Verfahren zur Durchführung exothermer Prozesse unter Verwendung von Katalysatoren in der Gasphase
Brennbare Gase, Dämpfe oder Staube sind im Gemisch mit Luft nur innerhalb eines gewissen Konzentrationsbereiches explosionsfähig. Eine Verbrennung pflanzt sich in diesem Gemisch nach erfolgter Entzündung fort, ohne dass hierzu ein weiterer Luftzutritt erforderlich ist. Eine Explosion ist also nicht möglich, wenn zuviel Sauerstoff oder zuviel Brennstoff vorhanden ist. Hier zeichnen sich Gefahrengrenzen ab, die als Explosionsgrenzen bezeichnet werden.
Die Explosionsgrenzen geben den Gehalt der Luft an brennbaren Bestandteilen in Form von Gas, Dampf, Nebel oder Staub an, unterhalb deren keine Explosion möglich ist bzw. oberhalb deren eine Explosion nicht mehr zustande kommt.
Die Explosionsgrenzen sind für jeden Stoff festliegende Werte. Sie werden als Konzentration des betreffenden Stoffes im Gemisch mit Luft in Volumenoder Gewichtsprozenten oder in g/m3 bei einem Ausgangszustand des Gemisches von 760 Torr und 20 C angegeben.
Bei Methanol-Luft-Gemischen sind diese Grenzen:
6,0 und 36,5 Vol.O/o bzw. 80,0 und 490 g/m3 bzw. 6,6 und 39 Ges. %.
Der zwischen diesen Werten liegende Bereich wird im folgenden mit Explosionsbereich bezeichnet.
Um bei Reaktionen mit brennbaren Gasen jede Gefahr zu vermeiden, gestaltete man bisher die Arbeitsverfahren so, dass entweder die untere Explosionsgrenze ständig unterschritten oder die obere Grenze ständig überschritten bleibt.
Die Herstellung von Formaldehyd aus Methanol ist ein gutes Beispiel für exotherme Prozesse der eingangs genannten Art. Bei der einen Verfahrensart (Oxydationsverfahren) wird bei Luft-Methanolgemischen mit einer unterhalb der unteren Explosionsgrenze liegenden Methanolkonzentration, also mit einem sehr hohen Luftüberschuss gearbeitet. Bei der anderen Verfahrensart (Oxydations-Dehydrierungsverfahren) wird ein Luft-Methanolgemisch mit einem die obere Explosionsgrenze übersteigenden Methanolgehalt, also einem Methanolüberschuss eingesetzt.
Die Oxydationsverfahren benötigen einen höheren Stromverbrauch als die Oxydations-Dehydrierungsverfahren zum Umwälzen der Gase in der Anlage, da sie mit hohem Luftüberschuss arbeiten müssen. Beim Oxydations-Dehydrierungsverfahren wird ein grosser Teil des Methanols nicht umgesetzt, weshalb eine Rektifikation erforderlich ist.
Diese Nachteile könnten behoben werden, wenn mit einer Konzentration gearbeitet werden könnte, die ausserhalb der eingangs genannten und bisher als un überschreitbar geltenden Grenzen, also innerhalb des Explosionsbereiches liegt.
Die vorliegende Erfindung gründet nun in der Erkenntnis, dass es eine Möglichkeit gibt, eine innerhalb des Explosionsbereiches liegende Konzentration zu wählen, wodurch sich bei dem erwähnten Beispiel im günstigsten Fall der Konzentration von etwa 25 Vol. % die Vorteile in optimaler Form ergeben würden, nämlich ohne jeden Luftüberschuss arbeiten zu können, ein praktisch reines Produkt, also beispielsweise ein praktisch methanolfreies Formaldehyd zu erhalten und demzufolge ohne Rektifikation arbeiten zu können.
Man hat zwar schon angegeben, dass es möglich sei, in diesen Explosionsbereich einzugreifen, indem man vorschlug, einen besonderen Katalysator zu verwenden, welcher angeblich die Gefahr einer Explosion herabdrückte, also minderte, ohne sie allerdings auch bei geringster Überschreitung der gegebenen Grenzen ganz ausschalten zu können. Es würde hierbei also wenn überhaupt - höchstens eine Minderung der Gefahr nicht aber eine Verkleinerung des Gefahrenbereiches erzielt.
