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Verfahren zur Herstellung von 2,3,5,6-Tetracyan-1,4-dithiin und von
(2,3-Dihydro-1,4-dithiino)-2,3 : 3',4'l-isothiazol-5,6,5'-tricarbonsäurenitril Es
ist bekannt, daß man durch Umsetzung des Dinatriumsalzes des 1 ,2-Dicyan- 1 ,2-dimercaptoäthens
mit 2,3-Dichlorpropionitril das 2,3,6-Tricyan-3,6-dithia-cyclohexenl) erhält.
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Es wurde nun gefunden, daß man 2,3,5,6-Tetracyan-1 ,4dithiin und
gleichzeitig (2,3-Dihydro-1,4-dithiino)- [2,3 3',4'J-isothiazol- 5,6,5'-tricarhonsäurenitril
der Formeln
dadurch erhält, daß man das Dinatriumsalz des 1 ,2-Dicyan-1 ,2Mimercaptoäthens in
Gegenwart eines unter den Reaktionsbedingungen inerten organischen Lösungsmittels
mit 1,2-Dichlor-1,2-dicyanäthen umsetzt.
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Das 2,3,5,6-Tetracyan-l,Sdithiin wird erfindungsgemäß auch dadurch
erhalten, daß man auch das Dinatriumsalz des 1 ,2-Dicyan- 1 ,2-dimercaptoäthens
in Gegenwart eines unter den Reaktionsbedingungen inerten organischen Lösungsmittels
mit mindestens 1 Mol Perchlorylfluorid, bezogen auf 1 Mol des Dinatriumsalzes, umsetzt.
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Im Gegensatz zu dem bekannten Verfahren, bei dem sich das 2,3,6-Tricyan-3,6-dithia-cyclohexen-(1)
bildet und das eine glatte wechselseitige Umsetzung darstellt, handelt es sich bei
dem zuerst genannten erfindungsgemäßen Verfahren um eine komplexe Umsetzung. Dies
geht daraus hervor, daß bei dieser Reaktion nebeneinander zwei Verbindungen unterschiedlicher
Struktur gebildet werden und sich außerdem Schwefel abscheidet.
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Das als Ausgangsmaterial verwendete Dinatriumsalz des 1 ,2-Dicyan-
1 ,2-dimercaptoäthens (Dinatriumdimercaptomaleinsãurenitril) kann nach der von Bähr
und Schleitzer in den chemischen Berichten, Brd 90 (1957), S.438 bis 443 beschriebenen
Methode hergestellt werden.
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Das weiterhin zu verwendende 1,2-Dichlor-1,2-dicyanäthen kann nach
dem aus der USA.-Patentschrift 2 443 494 bekannten Verfahren hergestellt werden
und kann sowohl in der cis-Form (Dichlormaleinsäurenitril) als auch in der trans-Form
(Dichlorfumarsäurenitril) angewendet werden.
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Bei der zuerst genannten erfindungsgemäßen Methode werden die Reaktionsteilnehmer
vorzugsweise in etwa äquimolekularen Mengen verwendet, man kann jedoch auch mit
einem Uberschuß des einen oder anderen Reaktionsteilnehmers arbeiten.
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Der Endpunkt der Reaktion ist leicht erkennbar an dem Verschwinden
oder Verblassen der yorübergehend auftretenden tiefroten Färbung, die anfänglich
beim Zusammenbringen der Reaktionsteilnehmer entsteht und auch daran, daß die Bildung
fester anorganischer Salze aufhört.
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Als inertes organisches Lösungsmittel eignet sich jede im wesentlichen
wasserfreie Verbindung, die bei der Arbeitstemperatur flüssig ist, die Reaktionsteilnehmer
mindestens in einem gewissen Ausmaß, beispielsweise 5 Gewichtsprozent löst.
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Geeignete Lösungsmittel sind z. B. acyclische oder cyclische Äther,
wie Diäthyläther, Di-n-butyläther, 1,2-Dimethoxyäthan, 1,2-Diäthoxyäthan, Tetrahydrofuran,
Dioxan oder Anisol; ferner Nitrile, wie Acetonitril, Propionitril, n-Butyronitril
oder Benzonitril;
Sulfoxyde oder Sulfone, wie Dimethylsulfoxyd oder
cyclisches Tetramethylensulfon; Ester, wie Methylacetat oder Athylbutyrat; Halogenkohlenwasserstoffe,
die von aktivem Halogen frei sind, wie Tetrachlorkohlenstoff, Chloroform oder Chlorbenzol;
Ketone, wie Aceton oder Methyläthylketon.
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Äther werden jedoch als Verdünnungsmittel für diese Reaktion bevorzugt.
