Verfahren zur Herstellung von schrumpffähigen Folien aus Polyolefinen oder deren Mischpolymerisaten
Schrumpfungserscheinungen, die man an natürlichen makromolekularen Stoffen, beispielsweise Proteinen, beim Erwärmen auf mässig hohe Temperaturen beobachtet hat, zeigen sich auch bei einigen makromolekularen Stoffen pflanzlichen Ursprungs, wie Fasern aus Cellulose, sowie bei synthetischen makromolekularen Verbindungen, wie Polyacrylnitril, Polyvinylchlorid, Polyhexamethylenadip amid und andere. Der Schrumpf tritt besonders deutlich in Erscheinung, wenn die hochpolymeren Substanzen im verstreckten Zustand einer thermischen Behandlung unterworfen werden.
Zweidimensionale Gebilde wie Filme aus makromolekularen Verbindungen zeigen ebenfalls einen Schrumpf unter Verkleinerung der Fläche, wenn sie erhöhten Temperaturen ausgesetzt werden.
Diese Eigenschaft macht man sich zunutze, indem man Gegenstände, welche in diesen Filmen verpackt sind kurze Zeit einer erhöhten Temperatur aussetzt, sie z. B. in siedendes Wasser taucht, und so erreich., dass die Folien eng auf die Gegenstände aufschrumpfen. So werden insbesondere Filme aus Polyvinylidenchlorid oder Mischpolymerisaten des Vinylidenchlorids für derartige Schrumpffolien verwendet.
Diese Folien zeigen aber gewisse Nachteile. Den spröden Polymeren oder Mischpolymeren des Vinylidenchlorids müssen bereits als Verarbeitungshilfe grössere Mengen von Weichmachern wie Chlornaphthalin, Chlordiphenyl, Phthalsäurekresylester und andere zugesetzt werden. Nur so lassen sich Filme mit genügender Flexibilität herstellen. Derartig weichgemachte Polymerfilme können naturgemäss nicht zur Verpackung von Lebensmitteln benutzt werden, denn die weichmachenden Substanzen, bei denen die Gefahr des Abdampfens oder Auswanderns aus dem Polymermaterial besteht, müssen wohl in den meisten Fällen als physiologisch bedenklich angesehen werden. Damit ist die Verwendung derartiger Folien, welche gute Schrumpfwerte und gute Flexibilität neben guter Transparenz zeigen, nur auf technische Anwendungsgebiete beschränkt.
Mit dem Auffinden von Verfahren zur Darstellung von hochmolekularem, kunststoffartigem Poly äthylen haben neuartige Polymere Eingang in die Technik gefunden, die in erheblichem Masse zur Produktion von Kunststoffolien verwendet werden.
Die Darstellung derartiger Folien geschieht üblicherweise nach dem Extrusions-oder Kalanderverfah ren. Das Polymere wird in plastischem Zustand bei erhöhter Temperatur durch Breitschlitzdüsen gepresst oder zwischen Walzen geglättet und abgekühlt, oder das Ausgangs-Polymerisationsprodukt wird in plastischem Zustand durch Schlitze mit kreisförmigem Querschnitt, sogenannte Ringdüsen, gepresst und zu Schläuchen aufgeblasen. Die so erhaltenen Filme besitzen ausgezeichnete Flexibilität, niedrige Dichte, gute Transparenz, Widerstand gegen Chemikalien, hohe Reissfestigkeit und Knickbruchfestigkeit, geringe Wasserdampfdurchlässigkeit und können unbedenklich für die Verpackung von Lebensmitteln verwendet werden.
Zur Verwendung als Schrumpffolien sind diese aus Polymerisaten des ethylens hergestellten Folien nicht geeignet. Werden sie in Wasser von 100"C getaucht, so tritt zwar Schrumpf ein, der aber je nach den Herstellungsbedingungen des Filmes nur etwa 2-10 /o in beiden Richtungen beträgt und zu gering ist, um Gegenstände, insbesondere solche mit unebener Oberfläche, eng mit dem gewünschten Schutzfilm zu überziehen. Wählt man höhere Schrumpftemperaturen, welche nahe an die Kristallitschmelzpunkte der Polymeren herankommen können, so genügt dieser erhaltene Schrumpf noch nicht zur Ausbildung von einwandfreien, glatten Filmen auf den zu überziehenden Gegenständen.