Diesen Pseudo-Fortschritt glaubte man erzielen zu können mittels eines Katalysators, der einen aus Silizium-Wolfram- oder Eisenkarbid und/ oder gesintertem Eisenoxyd bestehenden Träger aufweist, der mit einer gesättigten Lösung eines Eisen Molybdän-Oxalates getränkt und zuerst zu einem Vorprodukt getrocknet wird, welches im Umsetzungsgefäss für das Methanol durch Aktivierung in den eigentlichen Katalysator umgewandelt wird. Diese Angaben erscheinen aber schon aus dem Grunde wenig stichhaltig zu sein, weil dort die untere Explosionsgrenze nicht mit 6,6, sondern mit 11 Gewichtsprozenten angegeben wurde.
Die vorliegende Erfindung bezweckt nun nicht nur, die Gefahr in dem beschriebenen Bereich zu mindern, sondern sie ganz auszuschalten, und zwar ohne einen neuen Katalysator, sondern unter Benutzung einer schon seit Jahren bekannten Katalysatorart, die es in überraschender Weise ermöglicht, völlig gefahrlos in den Explosionsbereich einzugreifen bzw. die weiter oben angeführte ideale Konzentration von etwa 25% unter Ausschaltung einer jeden Explosionsgefahr zu wählen.
Dies wird erreicht durch Anwendung eines bekannten Fliess- oder Wirbelbettes mit besonders hoher Wärmeleitfähigkeit bei exothermen Prozessen, bei welchen in der Gasphase ein Katalysator benötigt wird.
Die Erfindung beruht also einerseits in der Verwendung eines solchen bei anderen Prozessen bekannten Katalysators und gestattet die Ausnutzung der durch diesen Katalysator gegebenen Möglichkeit, mit einer optimalen Konzentration innerhalb des Explosionsbereiches arbeiten zu können.
Das Verfahren nach vorliegender Erfindung ist dadurch gekennzeichnet, dass bei der Durchführung von exothermen Prozessen unter Anwendung von Katalysatoren in der Gasphase, bei welchen in bestimmten Konzentrationsbereichen explosive Gasmischungen vorliegen, so vorgegangen wird, dass das Mischgas mit einer Konzentration, die innerhalb dieses Bereiches (Explosionsbereiches) liegt, über eine oder mehrere Katalysatorschichten hoher Wärmeleitfähigkeit, die am besten etwa an diejenige von Metall heranreicht, geleitet wird; diese Kontaktschicht besteht in an sich bekannter Weise aus einem körnigen, pulvrigen oder ähnlichen Kontaktmaterial, welches im Ruhezustand der Anlage den Reaktionsraum nur zum Teil füllt, so dass das Kontaktmaterial durch das Mischgas aufgelockert und durchwirbelt werden kann.
Vorzugsweise kann das Mischgas bei dem angeführten Beispiel mit einer Konzentration in den Katalysator eingeleitet werden, die etwa in der Mitte des Explosionsbereiches liegt.
Das Verfahren nach vorliegender Erfindung eignet sich im Rahmen des eingangs gesteckten Zieles besonders zur Herstellung von Aldehyden aus Alkoholen und hierbei insbesondere von Formaldehyd aus Methanol, wobei die ideale Konzentration etwa 25 Vol. 5o beträgt.
In überraschender Weise hat es sich übrigens herausgestellt, dass das Verfahren nach der Erfindung nicht nur Erfolg hat, wenn als Ausgangsprodukt ein reines Produkt gewählt wird, sondern die Erfindung lässt sich auch durchführen mit unreinem, ja sogar mit Rohmethanol als Ausgangsmaterial, ohne dass - und dies ist eines der überraschenden Ergebnisse - eine Vergiftung des Katalysators eintritt.
Obzwar der überwiegende Teil der als Fliess- oder Wirbelbett bekanntgewordenen Katalysatoren nach der oben angegebenen Regel Erfolge bringt, kann mit Vorteil ein ganz bestimmter Katalysator, d. h. insbesondere ein bestimmtes Trägermaterial hierfür verwendet werden; dieses Trägermaterial kann etwa folgende Eigenschaften haben:
Es kann in besonders hohem Masse abriebfest sein und eine völlige Indifferenz gegenüber der durchzuführenden Reaktion aufweisen. Darüber hinaus kann es weitgehend porös sein, wobei als Massstab genommen werden kann, dass das Material Wasser zwischen 40 und 70 Ó des eigenen Gewichtes absorbieren kann.
