Verwendung eines aus Insekten hergestellten Präparates
Gegenwärtig verfügt man über wertvolle Insektizide sowohl in der Landwirtschaft als auch in Stadt und Haus, doch liegt im allge- meinen das ideale Parasitenvertilgungsmittel noch in der Ferne ; es gibt n#mlich zwar viele hochwirksame Produkte, doeh ist die Selek- tivität ihrer Wirkung gering, das heisst sie üben ihre Giftwirkung nieht nur auf die zu bekämpfenden Insekten aus, sondern auch auf andere Insekten, etwa auf natürliche Feinde oder Nahrungskonkurrenten-ersterer, manchmal auch auf die gastgebenden Pflanzen und, was noch schlimmer ist, auf den Menschen und die höheren Tiere.
Während es also an sich eine grosse Anzahl insektentötender Stoffe gibt, so sind davon demzufolge nur wenige in der Praxis verwendbar-selbst bei der Beachtung hygienischer Vorsichtsma#nahmen --, und nur ganz wenige können unbesorgt verwendet werden ; letztere sta. mmen von den Pflanzen und die bekanntesten sind die Pyrethrine, aber ihre Wirksamkeit hält unter der Einwirkung der atmosphärischen Einflüsse so kurze Zeit an, dass ihre Verwendbarkeit wegen dieser Labili tät auf ein sehr enges Gebiet besehränkt bleibt.
Gegenstand des vorliegenden Patentes ist nun die Verwendung eines aus giftt. ragenden Insekten hergestellten Präparates für die Be- kämpfung von Insekten.
Es war bekannt, dass tierische Organismen chemische Angriffs und Verteidigungsstoffe besitzen, wie die Ameisensäure bei den Ameisen, doch war bisher so gut wie nichts über dieselben bekannt und insbesondere war niehts über eine Möglichkeit bekannt, sie als In sektizide zu verwenden. Die Entdeekung, dass es möglieh ist, aus tierischen Organismen neue insektentotende Stoffe zu gewinnen, ist ange sichts der oben skizzierten Verhältnisse geeignet, einen ausserordentlich vielverspre chenden Weg der praktisehen Verwirklichung zu erschliessen.
Durch die systematische Untersuchung einer ersten Gruppe von über 50 Tierarten wurde gefunden, dass in zahlreichen Arten von Insekten bisher unbekannte insekten- tötende Wirkstoffe vorhanden sind, deren Eigenschaften vom Gesichtspunkt der prak- tischen Verwendbarkeit hohes Interesse bieten, und dass diese Stoffe nach geeigneten Verfahren technisch gewonnen werden k#n- nen. Beispielsweise wurde das Vorhandensein solcher insektentötender Wirkstoffe in Extrak- ten aus versehiedenen Arten von Insekten der Gattungen Tapinoma, Liometopum, Iri domyrmex, die alle zu den Dolychoderinae gehören, nachgewiesen.
Erstmalig sind damit von der Ameisen- säure oder deren Verbindungen verschiedene Insektizide aus dem Tierreich gewonnen worden, die aus folgenden Gründen von grosser Bedeutung sind und ein sehr weites Gebiet eröffnen :
Die Insektizide tierischen Ursprungs besitzen eine ausgesprochene Selektivität, zu- mindest allgemein genommen, zwisehenWarm- blütlern und Insekten, und selbst innerhalb der Klasse der Insekten ;
insbesondere zeigt es sich, dass Iridomyrmecin , ein von der Anmelderin in Iridomyrmex humilis Mayr entdeekter und erstmalig aus besagtem Insekt gewonnener Giftstoff, auf gastrischem Wege der weissen Maus (Mus musculus albinus) ver abreicht, sechs-bis siebenmal weniger giftig wirkt als pp'-Dichlordiphenyltrichloräthan und als das Gamma-Isomere des Hexachlor- cyclohexans, und 120mal weniger giftig als O, O-Di#thyl - O - p-nitrophenyl - thiophosphat.
Anderseits #bt Iridomyrmecin auf versehie- dene Insektenarten eine stärkere Giftwir kung aus als pp'-Diehlordiphenyltriehloräthan, bei denen dies den Interessen der Landwirtsehaft oder der Volksgesundheit entsprielit.
Die aus gifttragenden Insekten hergestellten Insektizide, die erfindungsgemäss verwendet werden, besitzen eine hohe Beständigkeit gegenüber solehen chemischen und physika- lischen Einflüssen, welche die Pyrethrine mit rascher Wirkung angreifen ; dies ist ein im Hinblick auf die Anwendungsmögliehkeiten und auf die Wirtschaftlichkeit der Verwen- dung wichtiges Merkmal.
Die Insektizide, auf die sich die vorliegende Entdeckung bezieht, wirken besonders rase ; so vernichtet beispielsweise das genannte Iri domyrmeein viele wirtschaftlieh sehr schädliche Insektenarten in viel kürzerer Zeit als Di chlordiphenyltrichloräthan und in manchen Fällen selbst als y-Benzolhexaehlorid ; dieses Merkmal stellt es an die Seite der Pyrethrine, während die wiehtigeren organischen Synthese- Insektizide eher langsam wirken. Iridomyr- menin hat eine ehemisehe Zusammensetzung, die derjenigen von keinem der bekannten insektiziden Stoffe entsprieht ;
es stellt daher eine Neuorientierung auf dem Gebiete der Insektizide dar. #Iridomyrmecin# (welches kein Chlor enthält) ist erwiesenermassen wirk- sam m auch gegen St#mme von Insekten, die gegen Dichlordiphenyltrichloräthan wider- standsfähig gemaeht wurden und bei denen eine mehr und mehr sichtba werdende Widerstandsfähigkeit aueh gegen andere Chlor im Molekül enthaltende Insektizide in Entwicklung begriffen ist.