Die Anwendung höherer Schrumpftemperaturen ist zudem mit erheblichem technischem Aufwand verbunden, denn es werden für die Tauchbäder Flüssigkeiten benötigt, deren Siedepunkte über 100"C liegen. So hat man beispielsweise wässrige Lösungen von anorganischen Salzen, Glykol und anderen verwandt.
Nachteilig hierbei ist ausserdem, dass diese Tauchbadflüssigkeiten nach dem Schrumpfprozess wieder von der Oberfläche der Folien abgewaschen werden müssen.
Weiterhin wurde versucht, aus Hochdruckpoly äthylen Folien herzustellen, welche einen erhöhten Schrumpf aufweisen, indem man bei Blasfolien durch starkes Aufblasen ein besonders hohes Flächenverdehnungsverhältnis zu erzielen versuchte. Dieses Verfahren zeigte aber technische Mängel, denn bei einer Überdimensionierung des Aufblasverhältnisses ist der Schlauch, der sich im thermoplastischen Zustand befindet, nur sehr schwer in seiner Lage zu stabilisieren. Der so hergestellte Film weist grosse Schwankungen in seiner Dicke auf und bei der Verwendung als Schrumpffolie schrumpfen die dünnen Stellen schneller und in einem anderen Verhältnis als die dicken Stellen des Filmes. Die Oberfläche der geschrumpften Folie ist infolgedessen stark gekräuselt und verzogen.
Ausserdem gelingt es auch mit dieser Methode nicht, Folien zu erhalten, welche schon bei 100"C in genügendem Masse schrumpfen.
Es wurde nun gefunden, dass man schrumpffähige Folien erhält, wenn man aus Olefinen hergestellte Polymerisationsprodukte oder Mischpolymerisationsprodukte, die im Polymermolekül Verzweigungen besitzen, in Folienform bringt und die Folie in zwei Richtungen bis zur Erreichung von einem Flächenverdehnungsverhältnis von mindestens 1:15 verstreckt. Vorteilhaft wählt man solche Polymerisate, deren Kristallitschmelzpunkt unter 130"C liegt.
Bei dem erfindungsgemässen Verfahren handelt es sich um eine an sich bekannte biaxiale Verstrekkung, bei dem auf die Folien gerichtete Zugkräfte zur Einwirkung gelangen, deren Richtungen miteinander einen Winkel von etwa 900 bilden. Diese auf die Folie wirkenden Kräfte sollen so gross sein, dass mindestens ein Flächenverdehnungsverhältnis von 1:15 erreicht wird. Der Angriff dieser Zugkräfte kann entweder zeitlich nacheinander oder vorteilhafter gleichzeitig erfolgen.
Man kann sich mehrerer Verfahren bedienen, mit deren Hilfe derartige Verstreckverhältnisse zu erreichen sind. Es kann einmal die aus einer Breitschlitzdüse tretende thermoplastische Folie beidseitig mit Kluppen gefasst werden und nach beiden Seiten auseinandergezogen werden, wobei der zweite Schritt, das Recken in Längsrichtung mit einem Walzenpaar, dessen Umdrehungsgeschwindigkeit regelbar ist, vorgenommen werden kann. Die in den Walzenspalt einlaufende Folie wird hierbei gleichzeitig geglättet und eventuell gekühlt. Ähnlich lässt sich auch auf diese Weise ein aus einer Ringdüse gepresster Schlauch mechanisch spreizen und gleichzeitig ziehen.
Erfindungsgemässe Schrumpffolien lassen sich ferner herstellen, wenn man Polymerisatrohre, also Formkörper, in welchen die Polymermoleküle schon eine gewisse Vororientierung besitzen, allseitig verstreckt, indem man sie durch Innendruck in einem Temperaturbereich, der bis 600, vorzugsweise 300 C, unter dem Kristallitschmelzpunkt liegen kann, um den gewünschten Betrag aufweitet.