Ferner ist eine narbige Oberfläche des Materials von Vorteil, weil hierdurch eine einschneidende Oberflächenvergrösserung erzielt und besonders viel Kontaktmaterial mit ebenfalls grosser Oberfläche gebunden werden kann. Zur Benutzung bei einem Verfahren nach der Erfindung kann dieses Material mit Vorteil auf eine Korngrösse von etwa 0,3 bis 0,9 mm je nach der Dichte und Temperatur des Reaktionsgases zerkleinert werden.
Als Kontaktmaterial kann jedes bekannte, für den geschilderten Zweck brauchbare Katalysatormaterial genommen werden.
An Hand der Zeichnung wird nachfolgend ein Ausführungsbeispiel des erfindungsgemässen Verfahrens näher erläutert. Die Zeichnung zeigt schematisch und im Schnitt eine Versuchsanlage zur Durchführung dieses Ausführungsbeispiels.
Es wurde ein Reaktor 1 benutzt, der aus einem Doppelmantelstahlrohr von 8 m Höhe und einem Innendurchmesser von 20 cm besteht. Er ist bis zu einer Höhe von 5 m mit einer Fliess- oder Ribelschicht 2 aus feinkörnigem Katalysatormaterial gefüllt. Die Katalysatorschicht ruht auf einem Siebboden 3 mit Bohrungen von etwa 1 mm, durch welches dem Reaktor Luft bei 4 zugeführt wird. Andere Luftzuführungsarten sind möglich.
Die Zufuhr des umzusetzenden Stoffes - in der Versuchsapparatur wurde Methanol zu Formaldehyd umgesetzt - also beispielsweise die Zufuhr von Methanol erfolgt durch mehrere vorzugsweise innerhalb einer Ebene radial angeordnete Rohre 5, welche durch die Reaktorwand führen; die Zuleitungen können jedoch auch in unterschiedlicher Höhe in den Reaktor einmünden. Wesentlich ist aber, dass die Enden der Rohre 5 in der Wirbelschicht enden, wodurch Rückzündungen vermieden werden. Es ist aber auch möglich, das Methanol im Gemisch, zusammen mit einem Teil der Luft, einzuführen; ferner kann das Methanol in flüssigem Aggregatzustand zugeführt werden. Der Hauptteil der Luft wird jedoch über die Leitung 4 in den Reaktor 1 eingeführt.
Der Reaktor 1 ist doppelwandig ausgebildet; im hierdurch gebildeten Hohlraum 10 befindet sich ein heiz- oder kühlbares Medium 6, beispielsweise Diphyl, so dass der Reaktor beim Anlaufen des Prozesses beheizt und nach Anlaufen während des exothermen Prozesses gekühlt werden kann. Hierfür sind ein Durchlauferhitzer 60 und ein Kühler 61 vorgesehen.
Zur Vermeidung unkontrollierbarerWärmeabstrahlungen ist der Reaktor durch eine 15 cm starke Steinwolleschicht 7 isoliert, so dass die gesamte Reaktionswärme durch die Verdampfung des Diphyls abgeführt wird.
Das Produktgas verlässt den Reaktor 1 durch eine Leitung 8. Damit mit diesem Gas so wenig wie möglich Katalysatorbestandteile mitgerissen werden, ist der Kopf 100 des Reaktors 1 erweitert worden, so dass sich die Katalysatorteilchen in diesem erweiterten Raum durch ihre Schwerkraft abscheiden können.
Als Katalysator wird ein Mischkatalysator eingesetzt. Für die Erzielung besonders günstiger Resultate ist es dienlich, wenn als Trägermaterial für den Katalysator ein keramikartiges, hartes, abriebfestes und poröses Material verwendet wird, das eine narbige Oberfläche aufweist und gegenüber der Reaktion völlig indifferent ist. Bei den Versuchen wurde deshalb eine Kieselgursorte mit einem Schüttgewicht von etwa 0,58 g/cm3 und einer Oberfläche von 2,4 m2/g benutzt, wobei die Körnung Sphäroide mit einem Durchmesser von 0,3 bis 0,9 mm bilden.
