Verfahren zur Herstellung eines Gemisches von neuen ungesättigten cyclischen Percyansulfiden
Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung eines Gemisches von neuen ungesättigten cyclischen Percyansulfiden der Formel:
EMI1.1
und der Formel:
EMI1.2
Im Ring ungesättigte cyclische Percyansulfide, das heisst im Ring ungesättigte cyclische SulfidQ in denen die Kohlenstoffatome des Ringes keinen Wasserstoff tragen und nur mit Cyangruppen substituiert sind, waren bisher unbekannt. Diese Verbindungen besitzen eine einzigartige Struktur. Sie sind ausschliesslich aus Kohlenstoff, Stickstoff und Schwefel zusammengesetzt und weisen einen hohen Grad von Ungesättigtheit in Form mehrerer konjugierter Systeme auf, die aus einer Mehrzahl von an ungesättigte Ringkohlenstoffatome gebundenen Cyangruppen bestehen.
Die Verbindung der Formel list das 1 ,4-Dithia- 2,3,5,6-tetracyancyclohexadien-2,5, und diejenige der Formel II ist ein cyansubstituiertes cyclisches Sulfid der empirischen Formel C8N4S3, welches, wie festgestellt wurde, p-Dithiino-[c]-isothiazol-3, 5, 6-tri- carbonitril ist.
Nach der für heterocyclischen Verbindungen geltenden Nomenklatur (siehe The Ring Index , Patterson und Capell, 194()) kann man der Verbin- dung I auch den Namen Tetracyan-1 ,4dithiin zuschreiben. In der vorliegenden Beschreibung wird die letztgenannte Bezeichnung verwendet.
Das Verfahren zur Herstellung der oben definierten cyclischen Percyansultide ist dadurch ge kennzeichnet, dass man 1 ,2-Dicyan-1 ,2-dinatriumthioäthylen, NaS-C(CN)=C(CN)SNa, mit
1 ,2-Dichlor-1 ,2dicyanäthylen, Cl(CN)C= C(aCl, in einem wasserfreien, flüssigen Reaktionsmedium, das gegenüber den Reaktionsteilnehmern mindestens teilweise als Lösungsmittel wirkt und diesen gegen über praktisch inert ist, in Berührung bringt.
Die beim erfindungsgemässen Verfahren stattfindende Reaktion kann einfach als doppelte Umsetzung aufgefasst werden, bei welcher das cyclische Disulfid durch Abspaltung von Natriumchlorid entsteht. Natriumchlorid ist tatsächlich eines der Reaktionsprodukte. In Wirklichkeit ist die Reaktion komplizierter und verläuft vermutlich nach einem andern Mechanismus, da ja auch ein cyclisches Sulfid von anderer Struktur, nämlich das p-Dithiino [c]-isothiazol-3, 5, 6-tricarbonitril, in beträchtlichen Mengen gebildet wird.
Das eine der für die Durchführung dieses Verfahrens verwendeten Ausgangsmaterialien ist das 1,2- Dicyan -1,2- dinatriumthioäthylen (oder Dina trium-dimercaptomaleonitril). Diese Verbindung, die kürzlich in der Literatur beschrieben worden ist [Bähr und Schleitzer, Ber. 90, 438 (1957)] und einen gelben kristallinen Feststoff darstellt, entsteht leicht durch spontanes Kuppeln von Natrium-cyandithioformiat,
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in Wasser oder Chloroformlösung. Die letztere Verbindung kann durch Umsetzung von Natriumcyanid mit Schwefelkohlenstoff erhalten werden.
Der andere Reaktionsteilnehmer, nämlich 1,2-Dichlor- 1 ,2-dicyanäthylen, ist nach bekannten Methoden (USA-Patent Nr. 2 445 494) erhältlich und kann entweder in der cis-Form (Dichlormaleonitril) oder in der trans-Form (Dichlorfumaronitril) verwendet werden.
Beim erfindungsgemässen Verfahren werden die Reaktionsteilnehmer vorzugsweise in angenähert äquimolekularen Mengen verwendet. Es muss dies jedoch nicht so sein, da der eine oder der andere Reaktionsteilnehmer in einem Überschuss verwendet werden kann. Die Reaktion ist beendet, wenn die tief-rote Färbung, die vorübergehend auftritt, wenn die Reaktionsteilnehmer zusammengebracht werden, verschwunden oder verblasst ist. Das Ende der Reaktion ist auch daran erkennbar, dass die Bildung fester anorganischer Salze zum Stillstand kommt, was der Fall ist, wenn das Dicyandinatriumthio äthylen vollständig umgesetzt ist.