Eine solche Arbeitsweise ist beispielsweise in der franz. Patentschrift Nr. 1165 954 beschrieben.
Die erfindungsgemäss durchgeführte Verstreckung ergibt Folien, welche schon beim Einbringen in Wasser von 1000 C hohe Schrumpfwerte zeigen.
Naturgemäss wird man bei den einzelnen strukturell verschiedenen Polymeren Unterschiede in diesen Werten feststellen können. So unterscheidet sich das nach dem Hochdruckverfahren hergestellte Poly äthylen, das im Molekül einige Methyl- und Äthyl- verzweigungen und eventuell auch Langkettenverzweigungen besitzt, von dem fast linearen Niederdruckpolyäthylen. Das lineare Produkt weist niedrigere Schrumpfwerte im kochenden Wasser auf als das verzweigte Hochdruckpolyäthylen. Der Grund kann darin zu suchen sein, dass der Kristallitschmelzpunkt des Hochdruckpolyäthylens um 10-200 tiefer liegt als der des Tiefdruckpolyäthylens. Es sind aber vorwiegend strukturelle Eigenschaften, welche einen Schrumpf erleichtern, das heisst den Übergang eines gestreckten Makromoleküls in eine statistisch begünstigtere, kontrahierte Lage und Form.
Mit den von Ziegler gefundenen und in der Literatur beschriebenen Katalysatoren, mit deren Hilfe sich Athylen drucklos in ein lineares, hochmolekulares Polymeres umwandeln lässt, können auch Polymere und Mischpolymere anderer a-Olefine dargestellt werden. So lassen sich beispielsweise die nächst höheren Jl-Olefinhomologen Propylen, Buten-(l), Penten-(l) sowie auch verzweigte Monomere, welche die Verzweigung um ein oder mehrere C-Atome von der Doppelbindung entfernt besitzen, wie z. B.
4-Methyl-penten-( 1), 3-Methylbuten-(l) oder auch aromatisch substituierte Jl-Olefine, beispielsweise 4-Phenyl-buten-(l) und andere, mit diesen Katalysatoren in guter Ausbeute zu kunststoffartigen hochmolekularen Produkten polymerisieren. Die aus diesen Polymeren, welche in regelmässiger Folge tertiäre C-Atome mit mehr oder minder langkettigen Verzweigungen besitzen, erfindungsgemäss biaxial verstreckten Folien schrumpfen bei erhöhten Temperaturen stärker als unverzweigtes lineares Poly äthylen.
Besonders deutlich wird der Einfluss der Struktur des Makromoleküls auf das Schrumpfvermögen bei Mischpolymerisaten des Athylens, in welchen nur wenige Olefinmoleküle RCH = CH2 in regelmässiger Folge in die Polymerkette des Makromoleküls eingebaut sind. Diese Polymeren unterscheiden sich im Kristallitschmelzpunkt nur wenig von reinem Poly äthylen. Die aus ihnen erfindungsgemäss hergestellten verstreckten Folien zeigen aber ein im Vergleich zu den aus reinem Polyäthylen erhaltenen verstreckten Folien wesentlich höheres Schrumpfvermögen in Wasser von 100" C.
Dieser Befund ist neuartig und überraschend, und man kann aus der grösseren Zahl von Kombinationsmöglichkeiten von Athylen mit einem oder mehreren dl-Olefinen oder auch aus Kombinationen der Olefine RCH = CH2 untereinander oder aus den reinen zll-Olefinen selbst solche finden, die besonderen Anforderungen hinsichtlich Festigkeit oder Klarheit oder Flexibilität oder Dehnung oder Einfriertemperatur und anderem entsprechen.
In nachfolgender Aufstellung sind die Kristallitschmelzpunkte von einigen Polymeren angegeben:
Polyäthylen 130-135 C
Polypropylen 160-165 C
Polybuten-(l) 1250 C
Polypenten-(l) 800 C.