Die Menge des organischen Lösungsmittels ist unwesentlich, sie muß jedoch ausreichen,
um das Dinatriumsalz des 1,2Die cyan- 1 ,2-mercaptoäthens und die sich während der
Reaktion bildenden anorganischen Produkte in Suspension zu halten. Zweckmäßigerweise
arbeitet man mit einer 2- bis 20fachen Lösungsmittelmenge, bezogen auf das Gewicht
des eingesetzten Dinatriumsalzes.
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Die Reaktion verläuft exotherm und erfordert keine Wärmezufuhr. Zur
Vermeidung von Lösungsmittelverlusten ist es zweckmäßig, das Reaktionsgefäß zu kühlen,
wenn in offenen Gefäßen bei Atmosphärendruck gearbeitet wird. Die Reaktion läuft
auch bei niedrigen Temperaturen, wie -20"C oder sogar darunter, ab. Im allgemeinen
führt man die Umsetzung in einem Temperaturbereich von 0 bis 50"C durch. Man kann
jedoch auch erwärmen, beispielsweise bis zu etwa 1 50°C, insbesondere gegen
Ende
der Reaktion, um eine vollständige Umsetzung des Dinatriumsalzes des 1,2-Dicyan-1,2-dimercaptoäthers
zu bewirken.
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Zweckmäßigerweise wird unter Atmosphärendruck gearbeitet und das
1,2-Dichlor-l ,2-dicyanathen, allmählich oder auf einmal, dem Reaktionsgemisch zugegeben.
Man kann die Reaktion aber auch in einem Druckgefäß bei Umgebungs- oder höher Temperatur
unter dem entstehenden Eigendruck durchführen.
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Aus den erhaltenen Reaktionsgemischen werden die anorganischen Reaktionsprodukte
abfiltriert und der organische Anteil, in dem die beiden cyclischen Sulfide enthalten
sind, in üblicher Weise aufgearbeitet. Die beiden cyclischen Sulfide können durch
Behandlung mit einem organischen LösungsmittGl, wie Benzol, in dem sie stark unterschiedlich
löslich sind, voneinander getrennt werden.
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Das bei der zweiten erfindungsgemäßen Methode zu verwendende Perchlorylfluorid,
das ein bei -47"C siedendes Gas darstellt, kann durch Elektrolyse von Natriumperchlorat
in Fluorwasserstoff oder durch Fluorierung von Kaliumchlorat hergestellt werden.
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Der bei diesem Verfahren ablaufende Reaktionsmechanismus ist nicht
geklärt; die Reaktion läßt sich durch folgende Gleichung veranschaulichen: 2 NaS
- C(CN) = C(CN) - SNa 2 FClO3
Es ist mindestens 1 Mol Perchlorylfluorid je Mol des Dinatriumsalzes des 1,2-Dicyan-1,2-dimercaptoäthens
zu verwenden; vorzugsweise wird mit einem geringen bis mäßigen 1 Uberschuß an Perchlorylfluorid
gearbeitet. Der Endpunkt der Reaktion läßt sich leicht dadurch bestimmen, daß die
Bildung fester anorganischer Salze aufhört und die vorübergehende, zum Beginn der
Reaktion auftretende tiefrote Färbung verschwindet.
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Als organisches Lösungsmittel eignen sich die bei der erstgenannten
Methode verwendeten Verbindungen, die jedoch nur ein sehr geringes Lösungsvermögen
für Perchlorylfluorid, beispielsweise in der Größenordnung von 1 Gewichtsprozent,
zu besitzen brauchen. Ather werden als Verdünnungsmittel bevorzugt. Vorzugsweise
verwendet man 2 bis 20 Teile Verdünnungsmittel je Teil Dinatriumsalz.
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Auch diese Reaktion verläuft exotherm. Das Verfahren läßt sich ebenfalls
bei niedrigen Temperaturen, z. B. -200C, durchführen. Vorzugsweise arbeitet man
in einem Temperaturbereich von 0 bis 50"C, gegebenenfalls kann aber auch erhitzt
werden, beispielsweise bis auf 150"C. Zweckmäßigerweise wird die Reaktion unter
Atmosphärendruck durchgeführt, indem man das gasförmige Perchlorylfluorid durch
das Reaktionsgemisch hindurchleitet. Die Reaktion kann auch in Druckgefãßen durchgeführt
werden.
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Das 2,3,5,6-Tetracyan-l,4dithiin wird aus dem erhaltenen Reaktionsgemisch
zweckmäßigerweise durch Abfiltrieren der anorganischen Reaktionsprodukte und Verdampfen
des organischen Lösungsmittels isoliert, in dem es im allgemeinen löslich ist.
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Gegebenenfalls kann es nach üblichen Methoden gereinigt werden.
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Die erfindungsgemäß hergestellten cyclischen Sulfide stellen Zwischenprodukte
für die Herstellung einer Reihe technisch wertvoller Produkte dar, beispielsweise
von Farbstoffen.
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Außerdem wirken die Verfahrensprodukte in alkalischer Suspension
durch die Abspaltung von Cyanwasserstoff als Insektengifte.
