ml erreicht ist.
Die Zellen werden dann mit 80 g abzentrifugiert und 45 Minuten mit Tollwut-Saatvirus-Stamm 675 beimpft und bewegt. Das Saatvirus hat eine Multiplizität der Infektion von 0,01 bis 1 PBE/Zelle. Nach der Infektion werden die Zellen wieder in die Spinner-Flaschen gegeben, und es wird Erhaltungsmedium zugefügt. Dieses besteht aus BHK-21-Spinner-Kulturmedium mit einem Zusatz von 0,2% Rinderserumalbumin-Fraktion V und entsprechenden Antibiotika (z.B. Kana-mycin oder Neomycin). Der pH-Wert wird auf 7,8 eingestellt.
Die Bebrütungstemperatur liegt bei 33 °C. Jeden Tag werden aus den Spinner-Flaschen kleine Proben entnommen und mit Hilfe der Immunfluoreszenz untersucht. 2 bis 3 Tage p. inf. sollten 80 bis 100% der Zellen eine für das Tollwutvirus typische Fluoreszenz im Cytoplasma zeigen. Dies entspricht einem Infektiositätstiter von 108 bis 109 PBE/ml, wenn die Kulturen am 4. bis 6. Tag p. inf. geerntet werden. Für die Virusernte wird die Flüssigkeit entnommen und bei -70 °C eingefroren. Eine kleine Probe wird entnommen, von Zellen und Zelldetritus befreit und im Plaquetest titriert. Wenn ein ausreichender Titer erreicht wurde (IO7-5 bis IO8-5 PBE/ml und höher), wird die gesamte Virusernte, wie zuvor schon beschrieben, von Zellen und Zelldetritus befreit und kann dann nach der Zugabe von geeigneten Stabilisatoren in Ampullen abgefüllt und gefriergetrocknet werden.
Um höhere Titer zu erzielen, benutzt man in einer Alternativmethode entweder stationäre Monolayer-Kulturen oder Monolayer in Roller-Kulturen für die Infektion. 2 bis 8 Stunden nach der Infektion werden die Zellen abtrypsiniert und in Suspensionskulturen verbracht, die nach den vorstehend beschriebenen Verfahren hergestellt wurden. Es muss dabei besonders darauf geachtet werden, dass sich die Zellen nicht verklumpen. Auf diese Weise können mehr als 2 x 106 Zellen/ml verwendet werden, wodurch in Abhängigkeit von der Zellzahl, die in die Suspensionskultur gegeben wurde, höhere Titer erreicht werden.
Beispiel 3
Um die Verwendungsmöglichkeit und die Wirksamkeit des vermehrungsfähigen und des inaktivierten Tollwut-Impfstoffes zu zeigen, sind einige Beispiele von prophylaktischen und postinfektionellen Impfversuchen im folgenden zusammengestellt:
A. Orale Impfung von Füchsen mit dem Tollwut-Lebendimpfstoff (Stamm 675, Infektiositätstiter: 2 x 108 PBE/ml, Impfdosis: 2 ml/Fuchs)
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Tabelle I
Nr. des
Alter
Serumtiter*
Belastungs
Fuchses
(11.8.75) Monate
11.9.
7.10.
21.11.
infektion** 23.12.75
oral
84
5
4,0
7,0
8,2
geschützt geimpfte
86
6
1,3
1,6
1,4
geschützt
Füchse
88
6
2,0
2,4
3,2
geschützt nicht
83
6
Tod 15. Tag geimpfte
p.inf.
Kontroll
85
6
Tod 17. Tag füchse
92
6
p.inf.
Tod 18. Tag p.inf.
* Eine I.E. (Internationale Einheit) entspricht einer Serumverdünnung von 1:300, die eine 50prozentige Piaquere -duktion hervorruft.
** Eine sehr hohe Dosis von Challenge-Virus (aus der Speicheldrüse eines natürlich infizierten Fuchses). Für die Bestimmung des Schutzwertes des Impfstoffs wurde eine Dosis von 1 391 610 MLD50 verwendet.
Das Experiment beweist die Wirksamkeit der oralen Impfung von jungen Füchsen. Durch serologische Untersuchung konnten ein Antikörperanstieg und relativ hohe Serumtiter nachgewiesen werden. Mehr als 5 Monate nach der Impfung waren die Füchse noch voll geschützt, während alle 3 Kontrollfüchse nach einer sehr kurzen Inkubationszeit starben, was auf die ausserordentlich hohe Challenge-Dosis zurückzuführen ist (intramuskulär in das rechte Hinterbein). Die gebräuchliche Challenge-Dosis ist für Füchse 3000 MLD50.
B. Ergebnisse von serologischen Untersuchungen nach der Impfung mit dem inaktivierten Stamm 675
Tabelle II
Tierart Körper- Impfdosis Serumtiter gewicht, kg 4 Wochen p.vacc.
Hund
1
6,5
2 ml i.m.