Auf dieses Material wird eine Mischung von MoO3 und Fe2O3 in einem Gewichtsverhältnis MoO5 zu Fe2O5 von etwa 3,7 nach folgendem Verfahren niedergeschlagen :
Zur Herstellung eines auf einen solchen Träger aufzubringenden Katalysators kann jedes Molybdän enthaltende Salz verwendet werden, welches ein flüchtiges oder abscheidbares Anion oder Kation in Kombination mit dem Molybdän aufweist; es können ferner unter anderem Eisencitrat, Eisenammoniumcitrat, Eisennitrat, Eisenchlorid oder andere Ferrioder Ferrosalze, die ein flüchtiges oder abscheidbares Anion aufweisen, benutzt werden.
Bei den Versuchen wurden 45 g Eisenlaktat ([CH3CHOHCOO] 2 Fe x 3 H2O) in 0,51 Wasser, das rund 10 g Apfelsäure enthalten kann, aufgelöst.
Hinzugegeben wurden 56 g Ammoniummolybdat (NH4)6 Mo7O24 x 4 H2O).
Mit dieser Lösungsmenge werden 1000 g Träger getränkt; der Träger vermag diese Menge gerade aufzunehmen. Das Eindampfen erfolgt unter atmosphärischen Bedingungen sowie unter ständigem Durchmischen. Die Eisen- und Molybdänverbindungen werden dabei thermisch zersetzt. 1 kg des fertigen Mischkatalysators enthält 13 g Fe2O3 und 47 g MoO3.
Mit der vorstehend beschriebenen Versuchsanlage wurden mehrere 100 Versuche mit verschiedenen Temperaturen und Methanolkonzentrationen bei verschiedenen Verweilzeiten durchgeführt. Hierbei wurde ermittelt, dass aufgrund der Grössenverteilung (0,3 bis 0,9 mm), des Schüttgewichtes (0,58 g/cm3) und der Temperatur (280 C) des Kontaktträgers der Ge- schwindigkeitsbereich des Reaktionsgases festgelegt ist (etwa 5 bis 10 cm/sec, bezogen auf den leeren Reaktor und den Normalzustand des Gases 0 C, 760 Torr).
Bei den Versuchen hat sich eine Geschwindigkeit von 8 cm/sec als günstig erwiesen. Bei dem Innendurchmesser des Reaktors von 20 cm und bei einer Füllhöhe von 5 m ergibt sich aus dieser Geschwindigkeit eine Verweilzeit des Reaktionsgases im Reaktor von 62,5 sec (bezogen auf die nicht aufgewirbelte Schichthöhe). Durch die obenangeführten Daten ist die Katalysatormenge bestimmt: der Reaktor enthält 0,158 m5 oder 92 kg Misch-Katalysatormaterial.
Bei der Reaktion werden 1520 kcal/kg CII2O frei, wenn das eingesetzte Mischgas 25% (Vol. %) CH3OH enthält. Zum Aufheizen der nicht vorgewärmten Luft werden davon rund 220 kcal/kg CH2O verbraucht. Es müssen also noch 1300 kcal/kg CH2O, d. h. insgesamt 3800 kcal/h durch den Kühlmantel abgeführt werden.
Bei einer Wärmeübertragungsfläche von rund 3,5 m2 ergibt sich dadurch eine Flächenbelastung von rund 1000kcal/hm2. Durch ein Druckregelventil in der Diphylgasleitung wird ein Druck von rund 1,7 ata konstant gehalten. Das entspricht einer Temperatur von 280 C.
Bei einem mehrfach wiederholten Versuch wurden folgende Daten ermittelt:
Es wurde eine Mischgasmenge von 9,07 Nm8/h eingesetzt, die CH3OH in einer Konzentration von etwa 25%, also beispielsweise 2,27 Nm3/h CHSOH und 6,8 Nm3/h Luft enthielt.
Die Reaktionstemperatur betrug 320 C.
Das Gas (im Normzustand 0 C 760 mm Quecksilbersäule) verweilte 62,5 sec in der leeren Reaktionszone, welche ohne Wirbelung gemessen wird.
Von dem eingesetzten gasförmigen Methanol wurden 92,6 Vol. % zu CH2O, 6,7 Vol. % zu CO und 0,3 Vol. % zu CO2 umgesetzt. 0,4 Vol. % CH3OH reagierten nicht.