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Die folgenden Beispiele erläutern die erfindungsgemäßen Verfahren.
Hierbei bedeuten Teile gleich Gewichtsteile.
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Beispiel 1 Zu einer gerührten und gekühlten Suspension von 22,2 Teilen
des Dinatriumsalzes des 1,2-Dicyan-1,2-dimercaptoäthens in 350 Teilen 1,2-Dimethoxyäthan
werden 17,4 Teile 1,2-Dichlor-1,2-dicyanäthen (Dichlormaleinsaurenitril) hinzugesetzt.
Hierbei erfolgt eine exotherme Reaktion, und das Gemisch färbt sich tiefrot. Das
Reaktionsgemisch wird dann bei Raumtemperatur 72 Stunden weitergerührt und hierauf
der suspendierte, feste Anteil abfiltriert und dieser mit wenig 1,2-Dimethoxyäthan
gewaschen.
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Der erhaltene Rückstand besteht vorwiegend aus Natriumchlorid und
Schwefel. Das Filtrat wird in einem Stickstoffstrom zur Trockne eingedampft, der
so erhaltene feste Rückstand mit 500 Teilen warmem Benzol extrahiert und hierbei
eine benzolische Lösung und ein kristalliner Rückstand erhalten.
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Durch Sublimation des festen Rückstandes bei 140 bis 150°C unter einem
Druck von 1 mm werden 6 Teile unreines 2,3,5,6-Tetracyan-l,4-dithiin vom
F.
196 bis 198"C erhalten. Nach der Umkristallisation aus heißem Benzol erhält man
5,5 Teile der im wesentlichen reinen Verbindung vom F. 207 bis 208"C.
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Die Verbindung besitzt Absorptionsmaxima im Ultraviolettspektrum
bei 332, 317,5, 278 und 244 Millimikron. Der obige erhaltene Benzolextrakt wird
auf etwa die Hälfte seines ursprünglichen Volumens eingedampft und dann in Eis gekühlt.
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Hierbei kristallisieren 10,2 Teile eines gelben Produktes von F. 174
bis 176"C aus. Aus dem Filtrat werden weitere 3,1 Teile dieses Produktes erhalten,
so daß die Gesamtausbeute 13,3 Teile beträgt.
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Durch Umkristallisation dieses Produktes aus Benzol wird reines (2,3-Dihydro-1,4-dithiino)-[2,3:
3',4']-isothiazol-5,6,5'-tricarbonsäurenitril in Form gelber Nadeln vom F. 181 bis
182"C erhalten.
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Diese Verbindung besitzt Absorptionsmaxima im Ultraviolettspektrum
bei 334, 285 und 240 Millimikron.
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Bei Verwendung der trans-Form des 1,2-Dichlor-1 ,2-dicyanäthens (Dichlorfumarsäurenitril)
an Stelle der cis-Form (Dichlormaleinsäurenitril) werden die gleichen Ergebnisse
erhalten.
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Beispiel 2 Eine Suspension von 10,0 Teilen des Dinatriumsalzes des
1 ,2-Dicyan- 1 ,2-dimercaptoäthen in 70 Teilen 1 ,2-Dimethoxyäthan wird auf 0°C
gekühlt. In das gekühlte Gemisch leitet man unter Rühren Perchlorylfluoridgas mit
einer solchen Geschwindigkeit ein (1 bis 2 Blasen je Sekunde), daß die Temperatur
5"C nicht überschreitet. Hierbei tritt eine exotherme Reaktion unter Bildung einer
vorübergehend tiefroten Färbung, die in der Nähe des Reaktionsendpunktes verblaßt,
ein. Das Einleiten von Perchlorylfluorid wird fortgesetzt, bis keine weitere merkliche
Bildung anorganischer Salze mehr eintritt. Nach etwa 90 Minuten ist die Reaktion
beendet. Man läßt dann das Reaktionsgemisch sich auf 25"C erwärmen und entfernt
die ausgefallenen anorganischen Salze durch Filtration. Das erhaltene Filtrat wird
im Stickstoffstrom eingedampft, wobei ein dunkler, fester Rückstand zurückbleibt,
der dann mit etwa 90 Gewichtsteilen heißem Toluol extrahiert wird. Beim Abkühlen
der Toluollösung scheiden sich braune Kristalle ab, die weiter in etwa 90 Gewichtsteilen
Äthylacetat
gelöst werden. Zur Entfernung der gefärbten Verunreinigungen wird die Äthylacetatlösung
mit 200Teilen saurem Aluminiumoxyd behandelt, wobei man 5,1 Teile (88°/o der Theorie)
2,3,5,6-Tetracyan-1,4-dithiin von F. 205 bis 206"C erhält. Das Ultraviolettspektrum
der Verbindung ist identisch mit dem gemäß Beispiel 1 erhaltenen 2,3,5,6-Tetracyan-1
,4-dithiin.