6,8
2
8
2 ml i.m.
6,3
3
12
2 ml i.m.
5,5
4
10
2 ml i.m.
12,3
5
15
2 ml i.m.
5,9
6
14
2 ml i.m.
4,5
7
17
2 ml i.m.
3,8
8
17
2 ml i.m.
20,5
Kuh
1
200
5 ml s.c.
4,5
2
400
5 ml s.c.
8,5
3
300
5 ml s.c.
15,5
4
500
5 ml s.c.
4,8
5
400
5 ml s.c.
7,6
6
600
5 ml s.c.
8,9
7
500
5 ml s.c.
3,8
8
400
5 ml s.c.
4,7
Es wurde eine einzige Impfstoff-Dosis appliziert. Die angegebenen Titer sind ausgedrückt in I.E. wie in Tabelle I.
4 Wochen nach der Impfung zeigten alle 8 Hunde und 8 Rinder einen Antikörperanstieg mit sehr hohen Titern. Der geforderte Mindesttiter ist in der Europäischen Pharmakopoe mit 0,2 I.E./ml festgelegt.
5
5
10
15
20
25
30
35
40
45
50
55
60
65
659 084
6
C. Schutzrate von Labormäusen nach einer Infektion mit Strassenvirus (vom Fuchs stammend)
Tabelle III
Art des Intervalle zwischen der Infektion und der Impfung
Impfstoffes l.Std. 1 Tag 2 Tage 3 Tage 4 Tage 5 Tage 6 Tage 7 Tage 8 Tage 9 Tage*
Lebendimpf
stoff 675*
unverdünnt
0/10** 1/10
1/10
io-1
1/10
io-2
4/10
10-3
6/10
io-4
8/10
Kontrollen
6/10
8/10
7/10
inaktivierter
Impfstoff 675*
unverdünnt
0/10
1/10
5/10
io-1
1/10
io-2
6/10
IO"3
8/10
io-4
6/10
1/10 2/10 0/10 0/10 4/10 5/10 3/10
6/10 6/10 8/10
* Titer des Impfstoffes 108-2 PBE/ml (für den inaktivierten Impfstoff wurde der Titer vor der Inaktivierung bestimmt).
** Zahl der Todesfälle pro Zahl der infizierten Mäuse.
*** 2 Impfungen am Tag 9 und 11.
30
Alle Mäuse wurden intramuskulär mit einem Tollwutvirus infiziert, das aus der Speicheldrüse eines Fuchses stammte (0,1 ml). Diese Menge reichte aus, um 60 bis 80% der Kontrollen nach einer Inkubationszeit von 9 bis 11 Tagen zu töten.
Der Lebendimpfstoff und der inaktivierte Impfstoff wurden jeweils in einer einzigen Dosis (0,5 ml) intraperitoneal in unterschiedlichen Abständen von der Infektion, wie in Tabelle III aufgeführt, verabreicht.
Der unverdünnte Lebendimpfstoff schützte die Tiere noch 6 Tage nach der Infektion. Ein derartiger Schutzeffekt ist bisher noch bei keinem der im Handel befindlichen Impfstoffe nachgewiesen worden. Dieser Schutzeffekt beweist, dass sogar noch dann, wenn das Tollwutvirus bereits das Zentralnervensystem erreicht hat, die Mäuse noch geheilt werden können.
35 Wird 2mal hintereinander mit 1 Tag Intervall geimpft, ist 9 Tage nach der Infektion immer noch ein Teil der Mäuse geschützt.
Der Lebendimpfstoff sowie der inaktivierte Impfstoff können bis zu lOfach verdünnt werden. Mit dem verdünnten 40 Impfstoff muss die Impfung innerhalb von 24 Stunden nach der Infektion vorgenommen werden.
G

Claims (3)

659 084 PATENTANSPRÜCHE
1. Artifiziell erzeugter Tollwutvirus-(nov. spec.)-Stamm 675 mit reproduzierbarem signifikanten cytopathischen Effekt und einem primären Viruszyklus, der zwischen 9 und 11 Stunden beträgt, hinterlegt bei der Tschechoslowakischen Nationalen Kultursammlung, Institut für Hygiene und Epidemiologie, Prag, mit der Registriernummer CNCTC AO 4/77, sowie dessen Mutanten und Varianten mit dem gleichen signifikanten cytopathischen Effekt und anderen spezifischen Charakteristika des Stammes 675.
2. Verfahren zur Gewinnung des Tollwutvirus-Stammes nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass man den HEP-Flury-Impfstoff in primären oder sekundären spf-Hüh-nerembryofibroblasten oder in Tollwutvirus-empfindlichen Zellinien oder diploiden Zellstämmen vermehrt, eine Plaque isoliert, die sich vom Ausgangsvirus durch ihren cytopathischen Effekt im Plaquetest unterscheidet, und diese Plaque über
3 Plaquepassagen kloniert.
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