Aus dieser Reihe ist das Polybuten-(l) mit Äthylverzweigungen in regelmässiger Folge ein für Schrumpffolien besonders geeignetes Polymeres. Auch Mischpolymere mit 85-95 /o Athylen und 5-150/0 Propylen, Mischpolymere mit 90-980/0 Äthylen und 2-10 /o Buten-(l), Mischpolymere mit 60-80e/o Buten-(l) und 20-40 /o Propylen sowie Mischpolymere mit 95-98 O/o Buten-(l) und 2-5 /o Penten-(l) ergeben Schrumpffolien mit ausgezeichneten Eigenschaften, bei welchen im Schrumpfbad, nämlich in Wasser von 1000 C, Schrumpfwerte von 25-40 /o auftreten.
Man kann auch Folien herstellen, welche aus zwei oder mehreren Schichten dieser verschiedenen Polymeren bestehen. Ferner lassen sich die Polyolefinfolien mit geeigneten anderen Polymeren, beispielsweise Cellulose, Cellulosenitrat, Celluloseacetat, Polyamid, Polyacrylnitril, Polyvinylidenchlorid, sowie deren Mischpolymerisaten, aus Lösung, Dispersion oder durch Aufbringen von Filmen dieser Polymeren auf die Polyolefinfilme, vorteilhaft unter Zuhfilfe- nahme geeigneter Verankerungsmittel, beschichten.
Auf diese Weise entstehen Schrumpffolien, welche die Eigenschaften der Polyolefine, nämlich deren gute Flexibilität, niedrige Dichte, hohe Reissfestigkeit, geringe Wasserdampfdurchlässigkeit, mit anderen Eigenschaften verbinden, welche die Schichtstoffe besitzen, beispielsweise schlechte Durchlässigkeit für Sauerstoff, Kohlendioxyd, pflanzliche und mineralische Öle und andere.
Beispiel 1
Eine 700 jet starke Folie aus Hochdruckpoly äthylen, Dichte 0,918, Kristallitschmelzpunkt 107" C, wird mit Hilfe eines mit Kluppen ausgestatteten Breit streckrahmens zunächst im Verhältnis 1 : 4 bei einer Temperatur von 100"C quer verstreckt. Die so erhaltene Folie, die eine Dicke von etwa 175 u aufweist, wird anschliessend zwischen zwei Quetschwalzenpaaren bei der gleichen Temperatur im Verhältnis 1 : 5 längs verstreckt. Die Endstärke der Folie beträgt etwa 50,. Beim Eintauchen dieser Folie in Wasser von 90"C tritt ein Querschrumpf von 300/9 und ein Längsschrumpf von 350/0 ein.
Beispiel 2
Ein mit Hilfe von Ziegler-Katalysatoren gewonnenes Mischpolymerisat von 92 Teilen Äthylen und 8 Teilen Propylen, das einen Kristallitschmelzpunkt von 124"C zeigt, wird auf einer Scheckenpresse zu einem Rohr mit einer Wandstärke von 2 mm und einem Aussendurchmesser von 32 mm verformt. Nach dem Erhitzen des Rohres auf 121"C, das heisst auf eine Temperatur wenig unterhalb des Kristallitschmelzpunktes, wird es mittels Druckluft so aufgeblasen und gleichzeitig längs verstreckt, dass ein Durchmesser von 300 mm mit einer Wandstärke yon 35 M resultiert. Die so erhaltene Folie schrumpft bei 95"C in Längsrichtung um 26B/o und in Querrich- tung um 33 O/o.
Beispiel 3
Aus einem mit Ziegler-Katalysatoren hergestellten Polybuten-(l), das einen Kristallitschmelzpunkt von 125-1260 C zeigt, wird mit einer Schneckenpresse ein Rohr mit einer Wandstärke von 1,5 mm und einem Aussendurchmesser von 40 mm hergestellt. Das Rohr wird gleichmässig auf 122" C erwärmt und durch Aufblasen mit Druckluft und gleichzeitige Längsverstreckung in einen Folienschlauch mit einem Durchmesser von 250 mm und einer Wandstärke von 37 u umgearbeitet, der bei einer Temperatur von 970 C einen Längs- und Querschrumpf von 370/8 zeigt.
Im vorliegenden sind Angaben über die Mengen auf das Gewicht zu beziehen.