Als Reaktionsmedium kann man jedes praktisch wasserfreie Material, das bei der Arbeitstemperatur flüssig ist und die Reaktionsteilnehmer mindestens teilweise, z. B. zu 5 Ges.%, löst, verwenden. Das Verdünnungsmittel sollte unter den Arbeitsbedingungen gegenüber den Reaktionsteilnehmern praktisch insert sein. Aus diesem Grund soll das Verdünnungsmittel frei von aktivem Wasserstoff und von aktivem Halogen sein. Unter aktivem Wasserstoff ist derjenige Wasserstoff zu verstehen, der durch die bekannte Zerewftinoff-Reaktion bestimmbar ist. Aktives Halogen ist die Menge an Halogen, die unter den Bedingungen des von Shriner, Fuson und Curtin in Systematic Identification of Organic Compounds , 4. Aufl., Seiten 136-147, beschriebenen Prüfversuches mit Silbernitrat fällbar ist.
Als geeignete Reaktionsmedien können acyclische oder cyclische Äther, z. B. Diäthyläther, Di-n butyläther, 1 ,2-Dimethoxyäthan, 1 2-Diäthoxyäthan, Tetrahydrofuran, Dioxan, Anisol usw.; Nitrile, z. B.
Acetonitril, Propionitril, n-Butyronitrll, Benzonitril usw.; Sulfoxyde oder Sulfone, z. B. Dimethylsulfoxyd, cyclisches Tetramethylensulfon usw.; Ester, z. B.
Essigsäuremethylester, Buttersäureäthylester usw.; halogenierte Kohlenwasserstoffe, die frei von aktivem Halogen sind, z. B. Tetrachlorkohlenstoff, Chloroform, Chlorbenzol usw.; Ketone, z. B. Aceton, Methyläthylketon usw., und dergleichen verwendet werden. Bevorzugte Verdünnungsmittel sind die Äther.
Es ist unerheblich, in welcher Menge das flüssige Verdünnungsmittel verwendet wird, vorausgesetzt, dass sie genügt, um das Dicyandinatriumthioäthylen und die anorganischen Produkte, die sich bei der Umsetzung bilden, in Suspension zu halten. Es ist zweckmässig, die als Reaktionsmedium dienende Flüssigkeit in einer Menge zu verwenden, die das 2- bis 20fache des Gewichtes des Dinatriumthiodicyanäthylens beträgt.
Die Reaktion verläuft exotherm, so dass von aussen keine Wärme zugeführt werden muss. Es ist gewöhnlich sogar ratsam, das Reaktionsgefäss zu kühlen, um mögliche Verluste an Verdünnungsmittel zu vermeiden, wenn bei atmosphärischem Druck mit offenen Gefässen gearbeitet wird, es sei denn, dass das flüssige Reaktionsmedium in genügender Menge vorhanden ist, um die Reaktionswärme zu absorbieren. Die Reaktion findet auch bei Temperaturen von nur - 200 C oder selbst bei noch tieferen Temperaturen statt. Die Reaktion wird zweckmässigerweise derart gesteuert, dass die innere Temperatur in der Nähe der Raumtemperatur, z. B. zwischen 0 und 500 C C liegt. Man kann das Reak- tionsgemisch jedoch auch mässig erhitzen, z.
B. bis auf etwa 15010 C, insbesondere im Endstadium der Reaktion, um eine vollständige Umsetzung des Dicyandinatriumdithioäthylen s herbeizuführen.
Die Reaktion wird am zweckmässigsten bei oder angenähert bei dem herrschenden atmosphärischen Druck durchgeführt, indem man das Dichlordicyan äthylen in einem Mal oder allmählich dem flüssigen Reaktionsmedium, in welchem das Dicyandinatriumthioäthylen suspendiert oder teilweise gelöst ist, zusetzt. Man kann aber auch die Reaktionsteilnehmer in ein kaltes Druckgefäss geben und nach dem Verschliessen des Gefässes die Reaktion bei Raumtemperatur oder erhöhter Temperatur unter dem von den Reaktionsteilnehmern und den Reaktionsprodukten erzeugten Eigendruck ihren Lauf nehmen lassen. Unabhängig von der Art und Weise, wie die Reaktion durchgeführt wird, ist es zweckmässig, wenn auch nicht unbedingt erforderlich, das Reaktionsgemisch zu rühren oder zu schütteln.
Die bei der Umsetzung gebildeten cyclischen Sulfide können durch Abfiltrieren der anorganischen Reaktionsprodukte und Abdampfen des organischen Mediums, in welchem die cyclischen Sulfide gewöhnlich löslich sind, isoliert werden. Wenn das Reaktionsmedium nicht gleichzeitig ein Lösungsmittel für die cyclischen Sulfidel ist, so kann man die letzteren durch Extrahieren der anorganischen Reaktionsprodukte mit einem zweckdienlichen Lösungsmittel isolieren. Die beiden cyclischen Sulfide können voneinander getrennt werden, indem man das organische Gesamtreaktionsprodukt mit einem Lösungsmittel, in welchem die beiden Sulfide sehr unterschiedliche Löslichkeiten besitzen, z. B. mit Benzol, extrahiert.