Die bisher extrahierten Stoffe sind nie dermolekulare organisehe Verbindungen, welche auf Insekten als mäehtiges Kontaktgift wirken bzw. von deutlichen Vergiftungs- erscheinungen begleitetes Erstieken hervor- rufen, obwohl ihre Giftigkeit für Warm bl#tler nur sehr gering ist.
Zum Beispiel ruft am Hemipteren Pyrrhocoris aptes-lis li. pp#-Dichlordiphenyltrichlor#than in Dosis von 10 γ pro cm2 in 6 Stunden kein Auftreten von Vergiftungssymptonen hervor, während die gleiche Dosis von Iridomyrmecin allgemeine Supination mit clonischen Kr#mpfen in 4 Stunden erzeugt.
Um noch ein Beispiel von der Giftigkeit f#r ein die Landwirtschaft angehendes Insekt anzuführen, möge erwähnt werden, dass Iri domyrmeein in vitro in Dosis von 10 y pro cm2 dureh Kontakt tödliehe Wirkungen an Iridomyrmex humilis Alayr ( Argentine ant ) selbst hervorruft, und zwar mit viel grösserer Schnelligkeit als gleich grosse Konzentrationen von pp'-Diehlordiphenyltrichloräthan und aueh sehneller als das Gamma-Isomere von Hexachlorcyclohexa in gleieher Dosis
Die vonunsentdeckten'Wirkstoffe wirken aueh auf Arten oder Rassen von Insekten ein, welche gegen die heutzutage #blichen,
Chlor enthaltenden Synthese-Insektizide wi derstandsfähig sind, zum Beispiel auf gegen Diehlordiphenyltrichloräthan widerstands- fähige Hausfliegen. Beispielsweise befanden sieh von einem Stamm dieser Insekten, der 24 Stunden lang der Berührung mit pp'-Di chlordiphenyltrichlor#than in Dosis von 10 000 γ pro cm2 widerstand, nac 2 Stunden Verweilzeit auf mit Iridomyrmecin in Dosis zu 6, 5 γ
pro cm2 behandelter Fl#che 93% der Individuen in Supination und naeh 4 Stunden 90% der Individuen in irreversibler Akinese, 6 /o in Supination mit clo- nisehen Kontraktionen und 4 /o in zeitweili ger Supination ; nach 2 Stunden mit 3 y pro em2 befanden sich 76 O/o der Individuen in Supination und naeh 4 Stunden 80 /o der Individuen in irreversibler Akinese.
Die insektentotenden Wirkstoffe sind in den innern Organen enthalten, und es ist daher zu deren Nutzbarmachung erforderlich, die T'iere vorerst feinst zu zerkleinern und dann der Extraktion mit geeigneten Lösungs- mitteln oder Sublimation oder einer sonsti- gen zweekmässigen Behandlung zu unterwer- fen.
Die Gewinnung und Anwendung der er findungsgemäss verwendeten Präparate ge schieht beispielsweise wie foliot, : In der Natur gesammelte oder eigens gezüchtete Individuen von Iridomyrmex humilis Mayr werden mit einem geeigneten Trägerstoff vermischt und zu einem homogenen Pulver vermahlen.
I) ieses kann sowohl trocken als auch in wässeriger Suspension als Insektizid Verwendung finden. Je nach dem durch Hinzufügen der Trägerstoffe erzielten Verdünnungsverhältnisse ergeben sieh Produkte, die sich für die verschiedenen Verwendungszwecke und die versehiedenen Sehädlinge eignen.
Ein Extrakt von Iridomyrmecin, welcher als solcher oder nach Vermisehen mit bzw.
Auflösen in einem geeigneten'Trägerstoff verwendet werden kann, wird erzielt, indem man Individuen von Iridomyrmex humilis Mayr sorgfältig mit einem aus präzipitierter Naturkreide bestehenden Exzipienten vermischt und in einem Wlahlwerk zu einer homogenen Masse verarbeitet. Diese Masse wird getrocknet, zerkleinert und mit Schwefel- äther extrahiert. Nach dem Abtreiben des Extraktionsmittel kann das Produkt durch längeres Stehenlassen oder dureh Destillation in kristalliner Form gewonnen werden. Eine weitere Reinigung kann durch Sublimation erfolgen.
Der reine Wirkstoff Iridomyrmeein hat die Bruttoformel CloHigO, den Schmelz- punkt 60-61 C, den Breehungsindes n 6D5 1,46017 und das Rotationsvermögen (a) -= + 210 C (c = 4 ; #thanol).
In gleicher Weise erhält man aus den Körpern von Arbeiterinnen von Tapinoma nigerrimum Nyl und Liometopum microcepha- lum insektizid wirkende Ole, deren Wirkungseigenschaften in bezug auf die versehiedenen Insektenarten aber je wieder anders sind.