In den nachfolgenden Ausführungsbeispielen bedeuten Teile Gewichtsteile.
Beispiel 1
Einer gerührten und gekühlten Suspension von 22,2 Teilen 1 ,2-Dicyan-1,2-dinatriumthioäthylea in 350 Teilen 1 ,2-Dimethoxyäthan werden 17,4 Teile Dichiormaleonitril zugesetzt. Es tritt eine exotherme Reaktion ein, und das Gemisch wird tiefrot. Es wird während 72 Stunden bei Raumtemperatur weitergerührt. Der suspendierte Feststoff wird abfiltriert und mit einer kleinen Menge 1 ,2-Dimethoxyäthan gewaschen. Dieser Feststoff besteht grösstenteils aus Natriumchlorid und Schwefel'. Das Filtrat wird in einem Stickstoffstrom zur Trockne eingedampft. Der auf diese Weise erhaltene feste Rückstand wird mit 500 Teilen warmem Benzol extrahiert, wobei eine Lösung und ein kristalliner Rückstand, der in Benzol schwach löslich ist, erhalten werden.
Durch Sublima- tion des festen Rückstandes bei 14e1500 C/1 mm erhält man 6 Teile etwas unreines 1,4-Dithia-2,3,5,6- tetracyancyclohexadien-2, 5 vom Smp. 196-1980C.
Bei der Umkristallisation aus heissem Benzol erhält man 5,5 Teile praktisch reines Material, Smp. 207 bis 2080 C.
Analyse für C8N4S2: berechnet: C 44,43% N 25,91% S 29,66% gefunden: C 44,86% N 25,71 S 29,06%
Dieses Produkt besitzt im Ultraviolettspektrum Absorptionsmaxima bei i 332, 317,5, 278 und 244 my.
Man dampft den wie oben beschrieben erhaltenen Benzolextrakt auf etwa die Hälfte des ursprünglichen Volumens ein und kühlt mit Eis. Man erhält 10,2 Teile eines gelben kristallinen Produktes vom Smp. 174 bis 1760 C. Aus den Filtraten erhält man zusätzliche 3,1 Teile dieses Produktes, so dass eine Gesamtausbeute von 13,3 Teilen zu verzeichnen ist. Durch Umkristallisation dieses Materials aus Benzol erhält man reines p-Dithiino-[c]-isothiazol3,5,6-tricarbonitril in Form gelber Nadeln vom Smp. 181 bis 1820 C.
Analyse für C8N4S3: berechnet: C 38,69% N 22,56 S 38,74% gefunden: C 39,46% N 22,59% S 38,58%
Dieses Produkt besitzt im Ultraviolettspektrum Absorptionsmaxima bei 334, 285 und 240 m,.
Man erhält ähnliche Resultate, wenn man bei der obigen Umsetzung anstelle von Dichlormaleonitril Dichlorfumaronitril verwendet.
Die erfindungsgemäss erhältlichen cyclischen Percyansulfide sind wertvolle Zwischenprodukte bei der Herstellung von verschiedenen technisch wertvollen Produkten. Die beiden vorstehend beschriebenen cyclischen Percyansulfide können mit aromatischen oder heterocyclischen Aminen oder Azomethinen umgesetzt werden, wobei man Farbstoffe erhält. So erhält man z. B. durch Umsetzung von Tetracyan 1,4-dithiin in Dimethylsulfoxyd oder Dimethylformamid mit dem N,N-Dimethylhydrazon von Furfurol oder von Pyrrol-2-carboxaldehyd Feststoffe von roter oder magentaroter Farbe, die im sichtbaren Spektrum stark absorbieren und bei etwa 500 mu ein Absorptionsmaximum aufweisen.
Diese Produkte sind zum Färben von Textilmaterialien wirksam, wenn sie aus neutralen oder leicht basischen Medien verwendet werden. Durch Umsetzung mit Cuprochlorid in 1,2,4-Trichlorbenzol bei 1900 C ergeben die erfindungsgemäss erhältlichen beiden cyclischen Percyansulfide intensiv gefärbte dunkelgrünschwarze Feststoffe, deren spektrale Kennzahlen darauf hinweisen, dass es sich um neue Arten von Percyankupferphthalocyaninen handelt, die wie die bekannten Phthalocyanine als Pigmente von Bedeutung sind.
In Gegenwart von feuchten Alkalien zersetzen sich Tetracyan -1,4- dithiin und p-Dithiino-[c]-iso thiazol-3, 5, Stricarbonitril, langsam unter Cyanwasserstoffentwicklung. Wenn sie z. B. aus alkalischen Suspensionen, beispielsweise durch Besprühen, auf lebende Pflanzen oder Insektennester niedergeschlagen werden, so wirken sie während längerer Zeit al's wirksame Insektengifte. Sie können auch für Räucherungsbehandlungen verwendet werden.